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Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.01.2015 - 1 Ss 8/14
Leitsatz: Grundsätzlich hat der Tatrichter die Einlassung des Angeklagten zum Schuldvorwurf in den Urteilsgründen erschöpfend aufzunehmen und zu würdigen. Ohne dies kann das Revisiongericht nicht erkennen, ob der Beurteilung des Sachverhalts rechtlich fehlerhafte Erwägungen zugrunde liegen.
In pp. Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Schöffengericht - Dillenburg zurückverwiesen. Gründe Das Amtsgericht Dillenburg hat die Angeklagte am 11.09.2013 wegen fahrlässiger Tötung verwarnt und die Festsetzung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30,-- Euro vorbehalten. Hiergegen wendet sich nunmehr die nach § 335 Abs. 1 StPO statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Sprungrevision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung auf die Sachrüge nicht stand. Ein Eingehen auf die Verfahrensrüge bedarf es somit nicht. Das Amtsgericht hat zur Beweiswürdigung folgendes ausgeführt: "Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung der Angeklagten, sowie der Aussagen der Zeugen Z1, Z2 und Z3A, Z4, Z5, Z6, Z7, Z8, Z9, Z10, Z11, Z12, Z13, Z14, Z15, Z16, Z17, Z18, Z19, Z20, Z21, Z22A, Z23, Z24, Z25 und Z26, soweit ihren Aussagen jeweils gefolgt werden konnte sowie der Gutachten der Sachverständigen SV1, SV2, der SV3 und des Herrn SV4 sowie der in Augenschein genommenen Lichtbilder der Google-Map Höhenaufnahmen vom Auffindeort, der Google-Lichtbilder-Aufnahmen vom erweiterten Tatort, der Lichtbilder von der Bekleidung der Verstorbenen sowie des Sonderbandes Lichtbilder Obduktion, Tatort und Kuh Verona. Abweichend vom festgestellten Sachverhalt hat der Zeuge Z11 bekundet, beim hier fraglichen Umtrieb habe er als Spaziergänger beobachtet, dass eine schwarze Kuh mit weißem Kälbchen der Herde nicht habe folgen könne und deshalb zurückgeblieben sei. Der Zeuge Z11, der auch nicht mehr genau zu sagen vermochte, wann er Kühe anderer Landwirte außerhalb deren Weidezäune gesehen habe, irrt aber zur Überzeugung des Gerichts. Der Angeklagten und deren Helfershelfern wäre es nicht entgangen, wenn die schwarzfarbige Verona zu Beginn des Umtriebs bereits das farblich sehr auffällige komplett weiße Kälbchen besessen hätte. Die Angeklagte und ihr Sohn Z22A hätten aufgrund ihrer Erfahrung mit neugeborenen Kälbern Verona und ihrem Kälbchen dann den Umtrieb gar nicht erst zugemutet. Verona hat ihr Kälbchen erst nach Absonderung von der Herde entweder noch in der Nacht zu Freitag, am Freitag oder aber spätestens am Samstag zur Welt gebracht. Gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundung des Zeugen Z11 spricht ferner, dass dann das Kalb am Montagabend bereits mindestens vier Tage alt hätte gewesen sein müssen und dass dann bereits altersbedingt viel für ein Fluchtverhalten des Kälbchens gesprochen hätte, woran es wegen der erst später erfolgten Geburt aber noch gefehlt hat. Abweichend vom festgestellten Sachverhalt hat der Zeuge Z21 bekundet, er sei sich ganz sicher, am Montag - zwei Wochen vor dem Unglück - d.h. am 15.08.2011, seine Herde zu seiner Wiese umgetrieben zu haben, auf der sich auch sein Hallen-Unterstand befindet. Am Dienstag, einen Tag später (16.08.2011) hätten die Z26/Z22 ihre direkt links neben ihm stehende Herde von der angrenzenden Weide "A" (vgl. Blatt 109 d.A.) umgetrieben. Bereits ab diesem Dienstagabend habe die trächtige Verona vor seiner umzäunten Weide jeweils abends und nachts außen am Zaun gelegen, während seine Kühe drinnen gelegen hätten. Am Dienstagabend, an dessen frühem Morgen Frau X gefunden worden