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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Drogenbesitz, Fahreignungsgutachten, VG München

Gericht / Entscheidungsdatum: VG München, Beschl. v. 06.11.2017 – M 26 S 17.4706

Leitsatz: Der Besitz von Betäubungsmitteln kann nicht immer den Verdacht der Einnahme rechtfertigen. Das gilt z.B. wenn feststeht, dass der Betroffene ein Dealer ist, der sich selbst des Konsums enthält. Bei einer sehr geringen Menge von Betäubungsmitteln ist aber davon auszugehen, dass die Drogen zum Eigengebrauch bestimmt waren.


In pp.
I. Die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs und auf Gewährung von Prozesskostenhilfe im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und im Hauptsacheverfahren werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Aberkennung der Inlandsgültigkeit ihrer polnischen Fahrerlaubnis der Klasse B.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Pfaffenhofen vom … März 2017 wurde die Antragstellerin unter anderem wegen unerlaubten Besitzes von 1,1 Gramm Amphetamin strafrechtlich verurteilt. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte sie daraufhin zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens auf, das nicht vorgelegt wurde. Mit Bescheid vom 12. September 2017 erkannte die Fahrerlaubnisbehörde der Antragstellerin das Recht ab, von ihrer polnischen Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Vorlage des Führerscheins zur Eintragung eines Sperrvermerks binnen drei Tagen nach Zustellung (Nr. 2 und 4) sowie die sofortige Vollziehung des Bescheids an (Nr. 3).

Mit Schriftsatz vom … September 2017 erhob die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München. Außerdem beantragte sie,
die aufschiebende Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs wiederherzustellen und ihr Prozesskostenhilfe für das einstweiligen Rechtsschutzverfahren und das Hauptsacheverfahren zu bewilligen.

Zur Begründung tragen ihre Bevollmächtigten im Wesentlichen vor, der Strafbefehl sei nur rechtskräftig geworden, da die Antragstellerin der deutschen Sprache nicht mächtig sei und sie den Inhalt des Strafbefehls nicht verstanden habe. Die Tasche, in der die Drogen aufgefunden worden sein, leihe sie manchmal einer Freundin. Diese habe die Drogen vermutlich in die fragliche Tasche gelegt; hiervon habe die Antragstellerin keine Kenntnis gehabt. Die Tat stehe nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs. Im Rahmen der Beibringungsaufforderung habe die Fahrerlaubnisbehörde das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Der Antragstellerin fehlten die erforderlichen Mittel, das Fahreignungsgutachten beizubringen.

Die Antragsgegnerpartei beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom heutigen Tag wurde die Verwaltungsstreitsache auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat keinen Erfolg.

Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, die sich auch an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientiert. Danach bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Entziehungsbescheids (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung entspricht den an sie gemäß § 80 Abs. 3 VwGO zu stellenden Anforderungen. Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die der Klage und dem Widerspruch grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Eyermann/Schmidt, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80, Rn. 43).

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung der Aberkennung der Inlandsgültigkeit (§ 3 Abs. 2 Satz 2 StVG; § 46 Abs. 5 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Bei Konsum von Drogen mit Ausnahme von Cannabis entfällt die Fahreignung, ohne dass insoweit ein Bezug zum Straßenverkehr erforderlich wäre (Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV). Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat (§ 14 Abs. 1 Satz 2 FeV). Wird das Gutachten – wie hier – nicht fristgerecht beigebracht, darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 FeV).

Im hier zu entscheidenden Fall steht der widerrechtliche Besitz von Betäubungsmitteln durch die Antragstellerin aufgrund des rechtskräftigen Strafbefehls fest. Die Fahrerlaubnisbehörde darf rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidungen im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren zugrunde legen, wenn nicht deren Richtigkeit substantiiert infrage gestellt wird. Der Einwand, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein, ist insoweit grundsätzlich unbehelflich. Der Vortrag, die Drogen seien ohne Wissen der Antragstellerin wohl von einer Freundin in ihre Tasche eingelegt worden, stellt eine durch nichts belegte ersichtliche Schutzbehauptung dar.

Im Fall des Besitzes von Betäubungsmitteln stellt die Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens eine Ermessensentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde dar, weil der Besitz nicht immer den Verdacht der Einnahme rechtfertigen kann, etwa wenn feststeht, dass der Betroffene ein Dealer ist, der sich selbst des Konsums enthält (Nomos Kommentar Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 14 FeV, Rn. 10). Hier liegt es aufgrund der nur sehr geringen aufgefunden Menge von Betäubungsmitteln fern, dass die Drogen nicht zum Eigengebrauch bestimmt waren. Im Übrigen hat die Fahrerlaubnisbehörde ausweislich der Beibringungsaufforderung das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens, so dass die Anwendung von § 11 Abs. 8 FeV keinen Bedenken begegnet.

Gleiches gilt auch unter Berücksichtigung der Behauptung, dass die Antragstellerin nicht die finanziellen Mittel gehabt habe, um der Aufforderung nachkommen zu können. Hierfür ist notwendig, dass der Betroffene unzweifelhaft, ausreichend belegt und nachvollziehbar darlegt, dass er nicht in der Lage ist, die Kosten der Begutachtung zu tragen (BVerwG, U.v. 13.11.1997 – 3 C 1/97BayVBl 1998, 634). Insoweit hat es die Antragstellerin bei einer bloßen Behauptung belassen. Dass sie über keinerlei finanzielle Mittel verfügt, ist bereits dadurch widerlegt, dass ihre Bevollmächtigten vorgetragen haben, sie wäre in der Lage gewesen, die Kosten der Untersuchung durch eine niedergelassene Ärztin anstatt einer in der Beibringungsaufforderung angeordneten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu tragen.

Nachdem die Tatbestandsvoraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund fehlender Fahreignung gegeben sind, ist die Fahrerlaubnis mit der Folge der Aberkennung der Inlandsungültigkeit zwingend zu entziehen. Ein Ermessen steht der Fahrerlaubnisbehörde dabei nicht zu (Sitter, Straßenverkehrsstrafrecht, Loseblatt, Teil 8/2.4.12.1, S. 1).

Da somit die sofortige Vollziehung der Aberkennung der Inlandsungültigkeit der einstweiligen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein vorzulegen. Diese – im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte - Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV.

Rechtliche Bedenken gegen die im Bescheid enthaltenen Festsetzungen zu den Zwangsmitteln bzw. den Kosten des Verwaltungsverfahrens wurden weder vorgetragen, noch sind solche sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anhang zu § 164 Rn. 14) check.

2. Vor diesem Hintergrund bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung sowohl im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als auch im Hauptsacheverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass die Anträge auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ebenfalls abzulehnen waren (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).


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