Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 17.05.2016 - 2 RV 39/16
Leitsatz: Ein Klappmesser von 8,4 cm Klingenlänge ist zwar ein generell gefährlicher Gegenstand; der Umstand, dass der Täter in Besitz des Messers war und dieses in seiner Jackentasche mit sich führte, lässt jedoch nicht ohne Weiteres auf ein entsprechendes Bewusstsein des Beisichführens schließen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
BESCHLUSS
2 Rv 39/16 OLG Naumburg
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger: ,
hat der 2 Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 17,05.2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bernburg vom 11. Februar 2016
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des Diebstahls schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
c) im Ausspruch über die Einziehung des Klappmessers aufgehoben, diese entfällt.
Im Umfang der Aufhebung des Strafausspruchs wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 29. April 2016 ausgeführt:
"Mit seiner Sprungrevision wendet sich der Angeklagte gegen das Urteil des Amtsgerichts Bernburg vom 11.02.2016, mit welchem gegen ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von 6 Monaten wegen Diebstahls mit Waffen verhängt worden ist. Die gemäß § 335 StPO statthafte Revision gegen das vorbezeichnete Urteil ist teilweise begründet.
Die Feststellungen des Amtsrichters lassen eine Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen nicht zu. Deswegen ist der Schuldspruch des angefochtenen Urteils - schon auf die Sachrüge hin - abzuändern.
Nach den Urteilsausführungen hatte der Angeklagte bei der von ihm eingestandenen Diebstahlshandlung ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 8,4 cm in seiner rechten Jackentasche bei sich getragen (UA S. 4). Seine nachvollziehbare Einlassung, er habe mit keiner Silbe an das sich seiner Jackentasche befindliche Messer gedacht"; ... erst im Büro des Detektives sei es ihm eingefallen, dass er ein Messer bei sich habe (UA S. 4 unten), hat der Amtsrichter im Rahmen der Beweiswürdigung nicht widerlegen können. Die Annahme eines Tatvorsatzes im Hinblick auf das Beisichführen einer Waffe ist lediglich aufgrund der Länge des Messers hergeleitet worden (vgl. UA S. 5).
Diese Schlussfolgerung erscheint im vorliegenden Fall rechtsfehlerbehaftet. Denn ein Klappmesser von 8,4 cm Klingenlänge ist zwar ein generell gefährlicher Gegenstand; der Umstand, dass der Angeklagte in Besitz des Messers war und dieses in seiner Jackentasche mit sich führte, lässt jedoch nicht ohne Weiteres auf ein entsprechendes Bewusstsein (des Beisichführens) schließen.
Da zum Vorstellungsbild des Angeklagten keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind und das Messer jedenfalls nicht derart lang war (Klingenlänge > 10 cm), dass sich für den Angeklagten das Mitsichführen des Messers jederzeit bewusst aufdrängen musste, ist der Angeklagte (nur) wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB zu belangen.
Die vom Amtsrichter verhängte Strafe hat daher keinen Bestand. Sie ist nicht dem Strafrahmen des § 244 Abs. 3 StGB, sondern dem Rahmen des § 242 Abs. 1 StGB zu entnehmen."
Dem schließt sich der Senat an.
Der Wegfall des Schuldspruchs wegen Diebstahls mit Waffen entzieht der Einziehung des Klappmessers die Grundlage.
Einer Teilverwerfung der Revision durch den Senat bedarf es nicht, weil aus der Revisionsbegründung hervorgeht, dass der Angeklagte den Schuldspruch wegen Diebstahls, der auf seinem Geständnis beruht, nicht beanstandet.
Einsender: RA J.R. Funck, Braunschweig
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