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Entscheidungen

OWi

Rotlichtverstoß, Baustellenampel, Fahrverbot

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.03.2018 - 1 OWi 2 Ss Bs 107/18

Leitsatz: Zur Verhängung eines Fahrverbotes nach einem qualifizierten Rotlichtverstoß an einer Baustellenampel.


In pp.

1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 29. September 2017 wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe

Das Amtsgericht hat den Betroffenen auf dessen rechtzeitig erhobenen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 16. Mai 2017 (Az.: 500.03010790.2) mit Urteil vom 29. September 2017 wegen vorsätzlichen Nichtbefolgens eines roten Wechsellichtzeichens bei schon länger als einer Sekunde andauernden Rotphase mit einer Geldbuße von 400,-- EUR belegt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Amtsgericht hat zum Tatvorwurf Folgendes festgestellt:

"Der Betroffene befuhr am 3. März 2017 um 7:18 Uhr in 66999 Hinterweidenthal, die Alte B10, Kaltenbach Höhe Shell-Tankstelle als Fahrer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen pp. und missachtete das Rotlicht der Lichtzeichenanlage einer damals dort bestehenden Baustelle, wobei die Rotphase bereits länger als 1 Sekunde dauerte. Die Lichtzeichenanlage schaltete auf Rotlicht um und der PKW vor dem Betroffenen hielt bis zum Stillstand an. Der ca. 10 m dahinter fahrende Betroffene verlangsamte zunächst seine Geschwindigkeit, scherte dann aber nach links aus und fuhr an dem stehenden PKW vorbei in den Baustellenbereich trotz deutlichem Rotlicht."

2. Das Amtsgericht hat diese Feststellung auf eine tragfähige Beweiswürdigung gestützt; insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 12. Februar 2018 verwiesen werden. Die Angaben des angefochtenen Urteils zu den Beweisgrundlagen lassen zudem hinreichend erkennen, worauf das Amtsgericht die Annahme vorsätzlichen Verhaltens gestützt hat. Der Betroffene hat ausweislich der Urteilsgründe auch nicht in Abrede gestellt, die Lichtzeichenanlage bemerkt zu haben; seine Einlassung, diese habe beim Vorbeifahren der Lichtzeichenanlage noch "orange" gezeigt, hat das Amtsgericht durch die Angaben der hierzu gehörten Zeugen für widerlegt gehalten. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

3. Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung auch im Rechtsfolgeausspruch stand.

a) Die Feststellungen des Amtsgerichts sind noch geeignet, die Voraussetzungen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes i.S.v. Nr. 132.3 der Anl. zu § 1 Abs. 1 BKatV i.V.m. §§ 37 Abs. 2, 49 Abs. 3 StVO zu belegen.

aa) Das Amtsgericht hat insbesondere die Umstände benannt, aus denen es die Schilderung der Zeugen zu den zeitlichen Abläufen für belastbar gehalten hat. Dass die Rotlichtphase, wie vom Amtsgericht angenommen, hier länger als eine Sekunde gedauert hatte, ergibt sich nachvollziehbar aus dem Umstand, dass der Betroffene erst zu einem Zeitpunkt an dem vor ihm befindlichen Fahrzeug vorbeigefahren ist, als dessen Fahrer dieses nach Umschalten der Ampel auf Rotlicht bereits bis zum Stillstand abgebremst hatte. Nach den Beobachtungen der Zeugen S und B, die mit ihrem Fahrzeug hinter dem Wagen des Betroffenen fuhren, hatte die Ampel zudem bereits rot gezeigt, als der Betroffene zum Überholen des vor ihm abbremsenden Fahrzeugs aus der Fahrzeugkolonne ausscherte. Angesichts dieser Umstände bedurfte es keiner weitergehender Ausführungen zur Dauer des Rotlichts.

bb) Das Amtsgericht hat zwar über die Mitteilung, dass es sich um die Lichtzeichenanlage einer Baustelle gehandelt habe, keine näheren Feststellungen zu den örtlichen und in sonstiger Weise verkehrsrelevanten Umständen getroffen. Dies ist hier indes unschädlich, weil die Annahme eines Regelfalls schon aufgrund des Fahrverhaltens des Betroffenen gerechtfertigt ist.

