Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

Sonstiges

Berufsrechtliches Verfahren, Erfolgshonorar

Gericht / Entscheidungsdatum: AnwG, Urt. v. 09.10.2018 - 2 AnwG 21/15 , 2 AnwG 60/17 , 2 AnwG 20/17

Leitsatz: Zur (nachträglichen) Vereinbarung eines Erfolgshonorars.


In pp.

Herr Rechtsanwalt F. ist einer Pflichtverletzung schuldig. Gegen ihn werden die Maßnahmen des Verweises und einer Geldbuße von € 5.000,00 (in Worten: fünftausend) verhängt.
Er trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Gründe

I

Rechtsanwalt F. wurde am 00.00. geboren. Er ist seit dem 00.00 als Rechtsanwalt zugelassen. Bis zum 00.00 war er Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln. Er unterhält nunmehr auch eine Kanzleianschrift in F. und ist seit dem 00.00 Mitglied der dortigen Rechtsanwaltskammer. Seine Anwaltstätigkeit betreibt er im Wesentlichen aber aus seiner Kanzlei in J. Er unterhält darüber hinaus noch eine Kanzleiniederlassung in Köln. Der Angeschuldigte ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht. Er ist darüber hinaus alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer von zwei haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaften („KLM“ und „NOP“). Über diese wickelt er kanzleibezogene Verträge (z.B. für Fax- und Kopiergeräte) ab bzw. nutzt sie für Recherchezwecke im Rahmen wissenschaftlicher Tätigkeiten.

II

In der Hauptverhandlung am 09.10.2018 wurden zur Überzeugung des Anwaltsgerichts folgende Sachverhalte festgestellt:

1. 2 AnwG 21/1510 EV 115/15 – (Pin-Up-Kalender)

Rechtsanwalt F. hatte im Jahre 2013 an verschiedene Autowerkstätten Abrisskalender in den Maßen von ca. 34 x 49 cm versandt. Die Abrissbilder bestanden aus leicht oder nur teilweise bekleideten jungen Frauen. In einer Kopfleiste befand sich ein Text, der auf die Kanzlei des Rechtsanwalts F. hinwies („Kanzlei F., Fachanwalt für Medizinrecht, J., Tel.: 0000 www.abc.de) Mit Bescheid vom 12.05.2014 hat die Rechtsanwaltskammer Köln das Verwenden dieser Kalender wegen Verstoß gegen § 43 b BRAO i.V.m. § 6 BORA gerügt, da es sich insoweit um unsachliche und damit unzulässige Werbung handele. Nach Einspruch von Rechtsanwalt F. hat der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Köln mit Bescheid vom 14.06.2014 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag von Rechtsanwalt F. auf gerichtliche Entscheidung hat die erkennende Kammer gem. § 74 a BRAO durch Beschluss vom 10.11.2014 (10 EV 490/14) zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer seinerzeit darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund der Bildmotive vermittelte Sachinformationen des Rechtsanwalts in den Hintergrund treten würden. Es liege eine plakativ reklamehafte und auf Effekthascherei ausgerichtete Werbung vor, mit der Rechtsanwalt F. die gebotene Sachlichkeit im Rahmen zulässiger Werbung eines Rechtsanwalts überschritten habe.

Im Februar 2015 hat Rechtsanwalt F. sodann erneut an ca. 30 Mandanten bzw. potentielle Mandanten, ebenfalls Autohäuser und Autowerkstätten, von der Aufmachung her ähnliche Kalender versandt. Diese Kalender sind ebenfalls als Monatskalender und so gestaltet, dass ca. ¾ der jeweiligen Monatsblätter nackte junge Frauen zeigen. Das Monatsblatt für August zeigt vier Frauen von hinten beim Sprung in ein Gewässer. Die sonstigen Monatskalender zeigen nackte Frauen von der Seite oder von vorne. Bei dem Monatsblatt für Juli sind nur die Brüste einer Frau mit verschränkten Armen ohne Gesicht abgebildet. Unterhalb der nackten Frauen befinden sich die jeweiligen Monats- und Tagesangaben. Das Deckblatt des Kalenders zeigt eine nackte junge Frau im Profil mit großen Brüsten. Das Deckblatt ist überschrieben mit „Women 2015 Stefan May“. Auch dieser Kalender verfügt über eine Kopfleiste, die beim Abriss der jeweiligen Monatsblätter erhalten bleibt und folgenden Aufdruck aufweist:

Don´t drink & drive! But if you do … Call me!

F.- Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht u. Medizinrecht

K. 0000 – J. 0000 www.abc.de

ERSTBERATUNG KOSTENFREI

Dieser Text auf der oberen schmalen Kopfleiste des Abrisskalenders wird links und rechts von einem Paragraphenzeichen flankiert.

Im Gegensatz zu dem Pin-Up-Kalender für das Jahr 2014, (Rügeverfahren, 10 EV 490/14) in dem die nackten Frauen in Farbe dargestellt waren, besteht der Pin-Up-Kalender „Women 2015“ aus schwarz-weiß Fotos.

2. 2 AnwG 60/1710 EV 349/15 – (Werbeanzeigen Kölner Stadtanzeige)

Im Herbst 2015 hat Rechtsanwalt F. im Kölner Stadtanzeiger vier Anzeigen geschaltet, von denen drei Werbeanzeigen Gegenstand des Verfahrens sind. Die Anzeigen setzen sich jeweils aus einem Bild- und einem Textbereich wie folgt zusammen:

2.1. „Diskriminierung am Arbeitsplatz“

Diese Anzeige zeigt im oberen Bildbereich einen am Schreibtisch sitzenden Mann, dessen schräg abstehende Krawatte von dem hochhackigen Schuh eines Frauenbeines auf der Schreibtischplatte fixiert wird. Zwischen dem jungen Mann und dem Frauenbein befinden sich zwei Sprechblasen („Diskriminierung am Arbeitsplatz“?) und („Kündigungsschutz?“). Unterhalb dieses Bildbereichs schließt sich ein Text an, in dem in Verbindung mit einem auszuschneidenden Coupon eine kostenfreie anwaltliche Erstberatung zum Arbeitsrecht sowie unter der Überschrift „Full-Service-Garantie“ eine kostenfreie Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung nebst kompletter Kostenabwicklung angeboten wird. Zum anderen befinden sich dort die Adressangaben von Rechtsanwalt F. u.a. mit der Angabe „Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln – Mitglied der NOP“. Die Qualifikationen von F. als Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht werden nicht erwähnt.

