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Auslieferung, Belgien, drohende Strafverfolgung wegen Mordes

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 16.08.2016 - 2 Ausl. 145/13

Leitsatz: Die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen, der bereits in Deutschland aufgrund einer inländischen Verurteilung eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt, zum Zwecke der Strafverfolgung wegen einer anderen, im ersuchenden Staat begangenen und dort mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedrohten Tat, für die auch die deutsche Gerichtsbarkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB sowie eine Gesamtstrafenfähigkeit nach §§ 53-55 StGB gegeben wäre, kann trotz einer für den Fall der Verurteilung abgegebenen Zusicherung der Rücküberstellung unzulässig sein. Dies ist dann der Fall, wenn dem Verurteilten ohne Härteausgleich die Vollstreckung einer weiteren, gesondert zu vollstreckenden lebenslangen Freiheitsstrafe droht.


In pp.
1. Der Antrag auf Erlass eines förmlichen Auslieferungshaftbefehls wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten nach Belgien zur Strafverfolgung wegen der ihm in dem Europäischen Haftbefehl des Gerichts erster Instanz in Antwerpen vom 18.06.2013 (Az.: ####/###) zur Last gelegten Straftat wird zurückgestellt.

Gründe:
I.

Das Königreich Belgien betreibt gegen den Verfolgten das Auslieferungsverfahren aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Gerichts erster Instanz in Antwerpen vom 18.06.2013 (Aktenzeichen: ####/###).

Der Europäische Haftbefehl vom 18.06.2013 gründet sich auf den durch den Untersuchungsrichter des Gerichts erster Instanz in Antwerpen ausgestellten Haftbefehl vom 24.08.2012 (Aktenzeichen: ####/###), mit dem dem Verfolgten zur Last gelegt wird, am 30.11.2007 in T/Belgien den Autohändler I in den Geschäftsräumen seiner Firma Q, U-baan ##, durch Schüsse aus einer halbautomatischen Selbstladewaffe FN Modell 1910, Kaliber 6, 65 mm, in Stirn und Rücken getötet und die Laptoptasche des Getöteten, Kfz-Unterlagen sowie Fahrzeugschlüssel entwendet zu haben.

Der Verfolgte ist am 15.08.2013 durch den zuständigen Gs-Richter des Amtsgerichts Düsseldorf zu dem Auslieferungsersuchen angehört worden. Er hat sich mit nicht näher begründeten Einwendungen mit seiner Auslieferung nicht einverstanden erklärt.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat am 15.08.2013 eine Festhalteanordnung erlassen.

Der Verfolgte befindet sich zurzeit in anderer Sache in Strafhaft für das Verfahren 8 Js ###/08 StA Krefeld. Er ist mit Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18.08.2009, rechtskräftig seit dem 28.04.2010 (22 Ks 8 Js ###/## (#/##)), wegen Mordes in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt worden. Die besondere Schwere der Schuld ist festgestellt worden. Für dieses Verfahren war der Verfolgte aus Spanien ausgeliefert worden. In der Auslieferungsentscheidung des Strafgerichts in Madrid vom 10.07.2008 ist festgehalten, dass der Verfolgte auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes nicht verzichtet hat.

Wegen der dem Verfolgten durch die belgischen Strafverfolgungsbehörden zur Last gelegten Tat ist ein inländisches Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Kiel (598 Js #####/####) eingeleitet worden; es ist nach Mitteilung des Generalstaats-anwalts des Landes Schleswig-Holstein vom 21.06.2016 beabsichtigt, das Ermittlungsverfahren gemäß § 153c StPO einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft Antwerpen hat mit Schreiben vom 19.10.2012 unter Bezugnahme auf Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13.06.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten zugesichert, den Verfolgten im Falle der Verhängung einer zur verbüßenden Freiheitsstrafe oder anderen freiheitsentziehenden Maßnahme auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen.

Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hat der Senat mit Beschluss vom 26.11.2013 die Festhalteanordnung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15.08.2013 aufgehoben. Diesen Antrag hatte die Generalstaatsanwaltschaft gestellt, da der Verfolgte bei seiner Auslieferung aus Spanien auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität nicht verzichtet hatte und daher zunächst bei den spanischen Behörden zu klären war, ob eine Weiterlieferung des Verfolgten gemäß § 83 h Abs. 2 Nr. 5 IRG genehmigt wird.

