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Entscheidungen

StPO

Beweisverwertungsverbot, Durchsuchung, Einwilligung, Richtervorbehalt

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Frankurt/Main, Urt. v. 23.02.2017 - 5/4 Kls — 36/16 5272 Js 240513/16

Leitsatz: Bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Eilkompetenz i.S.d. § 105 Abs. 1 S. 1 StPO steht es nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden, wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen.


Landgericht Frankfurt am Main
Urteil
Im Namen des Volkes
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Verstoßes gegen das BtMG
hat die 4. große Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main in der öffentlichen Hauptverhandlung vom 23.02.2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht als Vorsitzender,

2
Richterin am Landgericht als beisitzende Richterin,
ppp. als Schöffen,
Oberstaatsanwalt
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt Oliver Wallasch, Frankfurt am Main Rechtsanwalt Robert Schmelzer, Frankfurt am Main als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Der Angeklagte wird wegen Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln (Haschisch) in nicht geringer Menge kostenpflichtig zu einer Freiheitsstrafe von
2 (zwei) Jahren
verurteilt. Die Vollstreckung wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die sichergestellten Betäubungsmittel wie Gutachten des Hessischen Landeskriminalamtes Nr. 16-011486/621-01-01 werden eingezogen.

3
Gründe:
I.
Der heute 37-jährige Angeklagte wurde in Flörsheim am Main geboren und wuchs zusammen mit seinen beiden Geschwistern (einer Schwester und einem Bruder) im elterlichen Haushalt zunächst in Hattersheim, dann in Eddersheim auf. Sein Vater stammt aus Spanien, lebt jedoch seit 45 Jahren in Deutschland. Seine Eltern waren beide berufstätig. Sein Vater war früher Arbeiter und seine Mutter Krankenschwester. Wegen des Schichtdienstes beider Elternteile lebte er während seiner Kindheit und Jugend über mehrere längere Zeiträume hinweg bei seinen Großeltern; insbesondere zu seiner Großmutter entstand dadurch eine sehr enge Bindung. 2001 ließen sich seine Eltern scheiden. Er besuchte die Schule, welche er mit dem Realschulabschluss erfolgreich beendete. Anschließend absolvierte er eine Lehre zum Fliesenleger im Betrieb des Großvaters, die er ebenfalls erfolgreich mit der Gesellenprüfung im Jahr 2000 abschloss. Anschließend arbeitete er in diesem Unternehmen weiter als Fliesenleger. 2002 leistete er seinen Zivildienst im Krankenhaus Höchst. Danach arbeitete er in der Firma R. in dem erlernten Beruf, bis diese aufgelöst wurde. Er absolvierte sodann eine weitere Berufsausbildung zum Automobilkaufmann bei der Firma BMW E. in Hofheim, die er im Jahr 2008 erfolgreich abschloss. 2009 wechselte er zu einem anderen Automobilunternehmen. 2010 beendete er diese Tätigkeit aufgrund gesundheitlicher Probleme durch eine Herzmuskelentzündung. Im Jahr 2012 machte er sich mit einem eigenen Automobilreparatur-Unternehmen selbstständig zunächst mit Sitz in Lorsbach, später mit Sitz in Kelkheim-Münster, nämlich in der Halle, die Gegenstand des Anklagevorwurfs ist. Überdies begann er erneut, in seinem Beruf als Fliesenleger zu arbeiten, wodurch er zuletzt über ein regelmäßiges Einkommen von ca. 3.000 EUR monatlich verfügte. Nach Abzug von Miete und Verbindlichkeiten aus Schulden blieben ca. 1.000 EUR monatlich zur Verfügung. Schon seit seiner Kindheit spielt der Angeklagte mit großer Begeisterung Fußball, in der Zeit von 1997 bis 1999 spielte er beim FC Eddersheim in der Landesliga. Seine Fußballkarriere wurde verletzungsbedingt im Jahr 2002 abrupt beendet, seitdem betreibt er diesen Sport nur noch als Hobby. Der Angeklagte war zudem in zahlreichen weiteren Vereinen, wie der Freiwilligen Feuerwehr und im musikalischen Bereich aktiv.


Der Angeklagte ist seit 2014 verheiratet und hat mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen 2-jährigen Sohn. Seine Ehefrau ist Hausfrau und kümmert sich um das gemeinsame Kind. Der Angeklagte ist mit seiner Familie fest verbunden. Er erhielt regelmäßige Besuche seiner Ehefrau in der Untersuchungshaft; zudem hielten sie häufigen Brief- und Telefonkontakt.