2.2. „Gehen Sie nicht zu irgendeinem Anwalt …“

Eine weitere Anzeige („Gehen Sie nicht zu irgendeinem Anwalt ..“) zeigt im oberen Bildbereich zwei nackte Füße unterhalb einer weißen Decke, die eine Leiche darstellen soll. Am großen Zeh des linken Fußes dieser Leiche baumelt ein Anhänger mit der Aufschrift „War nicht rechtzeitig beim Anwalt“. Links vom rechten Fuß befindet sich die Aufschrift „Gehen Sie nicht zu irgendeinem Anwalt, sondern zum Fachanwalt!“. In Höhe des rechten Fußes befindet sich die Aufschrift „Kommen Sie rechtzeitig zu mir“.

Der Textteil ist in entsprechender Form wie die Anzeige in 2.1. gestaltet. Auch hier findet sich im unteren Bereich der Zusatz „Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln – Mitglied der NOP“. Auch in dieser Anzeige wird „Gegen Vorlage dieses Gutscheins“ eine kostenfreie anwaltliche Erstberatung „zu den o-g. Rechtsgebieten“ sowie „UNSER SERVICE: Kostenfreie Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung“ angeboten. Die Anzeige weist im Textteil auf die Qualifikation von Rechtsanwalt F. als Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht hin.

2.3. „Flüchtlinge“

Eine weitere Anzeige im Kölner Stadtanzeiger aus Herbst 2015 („Deutschland benötigt Zuwanderung…“) zeigt im oberen Bildbereich ein dunkelhaariges ca. 10 Jahre altes Mädchen mit einer Puppe auf dem Arm am Rande von Eisenbahn-Schienen mit mehreren Personen und Personengruppen im Hintergrund. Es handelt sich offensichtlich um eine Szene, die ankommende Flüchtlinge zeigen soll. Links des Mädchens befindet sich die Aufschrift „Deutschland benötigt Zuwanderung junger Fachkräfte“ und rechts des Mädchens „Helfen wir gemeinsam“.

Der Textteil ist wiederum entsprechend den Anzeigen gem. Ziffer 2.1. und 2.2 gestaltet. Es wird auf die Qualifikationen von Rechtsanwalt F. für Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht hingewiesen. Ein Hinweis auf die „NOP“ ist in dieser Anzeige nicht enthalten. Gegen Vorlage eines auszuschneidenden Coupons wird (ebenso wie bei 2.1) unter der Bezeichnung „Full-Service-Garantie“ eine „Deckungsanfrage und komplette Kostenabwicklung mit Ihrer Rechtsschutzversicherung inklusive“ angeboten. Der am unteren Rand befindliche (auszuschneidende) Coupon weist folgenden Text auf:

„Kostenfreie anwaltliche Erstberatung zu den o.g. Rechtsgebieten

Wenn Sie mir bei Mandatsaufnahme diesen Coupon vorlegen, spendet meine Kanzlei 10 % des von Ihrer Rechtsschutzversicherung vereinnahmten Nettohonorars an eine Hilfsorganisation für jugendliche Flüchtlinge Ihrer Wahl.“

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser drei Anzeigen im Kölner Stadtanzeiger aus Herbst 2015 wird auf die Anlage zum Urteil verwiesen.

3. 2 AnwG 20/1710 EV 365/16 – (Erfolgshonorarvereinbarung)

Im Januar 2017 hat Rechtsanwalt F. als Prozessbevollmächtigter für die Mandantin M. beim Landgericht A. eine Klage gegen das Hospital GmbH auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz eingereicht. Die Zeugin hatte den vom Landgericht A. angeforderten Gerichtskostenvorschuss in Höhe von € 1.218,00 bezahlt, ebenso einen vom Gericht angeforderten Vorschuss für die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens in Höhe von € 2.500,00. Mit Schreiben vom 29.03.2015 hat Rechtsanwalt F. seiner Mandantin den Abschluss einer erfolgsabhängigen Vergütungsvereinbarung vorgeschlagen. Nach weiterer Korrespondenz hat die Rechtsanwaltskammer Köln mit Bescheid vom 21.07.2015 diesen Vorschlag von Rechtsanwalt F. zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung als Verstoß gegen § 49 b Abs. 2 BRAO i.V.m. § 4 a RVG unter Erteilung einer Missbilligung gerügt. Die Rechtsanwaltskammer hat in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die bereits für die Mandantin eingereichte Klage und die von ihr geleisteten Vorschüsse belegen, dass diese unabhängig von der Vereinbarung einer Vergütungsvereinbarung mit Erfolgshonorar Klage erheben wolle, so dass die Mandantin ohne die Vereinbarung gerade nicht von der Rechtsverfolgung abgehalten werde. Nachdem dem Rechtsanwalt dieser Bescheid der Rechtsanwaltskammer vom 21.07.2015 zugegangen war, hat er am 23.07.2015 die in Frage stehende Vergütungsvereinbarung geschlossen. Diese Vergütungsvereinbarung hält in einem „Vorspann“ zunächst den Rahmen des Mandats-verhältnisses fest. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass keine Rechtsschutzversicherung für die Mandantin eintrete und diese auch die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nicht erfülle. Das Prozessrisiko wird nach Beurteilung von Rechtsanwalt F. als hinreichend gut bezeichnet, gleichwohl verbleibe ein Prozesskostenrisiko, zu dessen Minderung die Vergütungsvereinbarung geschlossen werde. Konkret sieht die Vereinbarung dann so aus, dass Rechtsanwalt F. zunächst seinen vorschussweise bereits jetzt fälligen Honoraranspruch für die Instanz in Höhe von (im einzelnen berechneten) € 3.898,73 zurückstellt und im Fall vollständiger Klageabweisung hierauf auch verzichtet. Ansonsten sieht die Gebührenvereinbarung für den Fall des Obsiegens einen Anspruch von Rechtsanwalt F. zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren vor, und zwar gestaffelt in der Form, dass bei einem durch Urteil oder Vergleich erzielten Betrag von € 10.000,00 ein zusätzliches Honorar von € 1.000,00, bei erzielten € 20.000,00 ein zusätzliches Honorar von € 2.000,00 und bei mindestens € 28.000,00 ein Zusatzhonorar von € 3.000,00 zu zahlen sind und zwar jeweils zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Die Vergütungsvereinbarung vom 23.07.2015 lautet auszugsweise wie folgt:

