Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.10.2018 - 3 RVs 58/18
Leitsatz: 1. Aus dem Schweigen des Angeklagten darf nicht der Schluss gezogen werden, er habe sich mit dem Unrecht seiner Tat nicht auseinandergesetzt, und ihm (allein) deswegen die Strafaussetzung zur Bewährung versagt werden.
2. Zur (fehlerhaften) Verneinung besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB.
OLG Düsseldorf
Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
hat der 3. Strafsenat durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 11. Oktober 2018
auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Schöffengericht Solinger vom 23. November 2017. (21 Ls 15117) nach Anhörung der Generalstaats-anwaltschaft auf deren Antrag und nach Anhörung des Beschwerdeführers, soweit nach § 349 Abs. 2 StPO verfahren worden ist gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils wird bezüglich des Angeklagtentlibber Klarheit halber wie folgt neugefasst:
Der Angeklagte ist des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge schuldig.
2. Das angefochtene Urteil wird "mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Schöffengericht Solingen zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
I.
Das Schöffengericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es nicht zur Bewährung ausgesetzt hat. Weiter hat es die Einziehung eines Geldbetrages von 1.180 Euro angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte (Sprung-) Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen (vorläufigen) Teilerfolg.
1. Der Schuldspruch sowie die Strafzumessung und die Einziehungsentscheidung
weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Der Senat hat den Schuldspruch, soweit er den Angeldagten pp. betrifft, lediglich zur Klarstellung neu gefasst.
Anhand der Liste der angewendeten Vorschriften und der bei der Strafrahmenwahl herangezogenen Vorschriften (jeweils § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) ist eindeutig zu erkennen, dass das Amtsgericht den Angeklagten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen hat. Dieser Wille hat nur versehentlich in dem Urteilstenor keinen entsprechenden Ausdruck erhalten. Bei einer Verurteilung nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verlangt die gemäß § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO vorgeschriebene rechtliche Bezeichnung der Straftat eine Kennzeichnung auch der Qualifikation in der Urteilsformel, damit der gegenüber § 29 BtMG erhöhte Unrechtsgehalt zum Ausdruck kommt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 260 Rd. 25a; KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 260 Rd. 30). Hingegen ist die Angabe, dass ein Angeklagter einer gemeinschaftlichen" Tatbegehung schuldig sei, nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. Rd. 24).
2. Die Versagung der Strafaussetzung gemäß § 56 Abs. 2 StGB hält dagegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Wenngleich eine erschöpfende Darstellung aller in diesem Zusammenhang anzustellenden Erwägungen nicht erforderlich ist, sind doch die wesentlichen Umstände nachprüfbar darzulegen, im Falle der Versagung der Bewährung die dafür maßgeblichen Erwägungen (Fischer, StGB, 65. Aufl., § 56 Rd. 23 m.w.N.). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Schöffengericht hat keine besonderen Umstände" i.S,v. § 56 Abs. 2 StGB gesehen und seine diesbezügliche Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, der Angeklagte habe sich mit dem Unrecht seiner Tat nicht auseinandergesetzt. Dies ist rechtsfehlerhaft, denn das bloße Schweigen des Angeklagten hätte nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden dürfen (BGB Beschlüsse vom 04.02.2010, 3 StR 8/10 und vom 07.02.2007, 2 StR 17/07).
Die Sache bedarf daher im Hinblick auf die Bewährungsfrage der neuen Verhandlung und Entscheidung.
Einsender: RA P. Lauterbach, Solingen
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