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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Kfz-Kennzeichen, Umkennzeichnung, VIE-HH-1933

Gericht / Entscheidungsdatum: VG Düsseldorf, Beschl. v. 30.04.2019 - 6 L 175/19

Leitsatz: 1. Die Kennzeichenkombination HH1933 ist sittenwidrig i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 3 FZV, da der durchschnittliche Bürger der Bundesrepublik Deutschland sie mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich assoziiert.
2. Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung ermächtigt die Zulassungsbehörde nicht, den Fahrzeughalter zur Vollziehung der gemäß § 8 Abs. 3 FZV angeordneten Kennzeichenänderung durch Eintragung in der Zulassungsbescheinigung und Wechsel der Kennzeichenschilder zu verpflichten. Eine solche Ermächtigung ergibt sich weder aus § 8 Abs. 3 FZV, noch aus § 5 Abs. 1 FZV oder § 10 Abs. 3 FZV.


In pp.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 7. Januar 2019 (Az.: 6 K 386/19) wird hinsichtlich der Aufforderung zur Vollziehung der dort angeordneten Kennzeichenänderung (Eintragung in der Zulassungsbescheinigung, Wechsel der Kennzeichenschilder) wiederhergestellt und hinsichtlich der Androhung der zwangsweisen Außerbetriebsetzung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 639,60 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Halter eines Kraftfahrzeugs. Der Antragsgegner ließ das Fahrzeug am 00.0.2018 auf den Antragsteller zu, wobei er ihm "..-HH1933" als Wunschkennzeichen zuteilte.

Mit Schreiben von 8. November 2018 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass die Kennzeichenkombination "HH1933" mit dem Nationalsozialismus assoziiert werde und daher sittenwidrig sei. Der Antragsgegner werde dem Antragsteller daher "eine andere Kennzeichenkombination (gern auch einen neuen Wunsch) zuteilen, d.h. das Fahrzeug gebührenfrei umkennzeichnen". Unter dem 5. Dezember 2018 gab er dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme. Daraufhin teilte dieser mit, er könne nicht nachvollziehen, dass ausgerechnet sein Kennzeichen mit dem Nationalsozialismus assoziiert werde.

Mit Ordnungsverfügung vom 7. Januar 2019 verfügte der Antragsteller "aufgrund von § 5 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 [...] FZV": "Das Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen ..-HH1933 [...] ist auf eine andere (von Ihnen wählbare) Kennzeichenkombination umzukennzeichnen. Hierzu sind die gesiegelten Kennzeichenschilder sowie die Zulassungsbescheinigung Teil I und II bis zum 15.02.2019 vorzulegen." Er ordnete die sofortige Vollziehung der Maßnahmen an und drohte die zwangsweise Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs an. Schließlich setzte er Kosten in Höhe von 58,40 Euro fest. Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass er aufgrund einer Beschwerde aus der Bevölkerung auf die Kennzeichenkombination des Antragstellers aufmerksam geworden sei. Aus der Kombination der Buchstaben und Zahlen des Kennzeichens des Antragstellers (1933 als Jahr der sog. Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland) dränge sich für den Betrachter der Verdacht auf, die Buchstaben "HH" könnten für den Ausspruch "Heil Hitler" stehen. Das Kennzeichen sei daher sittenwidrig und das Fahrzeug umzukennzeichnen. Abgesehen davon, dass der Antragsteller in seiner Stellungnahme sein Unverständnis darüber zum Ausdruck bringe, dass sein Kennzeichen mit dem Nationalsozialismus assoziiert werde, bringe er keine Argumente vor, die den Antragsgegner in seiner Entscheidung, dass das Fahrzeug eine andere Kennzeichenkombination erhalten müsse, beeinflussten. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete der Antragsgegner damit, dass sie im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Sittenwidrige Kennzeichen dürften nicht an Fahrzeugen angebracht sein. Die öffentliche Ordnung, die durch die Sittenwidrigkeit in Frage stehe, sei höher zu bewerten als die aufschiebende Wirkung einer möglicherweise von dem Antragsteller eingelegten Klage gegen die Ordnungsverfügung.