Der Angeklagte ist bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Er befand sich in hiesiger Sache auf Grund des Haftbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 22.09.2016 (Az.: 931 Gs — 5272 Js 240513/16) seit diesem Tag bis zum 23.02.2017 in Untersuchungshaft in der JVA Frankfurt am Main I.
II.
Im Frühjahr 2016 wurde der Angeklagte von zwei ihm unbekannten Männern nordafrikanischer Herkunft angesprochen, ob sie den in der von ihm angemieteten Lagerhalle, gelegen zwischen den Anschriften PP., durch den Angeklagten einige Zeit zuvor selbst abgemauerten und abschließbaren, kleinen Lagerraum anmieten könnten, da sie eine eben solche verschlossene Lagerstätte benötigen würden. Auf Rückfrage durch den Angeklagten, für welche Zwecke der Raum benötigt würde, wurde ihm letztlich durch die Äußerungen der beiden klar, dass es um die Lagerung von Haschisch gehen sollte. Da er sich zu diesem Zeitpunkt finanziell in einer schwierigen Lage befunden hatte, ging er auf das Angebot der beiden Männer, ihnen den Raum zur Lagerung von Haschisch für einen monatlichen Betrag von 1.500 EUR zur Verfügung zu stellen, ein. Dabei ging der Angeklagte davon aus, dass es sich um größere Mengen von Haschisch handeln sollte. Anderseits hatte er sich bei den beiden Männern versichert, dass keine sog. harten Drogen dort gelagert werden würden, sondern lediglich Haschisch. Gemäß der mit den beiden getroffenen Vereinbarung sollte der Angeklagte einerseits den Raum als Lagerstätte für die Betäubungsmittel gegen Bezahlung zur Verfügung stellen; darüber hinaus sollte er andererseits außerdem die Funktion des Schlüsselverwahrers übernehmen, d.h. die Schlüssel zur Lagerhalle sowie dem Lagerraum sollten grundsätzlich beim Angeklagten verbleiben und nur bei Bedarf von ihm kurzzeitig an die beiden Haupttäter übergeben werden. Die beiden Nordafrikaner übergaben dem Angeklagten zunächst ein Blackberry Handy, später, als dieses defekt war, ein Samsung Handy zur Kontaktaufnahme.

In den folgenden ca. 5 Monaten bis zu seiner Festnahme am 21.09.2016 deponierten die beiden Nordafrikaner in dem kleinen, abgetrennten Raum seiner Lagerhalle Haschisch in - nicht näher konkretisierbarer - nicht geringer Menge. Während dieses mehrmonatigen Zeitraums kam es zu mindestens 10-12 Zusammentreffen zwischen dem Angeklagten und einem oder beiden der nordafrikanischen Haupttäter, wobei diese stets absprachegemäß dergestalt organisiert waren, dass der Angeklagte auf dem ihm übergebenen Handy von den Haupttätern per SMS benachrichtigt wurde. Sodann fand ein gemeinsames Treffen an einer Tankstelle in Hattersheim statt, bei dem der Angeklagte einem oder beiden Nordafrikanern die Schlüssel zur Halle aushändigte. Diese verließen sodann mit den Schlüsseln den Angeklagten und meldeten sich erst wieder per SMS bei ihm, wenn sie dem Angeklagten nach Einlagerung weiterer Betäubungsmittel in dem Lagerraum oder Herausnahme von Betäubungsmittelteilmengen aus dem Bestand im Lagerraum zum Verkauf des Rauschgifts die Schlüssel zurückgeben wollten. In der Regel brauchten die beiden Männer dafür einen Zeitraum von ca. 45 Minuten. Anschließend fand erneut ein gemeinsames Treffen an der Tankstelle statt, damit der Angeklagte in seiner Aufgabe als Schlüsselverwahrer diese zurückerhielt. Während dieses ca. fünfmonatigen Zeitraums erhielt der Angeklagte von den beiden Männern insgesamt 6.000 EUR, nämlich vier Mal 1.500 EUR, als Bezahlung für die Zurverfügungstellung des Raumes und die Schlüsselverwahrung, in bar. Diese vier Einzelgeldbeträge wurden ebenfalls bei den Treffen an der Tankstelle übergeben.