Mit Beschluss des zentralen Untersuchungsgerichts Nr. 3 in Madrid vom 26.11.2015 ist verfügt worden, dass der „Vollstreckung des durch die Behörden Belgiens beschlossenen Europäischen Auslieferungshaftbefehls wegen der Straftat des Mordes zur Strafverfolgung zugestimmt werde“.

Der Beistand des Verfolgten hat mit Schriftsatz vom 18.04.2016 zu dem Beschluss des zentralen Untersuchungsgerichts in Madrid Stellung genommen und ausgeführt, dass die Unterlagen die Voraussetzungen für eine Genehmigung der Weiterlieferung nicht erfüllen würden. Es sei nicht bekannt, ob der Betroffene an dem Verfahren beteiligt und verteidigt gewesen sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 03.05.2016 beantragt, gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft anzuordnen und die Auslieferung nach Belgien für zulässig zu erklären.

Der Beistand des Verfolgten hat mit Schreiben vom 24.05.2016 hierzu Stellung genommen.

Nachdem der Senat mit Verfügung vom 02.06.2016 hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung angesichts der im Verurteilungsfall drohenden lebenslangen Freiheitsstrafe Bedenken geäußert und um Darlegung der Ermessenserwägungen zu § 83 b Abs.1 Nr. 1 IRG gebeten hatte, hat die Generalstaatsanwaltschaft ihre Anträge mit weiteren Ausführungen mit Zuschrift vom 28.06.2016 aufrechterhalten.

Der Beistand des Verfolgten hat auch hierzu mit näheren Ausführungen mit Schriftsatz vom 11.07.2016 Stellung genommen.

II.
1. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten nach Belgien zur Strafverfolgung war zurückzustellen, da die belgischen Behörden noch um Auskünfte gebeten werden müssen.

Der Europäische Haftbefehl entspricht den Voraussetzungen des § 83 a Abs. 1 Nr. 1 bis 6 IRG.

Die Auslieferungsfähigkeit der dem Verfolgten zur Last gelegten Tat ergibt sich aus §§ 3 Abs. 1, 81 Nr. 1 IRG. Die dem Verfolgten zur Last gelegten Tat ist sowohl nach den Vorschriften des belgischen Strafgesetzbuches als auch nach deutschem Recht als Mord in Tateinheit mit schwerem Raub gemäß §§ 211, 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar.

Die Tat ist nach belgischem Recht mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe und damit im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe bedroht, die das in § 81 Nr. 1 IRG festgelegte Mindestmaß von 12 Monaten übersteigt, wobei die Rechtsordnung des Königsreichs Belgien vorsieht, dass eine ggf. zu verhängende lebenslange Freiheitsstrafe auf Antrag oder nach mindestens 20 Jahren daraufhin überprüft werden kann, ob die weitere Vollstreckung der Strafe oder Maßregel zur Bewährung ausgesetzt werden kann, so dass – unabhängig von einer etwaigen Rücküberstellung mit anschließender Strafvollstreckung im Inland - auch ein Auslieferungshindernis nach § 83 Abs. 1 Nr. 4 IRG nicht besteht.

Die Auslieferung des Verfolgten nach Belgien ist jedoch dann unzulässig, wenn ihr wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung (§ 73 IRG) unter besonderer Berücksichtigung der für deutsche Staatsangehörige in Art. 16 Abs. 2 GG, § 80 IRG verankerten Schutzrechte entgegenstehen.

Im Auslieferungsverfahren ist das sich aus Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG ergebende und in 3 80 IRG gesetzlich näher ausgestaltete, unmittelbar wertsetzende Gebot zu beachten, den Rechten deutscher Staatsbürger gegenüber ausländischen Straf-verfolgungsinteressen besonderes Gewicht beizumessen. Das Verbot der Auslieferung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ebenso wie das damit in Zusammenhang stehende Verbot der Ausbürgerung (Art. 16 Abs. 1 GG) nicht nur Ausdruck staatlich beanspruchter Verantwortlichkeit für die eigenen Staatsangehörigen, sondern beide Verbote sind als Freiheitsrechte gewährleistet. Der Zweck des Freiheitsrechts auf Auslieferungsschutz liegt nicht darin, den Betroffenen einer gerechten Bestrafung zu entziehen. Vielmehr sollen Bürger nicht gegen ihren Willen aus der ihnen vertrauten Rechtsordnung entfernt werden. Art. 16 GG gewährleistet als Grundrecht mit seinem Auslieferungsverbot die besondere Verbindung der Bürger zu der von ihnen getragenen freiheitlichen Grundordnung (vgl BVerfG , Beschlüsse vom 9.10.2009, 2 BvR 2115/09 und vom 18. Juli 2005, 2 BvR 2236/04). Diese Pflicht für die staatlichen Stellen zum möglichst schonenden Eingriff in den Schutzbereich des Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG ist auch durch die Möglichkeit der Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an Mitgliedstaaten nach dem Rahmenbeschluss des Rates über den Europäischen Haftbefehl nicht entfallen. Vielmehr fließt der grundgesetzlich garantierte Schutz auch in die einfach-gesetzlichen Regelungen über die Auslieferungsmöglichkeit deutscher Staats-angehöriger nach dem IRG (vgl. § 80 IRG) ein (vgl. KG, Beschluss vom 22.12.2009, StraFo 2010, 191).

