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Entscheidungen

OWi

Bußgeldverfahren, Akteneinsicht, Umfang

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Aichach, Beschl. v. 13.01.2016 - 3 OWi 93/15

Leitsatz: Zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren.


Amtsgericht Aichach
3 OWi 93/15
Ausfertigung
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt Dr. Englert Florian, Lenbachstraße 40, 86529 Schrobenhausen, Gz.:
wegen OWi/StVO
erlässt das Amtsgericht Aichach durch die Richterin am Amtsgericht am 13.01.2016 folgenden

Beschluss

Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Betroffene.

Gründe:
1.Der Verteidiger beantragte zunächst gegenüber der Bußgeldbehörde mit Schreiben vom 27.10.2015 Akteneinsicht. Mit Verfügung der Verwaltungsbehörde vom 13.11.2015 wurde dem Verteidiger Akteneinsicht in die Ermittlungsakte gewährt. Gleichzeitig wurde der Verteidiger auf den Link hingewiesen, unter dem die Gebrauchsanweisung für das verwendete Messgerät im Internet abgerufen werden kann.

Daraufhin beantragte der Verteidiger mit Schreiben vom 18.11.2015 gegenüber der Bußgeldbehörde die Akteneinsicht auch hinsichtlich zahlreicher weiterer Unterlagen (Auflistung auf einer gesamten DinA4-Seite) wie etwa Lebensakte, Eichschein für alle Anlagenteile, Originale aller Unterlagen, Schulungsnachweise des Messprotokolls u.v.m. Gleichzeitig beantragte er gerichtliche Entscheidung über sein Akteneinsichtsgesuch.

Weitere Akteneinsicht wurde von der Verwaltungsbehörde abgelehnt und die Akt sodann dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf Antrag des Verteidigers nahm dieser mit Schreiben vom 07.01.2016, eingegangen am 11.01.2016, nochmals ausführlich Stellung zu seinem Antrag.

2. Der Antrag der Verteidigung ist zulässig, aber unbegründet und daher zurückzuweisen.

Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auf die Aktenbestandteile im gegenständlichen Verfahren.
Zu den Akten gehören alle verfahrensbezogenen Unterlagen, die durch die Verwaltungsbehörde zu den Akten genommen worden sind, einschließlich etwaiger Ton- und Bildaufnahmen, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird (Göhler, OWiG, § 60 Rn. 49). Dazu gehören gerade nicht der Eichschein, die Bedienungsanleitung und die Stammkarte (sog. Lebensakte) des verwendeten Messgeräts sowie Schulungsnachweise der Messbeamten.

Im Übrigen ist im Hinblick auf die Erörterungen des Verteidigers noch in der gebotenen Kürze Folgendes auszuführen:

- Auf die Gebrauchsanweisung konnte der Verteidiger mithilfe des ihm mitgeteilten, aber offensichtlich von ihm bislang nicht verfolgten Links bereits seit November 2015 zugreifen.

- Schulungsnachweise, Angaben zur ordnungsgemäßen Aufstellung des Messgeräts, zur Wartung und Eichung der eingesetzten Gerätschaften können durch Einvernahme des Messbeamten im Rahmen der Hauptverhandlung eingesehen und entsprechende Fragen hierzu zügig geklärt werden. Es handelt sich jeweils um einfache und leicht verständliche Angaben bzw. Unterlagen, die der Zeuge regelmäßig in der Sitzung bei sich hat. Dabei genügen -sofern von Seiten der Verteidigung nicht nachvollziehbare, berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der dem Gericht vorgelegten Kopien vorgetragen werden- regelmäßig einfache Abschriften der entsprechenden Unterlagen. Eine Vorwegnahme der Hauptverhandlung kann und darf die Akteneinsicht nicht sein.

- Sofern die Verteidigung meint, schon jetzt Original-Messdaten zu benötigen und sich da-bei auf das OLG Naumburg beruft, verkennt sie, dass diese Entscheidung einen Fall betraf, bei dem tatsächlich ein Sachverständigengutachten erholt wurde, In einem solchen Fall sind der Verteidigung selbstverständlich alle Unterlagen zugänglich zu machen, die auch der Sachverständige zur Verfügung hatte. Ein Sachverständiger wurde vom Gericht aber bislang weder beauftragt noch einem solchen Unterlagen zugänglich gemacht.

- Die Verteidigung verkennt im Übrigen den Hintergrund sowie Sinn und Zweck der standardisierten Messverfahren: Bevor Messverfahren zugelassen werden, werden umfangreiche Prüfungen durchgeführt, an deren erfolgreichem Ende die PTB-Zulassung und damit die Standardisierung steht. Deren Zweck ist es gerade, nicht in jedem Fall eine Einzelfallprüfung vornehmen zu müssen, sondern nur dann, wenn sich konkrete Anhaltspunkte für Messfehler finden. Dabei beruht die Standardisierung auf der umfangreichen PTB-Zulassung.
- Schließlich sind noch folgende Erwägungen zu bedenken: Auch wenn sich BGH-Richter umfangreiche und tiefgründige Gedanken zum OWI-Verfahren machen, ist der Gesamtkontext dieser Verfahren nicht aus dem Blick zu verlieren: Es handelt sich um Massenverfahren, die lediglich Verwaltungsunrecht zum Gegenstand haben. Sie sind regelmäßig nicht wie umfangreiche Strafverfahren zu führen, wie sich bereits aus den Regelungen zur erleichterten Beweisaufnahme ergibt. Insofern ist auch die Verhältnismäßigkeit nicht aus dem Blick zu verlieren. Selbst wenn der hiesige Betroffene angesichts seiner massiven Vorahndungen davon ausgehen sollte, dass es bei ihm „ums Ganze" -um ein Fahrverbot oder gar den Verlust seiner Fahrerlaubnis- geht, bleibt es bei reinem Verwaltungsunrecht.

Eine weitergehende als die ohnehin gewährte Akteneinsicht kommt daher nicht in Betracht.


Einsender: RA F. Englert, Schrobenhausen

Anmerkung:


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