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Entscheidungen

Zivilrecht

Belehrung, Verkehrsunfall, Schadensersatz, Verwertbarkeit Angaben

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Brühl, Urt. v. 28.05.2015 - 21 C 140/14

Leitsatz: Im Zivilverfahren kommt es auf die Frage, ob ein Unfallbeteiligter bei der Unfallaufnahme von den Polizeibeamten über sein strafprozessuales Schweigerecht belehrt wurde und ob im Fall der Nichtbelehrung ggf. ein Beweisverwertungsverbot besteht, nicht an, da im Zivilverfahren nicht die Verwertung der Angaben des Unfallbeteiligten gegenüber den Beamten zu straf- oder ordnungsrechtlicher Verfolgung in Rede steht, sondern eine zivilprozessuale Beweiswürdigung, bezüglich derer § 136 StPO keine Anwendung findet.


Amtsgericht Brühl
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn R.,
Klägers,
gegen
Herrn K., c/o S., gesetzlich vertreten durch M.S.,
Beklagten,
hat das Amtsgericht Brühl

auf die mündliche Verhandlung vom 28.05.2015 durch den Richter am Amtsgericht:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.447,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 201,71 € freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % der vollstreckbaren Forderung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:
Am 20.03.2014 kam es gegen 13 Uhr auf dem Mühlenweg in Wesseling zu einem Unfall, an dem der Kläger mit seinem BMW und der damals 15 Jahre alte Beklagte als Fußgänger beteiligt waren. Der Beklagte überquerte die Straße. Es kam zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Klägers. An dem Fahrzeug des Klägers wurde der Außenspiegel beschädigt und die Beifahrertür verkratzt. Den Außenspiegel ließ der Kläger für 158,37 € ersetzen. Zur Instandsetzung des Schadens an der Beifahrertür sind 1.159,90 € erforderlich.

Der Kläger behauptet, der Beklagte sei ohne auf die rot zeigende Fußgängerampel und den fließenden Verkehr zu achten auf die Straße und gegen die Seite seines Fahrzeugs gelaufen. Er habe angegeben, dass er ohne auf den Verkehr zu achten auf die Straße gelaufen sei, um den auf der anderen Straßenseite haltenden Bus noch zu erreichen und nicht länger auf den nächsten warten zu müssen.

Der Kläger beantragt,
wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er behauptet, er sei etwa drei bis vier Meter hinter einer Gruppe von Schülern bei Grün zeigender Fußgängerampel auf die Straße gegangen. Dann sei es rot geworden. Er sei weitergegangen, bis das Fahrzeug des Klägers gekommen sei und ihn seitlich getroffen habe. Durch den Anstoß habe er sich gedreht, sei zurück von der Straße runter gegangen und habe sich dort hingesetzt, weil ihm ein wenig schwindlig gewesen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz in geltend gemachter Höhe aus § 823 BGB.

Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagten ohne auf die Ampel und den laufenden Verkehr zu achten auf die Straße und dort gegen die Seite des Fahrzeugs des Klägers lief.

Das ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen St. und B., die den Unfall polizeilich aufgenommen haben. Die Zeugin St. hat bekundet, dass sie sich erinnern könne, dass der Beklagte bei der Befragung vor Ort angegeben habe, ohne auf den Verkehr zu achten auf die Straße gelaufen zu sein, um den Bus auf der anderen Straßenseite zu bekommen. Dies deckt sich damit, dass der Zeuge B. in der Verkehrsunfallanzeige als Angabe des Beklagten festgehalten hat, dieser habe den Mühlenweg überqueren wollen, da sein Bus auf der anderen Seite bereits gestanden habe. Dabei habe er nicht auf den Verkehr und die Lichtzeichenanlage geachtet und sein gegen den Pkw ppp. gelaufen. Der Zeuge B. hatte zwar keine Erinnerung mehr an die Unfallaufnahme, konnte aber bekunden, dass er die Angaben in der Unfallanzeige anhand der von ihm in Notizen festgehaltenen Angaben des Beklagten vor Ort erstellt habe. In Anbetracht des eindeutigen Textes der Unfallanzeige schloss er aus, dass es zu einem Missverständnis gekommen sein könnte. Wenn die Angaben auch nicht wörtlich aufgenommen worden seien, sei doch gewiss, dass der Beklagte zumindest angegeben habe, dass er nicht wisse, ob die Ampel für Fußgänger rot oder grün gezeigt habe. Die Zeugin St. hat zudem bekundet, dass sie sich erinnern könne, dass der Beklagte nicht unter Schock gestanden habe. Der Zeuge B. hat dazu bekundet, dass davon auszugehen sei, dass der Beklagte nicht unter Schock gestanden habe, man vielmehr gut mit ihm habe reden können, weil er anderenfalls keine Angaben des Beklagten aufgenommen und einen insofern beeinträchtigten Zustand des Beklagten vermerkt hätte.

