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Entscheidungen

StPO

Aufklärungsrüge, Anforderungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Urt. v. 09.02.2018 - 3 OLG 110 Ss 138/17

Leitsatz: 1. Die Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung eines Zeugen beanstandet wird, ist nicht zulässig erhoben, wenn dessen ladungsfähige An-schrift nicht mitgeteilt wird.
2. Eine zulässige Aufklärungsrüge erfordert ferner den Vortrag, welche konkreten Angaben der nicht vernommene Zeuge hätte machen können.
3. Die Aufklärungsrüge, mit der die unterlassene Einholung eines psychiatri-schen Sachverständigengutachtens zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB gerügt wird, ist unzulässig, wenn ausreichend bestimmte Behauptungen dazu, welche konkreten Tatsachen das Gericht hätte aufklären können und was es zu der vermissten Beweiserhebung drängen musste, unterbleiben.


In pp.
Das AG verurteilte den Angekl. wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Mona-ten. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das LG mit Urteil vom 27.09.2017 als unbegründet verworfen. Die gegen das Berufungsurteil seitens des Angekl. eingelegte, mit der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründete Revision blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revision deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. auf.

1. Eine den Begründungsanforderungen des § 344 II 2 StPO genügende Verfahrensrü-ge ist nicht erhoben.

a) Soweit die Revision mit der Aufklärungsrüge die unterbliebene Vernehmung des Bereitschaftsarztes als (sachverständigen) Zeugen beanstandet, ist die Rüge schon deshalb unzulässig, weil die ladungsfähige Anschrift des Zeugen nicht mitgeteilt wird (st.Rspr.; vgl. zuletzt nur BGH, Beschl. v. 30.07.2014 – 4 StR 263/14 und Urt. v. 21.11.2013 – 4 StR 242/13 [jew. bei juris]; LR/Becker StPO 26. Aufl. § 244 Rn. 368; KK/Krehl StPO 7. Aufl. § 244 Rn. 217, jeweils m.w.N.). Die erforderliche Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Zeugen oder auch nur dessen unmittelbarer Auffindbarkeit durch das Gericht wird auch nicht durch den bloßen Hinweis, der Arzt sei dem Gericht namentlich bekannt, ersetzt (vgl. BGH, Beschl. vom 08.05.2003 – 5 StR 120/03 = BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40). Darüber hinaus unterbleibt der erforderli-che Vortrag, welche konkreten Angaben der Zeuge hätte machen können (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 03.08.2017 – 4 StR 202/17 = NStZ-RR 2017, 317 und Urt. v. 20.11.2014 – 4 StR 234/14 = NStZ 2015, 233 = StraFo 2015, 68).

b) Soweit die Aufklärungsrüge mit der Angriffsrichtung der unterlassenen Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB erhoben wird, ist sie ebenfalls unzulässig. Denn hierfür fehlt es an ausreichend bestimmten Behauptungen dazu, welche Tatsachen das LG hätte aufklären können und was die Berufungskammer zu der vermissten Beweiserhebung drängen musste (vgl. nur BGH, Beschl. v. 31.05.2016 – 1 StR 22/16 und Urt. v. 23.09.2014 – 2 StR 485/14 [jeweils bei juris]). Allein die Behauptung, der Angekl. leide an einer schweren Persön-lichkeitsveränderung durch jahrelangen Drogenkonsum sowie an einer Alkoholsucht und sei dadurch in seiner Fähigkeit ganz, zumindest aber erheblich vermindert, nach der Unrechtseinsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit zu handeln, kann den Vortrag konkreter Umstände, die zu diesen Feststellungen hätten führen können, nicht ersetzen (BGH a.a.O.). Solche ergeben sich auch nicht etwa aus den aufgrund der Sachrüge ergän-zend heranzuziehenden Urteilsfeststellungen, aus den von der Revision pauschal be-haupteten „Auffälligkeiten“ zu den „kognitiven Fähigkeiten“ des Angekl. oder dem von ihm geäußerten Verständnis von der Meinungsfreiheit.

c) Soweit die Revision beanstandet, über einen vor der Berufungshauptverhandlung zu Protokoll des AG gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens „hinsichtlich der Schuldfähigkeit“ sei „nicht entschieden“ worden, ist die Rüge bereits unzulässig, weil ihr die konkrete Angriffsrichtung nicht zu entnehmen ist (vgl. hierzu nur BGH, Beschl. 09.01.2018 – 5 StR 541/17; 24.05.2017 - 1 StR 598/16 und 10.05.2017 - 4 StR 567/16 [jeweils bei juris]).

2. Auch die Sachrüge zeigt weder im Schuldspruch noch im Rechtsfolgenausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. auf. Zwar hat das LG seiner Strafzumessung nicht den nach seinen Feststellungen einschlägigen gesetzli-chen Strafrahmen des § 185 1. Alt. StGB, sondern rechtsfehlerhaft den höheren Straf-rahmen des Qualifikationstatbestandes einer tätlichen Beleidigung nach § 185 2. Alt. StGB zugrunde gelegt, der im Unterschied zu § 185 1. Alt. StGB neben Geldstrafe die Bestrafung mit einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren vorsieht. Auf diesem Rechtsfehler beruht die Rechtsfolgenentscheidung jedoch nicht (§ 337 I StPO). Der Senat kann vielmehr ausschließen, dass das LG angesichts der vielfachen Vorstrafen und des Bewährungsversagens auf eine noch geringere, hier allein in Betracht kommende Frei-heitsstrafe erkannt hätte, wenn es in zutreffender Weise davon ausgegangen wäre, dass das Höchstmaß der für die Tat vorgesehenen Freiheitsstrafe nur 1 Jahr beträgt, zumal sich die verhängte Freiheitsstrafe am unteren Rand des zur Verfügung stehen-den Strafrahmens bewegt. […]




Einsender: ROLG Dr. G. Gieg, Bamberg

Anmerkung:


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