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Entscheidungen

OWi

Voraussetzungen, Absehen vom Fahrverbot, Abstandsverstoß

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 17.09. 2015 - 3 Ss OWi 1048/15

Leitsatz: 1. Von der Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, das nachfolgende Fahrzeug sei auf der Beobachtungsstrecke gefahrvoll auf den Betroffenen aufgefahren, wenn dieser bereits zuvor den Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in pflichtwidriger Weise unterschritten (Fortführung von OLG Bamberg, Beschl. v. 25.02.2015 – 3 Ss OWi 160/15 = NJW 2015, 1320 = DAR 2015, 396).

2. Der gegen die Anordnung eines Regelfahrverbotes wegen eines Abstandsverstoßes vorgebrachte Einwand, ein unerwarteter Spurwechsel des vorausfahren-den Fahrzeugs vor der Beobachtungsstrecke bei gleichzeitigem gefahrvollen Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs ist nur beachtlich, wenn es dem Betroffenen bis zur Messung weder möglich war, die durch das Ausscheren des vorausfahrenden Fahrzeugs geschaffene Lücke auf der benachbarten Fahrspur zu nutzen, noch durch behutsame Verringerung der eigenen Geschwindigkeit den Abstand zum Vordermann signifikant zu steigern.


In pp.
Zum Sachverhalt:
Die Bußgeldstelle setzte mit Bußgeldbescheid vom 27.06.2014 wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des Mindestabstandes von einem vorausfahrenden Fahrzeug (§ 4 I Satz 1 StVO) gegen den Betr. eine Geldbuße von 160 Euro fest und verhängte zudem ein Fahrverbot für die Dauer 1 Monats nach Maßgabe des § 25 IIa StVG. Gegen die-sen Bußgeldbescheid legte der Betr. form- und fristgerecht Einspruch ein, den er in der Hauptverhandlung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. Das AG ver-urteilte den Betr. zu einer Geldbuße von 240 Euro; von der Anordnung eines Fahrver-bots sah es demgegenüber ab. Nach den Feststellungen im Bußgeldbescheid und den ergänzenden Feststellungen des AG steuerte der Betr. am 08.05.2014 um 09.24 Uhr einen Pkw auf der BAB A 8 in Fahrtrichtung M. auf der linken von 3 Fahrspuren, wobei er bei Kilometer 2.706, Abschnitt 420 bei einer Geschwindigkeit von 124 km/h zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von weniger als 3/10 des halben Tachower-tes (16,87 Meter) einhielt. Gegen das vorbezeichnete Urteil wendet sich die StA mit ihrer mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründeten Rechtsbeschwerde. Sie beanstandet die unterlassene Verhängung eines Regelfahrverbots. Das Rechtmittel erwies sich als erfolgreich.
Aus den Gründen:
Die statthafte (§ 79 I 1 Nr. 3 OWiG) sowie auch im Übrigen zulässige und wegen der wirksam erklärten Einspruchsbeschränkung ohnehin nur noch den Rechtsfolgenaus-spruch betreffende Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde der StA ist zulässig. Sie wurde nach Erlass des Urteils vom 22.10.2014 am 04.11.2014 eingelegt und am 20.11.2014 ordnungsgemäß begründet. Ein Fall vorsorglicher, d.h. vor Erlass des Urteils erfolgter Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 341 Rn. 4; KK-Gericke StPO 7. Aufl. § 341 Rn. 4) liegt somit nicht vor. Auf den Zeitpunkt der (wirksamen) Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe an die StA kommt es entgegen der Rechtsauf-fassung des Betr. nicht an.
2. Das AG hat festgestellt, dass der Betr. schon auf einer Strecke von 300 Metern vor der eigentlichen Messstrecke in gleichbleibend knappem Abstand hinter dem vorausfah-renden Fahrzeug herfuhr, wobei es weder zu erkennbaren Geschwindigkeits- noch Abstandsveränderungen der beiden Fahrzeuge oder zu einem Ein- oder Ausscheren der beteiligten Fahrzeuge oder anderer Fahrzeuge kam. Der Abstand des Betr. zum unmittelbar vorausfahrenden Fahrzeug wurde bei kontinuierlichem Verkehrsfluss im gesamten Bereich der Beobachtungsstrecke auch nicht durch ein Abbremsen des Vor-dermanns