Der Antragsteller hat gegen die Ordnungsverfügung am 17. Januar 2019 Klage erhoben (6 K 386/19), über die noch nicht entschieden ist. Zugleich hat er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.

Zur Begründung trägt er vor, die angefochtene Ordnungsverfügung verletze ihn in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Ordnungsverfügung habe nicht erlassen werden dürfen, weil ihr der bestandskräftige - begünstigende - Bescheid über die Zuteilung des Wunschkennzeichens entgegenstehe. Der Antragsgegner habe die Zuteilung jedoch nicht zurückgenommen. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Rücknahme nicht vor. Die Zuteilung sei nicht rechtswidrig gewesen, da die zugeteilte Kennzeichenkombination nicht sittenwidrig sei. Er - der Antragsteller - bestreite mit Nichtwissen, dass hinsichtlich seines Kennzeichens eine Beschwerde aus der Bevölkerung vorliege. Allein die Möglichkeit, dass die Buchstaben- und Zahlenkombination des Kennzeichens irgendwelche NS-Assoziationen wecken könne, reiche nicht aus, um eine Sittenwidrigkeit annehmen zu können. Anderenfalls müssten sämtliche Fahrzeuge in Hamburg stillgelegt werden. Auch in der Justiz gebe es die Abkürzungen "Ns" und "Ss". Wenn aber selbst die Justiz mit derlei Abkürzungen kein Problem habe und bislang niemand diese als sittenwidrig eingestuft habe, verbiete sich erst recht ein Einschreiten gegen ihn wegen seines Kennzeichens. Zudem sei die Sittenwidrigkeit dadurch widerlegt, dass das Kennzeichen ihm ursprünglich von dem Antragsgegner zugeteilt worden sei. Die Kennzeichenkombination "HH1933" sei auch bundesweit üblich. Ein Bekannter von ihm führe an seinem Fahrzeug seit rund zehn Jahren das Kennzeichen "...-HH1933", ohne dass dies jemals beanstandet worden sei. Selbst wenn man die dogmatisch fragwürdige Auffassung vertreten wolle, § 8 Abs. 3 FZV erlaube die Kennzeichenänderung auch jenseits der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 VwVfG NRW, ergebe sich daraus nichts Abweichendes. Denn dann sei jedenfalls die Ermessensentscheidung fehlerhaft, weil der Antragsgegner zu Unrecht die Sittenwidrigkeit der Kennzeichenkombination angenommen habe und es mithin an einem sachlichen Grund für die Anordnung des Kennzeichenwechsels fehle. Gleiches gelte hinsichtlich § 5 Abs. 1 FZV. Sein Fahrzeug weise - wie erläutert - keine Mängel auf. Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Gestalt der Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs sei unverhältnismäßig, da die Androhung von Zwangsgeld als milderes Mittel ausgereicht hätte. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genüge nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie sei pauschal und stelle der Sache nach lediglich eine Begründung für den Erlass der Umkennzeichnungsverfügung, nicht aber des Sofortvollzugs, dar. Zuletzt bestehe kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug. Der Antragsgegner habe das Kennzeichen ursprünglich selbst zugeteilt und er sei mehrere Monate damit umhergefahren. Auch in anderen Bundesländern werde die Kennzeichenkombination beanstandungslos verwendet. Die Sittenwidrigkeit könne also nicht so gravierend sein.

Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der am 17. Januar 2019 erhobenen Klage (Az. 6 K 386/19) gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 7. Januar 2019 hinsichtlich der Ziffer 1. wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Ziffern 3. und 4. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist nur teilweise erfolgreich.

1. Der Antrag ist überwiegend zulässig.

a) Soweit der Antrag sich gegen die Kostenfestsetzung in Ziffer 4 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung richtet, ist er unzulässig. Der Antragsteller hat entgegen § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nicht erfolglos bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Ein vorheriger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht nach § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO entbehrlich. Weder hat der Antragsgegner über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden noch droht eine Vollstreckung der Kosten.

b) Im Übrigen ist der Antrag zulässig. Er ist insbesondere statthaft, weil der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage gegen die Ordnungsverfügung abweichend von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt. Denn der Antragsgegner hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinsichtlich der Ziffer 1 seiner Ordnungsverfügung die sofortige Vollziehung angeordnet. Hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung entfällt die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) bereits von Gesetzes wegen.

c) Der Antragsteller ist auch antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Danach ist antragsbefugt, wer geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Antragsteller ist durch die Ordnungsverfügung möglicherweise zumindest in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz verletzt. Denn er ist Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes, der von ihm verlangt, sein Kraftfahrzeug gegen seinen Willen "umzukennzeichnen".

Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 12. November 2013 - Au 3 K 13.485 -, juris Rn. 19.

Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Denn der Antragsteller macht geltend, ein Bekannter führe die Kombination "HH 1933" seit Jahren unbeanstandet an seinem Fahrzeug.

2. Der Antrag ist in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet. Die Begründetheit eines auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO beurteilt sich danach, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell ordnungsgemäß erfolgt ist und ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung das private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung überwiegt. Die Begründetheit eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO richtet sich nur nach dem Ergebnis der Interessenabwägung.

a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat insbesondere das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO beachtet. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen. Das Begründungserfordernis soll neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dazu anhalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung dürfen hierbei aber nicht überspannt werden. Diese muss allein einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich - in aller Regel - nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Allerdings ist insbesondere für Maßnahmen der Gefahrenabwehr anerkannt, dass sich die Gründe für den Erlass der Ordnungsverfügung mit denen für die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung decken können. Ob die aufgeführten Gründe den Sofortvollzug inhaltlich rechtfertigen, ist keine Frage der formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern der Interessenabwägung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2019 - 8 B 208/19 -; n.v., B.A. S. 2; Beschluss vom 17. August 2018 - 8 B 548/18 -, juris Rn. 4 ff. m. w. N.

Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Antragsgegners in der Ordnungsverfügung vom 7. Januar 2019 gerecht. Er hat darin zum Ausdruck gebracht, dass er sich des Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst war und sich aus seiner Sicht die Gründe für die Umkennzeichnung des Fahrzeugs mit denen der Dringlichkeit der Vollziehung der Maßnahme decken. Indem er ausführt, dass die öffentliche Ordnung, die durch das sittenwidrige Kennzeichen des Antragstellers in Frage gestellt sei, höher zu bewerten sei, als die aufschiebende Wirkung einer von dem Antragsteller gegen die Ordnungsverfügung eingelegten Klage, gibt er mit noch hinreichend erkennbarem Bezug zum konkreten Fall die Erwägungen wieder, die für ihn maßgeblich waren, um die in der Ordnungsverfügung angeordneten Maßnahmen sofort vollziehen zu können und somit einen wirksamen Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten.

b) Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der in der angegriffenen Ordnungsverfügung angeordneten Kennzeichenänderung überwiegt das private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung. Soweit der Antragsgegner den Antragsteller zur Vollziehung der Kennzeichenänderung durch Umkennzeichnung verpflichtet, überwiegt hingegen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug.

Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist im Wege einer eigenen Abwägung des Gerichts das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung der Maßnahme mit dem Interesse der Allgemeinheit an ihrer Vollziehung abzuwägen. Maßgebliches Kriterium für die Abwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Ergibt die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes allein mögliche und gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung. Denn an der Vollziehung rechtswidriger hoheitlicher Maßnahmen kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist der Verwaltungsakt hingegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 2 Satz 2 VwGO das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit. Im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO muss darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug bestehen, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.

Nach diesen Maßstäben fällt die Interessenabwägung teilweise zu Lasten, teilweise zu Gunsten des Antragstellers aus. Es ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die mit der Ordnungsverfügung vom 7. Januar 2019 verfügte Kennzeichenänderung offensichtlich rechtmäßig sind. Darüber hinaus besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an ihrem Sofortvollzug. Die mit der Ordnungsverfügung ebenfalls angeordnete Verpflichtung des Antragstellers zur Vollziehung der Kennzeichenänderung hingegen ist nach der gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich rechtswidrig.

