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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Schwere der Tat, Straferwartung

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 13.12.2018 - 3 Ws 290/18

Leitsatz: Die Grenze der Straferwartung für die Bestellung eines Pflichtverteidigers von einem Jahr Freiheitsstrafe ist auch dann zu beachten, wenn ihr Erreichen erst infolge einer zu erwartenden Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt.


KAMMERGERICHT
Beschluss
Geschäftsnummer 3 Ws 290/18

n der Strafsache

gegen pp.
wegen vorsätzlichen Vollrausches

hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 13. Dezember 2018 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Vorsitzenden der 61. Strafkammer des Landgerichts Berlin vom 12. Oktober 2018 aufgehoben und dem Angeklagten Rechtsanwalt pp. als Verteidiger bestellt

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Landeskasse Berlin zu tragen.

Gründe:

Auf die Beschwerde des Angeklagten hat der Senat den aus dem Tenor ersichtlichen Beschluss des Vorsitzenden der 61. Strafkammer aufgehoben und dem Angeklagten Rechtsanwalt pp. zum Verteidiger bestellt, weil nunmehr die Voraussetzungen für eine Verteidigerbestellung nach §§ 141 Abs. 1, 140 Abs. 2 StPO vorliegen.

Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers in der Regel geboten, wenn dem Angeklagten die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe droht, die mindestens im Bereich von einem Jahr liegt (vgl. KG StV NStZ-RR 2013, 116; 1982, 412; OLG Naumburg StV 2013. 433; Laufhütte in KK-StPO, 7. Auflage, § 140 Rn. 21; Lüderssen/Jahn in LR-StPO 26. Aufl., § 140 Rn. 57; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt. StPO 61. Aufl. § 140 Rdn. 23; alle mwN). Neben der dem Angeklagten hier drohenden Strafe sind wegen der bei § 140 Abs. 2 StPO stets erforderlichen Gesamtbewertung aber auch sonstige schwerwiegenden Nachteile zu berück-sichtigen, die er infolge der drohenden Verurteilung zu gewärtigen hat (vgl. OLG Hamm StV 2004, 586). Die Grenze der Straferwartung um ein Jahr Freiheitsstrafe ist deshalb auch dann zu beachten, wenn ihr Erreichen erst infolge einer zu erwartenden Gesamtstrafenbildung in Betracht kommt (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - (3) 161 Ss 162/16 (88/16) - juris m.w.N.; KG, Beschluss vom 6. Januar 2017 - 4 Ws 212/16 - juris).

Neben der hier verfahrensgegenständlichen Tat wird dem Angeklagten mit – dem Kammervorsitzenden bei Beschlussfassung unbekannter - Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin vom 9. Oktober 2018 - 283 Js 2 5/18 - vorgeworfen, am 30. Dezember 2017 eine gefährliche Körperverletzung und am 9. Juni 2018 eine Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung begangen zu haben. In der gebotenen Gesamtschau ist zu erwarten, dass gegen den Angeklagten im Falle eines den An-klagevorwürfen entsprechenden Schuldspruchs - gegebenenfalls im Verfahren nach § 460 StPO - eine Gesamtfreiheitstrafe von mindestens einem Jahr verhängt werden wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse Berlin, weil kein anderer für sie haftet (vgl. BGHSt 14, 391; Schmitt a.a.O., § 464 Rdn. 2, § 473 Rdn. 2). Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers, die hier zu treffen war (vgl. Schmitt, a.a.O., § 464 Rdn. 11a m.w.N.), beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO (vgl. LR-Hilger, StPO 26. Aufl., § 473 Rdn. 14).


Einsender: RA J. R. Funck, Braunschweig

Anmerkung:


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