„ … Die Parteien schließen vor folgendem Hintergrund nachfolgende Vergütungsvereinbarung: Wir befinden uns im Verfahren 123 wegen Arzthaftung vor dem Landgericht A.. Die Klage vom 00.00 wurde zugestellt und ist damit rechtshängig. Die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses, die vorgerichtlich – trotz positiven Gutachtens der Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein – die Regulierung verweigerte, hat über ihre Anwälte mit Schriftsatz vom 17.3.2015 Verteidigungsbereitschaft angezeigt. Das Landgericht hat den Streitwert vorläufig auf 28.000,- € festgesetzt. Auf Seiten der Mandantin tritt keine Rechtsschutzversicherung ein und auch Prozesskostenhilfe wurde, da ihre wirtschaftlichen Verhältnisse die Gewährung nicht erwarten lassen, nicht beantragt. Deckungsschutz über eine Prozessfinanzierung besteht ebenfalls nicht. Der Rechtsanwalt beurteile die Erfolgsaussichten der Klage auf Basis des positiven Gutachtens der K Nordrhein als hinreichend gut. Das gleichwohl verbleibende Prozesskostenrisiko, insbesondere für die Gegneranwaltskanzlei und die Gerichtskosten, einschließlich der Sachverständigenkosten, kennt die Mandantin. Der Ausgang eines Gerichtsverfahrens hängt von stets verbleibenden Unwägbarkeiten ab, z.B. ob der Gerichtssachverständige der Beurteilung der K Nordrhein folgt. Den Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 1.218,00 € und den Vorschuss für den medizinischen Sachverständigen in Höhe von 2.500,- € hat die Mandantin bereits zur Gerichtskasse eingezahlt. Um ihr Kostenrisiko im Übrigen zu mindern, da ihr Einkommen und Vermögen nicht sehr hoch ist, jedoch für Prozesskostenhilfe zu hoch, vereinbaren die Parteien zu den Kosten des Rechtsanwalts im o.g. Rechtsstreit folgendes: Die gesetzlichen Anwaltskosten belaufen sich auf Basis des gerichtlich festgesetzten Streitwerts außergerichtlich und für die 1. Instanz, wenn es zum Termin und zu einem Urteil in der Sache kommen sollte, ohne Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder wie folgt: … (Endbetrag brutto 3.898,73 €). Hinsichtlich dieser Gebühren besteht gem. § 9 RVG gegen die Mandantin schon jetzt ein Vorschussanspruch. Diese Gebühren fallen nach den gesetzlichen Vorschriften auch dann an, wenn die Mandantin widererwartend mit der Klage unterliegt. Der Rechtsanwalt erklärt, diese Gebührenforderung bis zum Abschluss der 1. Instanz zurück zu stellen und erklärt weiter, im Falle der vollständigen Klageabweisung vollständig auf seine Anwaltskosten der Mandantin gegenüber zu verzichten, da die Parteien folgendes vereinbaren:

1. Sollte das Landgericht der Klage in Höhe eines Wertes für den Schmerzensgeldanspruch und den materiellen Schadensersatzanspruch von zusammen mindestens 10.000,- € (in Worten: Zehntausend Euro) rechtskräftig stattgeben oder sich die Parteien entsprechend vergleichen, dass die Gegenseite der Mandantin mindestens 10.000,- € (in Worten: Zehntausend Euro) auf den Schadensfall bezahlt, erhält der Rechtsanwalt von der Mandantin zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren weitere 1.000,- € (in Worten: Eintausend Euro).

2. Sollte das Landgericht der Klage in Höhe eines Wertes für den Schmerzensgeldanspruch und den materiellen Schadensersatzanspruch von zusammen mindestens 20.000,- € (in Worten: Zwanzigtausend Euro) rechtskräftig stattgeben oder sich die Parteien entsprechend vergleichen, dass die Gegenseite der Mandantin mindestens 20.000,- € (in Worten: Zwanzigtausend Euro) auf den Schadensfall bezahlt, erhält der Rechtsanwalt von der Mandantin zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren stattdessen weitere 2.000,- € (in Worten: Zweitausend Euro).

3. Sollte das Landgericht der Klage in Höhe eines Wertes für den Schmerzensgeldanspruch und den materiellen Schadensersatzanspruch von zusammen mindestens 28.000,- € (in Worten: Achtundzwanzigtausend Euro) rechtskräftig stattgeben (was nach derzeitiger Streitwertfestsetzung vollem Obsiegen entsprechen würde) oder sich die Parteien entsprechend vergleichen, dass die Gegenseite der Mandantin mindestens 28.000,- € (in Worten: Achtundzwanzigtausend Euro) auf den Schadensfall bezahlt, erhält der Rechtsanwalt von der Mandantin zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren stattdessen weitere 3.000,- € (in Worten. Dreitausend Euro).

4. Die Zahlungen der Mandantin an den Rechtsanwalt verstehen sich jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, die von diesem an das Finanzamt abzuführen ist, und sind fällig, nachdem die Gegenseite an die Mandantin geleistet hat. Als Leistung der Gegenseite an die Mandantin gilt hierfür auch bereits die Zahlung eines Schmerzensgeldes auf den Klageantrag Ziffer 1 aus der Klageschrift vom 28.1.2015, wenn dieses einen Betrag in Höhe von mindestens 5.000,00 € (in Worten: Fünftausend Euro) erreicht. …“

Das Landgericht A. hat in dem Verfahren der Zeugin letztlich ein Schmerzensgeld in Höhe von € 30.000,00 zugesprochen, woraufhin Rechtsanwalt F. auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung das Erfolgshonorar von € 3.000,00 abgerechnet und erhalten hat.