(1.) Regelungsinhalt von Ziffer 1 der Ordnungsverfügung ist die behördliche Änderung des Kennzeichens des dort bezeichneten Fahrzeuges (a.) sowie die Verpflichtung des Antragstellers zur Vollziehung dieser Kennzeichenänderung (b.).

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes ist analog §§ 133, 157 BGB anhand des objektiven Erklärungswertes zu ermitteln. Maßgeblich ist, wie der Empfänger nach Treu und Glauben bei objektiver Würdigung die Erklärung der Behörde verstehen durfte und musste. Bei der Ermittlung des objektiven Erklärungswertes sind alle dem Adressaten bekannten oder zumindest erkennbaren Umstände vor und bei Ergehen der behördlichen Maßnahme zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere die äußere Form, die Abfassung und die Begründung des Schreibens. Maßgeblich ist aber auch, welche Interessen die erklärende Behörde erkennbar mit ihrer Erklärung verfolgt hat, d.h. vor allem, welchen Sinn und Zweck die Erklärung aus Sicht des Adressaten hat. Nach erfolgter Auslegung verbleibende Unklarheiten gehen dabei zu Lasten des Erklärenden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - 8 B 1237/11 -, n.v., B.A. S. 3 m.w.N. und vom 17. Januar 2019 - 4 E 779/18 -, juris Rn. 10 f. m.w.N. sowie Urteil vom 24. Oktober 2012 - 1 A 1938/10 -, juris Rn. 31 f. m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 19. Juni 2017 - 13a ZB 16.1675 -, juris Rn. 5; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23/12 -, juris Rn. 15; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 35 Rn. 55 m.w.N.

(a.) Hiervon ausgehend musste der Antragsteller Ziffer 1 der Ordnungsverfügung so verstehen, dass der Antragsgegner damit in einem Akt die Zuteilung des bisherigen Kennzeichens aufhob und ein neues (noch von dem Antragsteller wählbares) Kennzeichen zuteilte. Dies geht zwar nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut des Bescheidtenors hervor, der den Antragsteller lediglich dazu auffordert, sein Fahrzeug umzukennzeichnen. Es ergibt sich aber zum einen aus der dem Bescheidtenor vorangehenden Bezugnahme auf § 8 Abs. 3 FZV, der die Behörde genau hierzu, nämlich zur Kennzeichenänderung von Amts wegen durch Zuteilung eines anderen Kennzeichens ermächtigt. Zum anderen folgt dies aus dem der Ordnungsverfügung vorangegangenen Schreiben des Antragsgegners vom 8. November 2018. Darin führt der Antragsgegner aus, dass er dem Antragsteller "eine andere Kennzeichenkombination (gern auch einen neuen Wunsch) zuteilen, d.h. das Fahrzeug gebührenfrei umkennzeichnen" werde. Er kündigte dem Antragsteller also die Kennzeichenänderung im Wege der Zuteilung eines anderen Kennzeichens an.

(b.) Darin erschöpft sich der Regelungsgehalt der Verfügung jedoch nicht. Die Anordnung "Das Fahrzeug ist [...] umzukennzeichnen." in Zusammenschau mit der nachfolgenden Aufforderung "Hierzu [...] die gesiegelten Kennzeichenschilder sowie die Zulassungsbescheinigung Teil I und II bis zum 15.02.2019 vorzulegen." konnte ein objektiver Empfänger nur so verstehen, dass er darüber hinaus dazu verpflichtet wird, die von der Behörde vorgenommene Kennzeichenänderung zu vollziehen, d.h., seine Kennzeichenschilder mit dem ursprünglichen Kennzeichen entstempeln und Kennzeichenschilder mit dem neuen Kennzeichen prägen und abstempeln zu lassen sowie die alte Kennzeichenkombination in der Zulassungsbescheinigung Teil I und II streichen und die neue Kombination eintragen zu lassen.