ist, wären es zwei Wochen gewesen, dass die Kuh "Verona" außen vor dem Zaun lag. Das Kälbchen sei zu diesem Zeitpunkt ca. 3 Tage alt gewesen. Wegen des bereits erfolgten Umtriebs könne der übliche Weg für die Herde der Angeklagten nicht "zugekoppelt" gewesen sein. Er habe den Montag - nach Ende seines Umtriebes - den Weg wieder aufgemacht. Der Zeuge Z21 hat seine Aussage zwar ohne jede Belastungstendenz in Abweichung zu den Angaben der Angeklagten gemacht und es erscheint für das Gericht ausgeschlossen, dass er vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. Er muss sich aber fragen lassen, warum er sein Wissen trotz des Todes von Frau X nicht der Polizei, sondern nur dem Ortslandwirt, dem Zeugen Z8, mitgeteilt habe. Dieser hat im Übrigen von drei Wochen und nicht nur von zwei Wochen gesprochen. Ferner ist zu fragen, warum der Zeuge Z21 trotz der auch ihm bekannten Gefährlichkeit von Mutterkühen mit nur wenige Tage alten Kälbchen nicht die Angeklagte hinsichtlich des tagelangen Aufenthaltsortes von Verona samt Kälbchen informiert hat. Zumindest erscheint es nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zugunsten der Angeklagten nicht ausgeschlossen, dass ich der Zeuge Z21 geirrt hat, weil sämtliche anderen vernommenen Zeugen, die an dem Umtrieb dabei gewesen sind oder dabei gewesen sein wollen, als Tag des Umtriebs Donnerstag, den 25.08.2011, angegeben haben - auch wenn bei diesen "im Lager" der Angeklagten stehenden Zeugen ein mehr oder weniger starker Entlastungseifer spürbar wurde. Abweichend vom festgestellten Sachverhalt hat die Angeklagte bestritten, dass es die Kuh Verona gewesen ist, die der getöteten X die tödlichen Verletzungen beigebracht hat, wobei sie insoweit auch die Feststellungen "mehrerer" Feuerwehrleute, die einen schwarzen Bullen mit Hörnern in unmittelbarer räumlicher Nähe des Fundorts der Getöteten herumstreifen gesehen hätten, ins Feld geführt hat. Diese Einlassung ist durch das Ergebnis der Beweisaufnahme als widerlegt anzusehen. Indizien, die für das Herbeiführen der tödlichen Verletzungen bei der getöteten Frau X durch die Kuh Verona sprechen, sind: 1) Dass die Kuh "Verona" am Morgen des 30.08.2011 zum Zeitpunkt des Auffindens der Getöteten in unmittelbarer räumlicher Nähe um diese herumstreifte, und zwar stundenlang bis die von ihr getötete Frau X nach Sicherung erster Beweise und dem Eintreffen der Schutz- und Kriminalpolizei, dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und einem Rechtsmediziner schließlich geborgen wurde. Außer den beiden Feuerwehrleuten Z4 und Z5 hat niemand einen schwarzen Bullen mit Hörner in Tatortnähe am Morgen des 30.08.2011 gesehen, insbesondere wurde ein solcher von der später erschienenen Polizei nicht gesehen und niemand hat einen solchen im Unterschied zu "Verona" in Tatortnähe fotografiert. 2) Dass sich auch das Kälbchen der Kuh Verona in unmittelbarer Nähe der Getöteten zum Zeitpunkt von deren Auffinden durch die Feuerwehr aufhielt. Das Kälbchen befand sich im Bereich des dichten Bewuchses, der an die Unglückswiese angrenzt, weil sich dort der vorbeilaufende Bach befindet. Das Kälbchen wurde zwar definitiv von niemandem der Einsatzkräfte in der Nähe der Verstorbenen gesichtet. Der in der Haltung von Kühen kundige Feuerwehrmann Z3B hat aber bekundet, er habe vom Bachlauf herkommend, deutlich mehrmals Laute vernommen, wie sie nur von einem jungen Kalb ausgestoßen werden. Für die Richtigkeit dieser Beobachtung spricht, dass der als Jagdaufseher sachkundige Zeuge Z13 nicht nur bekundet hat, er habe am Donnerstag nach der Tat nicht nur heruntergetretenes Gras gesehen, das auf längeres Abliegen von Kühen hindeute, und