III

Der Angeschuldigte hat sich im Rahmen des Verfahrens umfangreich schriftlich und auch in der Hauptverhandlung am 00.00 zur Sache geäußert. Die vorgenannten Feststellungen beruhen auf den Einlassungen des Angeschuldigten, soweit ihnen gefolgt werden konnte und den ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls verlesenen Urkunden.

IV

Nach den getroffenen Feststellungen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Angeschuldigte seinen Verpflichtungen gem. §§ 43, 43 b, 113 Abs. 1 BRAO i.V.m. § 6 BORA und §§ 43, 49 b Abs. 2, 113 Abs. 1 BRAO i.V.m. § 4 a RVG zuwider gehandelt hat.

1. Verfahren 2 AnwG 21/15 (Pin-Up-Kalender)

Nach § 43 b BRAO ist dem Rechtsanwalt Werbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist. Diese Vorschrift wird auf der Grundlage von § 59 b Abs. 2 Nr. 3 BRAO durch § 6 Abs. 1 BORA konkretisiert, wonach der Rechtsanwalt über seine Dienstleistung und seine Person informieren darf, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind.

Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dienen diese werberechtlichen Vorschriften des anwaltlichen Berufsrechts dem Zweck, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege zu sichern. Hiernach ist im Interesse des rechtssuchenden Bürgers eine Werbung mit der Stellung eines Rechtsanwalts nicht vereinbar, die ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt und mit der eigentlichen Leistung des Anwalts sowie dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen eines Mandats nichts mehr zu tun hat. Auf der Grundlage der §§ 43 b BRAO, 6 BORA sind u.a. Werbemethoden nicht gestattet, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich am Gewinn orientierten Verhaltens sind (vgl. BGH-Urteil vom 27.10.2014 (AnwZ (Brfg) 67/13 m.w.M.)). Auch nach der Rechtsprechung des BGH ist es einem Rechtsanwalt allerdings nicht verwehrt, für seine Werbung Bilder oder Fotografien zu verwenden und auch Ironie und Sprachwitz als Stilmittel zu gebrauchen (vgl. BGH a.a.O. m.w.M.). Die Grenzen zulässiger Werbung sind jedoch dann überschritten, wenn die Werbung darauf abzielt, gerade durch ihre reißerische und / oder sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, mit der Folge, dass ein etwa vorhandener Informationswert in den Hintergrund gerückt wird oder gar nicht mehr erkennbar ist. Derartige Werbemethoden sind geeignet, die Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachwalterin der Interessen Rechtssuchender zu beschädigen (BGH a.a.O.).

Wie bereits in der Entscheidung vom 10.11.2014 (10 EV 490/14) zu dem „Kalender Green Girls 2014“ des Angeschuldigten ausgeführt wurde, vermag die erkennende Kammer auch bei dem im Verfahren gegenständlichen Kalender keine in Form und Inhalt sachliche Unterrichtung des Mandanten über seine berufliche Tätigkeit zu erkennen. Der fragliche Kalender stellt einen klassischen „Pin-Up-Kalender“ mit nackten Frauen dar, bei denen die sexistischen Bildmotive jeweils eindeutig im Vordergrund stehen. Vor diesem Hintergrund ist es nach Überzeugung der Kammer offensichtlich, dass es sich auch bei diesem Werbekalender um ein plakativ reklamehaftes und auf reine Effekthascherei ausgerichtetes Medium handelt, dessen Inhalt mit der anwaltlichen Tätigkeit von Rechtsanwalt F. ebenso wenig zu tun hat wie mit seinen anwaltlichen Leistungen, die er als Organ der Rechtspflege dem rechtssuchenden Publikum anbietet. Daran vermag weder die Farbgestaltung (Schwarz-Weiß-Aufnahmen statt Farbaufnahmen), noch der vierzeilige Text in der Kopfleiste des Kalenders („Don´t drink and drive…“) irgendetwas zu ändern. Dieser Text, der insbesondere die Kontaktdaten des Angeschuldigten enthält und auf eine kostenfreie Erstberatung hinweist, tritt sowohl von der Größe als auch von der Gestaltung her angesichts des dem weit überwiegenden Teil des jeweiligen Kalenderblatts ausmachenden sexistischen Motives völlig in den Hintergrund. Die Angabe der Kontaktdaten des Rechtsanwalts kommt im Rahmen der Gestaltung des Kalenders keine wesentliche Bedeutung zu. Der Angeschuldigte rückt mit dem Kalender bewusst Frauen als Sexualobjekte in den Vordergrund, was mit sachlicher Werbung im Sinne von §§ 43 b BRAO, 6 BORA aus Sicht der Kammer unter keinem Gesichtspunkt in Einklang zu bringen ist.

Die von dem Angeschuldigten im Laufe des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung am 09.10.2018 hiergegen vorgebrachten rechtlichen Argumente haben die Kammer insgesamt nicht überzeugt:

1.1 Der Angeschuldigte hat im Verfahren eine Vielzahl von Beispielen von Werbeanzeigen vorgelegt, auf denen ebenfalls leicht- oder unbekleidete Frauen abgebildet sind. Der Angeschuldigte hält dafür, dass auch die Vorschriften der §§ 43 b BRAO, 6 BORA im Lichte heutiger liberalerer gesellschaftlicher Einstellungen bewertet und ausgelegt werden müssten. Hierbei übersieht der Angeschuldigte allerdings, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen, unter denen Rechtsanwälte werben dürfen, in den genannten Vorschriften ausdrücklich normiert hat. Für sonstige gewerblich tätige (und für ihre Leistungen oder Produkte werbende) Unternehmen, auf deren im Einzelfall freizügige Werbung der Angeschuldigte abstellt, gelten diese spezialgesetzlichen Werbebeschränkungen selbstredend nicht. Die Vorschriften der §§ 43 b BRAO, 6 BORA tragen nun einmal der besonderen Funktion des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege Rechnung und verfolgen den Zweck, deren Unabhängigkeit zu sichern (vgl. BGH a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Kammer bereits im Ansatz verfehlt, Werbung aus der gewerblichen Wirtschaft mit freizügigen und sexualisierenden Inhalten zum Vergleich und zur Bewertung der von ihm versandten Pin-Up-Kalender im Lichte der Vorschriften der §§ 43 b BRAO, 6 BORA heranzuziehen; an deren Verfassungsmäßigkeit bestehen aus Sicht der Kammer keine Zweifel.

