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Entscheidungen

OWi

Urteilsgründe, Angaben zu Messtoleranzen, ProViDa-Geschwindigkeitsmessung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 25.01.2017 - 3 Ss OWi 1582/16

Leitsatz: Bei der Geschwindigkeitsermittlung mittels des ‘ProViDa’-Systems ist den Darlegungsanforderungen regelmäßig genügt, wenn im Urteil Messverfahren und berücksichtigter Toleranzwert mitgeteilt werden.


In pp.
Das AG hat gegen den Betr. wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchst-geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 75 km/h eine Geldbuße von 600 € festgesetzt und ein Fahrverbot von 3 Monaten nach Maßgabe des § 25 IIa StVG verhängt. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betr. die Verlet-zung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
Das gemäß § 79 I 1 Nrn. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsmittel ist unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben.
1. Die Verfahrensrüge, mit welcher geltend gemacht wird, der Betr. habe entgegen §§ 71 I OWiG, 243 V 2 StPO keine Gelegenheit zur Äußerung zu seinen persönlichen Verhältnissen gehabt, ist jedenfalls unbegründet. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde der Betr. nach § 243 V 1 StPO belehrt und hatte anschließend Gelegenheit zur Aussage. Wie sich weiter aus dem Protokoll ergibt, wurde eine Erklärung zur Sache abgegeben, was auch die Möglichkeit einschließt, zu Umständen Stellung zu nehmen, die für die Beurteilung der Tat und den Rechtsfolgenausspruch von Bedeutung sein können (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 59. Aufl. § 243 Rn. 12 m.w.N.). Dass der Vertei-diger die für den anwesenden Betr. abgegebene Einlassung ohne oder gar gegen des-sen Willen abgegeben hätte, trägt die Rechtsbeschwerde gerade nicht vor. Der genaue Inhalt der Einlassung ist keine wesentliche Förmlichkeit i.S.d. § 274 StPO, welche ins Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen gewesen wäre.
2. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben.
a) Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die tatrichterlichen Feststel-lungen genügen den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Urteilsgründe. Insbe-sondere ist nicht zu beanstanden, dass die konkrete Messmethode im Rahmen des Messverfahrens ‘ProViDa’ nicht mitgeteilt wird.
aa) Nach höchstrichterlicher Rspr. (BGHSt 39, 291; 43, 277) genügt, soweit ein stan-dardisiertes Messerfahren zum Einsatz kam, für die Beweiswürdigung neben der Wie-dergabe der als erwiesen erachteten Messergebnisse die Mitteilung des Messverfah-rens und des berücksichtigten Toleranzwertes (BGH a.a.O.). Diese rechtlichen Vorga-ben hält das Urteil ein. Die Mitteilung der konkreten Messmethode ist demgegenüber entbehrlich (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 02.06.2016 – Ss [Bs] 8/16 = DAR 2016, 534 = VRS 130 [2016], 118 m.w.N.). Dies wäre nur dann anders, wenn eine der in Frage kommenden Messmethoden andere Anforderungen an den in Abzug zu bringen-den Toleranzabzug stellen würde als die übrigen Methoden oder wenn es sich bei einer der möglichen Methoden nicht um ein standardisiertes Messverfahren handeln würde. Dies ist indes nicht der Fall.
bb) Der Senat kann ausschließen, dass eine Messmethode mit abweichenden Tole-ranzvorgaben zum Einsatz gekommen ist. Bei allen vier menügesteuerten Betriebsarten zur Geschwindigkeitsmessung (AUTO 1; AUTO 2, MAN, SPLIT) sowie bei der manuel-len Weg-/Zeitberechnung ist bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h jeweils gleich-ermaßen ein Toleranzabzug von 5 % des Messwertes vorzunehmen ist (vgl. Ergänzen-de Weisung Nr. 3.1 [‘ProViDa’] Ziffern 2.1 bis 2.5 und 7.1 des Bayerischen Staatsminis-teriums des Innern zu den Polizeilichen Richtlinien für die Verkehrsüberwachung [VÜR]). Dies hat der Tatrichter getan, indem von der gemessenen Geschwindigkeit (164 km/h) einen Toleranzabzug von 9 km/h (= 5,49 %) in Abzug gebracht wurde. Die einzige weitere Möglichkeit der Ermittlung der Geschwindigkeit mittels Messung der Eigengeschwindigkeit des Polizeifahrzeugs bei geeichtem Geschwindigkeitsmesser (vgl. Grün/Eichler/Schäfer/Grün/Böttger in: Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenver-kehrsrechtliche OWi-Verfahren 4. Aufl. Rn. 2103), welche auf Basis der vormals gelten-den Richtlinien für die Verkehrsüberwachung je nach Sachverhaltskonstellation einen Toleranzwert von bis zu 10 % vorsah (vgl. BayObLG DAR 2004, 37), scheidet im vor-liegenden Fall aus, da diese Messmethode in Bayern generell nicht mehr zur Anwen-dung gelangt (vgl. Ergänzende Weisung Nr. 3.1 [‘ProViDa’] Ziffer 2.6 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zu den Polizeilichen Richtlinien für die Verkehrsüberwa-chung [VÜR]).
cc) Aufgrund der Urteilsfeststellungen steht weiterhin zweifelsfrei fest, dass ein stan-dardisiertes Messverfahren zum Einsatz kam. Ob es sich bei der manuellen Weg-/Zeitberechnung als einer der theoretisch denkbaren Methode zur Ermittlung der gefah-renen Geschwindigkeit um ein standardisiertes Messverfahren handelt, kann dahinste-hen, denn der Senat kann den Urteilsfeststellungen entnehmen, dass eine solche ma-nuelle Berechnung nicht durchgeführt wurde. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich nämlich hinreichend deutlich, dass die Geschwindigkeit durch die ‘ProViDa’-Modular-Anlage (automatisch) durch Nachfahren ermittelt wurde. Damit steht aber auch fest, dass die durchgeführte Messung nur mittels einer menügesteuerten Messmethode erfolgt sein kann. Ungeachtet des Umstands, dass die automatische Messmethode AUTO 1 nicht zur Anwendung gelangt sein kann, weil die Geschwindigkeit nach den Urteilsfeststellungen durch Nachfahren und nicht auf einer bekannten und ausgemes-senen Wegstrecke (vgl. Grün/Eichler/Schäfer/Grün/Böttger Rn. 2106) ermittelt wurde, handelt es sich bei allen menügesteuerten Betriebsarten zur Geschwindigkeitsmessung jeweils um standardisierte Messverfahren im Sinne der eingangs zitierten Rspr. des Bundesgerichtshofes (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 03.02.2014 – 2 Ss OWi 5/14 = DAR 2014, 334 und 25.10.2011 – 3 Ss OWi 1194/11 = DAR 2012, 154, jeweils m.w.N.).
b) Auch der Rechtsfolgenausspruch ist nicht zu beanstanden. Insbesondere lassen die umfangreichen tatrichterlichen Ausführungen zur Möglichkeit des Absehens von einem Regelfahrverbot nicht befürchten, dass das Gericht Sachvortrag des Betr. nicht in seine Erwägungen einbezogen hätte.


Einsender: RiOLG Dr. G. Gieg, Bamberg

Anmerkung:


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