Kothaufen, die der Beschaffenheit und der Größe nach für den Aufenthalt einer Kuh und ihres Kälbchens über den Zeitraum von rückgerechnet etwa einer Woche sprächen, sondern auch dass er Trittsiegel unterschiedlicher Größe gesehen habe, die auf eine große Kuh und ein Kalb hingewiesen hätten. Wenn sich aber die Kuh Verona und nach der am Freitag oder Samstag erfolgten Geburt auch deren Kälbchen zumindest seit Donnerstagabend, dem 25.08. bis zum Morgen des 30.08.11 selbst noch etwa 12 Stunden nach der Tat zeitweilig am Bach und im Uferbereich angrenzend an die Unglückswiese aufhielten, dann spricht dieser Umstand dafür, dass es am Abend des 29.08.2011 zwischen etwa 18.45 Uhr und 19.30 Uhr zu der verhängnisvollen Begegnung zwischen der Kuh Verona und ihrem Kälbchen auf der einen Seite und Frau X und deren Hund auf der anderen Seite kam. 3) Gegen die Täterschaft von Verona spricht nicht, dass diese womöglich postmortale (weitere) Kuhantragungsspuren an Frau X z. B. durch ein Beschnüffeln, Ablecken der Verstorbenen angebracht hat. Dies kann zur Überzeugung des Gerichts nur zusätzlich zur bereits erfolgten Tötungshandlung und dem dabei bereits erfolgten Hinterlassen von Kuhantragsspuren durch Verona geschehen sein. Selbst wenn andere Kühe zur Tatzeit außerhalb ihrer womöglich nur mangelhaft gescherten Weide aufenthältlich gewesen sein sollten, was im Übrigen nur der Zeuge Z12 gesehen haben will, hatte doch keine von diesen ein Motiv, die Spaziergängerin X zu töten, weil keine von diesen im Unterschied zu "Verona" ein neugeborenes Kalb besessen hat und dieses verteidigen wollte. Es muss nämlich unter Zugrundelegung der Ausführungen des Sachverständigen SV4 davon ausgegangen werden, dass sich Mutterkühe ausgesprochen aggressiv verhalten, wenn sie ihr Kalb bedroht sehen. Dabei seien insbesondere die ersten beiden Lebenstage des Kalbes als sensible Phase zu betrachten, da das neugeborene Kalb bei Gefahr in der Regel nicht flüchtet, sondern am Boden liegen bleibe. Auch hätten sich bei Massenvergleichsuntersuchungen Angusrinder, wie es bei Verona der Fall ist, als besonders aggressiv bei der Verteidigung ihres neugeborenen Kalbes erwiesen. Es mag zwar womöglich andere Kühe und evtl. sogar einen Bullen des Zeugen Z20 gegeben haben, der zu dieser Zeit auf der auf der anderen Bachseite angrenzenden Weide 30 Tiere stehen hatte, die sich außerhalb der Koppel befanden. So haben zwar auch zwei der drei Feuerwehrleute, die die Frau X entdeckt und zuerst aufgesucht haben, und zwar die Zeugen Z4 und Z5 übereinstimmend bekundet, sie hätten einen schwarzen Bullen mit Hörnern auf der an die Unglückswiese seitlich angrenzenden Wiese gesehen, wobei der Zeuge Z4 von mindestens 20 cm langen Hörnern sprach. Die beiden Zeugen haben sich aber zur Überzeugung des Gerichts geirrt und die ebenfalls schwarz aussehende und aufgrund ihrer kräftigen Statur und eines Höckers im oberen Kopfbereich wie ein Bulle anmutende Kuh Verona, die noch mindestens 1 bis 2 Stunden später auf der Unglückswiese herumstreifte, für einen Bullen gehalten, da keiner der Landwirte, der Vieh im fraglichen Bereich auf der Weide hatte, über einen schwarzen Bullen verfügt. Der dritte Feuerwehrmann, der Zeuge Z3B, hat sich vorsichtiger ausdrückend aber bekundet, er habe aus der Entfernung nicht sehen können, ob es eine schwarze Kuh oder ein schwarzer Bulle gewesen sei. Er habe aus dem Gebüsch beim Bachlauf zwei Laute eines Kalbes vernommen. Insoweit sei er sich sicher. Während der POK Z17 sich nicht mehr entsinnen konnte, ob die von ihm gesehene schwarze Kuh Hörner hatte oder nicht, hat die Polizeikommissaranwärterin Z18 bekundet, dass die vom Verwaltungsangestellten Z16 fotografierte Kuh - nämlich Verona - diejenige sei, die sie auf der Unglückswiese gehen habe. Dass die vom Zeugen Z16 fotografierte Kuh (Bild 006 von dessen Lichtbildmappe) "Verona" zeigt, hat auch die Angeklagte eingeräumt. 