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Entscheidungen

OWi

Mobiltelefon, Freisprecheinrichtung, Bluetooth

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Köln, Beschl. v. 02.12.2016 - 1 RBs 339/16

Leitsatz: Für eine Verurteilung nach § 23 Abs. 1a StVO ist es ausreichend, wenn das Tatgericht irgendeine Art der Benutzung feststellt, für die der Betroffene das Mobiltelefon in der Hand hält.


In pp.
I. Der Zulassungsantrag wird als unbegründet verworfen.
II. Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 S. 4 OWiG).
III. Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt der Betroffene.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gem. §§ 41 Abs. 1 mit Anl. 2, 49 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung um 11 km/h) in Tateinheit mit einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen § 23 Abs. 1a), 49 StVO zu einer Geldbuße in Höhe von insgesamt 75 € verurteilt.

Zur Sache hat es folgende Feststellungen getroffen:

„Am 27.01.2016 um 13:20 Uhr überschritt er (Anm.: der Betroffene) in T B-N BAB XX, Fahrtrichtung L/C, als Führer des B, Kennzeichen XXXXXX, die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit um 11 km/h. Die zulässige Geschwindigkeit betrug 100 km/h, die festgestellte Geschwindigkeit 111 km/h. Zugleich benutzte er als Führer dieses Fahrzeugs verbotswidrig ein Mobiltelefon, indem er dieses zum Zwecke der Benutzung hielt.“

In der Beweiswürdigung heißt es u.a.:

„Darüber hinaus ist auf dem Messfoto mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, dass der Betroffene mit der linken Hand das Lenkrad und der rechten Hand ein Mobiltelefon hält, auf das er seinen Blick gerichtet hat. Es ist erkennbar, dass er auf das Display des Gerätes schaut.“

Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, soweit es den Schuldspruch wegen unerlaubten Benutzens eines Mobiltelefons betrifft. Zur Begründung führt der Betroffene aus, das Amtsgericht habe auf einen entsprechenden Beweisantrag hin als wahr unterstellt, das Fahrzeug habe über eine Freisprechanlage verfügt. Dass tatsächlich telefoniert worden sei, sei nicht festgestellt worden.

II.
Der in formeller Hinsicht unbedenkliche Zulassungsantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

In dem angefochtenen Urteil ist ausschließlich eine Geldbuße von nicht mehr als 250,00 € festgesetzt worden. Die Rechtsbeschwerde ist daher nicht nach § 79 Abs. 1 S. 1 OWiG ohne weiteres statthaft, sondern bedarf gemäß § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG der Zulassung. Deren gesetzliche Voraussetzungen sind hier allerdings nicht gegeben.

Nach § 80 Abs. 1 OWiG kann die Rechtsbeschwerde bei weniger bedeutsamen Ordnungswidrigkeiten, bei denen sie grundsätzlich ausgeschlossen ist, nur ausnahmsweise zugelassen werden, soweit dies nämlich geboten ist, um den Oberlandesgerichten im allgemeinen Interesse Gelegenheit zu geben, durch eine Entscheidung zur Rechtsfortbildung oder zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung beizutragen. Sinn der Regelung ist mithin nicht die Herstellung der rechtlich richtigen Entscheidung im Einzelfall (vgl. SenE v. 24.01.2000 - Ss 191/99 Z -; SenE v. 10.11.2000 - Ss 462/00 Z - = VRS 100, 33 = NZV 2001, 137 [138]; SenE v. 08.01.2001 - Ss 545/00 Z - = DAR 2001, 179 = VRS 100, 189 [190]; Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 80 Rdnr. 16 f.; Senge, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 4. Aufl., § 80 Rdnr. 1 m. w. Nachw.).

Im Einzelnen sieht die Bestimmung des § 80 Abs. 1 OWiG vor, dass die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden kann, wenn dies entweder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (Nr. 1) oder wenn die Aufhebung des Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs geboten ist (Nr. 2). Beträgt - wie im vorliegenden Fall - die festgesetzte Geldbuße nicht mehr als 100,00 €, so ist die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde durch § 80 Abs. 2 OWiG noch weiter, nämlich in der Weise eingeschränkt, dass in den Fällen des § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nur noch die Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung bezogen auf das sachliche Recht die Zulassung rechtfertigt.

Beide Voraussetzungen, die danach die Zulassung der Rechtsbeschwerde ermöglichen, liegen hier nicht vor.

a) Eine Versagung des rechtlichen Gehörs, ist mit einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Verfahrensrüge geltend zu machen (st. Senatsrechtsprechung; vgl. SenE 04.02.1999 - Ss 45/99 Z - = NZV 1999, 264 = VRS 96, 451; SenE v. 15.04.1999 - Ss 154/99 Z - = VRS 97, 187 = NZV 1999, 436; SenE v. 08.01.2001 - Ss 545/00 Z - = DAR 2001, 179 = VRS 100, 189 [190]; SenE v. 11.01.2001 - Ss 532/00 Z - = VRS 100, 204; OLG Düsseldorf VRS 97, 55 = NZV 1999, 437 L.; OLG Hamm VRS 98, 117 f.). Ob der Betroffene – neben dem ausdrücklichen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts – auch die Versagung rechtlichen Gehörs geltend macht, kann dahin stehen. Jedenfalls würde eine solche Rüge nicht den Anforderungen an die Darlegung genügen.