Der Angeklagte ging wegen der regelmäßigen Zahlungen und der eingespielten Abläufe davon aus, Haschisch in nicht geringer Menge in dem Raum für die beiden Haupttäter zu verwahren. Das Rauschgift war, was ihm ebenfalls bekannt war, zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Die Aufbewahrung des Rauschgifts wurde durch die Festnahme des Angeklagten, die polizeiliche Durchsuchung der Lagerhalle und Sicherstellung des Rauschgifts am 21.09.2016 beendet.
Der unter II. festgestellte Sachverhalt beruht auf der geständigen Einlassung des Angeklagten. Er hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, in dem von ihm selbst dort abgemauerten Lagerraum in der von ihm zum Zwecke des Betriebs seines Autoreparaturunternehmens sowie zur Lagerung von Werkzeugen und Materialien seiner Fliesenlegertätigkeit angemieteten Halle in Kelkheim-Münster größere Mengen Haschisch verwahrt zu haben. Er gestand, diese Verwahrung für zwei nordafrikanische Auftraggeber für die Dauer von ca. 5 Monaten unternommen zu haben und sie auf diese Weise dabei unterstützt zu haben, mit Haschisch zu handeln. Er gab an, die zwei Männer zuvor nicht persönlich gekannt zu haben, da aber durch sein Automobilreparatur-Unternehmen, welches er seinerzeit noch in dieser Halle betrieb, zahlreicher Publikumsverkehr aus- und einging, nahm er an, die beiden Männer seien so auf den Raum aufmerksam geworden. Er habe selbst zuvor noch nie etwas mit Drogen zu tun gehabt, genauso wenig wie mit der Polizei. Er geht davon aus, die beiden seien auf ihn wegen seines zuverlässigen Rufs in seinem Umfeld gekommen. Außerdem hätte sie ihm gegenüber erklärt, sie bräuchten jemanden als Verwahrer der Schlüssel, der selbst gerade nichts mit Drogen oder der Polizei zu tun habe, also ein „unbeschriebenes Blatt". Er berichtete von der — wie unter II. festgestellten — ersten Kontaktaufnahme durch die beiden nordafrikanischen Männer und dass sie ihm auf seine Nachfragen erklärt hätten, dass sie in dem Lagerraum das eine oder andere verstecken müssten, letztlich sei ihm aus dem Gespräch schnell klar geworden, dass es sich bei dem Lagergut um Haschisch handeln würde. Da in diesem Zeitraum das Geld für seine Familie knapp gewesen sei, habe ihn das Angebot von zusätzlichen 1.500 EUR monatlich — was viel Geld für ihn gewesen sei — verlockt und daher sei er diese geschäftliche Beziehung zu den beiden eingegangen. Er sei ihm auch klar gewesen, sowohl aufgrund der Gesamtheit der Äußerungen der beiden ihm gegenüber als auch aufgrund des Umstands, dass sie einen recht großen Lagerraum für die Betäubungsmittel benötigten, dass keine Kleinmengen von Haschisch, sondern größere Mengen Rauschgift gelagert werden sollten. Er habe sich bei den beiden aber versichert, dass es sich lediglich um Haschisch, nicht jedoch um härtere Drogen handeln würde. Dies sei ihm wichtig gewesen. Er berichtete weiter von den zahlreichen während des mehrmonatigen Zeitraums — wie unter II. festgestellten — absprachegemäß durchgeführten gemeinsamen Treffen an der Tankstelle, denen stets die Kontaktaufnahme mittels der ihm übergebenen Handys vorangegangen sei. Die Schlüssel zur Halle und insbesondere zum Lagerraum seien, bis auf die kurzfristigen Übergaben an die beiden Nordafrikaner stets bei ihm verblieben. Er habe sie verwahrt, allerdings sei ihm von den Haupttätern aufgegeben worden, den kleinen Lagerraum selbst niemals zu betreten. Daran habe er sich gehalten. Er habe zudem darauf geachtet, dass die jeweiligen Zutritte der beiden Männer in den Lagerraum stets zu Zeitpunkten stattgefunden hätten, an denen sein Untermieter, der Zeuge S., mit dem er der Angeklagte — den Rest der Lagerhalle gemeinsam genutzt habe, gerade nicht in der Halle anwesend gewesen sei, damit dieser nichts von dieser geschäftlichen Beziehung und der Drogenverwahrung mitbekommen konnte. Während dieses Zeitraums sei es insgesamt zu 10-12 Treffen mit Schlüsselübergaben gekommen, damit einer oder beide der nordafrikanischen Haupttäter Zutritt zu dem Lagerraum erhalten konnten, um — wovon der Anklagte nach seinen Angaben ausging — von dort Haschisch zum Verkauf mitzunehmen oder weiteres Haschisch in dem Lagerraum einzulagern. Ihm — dem Angeklagten — sei die gesamte Zeit über klar gewesen, dass sich in dem Lagerraum Drogen — nämlich Haschisch — in größeren Mengen befunden hätten, andernfalls hätte es sich nach seiner Einschätzung für die beiden Auftraggeber weder gelohnt einen gesamten Raum anzumieten noch monatlich dafür immerhin 1.500 EUR zu bezahlen. Er habe jedoch selbst nie gesehen, was sich genau an Drogen oder gar Waffen in dem Raum befunden hätte, da er diesen während dieses Zeitraums gemäß Anweisung nicht betreten habe. Insgesamt habe er von den beiden Männern in der Zeit 6.000 EUR, also die Bezahlung für vier Monate erhalten. Zu weiteren Zahlungen sei es aufgrund seiner Festnahme, der polizeilichen Durchsuchung und Sicherstellung der Betäubungsmittel am 21.09.2016 nicht mehr gekommen.

Was den Nachmittag des 21.09.2016 angeht, lässt er sich dahin ein, er habe nur Bauwerkzeug im vorderen Teil der Halle abgeladen sowie einen Staubsauger und Handwerkszeug oder Baumaterial in einem Korb aus der Halle in das Fahrzeug gebracht. Er erinnere sich, sich wohl mit einer Durchsuchung der Halle einverstanden erklärt zu haben, könne dazu aber keine weiteren Angaben machen, weil die Erinnerung an die drastische Festnahmesituation die Erinnerung an solche Einzelheiten überlagert habe. In der Situation habe er der Frage keine besondere Bedeutung beigemessen.