4) Selbst wenn dem Bauern Z20 Kühe und ein Bulle entlaufen sein sollten, befand sich hierunter aber kein schwarzer Bulle mit Hörnern, der als Täter in Betracht kommt, weil der Bauer Z20 in dieser Farbe keinen Bullen hatte. Auch ein andersfarbiger Bulle scheidet als Täter aus, weil die Überprüfung der gefundenen Kuhantragungsspuren an der Kleidung der Getöteten genetisch auf ein weibliches Tier hinweisen. Dass der Sachverständige SV1 bei nur einer der vier Kuhantragungsspuren das weibliche X-Chromosom nachweisen konnte, lässt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach damit erklären, dass der Test bei den anderen drei Proben negativ verlief, d.h. keine Geschlechtsbestimmung vorgenommen werden konnte, weil keine ausreichende DNA-Menge vorlag bzw. nicht sensitiv genug war, um das Geschlecht zu bestimmen. Daraus kann aber im Umkehrschluss nicht einfach gefolgert werden, dass "Täter" ein Bulle gewesen sein könne, denn es wurde eben gerade nirgends das hierfür erforderliche Y-Chromosom festgestellt. Da die gefundene DNA nur zur Kuh Verona oder allenfalls anderen verwandten Kühen aus der Herde der Angeklagten passt, nicht aber zu den weiblichen Kühen des Z20, wie diese von anderen Bullen abstammen, scheiden dessen Kühe, auch die fotografierte mit Hörnern, aber auch sämtliche anderen Kühe anderer Kuhherdenbesitzer zur fraglichen Zeit als Täter aus. Der Sachverständige SV1 hat nämlich an der Bekleidung der Frau X zwar verschiedene Kuhantragungsspuren gefunden, aber diese stammen allesamt von nur einer Kuh, wobei die DNA ohne Widersprüche jeweils genau der der Kuh Verona entsprechen. 5) Es kann vor einem etwaigen postmortalen Beschnüffeln der Verstorbenen durch "Verona" nicht zu deren Tötung durch ein anderes Tier gekommen sein. Derartige Erwägungen sind rein theoretischer, spekulativer Natur und so unwahrscheinlich, dass sie keine vernünftigen, ernsthaften Zweifel hinsichtlich des Tötungsverhaltens von "Verona" zu wecken vermögen. Das Verletzungsbild der Getöteten spricht gegen andere Tierarten als eine Kuh: Ein Wildschwein als Täter hätte der Getöteten andere Verletzungen beigebracht, hätte den Leichnam auch aufgerissen und "gefleddert". Ein Hirsch oder Reh scheidet als Täter aus, da das Rotwild sehr menschenscheu ist und sich deshalb nach den Bekundungen des Sachverständigen Forstdiplomingenieurs Z14 und Jagdpächters im fraglichen Bereich in der Regel im Wald aufhalte. Den letzten - durchreisenden - Hirsch habe er im Jahre 2008 gesehen. Der ebenfalls sachverständige Zeuge Z13 sprach davon, dass es in den letzten Jahrzehnten keine Hirsche mehr im heimischen Bereich in freier Wildbahn gegeben habe. Ganz abgesehen davon hätte ein Hirsch wegen seines Geweihs der Getöteten auch ein anderes Verletzungsbild beibringen müssen. Dies gilt auch für Kühe oder Bullen mit Hörnern. Die Obduktion der Getöteten hat nur eine einzige penetrierende, oberflächliche Verletzung im Bereich der rechten Flanke oberhalb der Hüfte ergeben, die laut der Sachverständigen Frau SV2 beim Hinfallen/Hinstürzen durch die Bodenbeschaffenheit entstanden sein könne. Da sich zur Tatzeit keine Pferde - erst recht keine entlaufenen Pferde/außer Kontrolle geratenen Pferde - im Tatortbereich befunden haben, kommt auch ein Pferd nicht ernsthaft, d.h. bei vernünftiger Sachverhaltsbetrachtung als Verursacher der Tötung in Betracht. Denn auch hier gilt, dass allenfalls eine Stute Anlass zu Aggressivität