Denn die Zuteilung eines Kennzeichens setzt weder die Entstempelung der alten Kennzeichenschilder noch die Aufbringung des neuzugeteilten Kennzeichens auf einem Kennzeichenschild und dessen Abstempelung oder die Eintragung des Kennzeichens in der Zulassungsbescheinigung voraus. Dies folgt aus der Systematik der Fahrzeug-Zulassungsverordnung. Diese differenziert zwischen der Zuteilung des Kennzeichens (§ 8), der Abstempelung der Kennzeichenschilder (§ 10) und der Ausfertigung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II (§§ 11 f.). Sie unterscheidet also zwischen drei unterschiedlichen behördlichen Verfahrensschritten, die zusammen die Zulassung des Fahrzeugs bewirken, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 FZV. Dies verdeutlicht auch § 10 Abs. 3 Satz 1 FZV ("Das Kennzeichenschild mit dem zugeteilten Kennzeichen muss der Zulassungsbehörde zur Abstempelung durch eine Stempelplakette vorgelegt werden." Die "Zuteilung eines Kennzeichens" i.S.d. § 8 FZV ist somit nicht gleichbedeutend mit der "Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens" i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 StVG, die das Straßenverkehrsgesetz mit der Zulassung gleichsetzt.

Vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, FZV, § 3 Rn. 5 und § 8 Rn. 16.

Zuteilung im Sinne des § 8 Abs. 1 FZV meint daher ausschließlich die Entscheidung der Zulassungsbehörde durch Verwaltungsakt, welches Kennzeichen das Fahrzeug erhalten soll.

Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. Juli 2017 - 14 K 1666/17 -, juris Rn. 7; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 8 FZV Rn. 16; Huppertz, in Münchener Kommentar zum StVR, 1. Auflage 2016, § 8 FZV Rn. 6; Wohlfarth, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 8 FZV Rn. 5.

Auch die Änderung des zugeteilten Kennzeichens i.S.d. § 8 Abs. 3 FZV erfolgt durch Zuteilung eines neuen, anderen Kennzeichens durch Verwaltungsakt. Denn die Kennzeichenänderung stellt lediglich einen Spezialfall der Zuteilung eines Kennzeichens - nämlich die nachträgliche Zuteilung eines anderen Kennzeichens - dar. Das folgt aus der systematischen Stellung des Abs. 3 in § 8 FZV, der ausweislich seiner amtlichen Überschrift ausschließlich die "Zuteilung von Kennzeichen" regelt.

(2.) Die so verstandene Ordnungsverfügung ist teilweise offensichtlich rechtmäßig (a.), teilweise offensichtlich rechtswidrig (b.).

(a.) Soweit der Antragsgegner in der Ordnungsverfügung lediglich die Änderung des streitgegenständlichen Kennzeichens verfügt, ist dies nach vorläufiger Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist Ermächtigungsgrundlage für die Änderungsverfügung nicht § 48 VwVfG NRW, sondern § 8 Abs. 3 FZV. Zwar ermächtigt § 48 VwVfG NRW unter bestimmten Voraussetzungen zur Rücknahme eines rechtwidrigen Verwaltungsaktes und damit dem Grunde nach auch zur Entziehung eines rechtswidrig zugeteilten Kennzeichens. Der Bundesgesetzgeber hat jedoch mit § 8 Abs. 3 FZV eine spezielle Befugnisnorm für die Änderung eines Kennzeichens von Amts wegen durch die Zulassungsbehörde geschaffen. Diese speziellere Befugnisnorm verdrängt die allgemeine Ermächtigungsgrundlage des § 48 VwVfG NRW und damit auch die dort normierten Rücknahmevoraussetzungen.

Vgl. VG Augsburg, Urteil vom 12. November 2013 - Au 3 K 13.485 -, juris Rn. 21.

Die mit der Kennzeichenänderungsverfügung angeordnete Rechtsfolge ist von § 8 Abs. 3 Alt. 1 FZV gedeckt. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zwar noch kein konkret benanntes Kennzeichen zugeteilt. Die Kennzeichenänderung auf eine andere von dem Antragsteller wählbare Kennzeichenkombination stellt jedoch im Vergleich zu der Kennzeichenänderung im Wege der Zuteilung eines neuen - bereits konkret benannten und nicht von dem Betroffenen wählbaren Kennzeichens - eine weniger belastende (Minus-)Maßnahme dar und ist damit von der Befugnisnorm des § 8 Abs. 3 FZV gedeckt. Die neue Kennzeichenkombination ist nur vom Willen des Antragstellers abhängig. Die Ausübung des Wahlrechts belastet ihn nicht, sondern räumt ihm einen rechtlichen Vorteil ein.