Diese Angaben des Angeklagten werden hinsichtlich der äußeren Umstände der Verwahrung einer größeren Menge Betäubungsmittel in der Lagerhalle in der ppp. Straße in Kelkheim zunächst bestätigt durch die noch zu bezeichnenden entsprechenden Angaben eines Hinweisgebers, dem von der Staatsanwaltschaft Darmstadt Vertraulichkeit zugesichert wurde, über den dadurch jedoch keine näheren Erkenntnisse vorhanden sind. Auch steht die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung weitestgehend im Einklang mit den wenigen Angaben, die er anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung am Festnahmetag gegenüber dem vernehmenden Beamten, dem Zeugen M., gemacht hatte. Auch damals hatte er, bevor er um Abbruch der Vernehmung aus Angst vor den Auftraggebern bat, davon berichtet, dass er von einem Südländer angesprochen worden sei, ob er sich etwas dazu verdienen wolle, die Sache aber nicht sauber sei. Da es damals finanziell nicht so gut ausgesehen habe und seine Frau überdies schwanger gewesen sei, habe er zugestimmt. Der Auftraggeber habe ihm ein Wegwerfhandy übergeben, über das er später zu ihm Kontakt aufgenommen habe. Nach diesen Angaben wollte der Angeklagte die Vernehmung abbrechen, weil ihm die Personen — seine Auftraggeber — schon in der Vergangenheit gedroht hätten und er Angst um seine Familie habe. Darüber hinaus wird die Einlassung des Angeklagte über die Anmietung der Lagerhalle zum Zwecke seiner beiden beruflichen Tätigkeiten, Autoreparaturen und Fliesenlegerarbeiten, sowie der gemeinsamen Nutzung mit seinem Bekannten, dem Zeugen S., bestätigt einerseits durch dessen glaubhafte Angaben sowie die ausführlichen Angaben des Eigentümers und Vermieters der Lagerhalle, dem Zeugen Herr. Beide berichteten überdies unabhängig voneinander übereinstimmend davon, dass der Angeklagte ungefähr im Mai 2015 in der Lagerhalle den kleinen, abschließbaren Lagerraum selbst in Trockenbauweise errichtet habe, weil es zuvor zu mehreren Einbrüchen in der Halle gekommen sei, bei denen kostspielige Werkzeuge gestohlen worden seien. Der Angeklagte habe seine Werkzeuge in diesem neu errichteten Raum zur Diebstahlssicherung einschließen wollen. Beide berichteten jeweils davon, dass sie selbst in dem Raum nur jeweils einmal gewesen seien zu dem Zeitpunkt, als dieser neu errichtet und noch leer gewesen sei. Von besonderen Vorkommnissen in Bezug auf diesen Lagerraum oder ihnen nicht bekannten Besuchern, die sich Zutritt zu diesem Raum verschafft hätten, konnten beide nicht berichten. Schließlich konnten beide unabhängig voneinander erklären, dass es dem Angeklagten finanziell im Jahr 2016 nicht so gut gegangen sei, weil einige Auftraggeber die für sie vorgenommenen Fliesenlegerarbeiten nicht bezahlt hätten. Der Zeuge S. berichtete davon, dass er dem Angeklagten Geld geliehen hätte, was er nur schleppend zurückgezahlt erhalten hätte. In Übereinstimmung dazu berichtete der Zeuge Herr davon, dass der Angeklagte bei ihm zuletzt ca. 4.000 EUR Mietschulden angehäuft habe, die schließlich die Ehefrau des Angeklagten mit Unterstützung der Familie nach seiner Festnahme beglichen habe.

Der weitere Anklagevorwurf des bewaffneten unerlaubten Handels mit 241kg Haschisch, die in dem abgetrennten Raum der Lagerhalle gesichert wurden, konnte darüber hinaus nicht durch zulässige Beweismittel erwiesen werden. So standen der Kammer keine weiteren Beweismittel zur Verfügung, weil sämtliche aus der ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss durchgeführten polizeilichen Durchsuchung der Lagerhalle und des abgetrennten Lagerraums am 21.09.2016 resultierenden Beweismittel aufgrund eines Beweisverwertungsverbots der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden konnten.

Der Angeklagte hatte über seine Verteidiger der Verwertung der Durchsuchungsergebnisse mit der Begründung widersprochen, die Durchsuchung sei wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen rechtswidrig gewesen.

