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Entscheidungen

Haftfragen

Einzel-TV, Abschirmstation, Zulässigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 18.03.2016 – 2 Ws 55/16 Vollz

Leitsatz: Die Versagung eines Einzelfernsehgerätes im Haftraum auf der Abschirmstation für Rauschmittelhändler ist wegen der von diesem ausgehenden gesteigerten Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt durch eine mögliche Nutzung als sogenannter "Bunker“ für Betäubungsmittel möglich.


2 Ws 55/16 Vollz
In der Strafvollzugssache
wegen eigenen Fernsehgeräts in der Abschirmstation
hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 18. März 2016 einstimmig beschlossen:

1. Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin – Strafvollstreckungskammer – vom 20. Januar 2016 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizvollzugsanstalt Tegel eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren wegen Totschlags, das Strafende ist auf den 9. Januar 2018 notiert. Im Anschluss ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz notiert.

Der Gefangene ist auf Grund eigenen Verschuldens auf der „Abschirmstation für Rauschgiftdealer“ in der Teilanstalt V untergebracht. Dort steht ihm – wie allen dort besonders untergebrachten Mitgefangenen auch – kein eigenes Fernsehgerät im Haftraum zur Verfügung. Der Beschwerdeführer kann während seiner Freizeit am Gemeinschaftsfernsehen im Gruppenraum teilnehmen. In seinem Haftraum steht ihm ein Einzelradiogerät mit Kassetten- und/oder CD-Abspielmöglichkeit mitsamt sechs Tonträgern zur Verfügung. Außerdem hat er die Möglichkeit, Zeitungen zu abonnieren.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 Abs. 1 StVollzG begehrte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides der Justizvollzugsanstalt, mit dem sein Antrag auf Genehmigung eines Einzelfernsehgeräts in seinem Haftraum zurückgewiesen wurde. Seinen Antrag hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

Den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 20. Januar 2016 greift der Ge-fangene mit der Rechtsbeschwerde an. Der Verurteilte rügt die Verletzung materiel-len Rechts und macht Grundrechtsverletzungen geltend. Er ist der Ansicht, die Voll-zugsanstalt habe die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt falsch ein-geschätzt, weil nicht nachvollziehbar sei, warum ein Fernsehgerät in seinem Haft-raum eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt darstellen solle.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 118 StVollzG) Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie nicht die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG erfüllt.

1. Zur Fortbildung des Rechts wäre die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn der Ein-zelfall Anlass gäbe, bei der Auslegung von Rechtssätzen und der rechtsschöpferi-schen Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen oder zu festigen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Dezember 2011 – 2 Ws 563/11 Vollz – mit. weit. Nachwei-sen). Sie wirft indes keine der Erörterung bedürftigen Rechtsfragen auf.

Es ist bereits obergerichtlich geklärt, dass das Vorliegen einer Gefährdung nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 (hier in Verbindung mit § 69 Abs. 2) StVollzG allein wegen einer grund-sätzlich vorhandenen Eignung eines Gegenstandes für sicherheits- oder ordnungs-gefährdende Verwendungen bejaht werden kann, sofern konkrete derartige Verwen-dungen nur mit einem von der Anstalt nicht erwartbaren Kontrollaufwand ausge-schlossen werden können. Bereits die einem Gegenstand allgemein innewohnende Gefährlichkeit kann daher ein Recht auf dessen Besitz im Strafvollzug ausschließen, ohne dass in der Person des Gefangenen liegende Anhaltspunkte für eine Gefähr-dung von Sicherheit und Ordnung vorliegen müssen. Auch das die Belange der Übersichtlichkeit und Durchsuchbarkeit des Haftraums bei der Genehmigung von Fernsehgeräten Berücksichtigung finden müssen, ist bereits entschieden (vgl. zum Ganzen: Senat, Beschluss vom 21. November 2011 – 2 Ws 302/11 Vollz – mit zahl-reichen weit. Nachweisen).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Einrichtung einer Ab-schirmstation für Rauschmittelhändler, für die stärkere Sicherungsvorkehrungen als für andere Anstaltsbereiche getroffen sind, mit den Vorschriften des Strafvollzugsge-setzes zu vereinbaren ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 4. Mai 2006 – 5 Ws 214/06 Vollz -, 15. Januar 2003 – 5 Ws 586/02 Vollz –, 19. November 2002 – 5 Ws 589/02 Vollz -, und 18. Dezember 1996 – 5 Ws 647/96 Vollz - jew. mit weit. Nachweisen; std. Rspr.). Ferner ist bereits entschieden, dass sich bereits aus der besonderen Un-terbringung auf der Abschirmstation konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer realen Gefährdung der Anstaltssicherheit ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2009 – 2 Ws 510/08 Vollz –).

Schließlich hat der Senat bereits darüber befunden, dass die Versagung eines Ein-zelfernsehgerätes im Haftraum auf der Abschirmstation für Rauschmittelhändler we-gen der von diesem ausgehenden gesteigerte Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt durch eine mögliche Nutzung als sogenannter „Bunker“ für Betäubungs-mittel der rechtlichen Prüfung standhält (vgl. Beschluss vom 5. September 2011 – 2 Ws 311-312/11 Vollz –).


2. Auch zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist die Rechtsbe-schwerde nicht zulässig. Das wäre dann der Fall, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Dezember 2011 – 2 Ws 563/11 Vollz – mit weit. Nachweisen). Eine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung geht von der angefochtenen Entscheidung nicht aus. Denn sie hat sich an die oben dargestellten Rechtsgrundsätze gehalten und sie zutreffend angewendet. Mit Recht hat sie angenommen, dass der von einem Einzelfernsehgerät ausgehenden gesteigerten Gefahr der Sicherheit und Ordnung der Anstalt auf der Abschirmstation nicht durch zumutbaren Kontrollaufwand wirksam begegnet werden kann und dem Informationsbedürfnis des Beschwerdeführers durch das Radiogerät, die Möglichkeit zum Erhalt von Zeitungen und zur Nutzung des gemeinschaftlichen Fernsehgerätes im Gruppenraum ausreichend Rechnung getragen wird.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat in dieser nach § 119 Abs. 5 StVollzG in der Fachgerichtsbarkeit unanfechtbaren Entscheidung gemäß § 119 Abs. 3 StVollzG ab (vgl. BVerfGE 50, 287 [289 f.]; 65, 293 [295]; BVerfG
StraFo 2007, 463).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 4 StVollzG und § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


Einsender: RiKG K. - P. Hanschke, Berlin

Anmerkung:


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