Der Auslieferung des Verfolgten könnte dieser Schutz entgegenstehen.

Zwar weist die dem Verfolgten zur Last gelegte, in Belgien begangene Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Staat auf und die belgischen Behörden haben eine Rücküberstellungszusage abgegeben (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 IRG). Eine Rücküberstellung im Verurteilungsfall erscheint damit aber noch nicht gesichert, denn es ist zweifelhaft, ob im Hinblick auf die dem Verfolgten im Verurteilungsfall drohende lebenslange Freiheitsstrafe die Voraussetzungen für eine etwaige künftige Vollstreckungsübernahme vorliegen. Dies ergibt sich aus folgendem:

Dem Verfolgten droht bei einer Auslieferung nach Belgien als mögliche Höchststrafe die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Derzeit verbüßt der Verfolgte bereits eine lebenslange Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18.08.2009 (22 Ks # Js ###/## – ####-). Die besondere Schwere der Schuld ist festgestellt worden. 15 Jahre der lebenslangen Freiheitsstrafe wird der Verfolgte am 07.07.2023 verbüßt haben.

Die Taten, deretwegen die belgischen Behörden die Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung begehren, wären mit der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18.08.2009 nach deutschem Recht gesamtstrafenfähig gemäß § 55 StGB. Würde die am 30.11.2007 in T/Belgien verübte Tat in Deutschland zur Verurteilung gelangen und würde der Verfolgte auch hierfür zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden, so könnte „lediglich“ eine einheitliche lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verhängt werden und der Schuldschwere insgesamt wäre bei der Festsetzung der sich dadurch maximal um einige Jahre erhöhenden Mindestverbüßungsdauer gemäß § 57a Abs.1 Nr.2 StGB Rechnung zu tragen.

Diese für eine Verurteilung in Deutschland geltende Gesetzeslage hat angesichts des sich aus Art. 16 Abs. 2 GG ergebenden Schutzzwecks Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Auslieferung zur Strafverfolgung nach Belgien. Würde der Verfolgte nach Belgien ausgeliefert und in Belgien zu einer weiteren lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden, die gesondert vollstreckt werden müsste, so würde dies im Ergebnis eine unerträglich harte, unangemessene und damit nicht mehr verhältnismäßige Bestrafung darstellen (§ 73 IRG). Wenn die belgischen Behörden nach einer Verurteilung des Verfolgten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe gemäß ihrer Rücküberstellungszusicherung bei den deutschen Behörden einen Antrag auf Übernahme der weiteren Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe stellen würden, so müsste dieser Antrag abgelehnt werden. Im Exequaturverfahren gemäß § 84 ff. IRG i.V.m. dem Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27.11.2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union ist eine nach-trägliche Gesamtstrafenbildung mit der in Belgien verhängten Strafe gegen den Verfolgten wegen des damit verbundenen Eingriffs in die ausländische Voll-streckbarkeit nicht zulässig (vgl BGH, NStZ-RR 2000, 105; BGH, Beschluss vom 30.04.1997, BGHSt 43, 79; KG, Beschluss 22.12.2009,aaO; OLG Celle, Beschluss vom 18.10.2007, StV 2008, 652). Auch eine schuldangemessene“ Korrektur“ über einen Härteausgleich ist im Exequaturverfahren nicht möglich. Ein Härteausgleich würde - unabhängig auf welche konkrete Weise er vorgenommen wird – es erforderlich machen, den Anrechnungsumfang in der Exequaturentscheidung zu bestimmen und die hierzu anzustellenden Erwägungen würden eine als materielle Strafzumessung anzusehende und damit unzulässige Gesamtwürdigung aller Tatumstände erfordern (vgl Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., § 54 Rz 8c)