Wie der polizeiliche Zeuge W. vom Hessischen Landeskriminalamt, bestätigt durch die Angaben der weiteren polizeilichen Zeugen M. und G., berichtete, war am Mittwoch, den 21.09.2016 — soweit ihm erinnerlich, im Laufe des Vormittags — durch einen Hinweisgeber, dem seitens der Staatsanwaltschaft Darmstadt Vertraulichkeit zugesichert worden war und zu dem keine näheren Erkenntnisse vorlagen, der Hinweis eingegangen, dass in einer Halle in der ppp. Straße zwischen den Hausnummern 1 und 3 in Kelkheim größere — im hohen zweistelligen bis dreistelligen Kilobereich — Mengen Betäubungsmittel gelagert seien. Vor dieser Halle stehe öfter ein Geländewagen, VW Touareg, mit dem Kennzeichen ppp. Eine Halteranfrage habe den Angeklagten als Inhaber des Fahrzeugs ergeben, gegen den aber keinerlei polizeilichen Erkenntnisse bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätten. Glücklicherweise sei an diesem Tag ein Sondereinsatzkommando kurzfristig zur Verfügung gewesen, so dass insgesamt neun Beamte des LKA einschließlich ihm selbst zu dieser Lagerhalle, deren genauen Standort man im Vorhinein habe genau ermitteln können, gefahren seien. Für diesen Einsatz hätten sie die Anweisung gehabt, den Angeklagten als Halter des vor der besagten Halle mehrfach vom Hinweisgeber gesichteten Fahrzeugs zu kontrollieren, festzunehmen und vor allem die Halle zu durchsuchen. Einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss hätten sie nicht eingeholt. Warum ein solcher Beschluss nicht beantragt worden sei, konnte der Zeuge W. nicht erklären. Bei zunächst vorgenommener Observierung der Lagerhalle durch die Beamten vor Ort sei um 16.09 Uhr beobachtet worden, dass der Angeklagte mit seinem Pkw bei der Halle vorgefahren sei. Er habe diese mehrfach betreten und u.a. einen Staubsauger und weitere Putzgegenstände sowie einen Korb aus der Lagerhalle zum Fahrzeug gebracht, in den Kofferraum gestellt und sei dann weggefahren. Einige Beamte des MEK sowie er selbst seien dann dem Angeklagten gefolgt und hätten ihn einige Minuten später — um 16.20 Uhr — wenige hundert Meter von der Halle entfernt angehalten, kontrolliert und festgenommen. Die anderen Beamten seien bei der Lagerhalle geblieben. Die Kontrolle des Angeklagten und seines Pkw hätten keine Hinweise auf Betäubungsmittel ergeben. Im Fahrzeug hätten sich lediglich Werkzeuge und Baumaterialien befunden. Der Zeuge W. berichtete weiter, dass er sodann dem Angeklagten, welcher zu diesem Zeitpunkt bereits gefesselt und vorläufig festgenommen gewesen sei, mitgeteilt habe, dass die Beamten nun beabsichtigten, die Lagerhalle zu durchsuchen. Er habe ihm dazu gesagt, dass er -der Angeklagte — dieser Durchsuchung zustimmen könne, andernfalls würde man mit einem richterlichen Beschluss ebenfalls durchsuchen. Daraufhin habe der Angeklagte sein Einverständnis mit der Durchsuchung erklärt. Nur wenige Minuten nach der Kontrolle und Festnahme, nämlich um 16.30 Uhr, hätten die vor der Lagerhalle verbliebenen Beamten mit der Durchsuchung der Lagerhalle sowie des darin befindlichen kleinen Lagerraums begonnen. Zutritt hätten sie sich mit den Schlüsseln, die beim Angeklagten zuvor sichergestellt wurden und u.a. vom Zeugen W. überbracht worden seien, verschafft. Übereinstimmend mit den Angaben des Zeugen W. berichtete ebenfalls der polizeiliche Zeuge M. von den Beobachtungen bei der Observierung der Halle sowie der Kontrolle und Festnahme des Angeklagten. Auch er konnte sich erinnern, dass der Angeklagte im gefesselten Zustand nach seiner vorläufigen Festnahme mit einer Durchsuchung der Halle einverstanden gewesen sei. Die Schlüssel zur Halle hätten sich — so der Zeuge M. — im Fahrzeug befunden, wo sie sichergestellt worden seien. Schließlich berichtete der polizeiliche Zeuge G., der auch an der Festnahme und Durchsuchung beteiligt gewesen war, glaubhaft und in Einzelheiten davon, dass aufgrund des Tipps des Hinweisgebers ein MEK des Landeskriminalamts zu der zuvor gut lokalisierbaren Halle gefahren sei mit dem Ziel, diese auf jeden Fall zu durchsuchen. Er selbst habe den bereits vorläufig festgenommenen Angeklagten vor Ort gefragt, ob er mit einer Durchsuchung der Halle einverstanden sei, andernfalls werde man auf Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses ohnehin durchsuchen. Er habe den Angeklagten zudem darauf hingewiesen, dass eine Zustimmung zur Durchsuchung später beim Richter für ihn — den Angeklagten — auf jeden Fall besser aussehe. Daraufhin habe der Angeklagte zugestimmt. Nach seiner Erinnerung habe es keinen wesentlichen zeitlichen Verzug zwischen Festnahme und Durchsuchung gegeben. Unmittelbar nach der Festnahme sei mit der von vornherein beabsichtigten Durchsuchung begonnen worden.

