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Entscheidungen

OWi

Reichweite, Verbot, musikalische Darbietungen, Karfreitag

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 23. 01. 2014 - 2 Ss OWi 995/14

Leitsatz: Der über Art. 7 Nr. 3c des Bayerischen Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage (Bayerisches Feiertagsgesetz - BayFTG; BayRS II, 172) bußgeldbewehr-te Verstoß gegen das in Art. 3 II 3 BayFTG enthaltene Verbot, am Karfreitag "in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen“ zu erbringen, setzt vo-raus, dass die Darbietung im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung erfolgt. Demgegenüber ist unerheblich, ob tatsächlich ein "Schankbetrieb“ stattgefunden hat.


In pp.
Das AG hat den Betr. wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach Art. 7 Nr. 3c i.V.m. Art. 3 II des Bayerischen Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage (Bayerisches Feiertagsgesetz - BayFTG [BayRS II, 172]) zu einer Geldbuße von 300 Euro verurteilt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, am Karfreitag seien in Bayern als einem besonders ge-schützten „stillen Tag“ musikalische Darbietungen in Schankwirtschaften generell verboten, weshalb es darauf, ob eine öffentliche Veranstaltung oder eine private Feier stattgefunden habe, nicht ankomme. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Ver-letzung materiellen Rechts rügt, erweist sich als begründet.
Aus den Gründen:
I. Die statthafte (§ 79 I 1 Nr. 1 OWiG) sowie frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde erweist als zumindest vorläufig erfolgreich und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das AG.
1. Die Auffassung des AG, am Karfreitag seien unabhängig von der Frage der Öffent-lichkeit musikalische Darbietungen in Schankwirtschaften nicht erlaubt, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Nach Art. 7 Nr. 3c BayFTG begeht u.a. eine Ordnungswidrigkeit, wer entgegen Art. 3 II BayFTG „am Karfreitag [...] in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen erbringt“. Zwar wird insoweit nicht auf eine Öffentlichkeit der musikalischen Veranstal-tung abgestellt. Im Ansatzpunkt zutreffend ist auch die Auffassung, es komme nicht darauf an, ob tatsächlich ein Schankbetrieb stattgefunden habe. Denn das Musikdarbie-tungsverbot am Karfreitag gilt für Räume mit Schankbetrieb unabhängig davon, ob an diesem Tag Schankbetrieb stattfindet (Hickel/Wiedmann/Hetzel Gewerbe- und Gaststättenrecht 43.10 [Stand: Februar 2013] Ziff. I.3 zu Art. 3 BayFTG).
b) Allerdings kann das Verbot aus Art. 3 II 3 BayFTG nur für öffentliche Musikdarbietun-gen gelten. Art. 3 I, II 1 BayFTG schützt die sog. stillen Tage. Insoweit geht es um Tage mit einem besonders ernsten Hintergrund, an denen alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen verboten sind, es sei denn, die Veranstaltung ist dem Charakter des stillen Tages angepasst und dient der Verdeutlichung seiner Zweckbestimmung (BayVerfGH NVwZ-RR 2008, 218). Auch wenn Art. 3 II 3 BayFTG in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen jeder Art verbietet, erschließt sich der Begriff der ‚musikalische Darbietung‘ nur aus der Zusammenschau mit Art. 3 II 1 BayFTG. Zweck des Art. 3 II 3 BayFTG ist es, an Karfreitagen in Räumen mit Schankbetrieb – über die für alle stillen Tage geltende Regelung des Art. 3 II 1 BayFTG hinaus – auch Musikaufführungen mit ernstem Charakter zu verbieten (BayVerfGH a.a.O.). Ebenso wie Art. 3 II 3 BayFTG nicht dazu zwingt, an christlichen Feiern teilzunehmen, zwingt er nicht dazu, den Tag ernst und feierlich zu begehen. Im privaten Bereich steht es jedem frei, das zu tun, was immer er möchte. Deshalb sind auch rein private Musikveranstaltungen nicht verboten, wenn sie nicht anderweitig (z.B. wegen unzulässigen Lärms) Dritte stören (BayVGH, Urteil vom 07.04.2009 – 10 BV 08.1494 [bei juris] = BeckRS 2009, 32968). Insoweit kann es nicht darauf ankommen, in welchen Räumen die musikalische Darbietung stattfindet. Entscheidend ist, dass es sich nicht um eine öffentliche Veranstaltung handelt.