hätte haben können, aber nur dann, wenn sie ihr Fohlen durch den Hund bedroht gesehen hätte. Selbst wenn man die Zweifel hinsichtlich der Ausführungen der Sachverständigen SV3 hinsichtlich der Feststellungen ihres Kollegen mit der Verteidigung teilen würde, dass die von diesem untersuchten Haare keine Kuhhaare, sondern Hundehaare seien und es sich stattdessen, z. B. um Pferdehaare handeln kann, würde dies im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung sein, weil dies nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulassen würde und das Gericht den möglichen Schluss nicht ziehen will. Die Bekleidung der Frau X, die diese am 29.08.2011 zum Ausführen des Hundes trug (Jeanshose, Fleecejacke) ist sicherlich nicht täglich gewaschen worden. Demgemäß hätten neben den Haaren ihres Hundes womöglich auch Haare eines Pferdes auf ihre Fleecejacke kommen können, z. B. bereits dann, wenn sie eine Pferdehalterin oder einen Pferdehalter - wie es heute allgemein üblich geworden ist - bei deren Begrüßung oder Verabschiedung freundschaftlich umarmt hätte. Auch hätte eine Umarmung als tröstende oder anerkennende Geste z. B. im Sportunterricht gegenüber einer Schülerin oder einem Schüler nach dem letzten Waschen der Bekleidung erfolgt sein können, wobei es im Zuge dessen zu einer unbeobachtenden/unbeabsichtigten Übertragung eines Pferdehaares von der Bekleidung des Schülers/der Schülerin auf die der Lehrerin gekommen sein kann. Auch weist das bekannte Sprichwort, "der erste Gedanke ist der richtige", auf eine Täterschaft von Verona hin. So hat nämlich die Angeklagte eingeräumt, am Morgen nach der Tat, als sie die Kuh Verona in unmittelbarer Nähe des Auffindeorts der Getöteten sah, den vom Gericht unter II. festgestellten Sachverhalt als zutreffenden Tathergang angesehen zu haben. Erst später - nachdem sie Herrn Z1 am Mittwoch, dem 31.08.2011 kondoliert und dabei geäußert hatte, sie hätte gedacht, dass sich die Kuh der Herde irgendwann wieder anschließen würde - hat sie sich auf die Verteidigungslinie festgelegt, es kann nicht sein, was nicht sein darf und sieht ihre Kuh und sich selbst als unschuldig an. Gerade beim Kondolieren hätte es nahe gelegen, dem Lebensgefährten der Frau X - entschuldigend - zu sagen, dass man und wie man vergeblich nach Kuh und Kälbchen gesucht habe. Gerade der Umstand, dass sie diese sie entlastenden Umstände nicht erwähnt hat, spricht dafür, dass allenfalls eine oberflächliche - nicht richtig intensive und keine ernsthafte auf unbedingtes sofortiges Wiederlangen gerichtete Suche nach Kuh und Kälbchen stattgefunden hat, weil sie aus der Vergangenheit her wusste, dass sich entlaufene Kühe mit und ohne Kalb irgendwann von selbst wieder ihrer Herde anschließen werden, was jahrzehntelang bei ihr und ihren Kollegen ohne ernsthafte Zwischenfälle auch funktioniert hatte. Gegen eine Täterschaft von "Verona" spricht schließlich nicht zwingend, dass keine Haare von "Verona" an der Bekleidung der Frau X aufgefunden worden sind. Zwar hat der Sachverständige Herr SV4 in seiner schriftlichen Ergänzung vom 19.07.2013 zu seinem Gutachten ausgeführt, dass von der Kuh in erster Linie mit dem Kopf gestoßen und gedrückt werde. Er hat allerdings bereits einschränkend betont, dass er bei einer umfangreichen Recherche zu dieser Thematik in der Literatur keine konkreten Angaben zur Fragestellung gefunden habe. Anlässlich der mündlichen Gutachtenerstattung hat er ausgeführt, dass er sich nach wie vor über das Fehlen von Kuhhaaren an der Bekleidung der Getöteten wundere, dass aber die DNA entscheidend für eine Tötung durch eine Kuh spreche. Letztlich kann sich das Fehlen von Kuhhaaren aber damit