Diese mittwochs am 21.09.2016 um 16.30 Uhr durchgeführte polizeiliche Durchsuchung war wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor. Ebenfalls beruhte diese Durchsuchung nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme der sich aus § 105 Abs. 1 S. 1 StPO ergebenden Eilkompetenz des Staatsanwalts oder seiner Ermittlungspersonen. Der Staatsanwalt war in die Durchsuchungsmaßnahme von vornherein nicht einbezogen worden. Gefahr im Verzug lag objektiv nicht vor. Denn es bestand zum Zeitpunkt der Durchsuchung um 16.30 Uhr keine Gefahr des Beweismittelverlusts. Der Angeklagte hatte nach Beobachtung der Beamten des MEK aus der Halle, in der Betäubungsmittel im hohen zweistelligen bis dreistelligen Bereich vermutet wurden, lediglich einen Staubsauer, Putzutensilien sowie einen korbähnlichen Gegenstand in seinen Pkw geladen, so dass bereits bei diesem Vorgang nicht davon ausgegangen werden konnte, er würde das in der Halle in ganz erheblichen Mengen gelagerte Rauschgift zu diesem Moment vollständig fortschaffen. Jedenfalls aber nach Kontrolle und Festnahme des Angeklagten sowie Durchsuchung seines Pkw einschließlich der aus der Halle in den Pkw geladenen Gegenstände um 16.20 Uhr war klar, dass er keinerlei Betäubungsmittel aus der Halle entfernt hatte, so dass spätestens in diesem Moment Gefahr im Verzug als Grund für die Annahme einer Eilkompetenz der ausführenden Beamten nicht anzunehmen war. Hinzu tritt erschwerend, dass nach überstimmenden Angaben der polizeilichen Zeugen W. und G. von vornherein, d.h. bereits bei Ausrücken des MEK, die direkte Anweisung und damit Absicht bestand, die Halle — ohne richterlichen Beschluss, der vor dem Einsatz nicht eingeholt worden war — zu durchsuchen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Eilkompetenz i.S.d. § 105 Abs. 1 S. 1 StPO steht es nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden, wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen (BVerfGE 102, 142, 155; BVerfG — Kammer — NJW 2005, 1637, 1638 f.; BGH, 5. Strafsenat, NStZ 2007, 601, Rn. 17). Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es deshalb auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich hielten (vgl. BGH, 5. Strafsenat, NStZ 2007, 601, Rn. 17). Dies war nach übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der polizeilichen Zeugen W. und G. in dem Zeitpunkt der Fall, als wahrscheinlich am 21.09.2016 vormittags — der Tipp des Hinweisgebers auf die Halle bekannt wurde und dementsprechend ein gesamtes MEK mit dem Ziel der Festnahme des Angeklagten sowie der Durchsuchung der Halle entsendet wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätte ohne größeren Zeitverzug ein richterlicher Beschluss eingeholt werden können. Für die späteren Stunden bis zur Durchsuchung gilt aber auch nichts anderes.

Das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung führt hier zu einem Beweisverwertungsverbot hinsichtlich aller aufgrund der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel. Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots ist von Verfassungs wegen zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten (BGH, 2. Strafsenat, Beschluss vom 21.04.2016, StV 2016, 539; BVerfG, Beschluss vom 12. April 2005 2 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29, 61; Beschluss vom 16. März 2006 - 2 BvR 954/02, NJW 2006, 2684, 2686; Beschluss vom 20. Mai 2011 - 2 BvR 2072/10, NJW 2011, 2783, 2784). Ein solcher schwerwiegender Verstoß liegt aufgrund der oben geschilderten Umstände vor. Vorliegend wurde ganz bewusst ein gesamtes MEK zum Zwecke der Durchsuchung zu der Lagerhalle ausgesendet, ohne dass auch nur versucht wurde, an einem Werktag tagsüber zu dienstüblichen Zeiten eine richterliche Entscheidung zu erlangen oder wenigstens einen Staatsanwalt in diese Ermittlungsmaßnahmen einzubeziehen. Gesichtspunkte, die dieses Vorgehen nachvollziehbar machen, konnten die polizeilichen Zeugen nicht nennen und sind auch nicht ersichtlich.
Bei einer derartigen Verkennung des Richtervorbehalts kann darüber hinaus auch dem Aspekt eines möglichen hypothetischen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs keine Bedeutung zukommen. Die Einhaltung der durch § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte in diesen Fällen bei Anerkennung des hypothetisch rechtmäßigen Ersatzeingriffs als Abwägungskriterium bei der Prüfung des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbots stets unterlaufen und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden. Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Einschaltung des Ermittlungsrichters einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten. Damit würde das wesentliche Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (BGH, 2. Strafsenat, Beschluss vom 21.04.2016, StV 2016, 539; BGH, BGHSt 51, 285, 296; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Mehr noch ist vorliegend aber auch fraglich, ob bei dem zum Zeitpunkt der Durchsuchung vorliegenden polizeilichen Ermittlungsstand überhaupt eine richterliche Durchsuchungsanordnung wäre erlassen worden. Die Durchsuchung begründete sich allein auf dem Hinweis eines Hinweisgebers, dem zuvor Vertraulichkeit zugesichert worden war und zu dem daher keine weiteren Erkenntnisse zur Akte gelangt waren. Darüber hinaus lagen keinerlei Beweismittel zulasten des Angeklagten vor. Insbesondere war der Angeklagte bis dahin in keiner Weise polizeilich in Erscheinung getreten, hatte demnach auch keinerlei Vorstrafen, insbesondere auch keine wegen einschlägiger Verstöße gegen das BtMG, und waren auch im Korb keine Drogen transportiert worden.