2. Damit durfte das AG hier nicht offen lassen, ob die Veranstaltung vom 06.04.2012 eine rein private Geburtstagsfeier war oder nicht. Mangels Beweisaufnahme zur Frage der Öffentlichkeit ist der Senat nicht in der Lage, selbst in der Sache zu entscheiden. Insbesondere genügen die bisherigen Feststellungen nicht zur Beantwortung der Frage, ob am 06.04.2012 eine öffentliche Veranstaltung oder eine rein private Geburtstagsfeier stattgefunden hat.
a) Eine öffentliche Veranstaltung liegt vor, wenn der Zutritt zu ihr nicht nur Personen gestattet ist, die durch persönliche Beziehungen untereinander oder mit dem Veranstal-ter verbunden sind, sondern jedermann Zutritt gewährt werden sollte (BayVGH, Urteil vom 07.04.2009 a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 22.10.2012 – 22 B 10. 2398 [bei juris] = NVwZ-RR 2013, 509). Dagegen handelt es sich um ein wesentliches Kriterium für die Nichtöffentlichkeit, wenn die Veranstaltung nach ihrem Charakter nach außen abge-grenzt ist, wie es beispielsweise bei einer privaten Familienfeier gegeben ist, aber auch dann in Betracht kommt, wenn die Teilnahme nur mit persönlicher, nicht übertragbarer Einladung möglich ist, nicht dagegen bei Vorhandensein einer öffentlichen Abendkasse sowie einem Teilnehmerkreis, der sich ausschließlich über den Besuch einer bestimm-ten Gaststätte oder Diskothek definiert (Hickel/Wiedmann/Hetzel Ziff. 1.1 zu Art. 3 BayFTG). Insoweit können durchaus auch die Kriterien für das Vorliegen einer ge-schlossenen Gesellschaft nach dem Gaststättenrecht herangezogen werden. Danach ist kennzeichnend für eine geschlossene Gesellschaft, dass beim Kreis der Teilnehmer individuelle Persönlichkeitsmerkmale vorliegen, wie sie bei einer personengebundenen Einladung gegeben sind. Demgemäß betreibt kein Gaststättengewerbe, wer aus einem bestimmten Anlass nur ganz bestimmte Einzelpersonen, z.B. bei Familienfeiern wie Hochzeit, Taufe, Kommunion oder Geburtstag, oder nur individuell geladene Gäste in vom Einladenden bestimmten Räumen bewirtet. (BayVGH, Beschluss 10.02.2011 – 9 CE 10.3177 [bei juris] = BayVBl. 2011, 471).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann eine reine Privatfeier nur dann vor-liegen, wenn individuelle Gäste eingeladen wurden und auch nur den eingeladenen Gästen Zutritt gewährt wurde. Vor dem Hintergrund des absoluten Verbotes von Musik-darbietungen in Räumen mit Schankbetrieb in Art. 3 II 3 BayFTG ist die Annahme bei einer Veranstaltung, die nicht in privaten Räumlichkeiten stattfindet, sondern gerade in einem Raum mit Schankbetrieb, es handle es sich um eine Privatfeier als Ausnahme-tatbestand – insbesondere auch zum Ausschluss vom Umgehungen – an strenge An-forderungen geknüpft und bedarf eingehender Feststellungen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles (z.B. individualisierbare Einladungsliste, Art der Verteilung der Einladung, Rückmeldung der Gäste, Kontrolle des Einlasses).