1.2 Der Angeschuldigte hat sich im Hinblick auf Gestaltung und Versendung der Pin-Up-Kalender weiter auf die verfassungsmäßig garantierte Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG berufen. Zwar geht die Kammer davon aus, dass die Fotos der nackten Frauen in dem Kalender des Angeschuldigten dem Grunde nach dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfallen können.

Der Angeschuldigte kann sich hierauf aber nicht berufen. Er hat die Fotos nicht selbst erstellt, so dass in seiner Person (im Zweifel im Gegensatz zu dem Fotografen, von dem die Fotos stammen) der Werkbereich von Art. 5 Abs. 3 GG nicht tangiert ist.

Gleiches gilt allerdings auch für den sog. Wirkbereich, also die verfassungsmäßig ebenso geschützte Vermittlung von Kunstwerken. Die Zielrichtung des Angeschuldigten mit der Verbreitung der Pin-Up-Kalender geht nämlich gerade nicht dahin, Kunstwerke zu verbreiten, sondern Werbung für seine anwaltliche Tätigkeit zu betreiben. Soweit er für diese Werbung Fotos nutzt, deren Verwendung ihm nach den berufsrechtlichen Vorschriften mit Blick auf Sachlichkeit und Berufsbezogenheit nicht gestattet ist, ist in seiner Person die verfassungsrechtlich geschützte Kunstfreiheit bereits nicht tangiert. In der Person des Angeschuldigten fehlt es, soweit ihm die Verwendung der Fotos aus berufsrechtlichen Gründen verwehrt wird, also bereits an einem Eingriff in die Kunstfreiheit.

1.3 Der Angeschuldigte kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Die Art und Weise der Kundgabe der fraglichen Werbung in Form der Pin-Up-Kalender ist nämlich von seinem verfassungsmäßig geschützten Recht auf Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Nach Ansicht der Kammer mag das Grundrecht aus Art. 5 GG zwar thematisch berührt sein, da es sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und reine Wirtschaftswerbung erstreckt (vgl. BVerfG vom 05.03.2015 – 1b BvR 3362/14; Feuerich/Weyland/Träger, BRAO, 9. Auflage, § 43 b, Rd-Nr. 6). Die Meinungsfreiheit steht allerdings nach Art. 5 Abs. 2 GG unter dem Vorbehalt der allgemeinen Gesetze. Um ein solches allgemeines Gesetz handelt es sich bei der berufsrechtlichen Vorschrift des § 43 b BRAO, an dessen Verfassungsmäßigkeit auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Bedenken bestehen (so ausdrücklich BVerfG a.a.O.).

Soweit die Kammer also davon ausgeht, dass der Pin-Up-Kalender den Voraussetzungen sachlicher, berufsbezogener Werbung nicht entspricht, wäre das Recht des Angeschuldigten aus Art. 5 GG jedenfalls in zulässiger Weise eingeschränkt.

1.4 Auch liegt nach Überzeugung der Kammer in Anbetracht der Vorschrift des § 52 WPO keine nach Art. 3 GG unzulässige Ungleichbehandlung vor.

Nach § 52 WPO bestehen zwar für die vom Angeschuldigten herangezogene Berufsgruppe der Wirtschaftsprüfer und Buchprüfer grundsätzlich keine besonderen Werbebeschränkungen. Nach § 52 ZPO darf die Werbung lediglich nicht „unlauter“ sein, so dass insoweit nur die allgemeinen Beschränkungen des Wettbewerbsrechts gelten. Der Ansicht des Angeschuldigten, dass angesichts der werbebeschränkenden Vorschriften der §§ 43 b BRAO, 6 BORA eine Ungleichbehandlung zu Lasten der Rechtsanwälte vorliege, vermochte die Kammer allerdings nicht zu folgen, da bereits keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen. Während das Berufsbild der Rechtsanwälte davon geprägt ist, dass diese als berufene und unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) das gesamte Spektrum der Lebenssachverhalte in rechtlicher Hinsicht gegenüber dem gesamten rechtssuchenden Publikum abdecken und insoweit alle Bürger ansprechen, ist dies bei Wirtschaftsprüfern und Buchprüfern gerade nicht der Fall. Diese werden regelmäßig für fach- und sachkundigen Mandanten, i.d.R. Unternehmer, tätig und richten sich, soweit sie Werbung betreiben, naturgemäß auch nur an diesen Adressatenkreis, der im Gegensatz zu den potentiellen Mandanten eines Rechtsanwalts selbst hinreichend sachkundig ist und von daher keines besonderen Schutzes vor unsachgemäßer Werbung bedarf.

Fehlt es insoweit aber bereits an vergleichbaren Sachverhalten, scheidet eine Ungleichbehandlung und damit auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG aus. Vor diesem Hintergrund hatte die Kammer auch keinen Anlass, der Anregung des Angeschuldigten zu folgen und das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG zur Entscheidung vorzulegen.

1.5. Entgegen der vom Angeschuldigten in der Hauptverhandlung vertretenen Ansicht vermochte die Kammer auch dem Umstand, dass die Versendung der 30 Pin-Up-Kalender in die Endphase der Karnevalssession 2014/2015 fiel, keiner besonderen Bedeutung beizumessen. Insoweit fehlt es bereits an einem erkennbaren Bezug zwischen den Pin-Up-Kalendern und dem rheinischen Karnevalsbrauchtum, abgesehen davon, dass die Kalender über zwölf Monatsblätter verfügen, also gerade darauf angelegt sind, das ganze Jahr über als Werbemedium zu dienen.