Schließlich ist das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung auch nicht durch eine vermeintliche Zustimmung des Angeklagten zur Durchsuchung geheilt. Zunächst durften gemäß den obigen Anforderungen die eingesetzten Beamten des MEK des Hessischen Landeskriminalamts nicht ohne richterlichen Beschluss zum Zwecke einer Durchsuchung eingesetzt werden, lediglich in dem Vertrauen darauf, dass der Angeklagte einer solchen Maßnahme zustimmen werde. Vielmehr hätten sie sich rechtzeitig unter Berücksichtigung des Richtervorbehalts um eine Durchsuchungsanordnung bemühen müssen. Darüber hinaus lag unter den hiesigen Voraussetzungen auch keine wirksam freiwillig gewährte Durchsuchung der Lagerhalle vor. Dabei ist nämlich entscheidend, dass eine Durchsuchung nur dann in Aussicht gestellt werden darf, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Andernfalls kann nicht von einer Wirksamkeit der Einwilligung ausgegangen werden (vgl. OLG Hamburg, StV 2008, 12, Rn. 11; Meyer-Goßner, StPO, 59. Aufl. 2016, § 105, Rn. 1). Daran fehlt es bei der vorliegend vom Angeklagten eingeholten Einwilligung. So berichteten die Zeugen W. und G. davon, dass sie unabhängig voneinander dem Angeklagten, nachdem er durch mehrere Beamte des MEK in seinem Pkw angehalten, kontrolliert, gefesselt und vorläufig festgenommen worden war, erklärt hätten, dass sie nun beabsichtigen würden, die Lagerhalle zu durchsuchen. Er könne dazu sein Einverständnis geben, ansonsten würden sie auch ohne dieses Einverständnis mittels richterlichen Beschlusses durchsuchen. Der Zeuge G. erklärte zudem, er habe dem Angeklagten überdies erklärt, dass seine Zustimmung sich später beim Richter positiv für ihn auswirken könne. Daraufhin habe dieser zugestimmt. Diese Art und Weise, eine Zustimmung des Angeklagten für die von vornherein geplante Durchsuchung einzuholen, entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen. Abgesehen davon, dass bereits fraglich ist, ob der Angeklagte in dieser — nach eigenen und gut nachvollziehbaren Angaben — ihn vollkommen überrumpelnden Situation — gerade vom MEK aus dem Auto geholt, gefesselt und festgenommen — überhaupt in der Lage war, ein rechtlich wirksames Einverständnis zu erklären, entsprach jedenfalls die Belehrung durch die beiden polizeilichen Zeugen keineswegs den tatsächlichen Umständen und war deshalb falsch. Denn sie suggerierten dem Angeklagten, dass eine Durchsuchung der Halle — neudeutsch gesprochen — „alternativlos" war und seine eigene Erklärung praktisch bedeutungslos. Denn weder lag bereits ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vor, aufgrund dessen eine unmittelbare Durchsuchung — wie sie dem Angeklagten suggeriert worden war —, hätte durchgeführt werden können, noch war ein solcher wenigstens beantragt worden. Jedenfalls war aber zu diesem Zeitpunkt keineswegs klar, wie es dem Angeklagten jedoch suggeriert wurde, dass anhand der eher schwachen Beweislage überhaupt die Voraussetzungen nach § 102 StPO für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses vorgelegen hätten. Einzig aufgrund des vorhandenen Hinweises eines Hinweisgebers, über den keine weiteren Erkenntnisse aus der Akte erkennbar waren, ohne dass weitere Indizien, wie einschlägige Vorstrafen des Angeklagten oder sonstige Hinweise vorlagen, war der Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt keineswegs gesichert. Dies galt unverändert nach Kontrolle des Angeklagten und Durchsuchung seines Pkw, welche vor der Einholung des vermeintlichen Einverständnisses zur Durchsuchung der Lagerhalle stattgefunden hatten, da weder beim Angeklagten noch im Pkw irgendwelche weiteren auf Betäubungsmittel hinweisenden Beweismittel aufgefunden werden konnten. Nach alledem lagen die Voraussetzungen einer Durchsuchung nicht sicher vor. Demgemäß war deren Ankündigung durch die polizeilichen Zeugen W. und G. unzulässig, um den Angeklagten zu einem Einverständnis zu bewegen. Daher kann auch das auf unzulässige Weise erlangte und damit rechtlich nicht wirksame Einverständnis des Angeklagten keine abweichende Beurteilung hinsichtlich des bestehenden Beweisverwertungsverbots begründen, so dass der Kammer keine weiteren zulässigen Beweismittel zur Verfügung standen.

Der Kammer war es damit gleichermaßen versagt, der Einlassung des Angeklagten entgegenzuhalten, dass es bei einer solchen ganz erheblichen Menge von über 240kg Haschisch unwahrscheinlich wäre, diese nicht dauerhaft unter eigener Kontrolle von Dealern aufzubewahren.
IV.
Der Angeklagte hat sich demnach der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Haschisch) in nicht geringer Menge, gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 StGB schuldig gemacht.