3. Anlass zur Prüfung des Ausnahmetatbestandes besteht hier, weil es sich nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen wiedergegebenen Einladung um „eine geschlossene Veranstaltung mit ausschließlich geladenen Gästen“ handeln sollte und „jeder Gast beim Einlass seine Einladung dabei haben sollte“. Gegen den Charakter einer privaten Feier spricht allerdings die Urteilsfeststellung, „es sei vereinbart, dass die geladenen Gäste weitere Personen zur Feier mitbringen konnten“. Es ist zwar nicht völlig ungewöhnlich, dass ein geladener Gast eine Begleitung (Ehepartner, Lebenspartner, Freund/in) mitbringen darf. Unverständlich erscheint jedoch, dass dies in der Einladung gerade nicht erwähnt ist. Die Möglichkeit der Weitergabe der Einladung an irgendwelche dritte Personen spricht ebenso gegen den Charakter einer Privatfeier wie die Verteilung der Einladung an namentlich nicht bezeichnete Personen über soziale Netzwerke wie z.B. Facebook. Auch wenn es nicht völlig ungewöhnlich erscheint, dass geladene Gäste sich an einer privaten Geburtstagsfeier auch finanziell z.B. durch Spenden beteiligen, hat die Aufforderung in der Einladung bei Einlass einen Unkostenbeitrag von 5 € zu zahlen, eher den Charakter eines Eintritts. Damit sprechen zwar gewichtige Umstände gegen die Annahme eine Privatfeier. Eine solche vermag der Senat, dem aufgrund der allein erhobenen Sachrüge zur Überprüfung des Urteils nur die schriftlichen Urteilsgründe zur Verfügung stehen, nach den bisherigen Feststellungen allerdings auch nicht völlig auszuschließen.
4. Außerhalb der Sachprüfung weist der Senat darauf hin, dass die im polizeilichen Ermittlungsbericht dokumentierten Feststellungen, nämlich dass Gäste ohne Einla-dungsschreiben oder Abgleich mit der Gästeliste nach Bezahlung des Eintrittspreises von 5 € die Bar betraten bzw. sich im Vorraum mehrere nicht adressierte Einladungs-schreiben befanden, eindeutig gegen eine nach außen abgegrenzte Privatfeier spre-chen. Insoweit drängt sich die Vernehmung des polizeilichen Sachbearbeiters in der neuen Hauptverhandlung auf.
5. Sollte sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung eine Privatfeier als Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot nicht bestätigen, kommt entgegen der Ansicht der Verteidi-gung auch eine Verantwortlichkeit des Betr. in Betracht. Der Betroffene hätte dann nämlich als Inhaber des Schankbetriebes durch Zurverfügungstellung der Räume einen kausalen Tatbeitrag geleistet. Zwar setzt § 14 OWiG für eine Beteiligung ein vorsätzli-ches Handeln sowohl des Betr. als auch der weiteren Beteiligten voraus. Dafür genügt die bisherige Verurteilung wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das BayFTG nicht. Sollte sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung allerdings eine bewusste Um-gehung des Verbotes aus Art. 3 II 3 BayFTG oder zumindest eine Billigung des vorsätz-lichen Handelns der anderen Beteiligten ergeben, würde das Verschlechterungsverbot aus § 358 II StPO (i.V.m. § 79 III OWiG) einer entsprechenden Änderung des Schuld-spruchs nicht entgegenstehen, sondern hätte nur Bedeutung bei der Bemessung der Geldbuße. Unabhängig davon kommt auch eine fahrlässige Nebentäterschaft in Be-tracht, da sich das Verbot aus Art. 3 II 3 BayFTG gerade auch gegen den Betr. als Inhaber des Schankbetriebes richtet. Wenn der Betr. als Inhaber seine Räume an Dritte weitergibt, ohne ausreichend dafür Sorge zu tragen, dass die Vorschriften des BayFTG eingehalten werden, dann liegt die Annahme von Fahrlässigkeit nicht fern, zumal der Betr. auch selbst vor Ort war. [...]

Einsender: RiOLG Dr. Georg Gieg, Würzburg

Anmerkung:


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