verkürzt. Gleichwohl erkennt das AG außergewöhnliche Umstände in der konkreten Verkehrssituation. Wenige hundert Meter vor der eigentlichen Messstelle sei nämlich das vor dem Betr. fahrende Fahrzeug auf die linke Fahrspur gewechselt, um ein anderes Auto zu überholen. Der Betr. sei davon ausgegangen, dass sein Vorder-mann dieses Überholmanöver nach Passieren des langsameren Fahrzeugs unverzüg-lich beenden werde. Tatsächlich sei der Vordermann aber sogar langsamer geworden und nicht auf die mittlere Spur gewechselt, als die Messstelle näher gekommen sei. Der Betr. habe auch keine Möglichkeit gehabt, den Abstand wiederherzustellen, da der Hintermann sehr dicht aufgefahren sei. Ein Ausweichen auf die mittlere Spur sei dem Betr. verwehrt gewesen, da auf seiner Höhe ein Fahrzeug gefahren sei.
a) Wie das AG richtig erkannt hat, kam hier wegen des rechtskräftig festgestellten Abstandsverstoßes gemäß §§ 24, 25 I 1 [1. Alt.], 26 a StVG i.V.m. § 4 I 1 Nr. 2 BKatV i.V.m. lfd.Nr. 12.6.3 Tab. 2 zum BKat die Anordnung eines Regelfahrverbots wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in Betracht. Die weiteren tatsächlichen Feststellungen und Erwägungen des AG zeigen allerdings weder in objek-tiver noch in subjektiver Hinsicht Besonderheiten auf, die ausnahmsweise das Absehen von einem Fahrverbot rechtfertigen könnten.
b) Sollten die Feststellungen des AG so zu verstehen sein, dass der Betr. im Moment des Spurwechsels seines Vordermanns noch nicht von dem nachfolgenden Fahrzeug bedrängt wurde, hätte sich das AG bereits den Blick dafür verstellt, dass das pflichtwid-rige Verhalten des Betr. darin begründet ist, nicht umgehend den erforderlichen Sicher-heitsabstand zum Vordermann wieder hergestellt bzw. diesen Sicherheitsabstand sogar noch verkürzt zu haben. In diesem Fall hätte der Betr. schon vor der Beobachtungs-strecke in vorwerfbarer und pflichtwidriger Weise den Mindestabstand zum vorausfah-ren Fahrzeug unterschritten (vgl. zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 25.02.2015 – 3 Ss OWi 160/15 = NJW 2015, 1320 = DAR 2015, 396).
c) Aber selbst wenn der Betr. im Moment des Spurwechsels seines Vordermanns au-ßerhalb des Beobachtungsbereichs bereits von seinem Hintermann bedrängt worden wäre, zeigt das AG keine schwerwiegenden Besonderheiten des Einzelfalls auf.
aa) Zum einen ist nicht nachvollziehbar, warum es dem Betr. über die gesamte be-obachtbare Fahrtstrecke von 300 Metern, für die bei einer Geschwindigkeit von 124 km/h immerhin etwa 9 Sekunden Zeit benötigt werden, selbst bei einem dichten Auffah-ren des Hintermanns nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sein soll, den eigenen Abstand durch behutsame Verringerung der eigenen Geschwindigkeit unter die des Vordermanns signifikant zu steigern, was nach den Ausführungen des Tatrichters nicht der Fall war. Hinzu kommt, dass sich zu den 9 Sekunden noch die Zeit addiert, welche vom Beginn des Spurwechsels des Vordermanns bis zum Anfang der Beobachtungs-strecke, an dem dieser bereits vollständig vor dem Betr. eingeschert war, vergangen war.
bb) Zum anderen verhält sich das AG nicht dazu, warum der Betr. die von seinem Vor-dermann beim Ausscheren auf die Überholspur notwendigerweise geschaffene Lücke auf der mittleren Fahrspur nicht umgehend dazu genutzt hat, selbst auf diese zu wech-seln, um auf diese Weise einer Unterschreitung des Sicherheitsanstands zu begegnen. Auch in dieser Konstellation liegt vielmehr nahe, dass der Betr. schon vor der Beobach-tungsstrecke sowohl in vorwerfbarer als auch pflichtwidriger Weise und ohne dass zu seinen Gunsten schwerwiegende Besonderheiten sprächen, die Ursache dafür gesetzt hat, dass er an der Messstelle den Abstand zu seinem Vordermann unterschritt. […]

Einsender: RiOLG Dr. Georg Gieg, Würzburg

Anmerkung:


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