Die nicht geringe Menge, die die Rechtsprechung für Haschisch bei einem THCAnteil von 7,5 Gramm bestimmt, ist vorliegend gegeben. Zwar konnte die konkrete Wirkstoffmenge aufgrund des Beweisverwertungsverbots, welches sich auch auf das Ergebnis des Rauschgiftgutachtens erstreckt, nicht festgestellt werden, allerdings geht die Kammer aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten von dem Vorliegen der nicht geringen Menge aus. Sowohl die Anmietung eines gesamten Lagerraum als auch die ganz erhebliche Bezahlung von 1.500 EUR monatlich sowie die Anzahl von mindestens 10-12 innerhalb des ca. fünfmonatigen Lagerzeitraums stattgefunden Treffen zwischen dem Angeklagten und den nordafrikanischen Auftraggebern bei der Tankstelle, um die Schlüssel zu übergeben und Zugang zu dem Lagerraums und dem darin befindlichen Rauschgift zu erlangen, um dieses zum Verkauf in Teilmengen mit sich zu nehmen bzw. zum möglichen Einbringen weiteren Haschischs in den Lagerraum zeigen deutlich, dass es sich bei den eingelagerten Haschischmengen nicht bloß um Kleinstmengen gehandelt haben kann, sondern jedenfalls die nicht geringe Menge von 7,5g THC-Wirkstoffanteil überschritten war. Ansonsten hätte sich die tatsächlich erbrachte Zahlung von insgesamt 6.000 EUR bzw. die an sich für den gesamten Zeitraum sogar zu erbringende Summe von 7.500 bis 9.000 EUR nicht als lohnend für die nordafrikanischen Haupttäter erwiesen; und es wäre auch eine wesentlich kostengünstigere Zurverfügungstellung lediglich eines abschließbaren Schrankes oder ähnlichen Aufbewahrungsorts ausreichend gewesen. Schließlich ließ sich auch der Angeklagte dahingehend ein, dass ihm aufgrund der Angaben der Haupttäter, deren bedrohliche Haltung und Sicherheitsvorkehrungen sowie aufgrund der äußeren Umstände klar gewesen sei, dass es sich um eine größere Menge Haschisch gehandelt habe.

So erscheint es realistisch, bei einem Entgelt von 6.000 EUR als Lagerkosten zumindest von einem Erlös von mindestens noch etwa dem Doppelten der Lagerkosten auszugehen. Bei einem angenommenen Verkaufswert von 20.000 EUR bei einem eher hohen Straßenverkaufspreis von 10 EUR pro Gramm wären das 2.000 Gramm; bei einem im Straßenverkauf unterdurchschnittlichem THC-Wert von 8% wären dies 160 Gramm Wirkstoff einer „weichen" Droge; es wäre also das mehr als 21fache der sog. nicht geringen Menge von 7,5 Gramm Wirkstoff, was der Strafzumessung zugrunde gelegt wurde.

V.
Es war der gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG anzuwenden, der für die Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Freiheitsstrafe von nicht unter 3 Monaten bis zu 11 Jahren und 3 Monaten vorsieht.

Für einen minderschweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG bestanden — auch unter Berücksichtigung der unten aufgeführten strafmildernden Umstände — keine Anhaltspunkte. Das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente der Täterpersönlichkeit weicht vorliegend vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle nicht ab, schon gar nicht in einem derartigen Maß, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erschien. Auch unter Berücksichtigung der geständigen Einlassung des Angeklagten und seiner Vorstrafenfreiheit standen dem insbesondere der mehrmonatige Tatzeitraum und die auf Dauer angelegte Mitwirkung entgegen.

Eine Strafmilderung nach § 31 BtMG konnte mangels Angaben des Angeklagten zu weiteren Beteiligten der Tat vor Eröffnung des Verfahrens, die zu einem Aufklärungserfolg geführt haben, nicht zum Tragen kommen.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung wurde zugunsten des Angeklagten gewertet, dass er in der Hauptverhandlung sehr weitgehend geständig war und im Kern durch seine Aussage die Verurteilung erst ermöglichte. Des Weiteren war zu seinen Gunsten zu bewerten, dass er bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Außerdem konnte das Rauschgift sichergestellt werden, so dass es nicht auf den Markt gelangen konnte und seine gefährliche Wirkung nicht entfaltet hat, wenn dies auch nicht der Verdienst des Angeklagten ist.

Zu Lasten des Angeklagten wurde gewertet, dass er über einen relativ langen Zeitraum von fast einem halben Jahr eine Tatbeteiligung erbrachte.


Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erschien eine Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren notwendig, aber auch ausreichend, um dem Unrechtsgehalt der Tat gerecht zu werden. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden.

Die günstige Prognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB besteht im Hinblick auf das Geständnis des Angeklagten und das Fehlen von Vorstrafen.

Besondere Umstände in Tat und Person sind in der günstigen persönlichen und beruflichen Situation des Angeklagten, welcher in einer sehr engen Beziehung zu seiner Familie steht, die auch während der Untersuchungshaft durch regelmäßige Besuche sowie häufige Telefon- und Briefkontakte fortbestand, und der über zwei abgeschlossene Berufsausbildungen verfügt, die ihm ermöglichen an seine selbstständigen Tätigkeiten als Fliesenleger und Kfz-Händler, die er bereits vor seiner Festnahme ausübte, nun unmittelbar wieder anzuknüpfen, insbesondere aber in dem sehr weitgehenden Geständnis, § 56 Abs. 2 StGB.
Vl.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er verurteilt worden ist (§ 465 StPO).

Die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel stützt sich auf § 33 BtMG.


Einsender: RA W. Siebers, Braunschweig u. RA O. Wallasch, Frankrut

Anmerkung:


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