Die Aussagen der beiden Polizeibeamten sind glaubhaft. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen die Angaben des Beklagten falsch erfasst oder gar sich ausgedacht hätten, sind nicht ersichtlich. Die Beamten haben erkennbar mit professioneller Distanz bekundet und auch den Unfall aufgenommen. Ein Interesse, das Unfallgeschehen oder die Angaben des Beklagten zu dessen Lasten zu verzerren oder ihm etwas in den Mund zu legen, sind nicht zu erkennen.

Das Gericht hat nach den Bekundungen der Zeugen sowie in Anbetracht der Verkehrsunfallanzeige auch keinen Zweifel daran, dass der Beklagte über sein strafprozessuales Schweigerecht belehrt wurde. Allerdings kommt es darauf nicht an, da nicht die Verwertung der Angaben des Beklagten gegenüber den Beamten zu straf- oder ordnungsrechtlicher Verfolgung in Rede steht, sondern eine zivilprozessuale Beweiswürdigung, bezüglich derer § 136 StPO keine Anwendung findet.

Aus den aufgrund der Beweisaufnahme feststehenden Angaben des Beklagten gegenüber den Polizeibeamten kann nur der Schluss gezogen werden, dass dieser tatsächlich entsprechend dem Vortrag des Klägers ohne auf Ampel und Verkehr zu achten gegen dessen Fahrzeug lief. Soweit beklagtenseits gemutmaßt worden ist, die Angaben des Beklagten gegenüber den Polizeibeamten seien gegebenenfalls Folgen eines Schocks, steht dem entgegen, dass die Polizeibeamten einen solchen nicht festgestellt haben, ein Schock zudem regelmäßig nicht dazu führt, dass von dem Schockierten konkret das Gegenteil eines tatsächlichen Geschehens angegeben wird, sondern doch eher, dass ein Geschehen nicht erinnert oder nachvollziehbar beschrieben werden kann.

Durch das festgestellte Handeln des Beklagten hat dieser sich fahrlässig verhalten und dadurch das Eigentum des Klägers beschädigt. An der Einsichtsfähigkeit des Beklagten besteht kein Zweifel, denn jeder 15-jährige weiß, dass es nicht der gebotenen Sorgfalt entspricht, ohne auf Ampel und Verkehr zu achten auf Straßen und gegen Autos zu laufen.

Dem Kläger ist weder ein Mitverschulden noch die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs anzulasten. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren wäre, sind nicht ersichtlich. Dass es nicht zu Verletzungen des Beklagten oder erheblicheren Schäden an dem Fahrzeug gekommen ist, spricht gegen eine Kollision mit erheblicher Bewegungsenergie. Der Kläger war ansonsten wegen der schulischen Umgebung und der von ihm wahrgenommenen Kinder und Jugendlichen zwar zu erhöhter Vorsicht gehalten. Auch mit höchster Vorsicht hätte er allerdings nicht verhindern können, dass der Beklagte gegen sein Fahrzeug lief, denn dieses hätte sich dazu gleichsam in Luft auflösen müssen. Angesichts des kurzen Wegs von dem Bürgersteig zu dem Fahrzeug des Klägers, der Eile des Beklagten und dem Anstoßbereich an dem Fahrzeug erst ab dem Beifahrerspiegel bei durchaus vergleichsweise langem Vorbau des BMW 5ers hätte der Kläger den Beklagten auch nicht rechtzeitig erkennen und anhalten oder ausweichen können. Ansonsten war das Verhalten des Beklagten von so grober Fahrlässigkeit geprägt, dass daneben die bloße Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers zurücktritt, wenn das Unfallereignis sich für ihn nicht als höhere Gewalt darstellte.

Dem Kläger stehen die Kosten der erfolgten Reparatur des Außenspiegels sowie die für die Instandsetzung der Beifahrertür erforderlichen als Schadenersatz zu. Die Kosten des Kostenvoranaschlags und die geltend gemachte Entschädigung für den ebenfalls nicht in Abrede gestellten Nutzungsausfall sind gleichsam zu ersetzen. Dass Auslagen in Höhe von 25,- € im Zusammenhang mit der Schadenbehebung angefallen sind bzw. anfallen, ist gemäß § 287 ZPO anzunehmen. Gleichermaßen sind die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung Schaden im Sinne des § 249 BGB.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug.

Die Entscheidung über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 91, 708 ff. ZPO.
Streitwert: 1.447,27 €


Einsender: RA M. Riemer, Brühl

Anmerkung:


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