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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Strafzumessung, Verurteilung wegen Einschleusens von Ausländern

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Passau, Urt. v. 04.11.2014 - 4 Ls 14 Js 10843/15 III

Leitsatz: Zur Strafzumessung bei einer Verurteilung wegen Einschleusens von Ausländern


Amtsgericht Passau
4 Ls 14 Js 10843/15 III

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
des Amtsgerichts - Schöffengericht - Passau
In dem Strafverfahren
gegen pp.
wegen Einschleusens von Ausländern mittels lebensgefährlicher Behandlung aufgrund der Hauptverhandlung vom 04.11.2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Amtsgericht als Vorsitzender
pp als Schöffe
pp. als Schöffin
pp- als Vertreter der Staatsanwaltschaft
pp. als Verteidiger
pp. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

1. Der Angeklagte ist schuldig des gemeinschaftlichen Einschleusens von Ausländern.
2, Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
3. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 96 f Nr. 1 a, Nr, 1 b, II Nr. 5, 95 I Nr. 3, 14 I Nr. 1, Nr. 2 AufenthG, 2511, 56 StGB, 465 StPO.

Grunde:
I.
Der 43-Jährige verheiratete Angeklagte ist pp. Staatsangehöriger. Er lebt in pp. und ist dort als Büroarbeiter in einer Fabrik berufstätig. Auf diese Weise erzielt er ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von ca. 250,00 E.
Er ist Vater zweier Kinder im Alter von pp. Jahren, welche noch Zuhause leben. Seine Ehefrau ist nicht berufstätig.
Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister weist für ihn noch keine Voreintragungen auf.

II.
Am 09.06.2015 unterstützte der Angeklagte insgesamt 26 syrische, afghanische und irakische Staatsangehörige dabei, in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzureisen, indem er diese zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt kurz vor 07.00 Uhr desselben Tages mit dem von ihm geführten Kleintransporter, lveco, amtliches NM Kennzeichen ppp. von Ungarn kommend über Österreich in das Bundesgebiet fuhr, wobei er bei der Einreise über die BAB A3 den ehemaligen Grenzübergang Suben passierte.
Kontrolliert wurde der Angeklagte erst gegen 14.45 Uhr in der Nähe der Anschlussstelle Mittich von Beamten der PI Fahndung Passau, nachdem er sich im dortigen Bereich festgefahren hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Passagiere bereits längst ausgestiegen.
Der Angeklagte handelte hierbei in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einer unbe-kannten Person namens „Da". Dieser begleitete den vom Angeklagten geführten Kleintransporter in seinem blauen Kleinwagen und informierte ihn laufend via Handy über etwaige Radar- und Polizeikontrollen.
Die syrischen, Afghanischen und irakischen Staatsangehörigen waren, wie diesen auch bekannt war, jeweils nicht im Besitz der zur Einreise in das Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel, was sie wussten. Überdies hatten die Personen keinen gültigen Ausweis oder Ausweisersatz, was diese ebenfalls wussten.
Diese Umstände waren auch dem Angeklagten bekannt, zumindest nahm er diese Umstände billigend in Kauf.
Als Gegenleistung für die Durchführung der Fahrt hatte sich der Angeklagte einen Betrag in Höhe von 500,00 versprechen lassen. Darüber hinaus hat er bereits 370,00 € für seine Unkosten erhalten.
Der vom Angeklagten benutzte Kleintransporter verfügte lediglich über reguläre Sitzplätze im Führerraum.
Die 26 Mitreisenden wurden allesamt auf einer fensterlosen Ladefläche, einem eigenen Kofferaufbau, ohne Sitze und Rückhaltesysteme-befördert. Nur durch das auf dern Kofferaufbau befindliche Planendach kam Helligkeit in diesen Laderaum.
Dass es bei einer Gefahrenbremsung zu erheblichsten Verletzungen und auch zum Tode der völlig ungesicherten Geschleusten hätte kommen können, war dem Angeklagten bewusst und gleichgültig.
III.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen eigene Einlassung sowie auf der Bundeszentralregisterauskunft.
Der unter Ziffer li wiedergegebene Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der vollumfänglich geständigen Einlassung des Angeklagten sowie aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme.
Der Angeklagte hat sämtliche Tatumstände im objektiven und subjektiven Bereich eingeräumt, wobei sich dieses Geständnis mit der Aktenlage deckt. Dies gilt sowohl für den Transport der Flüchtlinge, das Zusammenwirken mit der nicht näher bekannten Personen namens „Da', der finanziellen Entlohnung als auch das verwendete Kraftfahrzeug.
Des Weiteren steht der vorgenannte Sachverhalt fest aufgrund der Aussage des einvernommenen Zeugen PHM pp., die nachvollziehbar und widerspruchsfrei erscheint und somit als. glaubhaft eingestuft werden kann. In dieser Aussage hat der Zeuge PHM MO den Ermittlungsablauf beschrieben, so insbesondere die Zuordnung der genannten Flüchtlinge aufgrund von im Laderaum aufgefundenen Dokumentenresten. Des Weiteren ist gern. § 256 StPO eingeführt worden der Aufgriffbericht des Zeugen POM lall, aus dem sich sowohl die Auffindesituation des Kfz als auch das Auffinden von Fragmenten der für die Zuordnung der Flüchtlinge relevanten ungarischen Asylbescheinigungen ergibt, so dass der unter Ziffer II wiedergegebene Sachverhalt als nachgewiesen angesehen werden kann mit der Folge, dass der Angeklagte schuldig zu sprechen ist des gemeinschaftlichen Einschleusens von Ausländern gern. §§ 96 1 Nr. 1 a, Nr. 1 b, II Nr. 5, 95 I Nr. 3, 14 I Nr. 1, Nr. 2 AufenthG, 25 StGB.

