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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Drogendelikt, Einstellung, Revisionsinstanz

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 10.02.2015 - 2 Rv 16/15

Leitsatz: Zur Einstellung eines Verfahrens wegen eines Verstoßes gegen das BtMG nach § 153 StPO in der Revisionsinstanz


In pp.
Das Verfahren wird gemäß § 153 Abs. 1, Abs. 2 StPO eingestellt, weil die Schuld des Angeklagten gering ist und kein öffentliches Interesse an einer strafrechtlichen Sanktionierung der Taten besteht.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens, der Angeklagte trägt seine Auslagen selbst.
Gründe
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 05. Februar 2015 ausgeführt:

"Die Strafrichterin des Amtsgerichts Quedlinburg hat den Angeklagten am 17. Juni 2014 wegen des unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln sowie des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30,00 € verurteilt. Polizeibeamte hatten am 23. Mai 2013 zwecks Klärung des Eigentums an einem Autoradio mit Einverständnis des Angeklagten dessen Wohnung betreten – insoweit wird auf Bl. 4 d. A. Bezug genommen – und dabei eine Indoor-Anlage mit "drei Pflanzen der Gattung Cannabis mit einer Höhe von ca. 30 cm" sowie eine Tüte mit ca. 5 g Cannabisblüten vorgefunden. Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung unwiderlegt eingelassen, er leide aufgrund eines Unfalls unter Arthrose am Knie und habe erhebliche Schmerzen, weshalb er Cannabis zum Eigenverbrauch angebaut habe, weil die vom Arzt verschriebenen Schmerzmittel ihm nicht helfen würden.

Die zulässige (Sprung-)Revision dürfte in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg haben. Der Revisionsführer weist zu Recht darauf hin, dass sich das schriftliche Urteil nicht zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels verhält. Dahingehende Feststellungen sind grundsätzlich nicht entbehrlich. Die Cannabisblütenqualität liegt zwar zumeist auf hohem Niveau, kann aber gleichwohl auch von schlechterer Qualität sein. Bei Cannabisblüten dürfte sich der durchschnittliche Wirkstoffgehalt um 10 % bewegen (vgl. zum Ganzen: Patzak/Goldhausen in : NStZ 2011, 76, 77; Weber, BtMG, 3. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 837). Auch wenn aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ein Gutachten nicht erstellt wurde, so hat das Gericht von einem Wirkstoffgehalt auszugehen, der nach den Umständen in Betracht kommt. Die gebotene Feststellung dazu fehlt. Darauf beruht das angefochtene Urteil, sodass es grundsätzlich einer Aufhebung zugänglich ist.

Es sind weitere Umstände zu beachten, die zugunsten des Angeklagten wirken. Im Falle der Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache wäre ein erheblicher Zeitablauf zu beobachten; bereits jetzt sind seit der Tat mehr als 1 Jahr und 8 Monate vergangen. Die Tatrichterin hat ihren Feststellungen die Einlassung des Angeklagten zugrunde gelegt und ist davon ausgegangen, der Angeklagte habe das Betäubungsmittel zum Eigenverbrauch und zum Zwecke der Schmerzlinderung angebaut bzw. hergestellt. Dass Cannabisprodukte eine schmerzlindernde Wirkung haben, ist seit langem bekannt."

Aus den genannten Gründen, die nach Auffassung des Senats sämtlich zutreffen, hat die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO beantragt. Dies erscheint angesichts der überlangen Verfahrensdauer, insbesondere aber angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel zum Zwecke der Schmerzlinderung für sich selbst angebaut hat, vernünftig. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Bundesregierung Schmerzpatienten den legalen Zugang zu Cannabis demnächst erleichtern will, eventuell sollen sogar Krankenkassen die Kosten für Cannabis-Therapien übernehmen. Dem Senat ist bekannt, dass Cannabis zur Schmerzlinderung in vielen Fällen wirksamer ist als Medikamente, die der Arzt verschreiben kann, dabei hat es häufig weniger schädliche Nebenwirkungen als verschreibungspflichtige Medikamente. Dies ändert zwar nichts an der Strafbarkeit der abgeurteilten Taten, führt aber dazu, dass der Senat eine strafrechtliche Ahndung in Übereinstimmung mit der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft nicht als geboten ansieht.

Der Senat hat gemäß § 467 Abs. 4 StPO davon abgesehen, die Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen.

Einsender: entnommen juris.de

Anmerkung:


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