Es könnte demnach bei der Umwandlung der ausländischen Strafe nur bei der Höhe der in Belgien verhängten Strafe bleiben und die Vollstreckungshilfe wäre dann unzulässig, da die gesonderte Vollstreckung einer in Belgien verhängten lebens-langen Freiheitsstrafe neben der bereits durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18.08.2009 verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe angesichts des zuvor Ausgeführten gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung gemäß § 73 S.1 IRG iVm Art 16 Abs. 2 GG verstoßen würde (vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, aaO, § 54 Rz 8d unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Hamburg vom 16.06.2011, 1 Ws 45/11).

Eine bedingte Haftentlassung des jetzt 53 Jahre alten Verfolgten wäre dann frühestens nach Ablauf der im Verfahren 8 Js ###/## StA Krefeld noch zu bestimmenden und das in § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB festgelegte Maß von 15 Jahren übersteigenden Mindestverbüßungsdauer zuzüglich eines weiteren, mindestens 15 jährigen Freiheitsentzuges möglich. Eine etwaige vorherige Begnadigung wäre ungewiss.

Angesichts dieser Gesamtumstände erscheint die Auslieferung des Verfolgten nach Belgien nach derzeitigem Erkenntnis- und Sachstand unzulässig.

Etwas anderes könnte dann gelten, wenn in dem Strafverfahren in Belgien im Falle eines Schuldspruchs die durch das Landgericht Krefeld mit Urteil vom 18.08.2009 verhängte lebenslange Freiheitsstrafe bei der Strafbemessung angemessene Berücksichtigung finden würde. Gemäß Art. 3 des Rahmenbeschlusses 2008/675/JI des Rates vom 24.07.2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren soll jeder Mitgliedstaat sicherstellen, dass in einem Strafverfahren gegen eine Person frühere, in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilungen in dem Maße berücksichtigt werden wie im Inland ergangene frühere Verurteilungen.

Wird in Deutschland eine Person wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, so wird der Umstand, dass diese Person bereits in einem anderen Mitgliedstaat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, welche mit der in Deutschland zu verhängenden Freiheitsstrafe gesamtstrafenfähig wäre, im Wege des Härteausgleichs jedenfalls dann berücksichtigt, wenn die deusche Gerichts-barkeit nach §§ 3-7 Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB gegeben wäre (vgl. BGH, Beschluss 30.04.1997, BGHSt 43, 79), so dass die Strafhöhe dann geringer ausfällt.

Die belgischen Behörden werden daher um die Beantwortung folgender Fragen
– unter Wiedergabe der insoweit einschlägigen belgischen Strafvorschriften - gebeten:
- Wird in dem gegen den Verfolgten in vorliegender Sache geführten Strafverfahren in Belgien bei der Bemessung einer im Falle eines Schuldspruchs zu verhängenden und ggf. lebenslangen Freiheitsstrafe berücksichtigt, dass der Verfolgte bereits in Deutschland mit Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18.08.2009 wegen eines am 19.05.2008 in Krefeld begangenen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die er unter Mitberücksichtigung der Untersuchungshaft seit dem 17.07.2008 verbüßt, wobei 15 Jahre dieser Strafe am 07.07.2023 verbüßt sein werden und die Höhe der 15 Jahre übersteigenden Mindestverbüßungsdauer nach § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB noch nicht bestimmt ist?
- Falls die Verurteilung in Deutschland zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe bei der Strafbemessung Berücksichtigung findet, wie wirkt sich dies konkret auf die Höhe der in Belgien im Verurteilungsfall zu verhängenden Strafe aus?
- Ist die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe dann ausgeschlossen?
- Welche Höchststrafe einer zeitigen Freiheitsstrafe ist dann zu erwarten?

Unter Berücksichtigung der Antwort der belgischen Behörden zu den zuvor aufgezeigten Fragen wird die Generalstaatsanwaltschaft unter Umständen ihre Ermessenserwägungen zu der Nichtgeltendmachung eines Bewilligungshindernisses gemäß § 83 b Abs. 1 Nr. 1 IRG (Führen eines deutschen Strafverfahrens im Inland wegen derselben Tat) zu überdenken haben.

2. Der Antrag auf Erlass eines förmlichen Auslieferungshaftbefehls gemäß § 15 Abs. 1 IRG war abzulehnen, da nach dem zuvor Ausgeführten derzeit erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Auslieferung bestehen.


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