1.6 Auch aus den vom Angeschuldigten ausgewählten Adressatenkreis der Pin-Up-Kalender, also Autohäuser und Autowerkstätten, ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Abgesehen davon, dass die §§ 43 b BRAO, 6 BORA nicht zwischen Zielgruppen von Werbung differenzieren (und angesichts der Vielzahl theoretisch denkbarer Zielgruppen auch nicht differenzieren können), erschließt sich der Kammer bereits nicht, warum bei Mitarbeitern von Autohäusern und Autowerkstätten (im Vergleich zu Privatpersonen oder auch anderen kaufmännischen und technischen Unternehmen) abweichende oder besondere Kriterien gelten sollen, die für eine Zulässigkeit unsachlicher und sexualisierender Werbung sprechen könnten.

2. Verfahren 2 AnwG 60/17- EV 349/15 (Werbeanzeigen Kölner Stadtanzeiger)

Nach Überzeugung der Kammer hat der Angeschuldigte mit der Veröffentlichung der Anzeigen im Ergebnis ebenfalls gegen die Vorschriften §§ 43 b BRAO, 6 BORA verstoßen, wobei sich vor dem Hintergrund der jeweiligen Ausgestaltungen der Anzeigen für die Kammer allerdings die folgende differenzierte Betrachtung ergibt:

2.1 Soweit sich der Angeschuldigte in den Anzeigen „Diskriminierung am Arbeitsplatz“ und „Gehen Sie nicht zu irgendeinem Anwalt…“ als „Mitglieder der NOP“ bezeichnet, ist dies irreführend und damit unsachlich im Sinne von § 43 b BRAO. Irreführend sind nämlich unzutreffende Angaben über rechtlich relevante Umstände, wie z.B. das unberechtigte Führen akademischer Titel und akademischer Grade (vgl. Feuerich / Weyland/ Träger a.a.O., Rd-Nr. 29). Um einen solchen Umstand handelt es sich auch bei der Kundgabe der Mitgliedschaft in einer „NOP“. Diese Angabe vermittelt die Zugehörigkeit zu einer auf berufliche Zusammenarbeit hindeutenden Organisation, die im Kontext der Werbeanzeige des Rechtsanwalts erkennbar die Möglichkeit der Inanspruchnahme zusätzlicher Kompetenz vermitteln soll. Dem Leser der Anzeige wird so suggeriert, dass der Angeschuldigte als Rechtsanwalt und insoweit Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln noch einer weiteren „Gruppe“ angehört und ihm hierdurch Kontakte oder sonstige Möglichkeiten bei Ausübung seiner anwaltlichen Tätigkeit zur Verfügung stehen, die bei anderen Rechtsanwälten nicht gegeben sind.

Diese transportierte Information des Angeschuldigten ist aber falsch. Wie die Hauptverhandlung ergeben hat, besteht die „NOP“ ausschließlich aus dem Angeschuldigten selbst und zwei haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaften, diese aber wiederum nur aus dem Angeschuldigten als alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer. Zwar handelt es sich bei den Unternehmergesellschaften um getrennte Rechtspersönlichkeiten. Hinter diesen verbirgt sich allerdings faktisch nur der Angeschuldigte selbst. Hinzu kommt, dass die beiden Unternehmergesellschaften des Angeschuldigten auch keinen unmittelbaren Bezug zu mandatsbezogenen Tätigkeiten des Angeschuldigten haben. Wie die Hauptverhandlung ergeben hat, wickelt der Angeschuldigte über eine der Unternehmergesellschaften büroorganisatorische Verträge ab. Die weitere Unternehmergesellschaft wird von dem Angeschuldigten zur Informations- und Recherchebemühungen im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit genutzt. Der durch die Verwendung des Begriffs „Mitglieder der NOP“ bei Mandanten und potentielle Mandanten suggerierte Eindruck besonderer Möglichkeiten und besonderer Kompetenz durch Zugehörigkeit zu einer Organisation oder einem Netzwerk, ist also falsch und damit unsachlich im Sinne von §§ 43 b BRAO, 5 BORA. Diese Angabe ist nach Ansicht der Kammer auch irreführend im Sinne § 5 UWG.

2.2 Soweit es um die Anzeige „Diskriminierung am Arbeitsplatz“ geht, hält die Kammer die Verknüpfung des Werbetextes mit dem Bild, das einen am Schreibtisch sitzenden Mann zeigt, dessen abstehende Krawatte von einem hochhackigen Damenschuh fixiert wird, indes für zulässig.

Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass das Bild selbst keinen direkten Bezug zu einer anwaltlichen Tätigkeit hat. Ein solcher Bezug zu angebotenen Dienstleitungen im Arbeitsrecht wird allerdings durch die Sprechblasen „Diskriminierung am Arbeitsplatz“ und „Kündigungsschutz“ und den nachfolgenden Text hergestellt.

Wie bereits ausgeführt wurde, ist es einem Rechtsanwalt nicht verwehrt, für seine Werbung Bilder oder Fotografieren zu verwenden (Prütting in Henssler / Prütting, § 43 b BRAO, Rd-Nr. 32, v. Lewinski in Hartung, § 6 BORA Rn. 75, BGH vom 27.10.2014, AnwZ (Brfg) 67/13). Dem Rechtsanwalt ist insbesondere auch nicht verwehrt, im Rahmen seiner Werbung Ironie und Sprachwitz als Stilmittel zu gebrauchen (BGH a.a.O. unter Hinweis auf BVerfG, NJW 2001, 3324, v. Lewinski in Hartung, § 6 BORA, Rn. 26).

Die insoweit zu beachtenden Grenzen zulässiger Werbung, die aus Sicht der Kammer darin liegen, dass ein etwaig vorhandener Informationswert völlig in den Hintergrund gerückt wird oder gar nicht mehr zu erkennen ist (BGH a.a.O.), ist nach Überzeugung der Kammer hier nicht überschritten. Die Verknüpfung dieses als Blickfang dienenden Fotos, das durchaus karikierende Züge aufweist, mit dem Inhalt der Sprechblasen und dem Textteil, der die Leistungen des Angeschuldigten im Arbeitsrecht anbietet (insoweit zulässiger Weise auch eine kostenfreie anwaltliche Erstberatung), stellt nach Ansicht der Kammer auch und insbesondere unter Berücksichtigung der einem werbenden Rechtsanwalt zuzugestehenden Stilmittel (BGH a.a.O.) noch einen hinreichenden sachlichen und berufsbezogenen Bezug im Sinne von §§ 43 b BRAO, 6 BORA dar.

