Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 19.09.2017 - 4 RBs 349/17
Leitsatz: Ein Wiedereintritt in die Beweisaufnahme, welcher die erneute Möglichkeit zu Schlussvorträgen oder zum letzten Wort des Betroffenen erforderlich gemacht hätte, liegt nicht in der bloßen Entlassung eines zuvor in der Beweisaufnahme vernommenen Zeugen oder Sachverständigen.
In pp.
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO).Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§ 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG).
Zusatz:
Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist zur ersten erhobenen Verfahrensrügen Folgendes anzumerken:
Der Betroffene kann mit der Rüge der Verletzung der §§ 258 Abs. 1 und Abs. 2 StPO; 46 Abs. 1 OWiG, mit der er geltend macht, dass ihm (bzw. seinem ihn in eigener Abwesenheit in der Hauptverhandlung vertretenden Verteidiger) das letzte Wort nicht erneut gewährt worden, nachdem das Gericht erst nach den Schluss-vorträgen den zuvor in der Beweisaufnahme vernommenen Zeugen und den Sachverständigen entlassen habe, nicht durchdringen. Zunächst weist die General-staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass das Recht auf Gewährung des letzten Worts nicht übertragbar ist, etwa von dem nicht anwesenden - Betroffene auf den ihn vertretenden Verteidiger (vgl.: Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 258 Rdn. 20 m.w.N.). Insbesondere hat aber auch kein Wiedereintritt in die Beweisaufnahme stattgefunden, der die erneute Gewährung der Möglichkeit zum Schlussvortrag oder zum letzten Wort erforderlich gemacht hätte. Einen aus-drücklichen Wiedereintritt in die Beweisaufnahme gab es nicht. Auch ein konklu-denter Wiedereintritt liegt nicht vor. Wann von einem konkludenten Wiedereintritt auszugehen ist, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Insbesondere liegt ein Wiedereintritt vor, wenn der Wille des Gerichts zum Ausdruck kommt, im Zusammenwirken mit den Prozessbeteiligten in der Beweisaufnahme fort-zufahren oder wenn Anträge mit den Verfahrensbeteiligten erörtert werden (BGH, Urt. v. 27.02.2004 2 StR 146/03 , juris). Ein entsprechender Wille kommt hier in der Entlassung von Zeugen und Sachverständigen gerade nicht zum Ausdruck. Viel-mehr zeigt die Entlassung, dass aus Sicht des Gerichts diese Beweismittel gerade nicht mehr benötigt werden. Auch enthält die Entlassung nicht gleichzeitig eine kon-kludente Entscheidung über die Frage einer Vereidigung oder Nichtvereidigung. Die Nichtvereidigung ist der Regelfall. Einer (ausdrücklichen) Entscheidung hierüber be-darf es grds. (es sei denn, ein Verfahrensbeteiligter hat eine solche beantragt, was hier aber nicht der Fall war) nicht. Mit einer Entlassungsverfügung wird dann lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Vorsitzende keinen Anlass gesehen hat, vom regelmäßigen Verfahrensgang abzuweichen (BGHSt 50, 282, 283; BGH, Beschl. v. 07.07.2009 1 StR 268/09). Entsprechendes gilt auch bzgl. eines Sachverständigen, bei dem die Nichtvereidigung ebenfalls den Regelfall darstellt (vgl.: Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 79 Rdn. 2 m.w.N.).
Soweit der Verteidiger mit Schriftsatz vom 14.09.2017 möglicherweise nunmehr eine Verletzung von § 248 StPO geltend machen will, wäre das eine Rüge mit neuer An-griffsrichtung, welche außerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist angebracht worden wäre.
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