Zwar geht das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die als wahr unterstellte Tatsache ein, das vom Betroffenen geführte Fahrzeug habe über eine Freisprecheinrichtung verfügt. Die Urteilsgründe müssen sich indes mit einer als wahr unterstellten Tatsache nicht zwingend auseinandersetzen; eine Stellungnahme ist dann erforderlich, wenn nicht ohne weiteres erkennbar ist, wie das Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Wahrunterstellung vereinbart werden kann, oder wenn ohne Erörterung der wahr unterstellten Tatsache die Beweiswürdigung lückenhaft bleibt (BGH NStZ 2001, 231; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rdnr. 193 m.w.N.).

Dass gemessen an diesen Maßstäben für das Amtsgericht vorliegend die Notwendigkeit einer Erörterung bestand, hat der Betroffene nicht dargetan. Er hat insbesondere nicht geltend gemacht, (ausschließlich) mittels der Freisprechanlage telefoniert zu haben. Den (knapp gehaltenen) Gründen der angefochtenen Entscheidung ist demgegenüber zu entnehmen, dass das Amtsgericht von einer verbotswidrigen Nutzung einer Bedienfunktion des Mobiltelefons durch den Betroffenen und nicht von der Inanspruchnahme der Freisprechanlage ausgegangen ist. Damit kam es auf das Vorhandensein einer solchen Einrichtung in dem Fahrzeug nicht an.

Soweit das Amtsgericht fehlerhaft die diesbezüglich behauptete Beweistatsache als wahr unterstellt hat - eine Wahrunterstellung ist nur bei erheblichen und entlastenden Tatsachen möglich und zulässig (BGH StV 1981, 270 [271]; BGH [07.11.02] NStZ 2004, 51; OLG Hamm [21.06.01] VRS 102, 302 [304]) – handelt es sich um die Verletzung einfachen Verfahrensrechts, welche die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht eröffnet (vgl. zuletzt: SenE v. 15.06.2016 - III-1 RBs 167/16 -).

b) Der vorliegende Fall gibt darüber hinaus auch keine Veranlassung, allgemeine Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. BGH VRS 40, 134 [137]). Zulassungsbedürftige Fragen in dieser Hinsicht wirft die Sache nicht auf.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Vorlageverfügung vom 9. November 2016 ausgeführt:

„Die Verurteilung wegen einer unbefugten Benutzung des Mobiltelefons wirft keine klärungsbedürftigen Fragen auf. Welche Handlungen im Einzelnen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO erfüllen, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung durch zahlreiche Entscheidungen, so auch durch die benannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25.04.2016 - 4 Ss 212/16 - geklärt (vgl. SenE v. 26. Juni 2008 – 81 Ss-OWi 49/08 - = NJW 2008, 3368 f.; SenE v. 14.04.2009 – 83 Ss-OWi 32/09). Dazu gehören insbesondere alle (auch vorbereitenden) Betätigungen des Fahrzeugführers, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Nutzung des Mobiltelefons als Mittel der Kommunikation stehen. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich eine Telefonverbindung hergestellt wird (vgl. auch OLG Hamm NZV 2007, 483 = VRS 113,75). Der Begriff der Benutzung schließt die Inanspruchnahme sämtlicher Bedienfunktionen der nach üblichem Verständnis als Mobiltelefon bezeichneten Geräte ein (OLG Hamm NJW 2005, 2469; OLG Jena DAR 2006, 636 = NJW 2006, 3734 = VRS 111, 215; OLG Bamberg DAR 2008, 217 = NJW 2008, 599).

Auch sind die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Begründung eines Urteils in Bußgeldsachen in der Rechtsprechung geklärt (vgl. nur Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rdnr. 42 ff m. w. N.). Das gilt namentlich in Bezug auf die tatrichterliche Beweiswürdigung und an deren Darstellung in den Urteilsgründen (SenE v. 07.10.2004 - 8 Ss-OWi 55/04 -; SenE v. 04.08.2006 - 82 Ss-OWi 59/06 -; SenE v. 26.01.2007 - 82 Ss-OWi 7/07 -).“

Dem stimmt der Senat zu und bemerkt ergänzend:

Soweit der Betroffene auf die Entscheidung des OLG Stuttgart (Beschl. v. 25.04.2016 – 4 Ss 212/16 - = NStZ-RR 2016, 255, 256) verweist, ergibt sich daraus schon deswegen kein Klärungsbedarf, weil jener Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Während es vorliegend um eine verbotswidrige Nutzung einer Bedienfunktion des Mobiltelefons geht, für das das Gerät gehalten werden muss, war dem dortigen Betroffenen nicht zu widerlegen, dass er ein bereits vor Fahrtantritt begonnenes Telefongespräch während der Fahrt über die Freisprechanlage fortgesetzt und lediglich „vergessen“ hatte, das Gerät abzulegen. Angesichts der technischen Gegebenheiten – ein Telefonat mittels eines über bluetooth mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs verbundenen Mobiltelefons erfordert dessen Halten gerade nicht – dürfte es sich bei derartigen Einlassungen in aller Regel um Schutzbehauptungen handeln.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO, 46 OWiG.


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