2.3 Entsprechende Kriterien hat die Kammer auch in der weiteren Anzeige „Gehen Sie nicht zu irgendeinem Anwalt“ zu Grunde gelegt. Auch hier bildet das Foto im oberen Bereich, das eine abgedeckte Leiche mit dem Anhänger „war nicht rechtzeitig beim Anwalt“ zeigt, einen Blickfang, auf den sich der nachfolgende Textteil unmittelbar bezieht, in dem auf die speziellen Kompetenzen des Angeschuldigten als Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht hingewiesen wird.

Auch insoweit ist nach Ansicht der Kammer eine notwendige Verknüpfung zwischen einem karikierenden Foto und den von dem Angeschuldigten als Fachanwalt für Versicherungsrecht und Medizinrecht beworbenen Tätigkeiten noch gegeben, so dass der Angeschuldigte die ihm auch im Rahmen von §§ 43 b BRAO, 6 BORA zuzugestehenden Gestaltungsmöglichkeiten nicht überschritten hat.

2.4 Einen derartigen Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit vermochte die Kammer allerdings bei der weiteren Anzeige im Kölner Stadtanzeiger („Deutschland benötigt Zuwanderung …“) nicht mehr zu erkennen. Der Angeschuldigte geht hier vielmehr hin und nimmt ein allgemeines gesellschaftliches Problem (die aktuelle Flüchtlingssituation und -diskussion) zum Anlass der Gestaltung seiner Werbeanzeige. Insoweit ist aber keinerlei Verknüpfung mehr zu der anwaltlichen Tätigkeit des Angeschuldigten zu erkennen. Die Gestaltung seiner Anzeige in Kombination aus Bild- und Textteil ist gerade nicht darauf angelegt, über das anwaltliches Leistungsspektrum des Angeschuldigten zu informieren und hierfür zu werben. Der Angeschuldigte bietet nicht etwa anwaltliche Tätigkeiten im Bereich des Sozial- oder Asylrechts für Flüchtlinge an, er nimmt vielmehr eine allgemeine gesellschaftspolitische Situation zum Anlass, eine positive Haltung zu vermitteln und hierdurch für seine anwaltlichen Tätigkeiten zu werben. Verdeutlich wird dies durch die Aufschriften „Deutschland benötigt Zuwanderung junger Fachkräfte“ sowie „Helfen wir gemeinsam“. Einem hinter diesen Aufrufen steckendes gesellschaftliches Engagement verschließt sich die Kammer natürlich nicht. Einer derartige Verknüpfung ohne jedweden inhaltlichen Bezug zu konkret angebotenen anwaltlichen Dienstleitungen – auch in dieser Anzeige wirbt der Angeschuldigte ansonsten nämlich mit seinen Zusatzqualifikationen als Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht - fehlt aber jede Berufsbezogenheit und ist damit nach § 43 b BRAO unsachlich.

Die Kammer hat insoweit nicht verkannt, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Grundsatz nicht unzulässig ist, wenn ein Rechtsanwalt mit seinem gemeinnützigen Engagement wirbt, wodurch sein Bild in der angesprochenen Öffentlichkeit gehoben werden soll (BVerfG vom 17.04.2000, BvR 721/99 zu sog. Imagewerbung in Form von Sponsoring). Abzustellen ist insoweit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber im Einzelfall auf eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung des Anlasses, des Mittels, des Zwecks und der Begleitumstände des Sponsorings (BVerfG a.a.O.). Insoweit war allerdings festzustellen, dass der Angeschuldigte vorliegend gerade nicht ein etwaiges eigenes Spendenverhalten darstellt (also nicht mit wie auch immer geartetem „Sponsoring“ wirbt), er vielmehr mit der Gestaltung der Anzeige nur darauf setzt, dass potentielle Mandanten ihn nur wegen der angekündigten Spende von 10 % des Nettohonorars beauftragen. Einer derartige Verknüpfung im Rahmen einer Werbeanzeige, die allein auf eine Mandatserteilung auf Grund einer politischen Einstellung in Zusammenhang mit einem aktuellen gesellschaftspolitischen Phänomens abzielt, fehlt aber nach Überzeugung der Kammer jeder sachliche Bezug im Sinne von § 43 b BRAO. Dies wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass die angekündigte Spende auch nur dann erfolgen soll, wenn die Honorarzahlung nicht direkt vom Mandanten, sondern von dessen Rechtsschutzversicherung erfolgt.

3. Verfahren 2 AnwG 20/1710 EV 365/16 (Erfolgshonorarvereinbarung)

Dadurch, dass der Angeschuldigte mit der Mandantin M. die Honorarvereinbarung vom 23.07.2015 geschlossen hat, hat er gegen die Vorschriften der § 49 b Abs. 2 BRAO i.V.m. § 4 a RVG verstoßen.

Nach § 49 b Abs. 2 BRAO sind nämlich Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder deren Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird, unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt. Nach § 4 a RVG darf der Rechtsanwalt aber nur für den Einzelfall und nur dann ein Erfolgshonorar vereinbaren, wenn der Auftraggeber auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

Wie in der Vereinbarung selbst ausgeführt und wie auch die Hauptverhandlung bestätigt hat, war zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Vergütungsvereinbarung vom 23.07.2015 der Rechtsstreit der Mandantin gegen den Anspruchsgegner, gegen den sich die Rechtsverfolgung richtete, bereits anhängig. Die Mandantin hatte die vom Gericht angeforderten Gerichtskosten auch bereits bezahlt, ebenso den im Verfahren vom Landgericht A. angeforderten Sachverständigenvorschuss zur Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

Damit lagen die Voraussetzungen unter denen nach § 4 a Abs. 1 RVG ein Erfolgshonorar wirksam vereinbart werden konnte, aber nicht mehr vor, da die Mandantin bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung nicht abgehalten werden konnte, da die Rechtsverfolgung bereits im Gange war. Der Rechtsstreit war schon anhängig und, wie die Einzahlung der Gerichtskosten und des Sachverständigenvorschusses zeigt, sogar bereits bis zur Beweisaufnahme gediehen. Der Abschluss einer im Rahmen von § 4 a Abs. 1 RVG im Einzelfall zulässigen Erfolgshonorarvereinbarung war damit nicht mehr möglich.

