Gericht / Entscheidungsdatum: LG Arnsberg, Beschl. v. 08.12.2017 - 2 Qs 73/17
Leitsatz: Wohnungseinbrüche in dauerhaft genutzte Privatwohnung sind grundsätzlich als auch im Einzelfall schwerwiegende Straftaten anzusehen, sodass eine Erhebung von Verkehrsdaten zur Sachverhaltsaufklärung erfolgen darf.
In pp.
Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 15.11.2017 5 Gs-410 UJs 579/17-2321/17 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Telekommunikationsdienstleister
F1, O1 F2, O2 F3, O3 werden nach § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 3 StPO i.V.m. § 96 Abs. 1 TKG auf Antrag der Staatsanwaltschaft Arnsberg angewiesen, sämtliche zukünftig bis 29.01.2018 anfallenden und seit dem 29.10.2017 bereits angefallenen Verkehrsdaten in dem nach der Telekommunikations-Überwachungsverordnung zulässigen Umfang herauszugeben.
Die Anordnung bezieht sich auf die IMEI:
Gründe:
I.
Die Staatsanwaltschaft Arnsberg führt gegen Unbekannt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Wohnungseinbruchsdiebstahls.
Am 29.10.2017 drangen ein oder mehrere bislang unbekannte Täter in das freistehende Einfamilienhaus S1
in O1 des Zeugen P1 ein, indem sie ein Fenster im Erdgeschoss aufhebelten und durch das Fenster ins Haus eindrangen. Der oder die Täter entwendeten neben einem Laptop, einem Tablet-PC, mehreren Flaschen Sekt und einem Rucksack auch ein Smartphone der Marke G1 Farbe E1, mit der IMEI-Nr.
Unter dem 14.11.2017 beantragte die Staatsanwaltschaft Arnsberg einen Beschluss nach § 100g StPO. Dieser Antrag wurde durch das Amtsgericht Arnsberg am 15.11.2017 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der hier zu bewertende Wohnungseinbruchsdiebstahl keine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung darstelle. Der Gesetzgeber habe den Fall des bloßen Wohnungseinbruchsdiebstahls auch im Rahmen der umfassenden Reform der §§ 100a ff. StPO gerade nicht in den Katalog des § 100a Abs. 2 StPO aufgenommen.
Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 29.11.2017 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die nach §§ 304 Abs. 1, 306 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 15.11.2017 hat Erfolg.
Die Voraussetzungen für die beantragte Erhebung der Verkehrsdaten gemäß § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 3 StPO i.V.m. § 96 Abs. 1 TKG liegen im tenorierten Umfang vor.
Durch das 55. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung Wohnungseinbruchsdiebstahl (BGBl. I, 2017, S. 2442) ist am 22.07.2017 unter anderem der neue § 244 Abs. 4 StGB in Kraft getreten, wonach es sich bei dem Einbruchsdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nunmehr um ein Verbrechen handelt. In § 100g Abs. 2 S. 2 Nr. 1 lit. g) StPO ist zugleich ausdrücklich der Einbruchsdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung in den Katalog der besonders schweren Straftaten aufgenommen worden.
Zwar fehlt in Bezug auf § 100g Abs. 1 StPO eine entsprechende Änderung und wurde der Wohnungseinbruchsdiebstahl nicht in den Katalog des § 100a Abs. 2 StPO aufgenommen. Jedoch hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung durch die Neuregelung des § 244 StGB nunmehr deutlich gemacht, dass Wohnungseinbruchsdiebstähle in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung grundsätzlich als schwer zu beurteilen sind (BT-Drucks. 18/12359, S. 8). Dort heißt es unter anderem: Mit der Strafrahmenverschärfung macht der Gesetzgeber deutlich, dass Straftaten dieser Art grundsätzlich als schwer zu beurteilen sind. Dass sie nicht im für die Telefonüberwachung vorgesehenen Katalog von § 100a Absatz 2 StPO genannt sind, ist demgegenüber nicht von Bedeutung, denn dieser dient lediglich als Orientierungshilfe für die in § 100g Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sowie Absatz 3 StPO geregelte Funkzellenabfrage (Hervorhebung hinzugefügt). Dieser gesetzgeberischen Wertung ist zu folgen.
Die Tat, die Gegenstand dieses Ermittlungsverfahrens ist, ist damit eine (besonders schwere) Straftat von auch im Einzelfall besonders schwerer und erheblicher Bedeutung. Die Verkehrsdatenerhebung ist zur Erforschung des Sachverhalts erforderlich. Die Erforschung des Sachverhalts ist auf andere Weise wesentlich erschwert, da keine weiteren Anhaltspunkte dazu bestehen, wer Täter der Tat ist. Bei einer Nutzung des Smartphones können aber durch eine Erhebung der Verkehrsdaten Rückschlüsse sowohl auf die Tat als auch die Täter gezogen werden. Die Erhebung steht in dem tenorierten Umfang schließlich auch in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache.
Die zukünftig anfallenden und seit dem 29.10.2017 angefallenen Verkehrsdaten dürfen deshalb erhoben werden.
11Die Anweisung gegenüber der F3 umfasst auch die Daten des Tochterunternehmens F4.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei ist, Auslagen der Staatsanwaltschaft nicht erhoben werden und weitere Personen nicht am Beschwerdeverfahren beteiligt waren.
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