IV.
Wegen dieses Vergehens ist der Angeklagte schuld- und tatangemessen zu verurteilen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Bei der Strafzumessung kann zugunsten des Angeklagten zunächst berücksichtigt werden, dass er sich von Beginn an vollumfänglich eingelassen und auch Angaben zu seinen Mittätern gemacht hat, wenngleich insoweit festgestellt werden muss, dass er zumindest ca. 7 - 8 Stunden nach der Tat einer polizeilichen Kontrolle unterzogen worden ist. Festzuhalten bleibt jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Flüchtlinge sieh nicht mehr in dem Transporter befanden.
Für den Angeklagten spricht des Weiteren, dass er über keinerlei Voreintragungen verfügt.
Darüber hinaus ist zu Gunsten des Angeklagten mangels nicht zu wiederlegender Einlassung davor) auszugehen, dass der Angeklagte bei der Fahrt Pausen einlegte und die Geschleusten während dieser Pausen den Lkw verlassen konnten.
Weiter ist die zum Hauptverhandlungszeitpunkt bereits verbüßte Untersuchungshaft des Angeklagten bei der Straffindung zu würdigen, nachdem dieser bereits am 09.06,2015 festgenommen worden war. Insoweit gilt es des Weiteren zu beachten die besondere Haftempfindlichkeit des der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten, obgleich festzuhalten ist, dass sich der Angeklagte zur Tatbegehung bewusst nach Deutschland begeben hat und somit dieses Risiko eingegangen ist.
Darüber hinaus ist zu sehen, dass die Tat nur vor dem Hintergrund der jetzigen Flüchtlingskrise möglich war, da es sich bei den geschleusten Personen bereits um in der EU befindliche Kriegsflüchtlinge gehandelt hat,
Nur aufgrund des Versagens der europäischen Flüchtlingspolitik, die eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge bisher nicht zustande gebracht hat, ist die verfahrensgegenständliche Tat möglich geworden.
Dies lässt zwar die Strafbarkeit des Angeklagten nicht entfallen, ist jedoch bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Negativ kann hingegen die Anzahl der geschleusten Personen sowie das von dem Angeklagten für die Flüchtlinge eingegangene erhebliche abstrakte Risiko gewertet werden, zu beachten ist jedoch hierbei, dass die Geschleusten diese Transportbedingungen freiwillig hingenommen haben.
Betreffend der Anzahl der geschleusten Personen sind bei der Strafzumessung auch die inzwischen veränderten Verhältnisse hinsichtlich des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland zu beachten.
Insoweit ist amtsbekannt, dass mittlerweile täglich mehrere tausend Flüchtlinge im Großraum Passau nach Deutschland gelangen, dies unter Beteiligung österreichischer und deutscher Behörden, womit sich die Anzahl der hier geschleusten 26 Personen unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des Aufenthaltsgesetztes (§ 1 AufenthG) erheblich relativiert.
Des Weiteren hat das Gericht innerhalb des Strafrahmens des § 96 ll Nr 5 AufenthG zu bewerten, dass auch die zuletzt zeitweilig an den hiesigen Grenzübergängen von den österreichischen und deutschen Behörden geduldeten Zustände für die Flüchtlinge gesundheitsbedrohlich waren, nämlich deren stundenlanges Warten in zum Teil sommerlicher Kleidung bei Temperaturen unter 10 Grad, so dass sich auch insoweit der Schuldgehalt hinsichtlich des Schutzes der Unversehrtheit der Geschleusten zumindest relativiert.
Insgesamt erscheint daher im vorliegenden Falle eine Freiheitsstrafe von 2 Jahr erforderlich aber auch ausreichend, dies auch unter Würdigung der vom Schöffengericht sonst ausgesprochenen Freiheitsstrafen in Strafverfahren mit vergleichbarem Schuldgehalt.
Verwiesen wird insoweit u. a. auf Straftaten nach § 224 StGB und die dort bei identischem Strafrahmen in der Regel bei Ersttätern ausgeworfenen Freiheitsstrafen.
Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 56 StGB vorliegen.
So ist dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose zu erteilen.
Dieser wird erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, so dass bereits aus diesem Grunde davon ausgegangen werden kann, dass er sich die Verurteilung ausreichend zur Warnung dienen lässt und noch nicht des Strafvollzugs bedarf, dies gilt umso mehr, als sich der Angeklagte zum Verhandlungszeitpunkt bereits knapp 5 Monate in Untersuchungshaft befunden hat.
Auch sieht das Gericht besondere Umstände im Sinne des § 56 Il StGB als gegeben an. Diese ergeben sich wie in vielen vergleichbaren Fällen in der täglichen Praxis aus einer Gesamtschau des Geständnisses des Angeklagten, der verbüßten Untersuchungshaft sowie des Fehlens jeglicher Voreintragungen.
Ebenso gebietet hier nach Ansicht des Gerichts die Verteidigung der Rechtsordnung nicht mehr die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, da - wie ausgeführt - sich die aufenthaltsrechtlichen Verhältnisse in der Grenzregion Passau mehr als relativiert haben, dies obwohl die Anzahl der Flüchtlinge als auch deren zwischenzeitliche gesundheitliche Behandlung betreffend.

V.
Als Verurteilter hat der Angeklagte schließlich gern. § 465 StPO auch die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.


Einsender: eingesandt vom AG Paasau

Anmerkung:


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