§ 49 b Abs. 2 BRAO sieht ein grundsätzliches Verbot der Vereinbarung von Erfolgshonoraren vor, die nur ausnahmsweise dann nicht berufsrechtswidrig und zivilrechtlich wirksam sein sollen, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 a Abs. 1 RVG erfüllen (Feuerich / Weyland / Brüggemann, § 49 b, Rd-Nr. 15; Henssler/Prütting/Kilian, BRAO, § 49 b, Rd-Nr. 101), der Auftraggeber also bei verständiger Betrachtung ohne eine solche Vereinbarung von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

Der Gesetzgeber hat sich für diese Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot von Erfolgshonorarvereinbarungen im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.2006 entschieden, wonach das Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare einschließlich des Verbots der „quota litis“ nach § 49 b Abs. 2 BRAO a.F. mit Art 12 Abs. 1 GG insoweit nicht vereinbar war, als der Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte zu verfolgen.

Darüber hinausgehende weitere Umstände, nach denen der Abschluss von Erfolgshonorarvereinbarungen zulässig sein sollten, wurden im Gesetzgebungsverfahren im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.2006 zwar diskutiert, vom Gesetzgeber allerdings bewusst nicht aufgenommen (vgl. Henssler/Prütting/Kilian, a.a.O.).

Die Vorstellung des Angeschuldigten, wonach auch und insbesondere in einer Konstellation, wie sie dem damaligen Mandat mit Frau M. zu Grunde lag, der Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung sowohl im Interesse der Mandanten als auch der Rechtsanwälte sinnvoll sei, war von der Kammer nicht zu bewerten. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, dass sich der Gesetzgeber nun einmal für eine andere Regelung entschieden hat, nach der Erfolgshonorarvereinbarungen grundsätzlich unzulässig sind, es sei denn, die engen Voraussetzungen des § 4 a RVG lägen vor.

Dass dies vorliegend nicht der Fall ist, ergibt sich aber bereits aus dem Inhalt der fraglichen Vereinbarung vom 23.07.2015. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Mandantin mit den Leistungen des Angeschuldigten im zugrunde liegenden Mandat nicht nur zufrieden war, sondern auch im Nachhinein an der getroffenen Vereinbarung ausdrücklich festgehalten hat.

V

Der Angeschuldigte hat hiernach schuldhaft gegen ihn treffende Pflichten der BRAO und der Berufsordnung verstoßen, so dass gegen ihn nach § 113 Abs. 1 BRAO eine anwaltsgerichtliche Maßnahme zu verhängen war. Dies gilt insbesondere auch in Hinblick auf den Abschluss der unzulässigen Erfolgshonorarvereinbarung. Insoweit geht es gerade nicht nur um eine rein zivilrechtliche Problematik, sondern angesichts der ausdrücklichen Pflichten, die § 49 b Abs. 2 BRAO, 4 a Abs. 1 RVG dem Angeschuldigten auferlegt, auch um materiell berufsbezogene Pflichtverstöße.

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer zum Nachteil des Angeschuldigten berücksichtigt, dass er zum Teil bewusst gegen vorangegangene Entscheidungen des Anwaltsgerichts bzw. der Rechtsanwaltskammer Köln gehandelt bzw. diese Entscheidungen schlicht ignoriert hat. So hatte die erkennende Kammer den von dem Angeschuldigten im Jahre 2013 bereits entsprechend gestalteten Pin-Up-Kalender, der sich im Prinzip nur dadurch unterschied, dass seinerzeit Farbfotos verwendet worden waren, für unzulässig erklärt. Die Erfolgshonorarvereinbarung mit der Zeugin M: hat der Angeschuldigte zwei Tage nach Zugang des Bescheids der Rechtsanwaltskammer Köln, in dem diese das Angebot zur fraglichen Vereinbarung ausdrücklich gerügt hatte, geschlossen. Dem Angeschuldigten ging es insoweit nach Überzeugung der Kammer darum, unter bewusster Inkaufnahme von berufsrechtlichen Verstößen Grenzen auszutesten.

Soweit es um die Verstöße gegen werberechtliche Vorschriften geht, hat die Kammer dem Angeschuldigten aber auch zu Gute gehalten, dass es ihm in erster Linie nicht um einen eigenen werbemäßigen Erfolg, vielmehr insbesondere auch um das Anstoßen einer Diskussion einer aus seiner subjektiven Sicht angebrachten Weiterentwicklung der berufsrechtlichen Vorschriften ging. Insoweit hat die Kammer auch entsprechend berücksichtigt, dass die im Kölner Stadtanzeiger veröffentlichten Anzeigen erst durch eine Entscheidung des AGH Hamm im Rahmen eines vom Angeschuldigten selbst beantragten Verfahrens nach § 123 BRAO von der Generalstaatsanwaltschaft zur Anklage gebracht worden sind. Die Generalstaatsanwaltschaft selbst war ursprünglich davon ausgegangen, dass das Rügeverfahren eine ausreichende Ahndungsmöglichkeit biete.

In Bezug auf die unzulässige Erfolgshonorarvereinbarung hat die Kammer berücksichtigt, dass die Mandantin mit der Vereinbarung ausdrücklich einverstanden war und dies auch im Laufe des Verfahrens nochmals ausdrücklich schriftlich bestätigt hat.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeschuldigten hielt die Kammer die anwaltsgerichtlichen Maßnahmen des Verweises und eine Geldbuße von € 5.000,00 für schuldangemessen.

VI

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen waren dem Angeschuldigten gem. § 197 BRAO aufzuerlegen.

Anlagen: Werbeanzeigen Kölner Stadtanzeiger (3 x)


Einsender:

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".