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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, Beweisverwertungsverbot, Blutentnahme

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 11.11.2014 - 2 Qs 130/14

Leitsatz: Zur Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, wenn die Verwertbarkeit der Analyse der entgegen § 81a Abs. 2 StPO ohne richterliche Anordnung entnommenen Blutprobe im Streit steht.


2 Qs 130/14
Landgericht
Bad Kreuznach
Beschluss
In dem Strafverfahren
gegen pp.
Verteidiger:

wegen Trunkenheit im Verkehr

hat die 2. (große) Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, die Richterin am Landgericht und die Richterin am 11.11.2014 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 28.10.2014 wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 21.10.2014 aufgehoben.

Dem Angeklagten wird Rechtsanwalt Scheffler, Bad Kreuznach, als Pflichtverteidiger bestellt, § 140 Abs. 2 StPO.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten darin entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:
Das Amtsgericht Bad Kreuznach hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach am 26.08.2014 Strafbefehl gegen ppp. wegen Trunkenheit im Verkehr erlassen und gegen ihn eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 Euro festgesetzt.

Der Angeklagte soll am 11.07.2014 gegen 14.50 Uhr mit dem Fahrrad den Löwensteg befahren haben, obwohl er aufgrund vorangegangenen Alkoholkonsums absolut fahruntüchtig gewesen sein soll. Dabei soll seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit für ihn unübersehbar gewesen sein. Der Angeklagte soll eine Einwilligung zur Entnahme einer Blutprobe gemäß § 81a StPO unterschrieben haben. Daraufhin soll dem Angeklagten Blut entnommen worden sein. Die bei dem Angeklagten festgestellt Blutalkoholkonzentration soll um 15.45 Uhr 2,06 Promille betragen haben.

ppp. hat gegen diesen Strafbefehl Einspruch eingelegt.

Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Scheffler, trug daraufhin vor, dass eine richterliche Anordnung der Blutentnahme einzuholen gewesen sei. Dies habe die Polizei umgangen, indem sie eine Einwilligung von dem Angeklagten eingeholt habe. Der Angeklagte wisse nicht mehr, was er unterschrieben habe und sei auch nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen. Es bestünden zumindest Zweifel an der Einwilligungsfähigkeit des Angeklagten.

Mit Schriftsatz vom 30.09.2014 beantragte der Verteidiger des Angeklagten die Beiordnung als Pflichtverteidiger.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 21.10.2014 wurde der Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss legte der Angeklagte mit Schriftsatz vom 28.10.2014 Beschwerde ein.

Das Rechtsmittel ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Die Mitwirkung eines Verteidigers ist im vorliegenden Fall gemäß § 140 Abs. 2 StPO geboten, weil von einer schwierigen Sach- und Rechtslage auszugehen ist.

Es steht zum einen die Verwertbarkeit der Analyse der entgegen § 81a Abs. 2 StPO ohne richterliche Anordnung entnommenen Blutprobe im Streit (vgl. LG Koblenz, Beschluss vom 06.02.2009 — 2 Qs 12/09; Burmann/Heß/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage, 2014, § 24a StVG Rn. 4).

Eine Einwilligung gemäß § 81a Abs. 1 StPO ist nur dann wirksam, wenn der Beschuldigte über die Bedeutung und die Gefährlichkeit sowie über sein Weigerungsrecht aufgeklärt wurde und wenn die Einwilligung auf freiem Entschluss beruht, insbesondere ohne erhebliche Alkoholbeeinflussung erklärt wurde (Karlsruher Kommentar, 7. Auflager, 2013, § 81a Rn. 2). Die Grenze, bei der eine deutliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit angenommen wird, liegt bei 2,0 Promille Blutalkohol (OLG Hamm Beschluss vom 02.11.2010 — III-3RVs 93/10). Aus diesem Grund ist die Wirksamkeit der Einwilligung fraglich und damit die Verwertbarkeit der Analyse der entnommenen Blutprobe zu prüfen.

Zum anderen sind Ermittlungen hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Angeklagten veranlasst. Blutalkoholkonzentrationen ab 2,0 Promille deuten auf eine erhebliche Verminderung der Steuerungs-fähigkeit hin, sodass § 21 StGB stets zu prüfen ist (vgl. Tröndle-Fischer, StGB 60. Auflage, § 20 Rn. 21). Bei der hier vorliegenden Blutalkoholkonzentration von 2,06 Promille muss die Schuldfähigkeit zumindest überprüft werden.

Gesamtschauend erweisen sich die mit der Alkoholisierung des Angeklagten verbundenen Rechtsfragen damit als so schwierig, dass sie die Notwendigkeit der Verteidigung begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.


Einsender: RA T. Scheffler, Bad Kreuznach

Anmerkung:


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