erklären lassen, dass Frau X sich in dem Moment, als sie bemerkte, dass der Angriff der Kuh Verona vom Hund auf sie überwechselte, zur panikartigen Flucht entschloss, wobei sie sich angesichts der Unebenheiten im Wiesengelände und einer früheren Sprunggelenksverletzung womöglich vertrat, umknickend ins Straucheln geriet und zu Boden stürzte, wobei sie hierbei ihre Sonnenbrille verlor. Bevor sie sich vom Erdboden erheben konnte, wurde sie dann womöglich von der sie einholenden Kuh "Verona" heftigst in den Rücken und vor allem auch mehrfach in den Brustkorbbereich getreten, wodurch u.a. ein schweres, tödlich wirkendes stumpfes Brustkorbtrauma und Rippenserien-Frakturen eintraten. Ein Sturz der Getöteten, bevor es zu einem Einsatz des Kopfes gegen eine noch stehende Frau X gekommen wäre, dürfte das Fehlen der Kuhhaare erklären." Diese Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Aufgabe, sich an der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehensablauf zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch seine eigene zu ersetzen (vgl. z. B. Senatsbeschl. v. 27.02.2007 - Az.: 1 Ss 286/06 - m.w.N.). Bei der Überprüfung des Urteils darf die Beweiswürdigung des Tatrichters daher nur auf rechtliche Fehler überprüft werden. Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerhaft, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsbeschl. v. 07.09.2005 - 1 Ss 401/04 u. v. 30.08.2005 - 1 Ss 385/04 -; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 337 Rdziff. 27 m.w.N.). Aus § 261 StPO ergibt sich die Verpflichtung des Tatrichters, den festgestellten Sachverhalt, soweit er bestimmte Schlüsse zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten nahe legt, in Verbindung mit den sonst festgestellten Tatsachen erschöpfend zu würdigen. Die Gesamtwürdigung aller in der Hauptverhandlung festgestellten wesentlichen Tatsachen ist in den Urteilsgründen darzulegen, wobei insbesondere auch die Einlassung des Angeklagten und die Aussage der Zeugen mitzuteilen und unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise in nachvollziehbarer Weise eingehend zu würdigen sind (vgl. z. B. Senatsbeschl. v. 07.09.2005 - 1 Ss 401/04 - u. v. 30.08.2005 - 1 Ss 385/04 -; Meyer-Goßner, aaO. § 267 Rdziff. 12 m.w.N.). Diesen Anforderungen hält das angefochtene Urteil nicht stand. Die Einlassung der Angeklagten ist nicht zusammenhängend wiedergegeben. Lediglich an drei Stellen der Beweiswürdigung wird dieser - wie dargelegt - fragmentartig aufgeführt (Anm.: Zur Verdeutlichung werden diese Passagen in dem Senatsbeschluss kursiv und fett gedruckt wiedergegeben). Grundsätzlich hat der Tatrichter die Einlassung des Angeklagten zum Schuldvorwurf in den Urteilsgründen erschöpfend aufzunehmen und zu würdigen. Ohne die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten und ihre Würdigung kann das Revisionsgericht nicht erkennen, ob der Beurteilung des Sachverhalts rechtlich fehlerhafte Erwägung zugrunde liegen (vgl. Senatsbeschl. v. 02.05.2007 - 1 Ss 365/06 -). Nur im sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung kann unter Umständen auf die Wiedergabe der Einlassung ohne Verstoß gegen die materiell-rechtliche Begründungsfrist verzichtet werden (vgl. Senatsbeschl. v. 02.05.2007 - 1 Ss 365/06 -). Bei dem vorliegenden Sachverhalt ist eine erschöpfende Wiedergabe und Würdigung der Einlassung der Angeklagten im Hinblick auf den Tatvorwurf - fahrlässige Tötung - und der Komplexität der Beweiswürdigung geboten. Demnach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dillenburg zurückzuverweisen (§§ 349 Abs. 4, 353, 354 Abs. 2 StPO).
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