(a) Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Bußgeldkatalogs ist, dass überhaupt einer der dort bezeichneten Regelfälle vorliegt, dass also die Tatausführung allgemein üblicher Begehungsweise entspricht und weder subjektiv noch objektiv Besonderheiten aufweist. Der Annahme eines Regelfalls können daher besondere Umstände in der Person des Betroffenen und/oder der konkreten Begehungsweise des Verkehrsverstoßes entgegenstehen (Gübner in Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl., Rn. 771 m.w.N.). Der Normgeber hat eine schärfe Ahndung der Missachtung eines Wechsellichtzeichens trotz bereits länger als eine Sekunde andauernder Rotphase im Hinblick darauf für angezeigt gehalten, dass dieses Verhalten als besonders gefährlich anzusehen ist, weil sich der Querverkehr nach dieser Zeit bereits in dem Bereich der durch Rotlicht gesperrten Fahrbahn befinden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.1994 - 5 Ss (OWi) 299/94, NZV 1995, 35; s.a.: BGH, Beschluss vom 24.06.1999 - 4 StR 61/99, juris Rn. 13 = BGHSt 45, 134). Der Anwendungsbereich der Bestimmung beschränkt sich jedoch nicht auf den Schutz des Querverkehrs. Auch wenn ein Wechsellicht allein dem Schutz des Gegen- oder Diagonalverkehrs dient, sind ohne weiteres Gefährdungen bevorrechtigter Verkehrsteilnehmer, die auf das eigene Grünlicht vertrauen, möglich. (BayObLG, Beschluss vom 16.10.1996 - 1 ObOWi 611/96, NZV 1997, 242; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.1999 - 2a Ss (Owi) 197/99, juris Rn. 17). Das Entstehen einer konkreten Gefährdungslage ist - wie auch sonst (vgl. Senat, Beschluss vom 13.12.1993 - 1 Ss 202/93, NZV 1994, 160) - nicht erforderlich (BayObLG, Beschluss vom 6.3.2003 - 1 ObOWi 58/03, juris Rn. 9). Mit Blick auf die Grundentscheidung des Verordnungsgebers, bestimmte Verhaltensformen als regelmäßig besonders gefährlich und deswegen als grundsätzlich verboten einzustufen, reicht es aus, wenn eine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zumindest nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayObLG, Beschluss vom 30.12.1996 - 2 ObOWi 940/96, juris Rn. 16 f.). Besteht aber noch nicht einmal eine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, so kann - sofern nicht andere gewichtige Gesichtspunkte vorliegen - die Indizwirkung des Regelbeispiels hierdurch entkräftet sein. Sind im konkreten Fall Umstände ersichtlich, die einer abstrakten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer entgegenstehen können, bedarf es hierzu näherer Feststellungen, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung zu ermöglichen, ob die Annahme eines typischen qualifizierten Rotlichtverstoßes gleichwohl gerechtfertigt erscheint (BayObLG, Beschluss vom 16.10.1996, NZV 1997, 242; OLG Dresden, Beschluss vom 02.08.2002 - Ss (OWi) 631/02, juris Rn. 14 f.). Ein solcher Umstand, der nähere Feststellungen zu den konkreten örtlichen und in sonstiger Weise verkehrsrelevanten Umständen erforderlich macht, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung das Vorliegen einer einspurigen Verkehrsführung an einer Baustellenampel (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.09.1994 - 5 Ss (OWi) 299/94, NZV 1995, 35; OLG Dresden aaO. sowie die Nachweise bei Deutscher in Burhoff aaO. Rn. 1617).

(b) Feststellungen etwa zum Vorliegen einer einspurigen Verkehrsführung sowie zur Länge und Übersichtlichkeit des betroffenen Fahrbahnbereichs hat das Amtsgericht nicht getroffen. Anlass hierzu bestand aber bereits deshalb, weil nach der Wertung des Zeugen S, bei dem es sich offenkundig um einen für die Beurteilung von Verkehrssituationen sachkundigen Polizeibeamten handelt, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht eingetreten ist. Ob dies lediglich dem Umstand geschuldet war, dass kein Gegenverkehr herrschte, oder ob wegen der Übersichtlichkeit der Baustelle und/oder eines Kolonnenverkehrs (hierzu: OLG Köln, Beschluss vom 26.08.1993 - Ss 327/93, NZV 1994, 41) ein Einfahren des Gegenverkehrs in den vom Betroffenen befahrenen Straßenbereich von vornherein auszuschließen war, bleibt danach offen.

(c) Dieser Darstellungsmangel wirkt sich aber nicht aus. Denn die Annahme eines groben Verkehrsverstoßes, der in seinem Gewicht den vom Regelfall erfassten üblichen Begehungsweisen entspricht, ist hier auch dann noch gerechtfertigt, wenn trotz des Rotlichtverstoßes eine abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen wäre. Denn der Betroffene ist, obwohl die Lichtzeichenanlage schon Rotlicht zeigt, an einem vor der Ampel anhaltenden Fahrzeug vorbeigefahren. Dies stellt bereits ein grob verkehrswidriges Verhalten dar, welches in der Gesamtschau die Annahme des Regelbeispiels rechtfertigen kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.1999 - 2a Ss (OWi) 197/99, juris Rn. 19; s.a. Deutscher aaO. Rn. 1617).

b) Die Verdopplung der Regelgeldbuße wegen der vorsätzlichen Begehungsweise entspricht § 1 Abs. 4a S. 1 BKatV. Die im Abschnitt I des Bußgeldkatalogs enthaltenen Regelsätze gehen von einer lediglich fahrlässigen Begehung aus (§ 1 Abs. 2 S. 2 BKatV).

c) Die Erwägungen, aus denen die Bußgeldrichterin nicht von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen hat (§ 4 Abs. 4 BKatV), weisen keinen Rechtsfehler auf. Die Auffassung der Bußgeldrichterin, dass die Teilnahme an einer lediglich dreistündigen "Verkehrstherapie" bei einem Verkehrspsychologen schon mit Blick auf den nur geringen zeitlichen Umfang der Maßnahme nicht genügt, um von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen (vgl. zur Teilnahme an Aufbauseminar: Senat, Beschluss vom 12.05.2017 - 1 OWi 2 Ss Bs 5/17, zfs 2017, 471 mit Anm. Krenberger; Saarländisches OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12.02.2013 - Ss (B) 14/2013 (9/13 OWi), juris Rn. 21), ist ersichtlich frei von durchgreifenden Ermessensfehlern. Die vom Betroffenen vorgebrachten beruflichen Einschränkungen rechtfertigen auch in ihrer Gesamtschau ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes nicht.


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