Nach Aktenlage ist die Ordnungsverfügung formell rechtmäßig ergangen. Der Antragsgegner war gemäß § 46 FZV i.V.m. § 17 der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung NRW (StrVGüBefZustVO NRW) i.V.m. § 3 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) zuständig, da der Antragsteller seinen Wohnsitz in Nettetal und damit im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners hat.

Ferner hat der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 die Gelegenheit gegeben, sich zu der von dem Antragsgegner beabsichtigten Umkennzeichnung zu äußern und ihn somit im Einklang mit § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört.

Die Kennzeichenänderungsverfügung ist nach summarischer Prüfung auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.

Ausweislich des Wortlauts ist die Änderung des Kennzeichens von Amts wegen nicht an das Vorliegen bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen gebunden.

Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Es kann dahinstehen, ob § 8 Abs. 3 FZV vor dem Hintergrund, dass Kennzeichen lediglich rechtstechnische Unterscheidungszeichen darstellen, eine bloße Befugnisnorm darstellt. Denn selbst wenn der Gesetzgeber der Behörde mit dem Wort "kann" Ermessen einräumen wollte, begegnet die Kennzeichenänderung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Dessen Betätigung kann das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt überprüfen. Das Ermessen hat sich mangels konkret normierter tatbestandlicher Voraussetzungen in § 8 Abs. 3 FZV lediglich an Sinn und Zweck der Regelungen der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, insbesondere der Bestimmungen über die Zuteilung von Kennzeichen für Kraftfahrzeuge in § 8 Abs. 1 und 2 FZV und weiter an allgemeingültigen Rechtsgrundsätzen, vor allem dem Willkürverbot und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren, vgl. § 40 VwVfG NRW. Die Behörde hat dabei das öffentliche Interesse an einer Kennzeichenänderung gegen das Interesse das Halters an der Beibehaltung des Kennzeichens abzuwägen.

Nach diesen Maßgaben ist die Ordnungsverfügung rechtlich nicht zu beanstanden. Es spricht bereits Vieles dafür, dass bei einem sittenwidrigen Kennzeichen das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist. Denn das hohe Schutzgut der öffentlichen Ordnung in Gestalt des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden geht dem Interesse des Antragstellers am Behaltendürfen seines bisherigen Kennzeichens vor. Das Kennzeichen als bloßes Unterscheidungszeichen stellt kein subjektives Recht dar. Allenfalls stellt es einen faktischen ideellen Vorteil dar, der dem Halter aber lediglich als Reflex zugutekommt. Bei der Ermessensabwägung geht er nur mit geringem Gewicht ein.

VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. Juli 2017 - 14 K 1666/17 -, juris Rn. 32; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. August 1991 - 4 L 82/91 -, NZV 1991, 485 (juris Rn. 24 ff.).

Ungeachtet dessen hat der Antragsgegner Ermessen ausgeübt. Dies lässt sich der Formulierung auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides "Darüber hinaus bringen Sie keine Argumente vor, die mich in meiner Entscheidung, dass das Fahrzeug eine andere Kennzeichenkombination erhalten muss, beeinflussen." mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen.

Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Antragsgegner entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht von unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen, indem er seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass die Erkennungsnummer "HH1933" gegen § 8 Abs. 1 Satz 3 FZV verstößt. Nach dieser Vorschrift dürfen die Zeichenkombination der Erkennungsnummer sowie die Kombination aus Unterscheidungskennzeichen und Erkennungsnummer nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Die Erkennungsnummer "HH1933" verstößt gegen die guten Sitten.

Eine Kennzeichenkombination ist in diesem Sinn sittenwidrig, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1977 - III ZR 164/75 -, juris Rn. 10; RG, Urteil vom 15. Oktober 1912 - VII 231/12 -, juris.

Ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden liegt vor, wenn die Kennzeichenkombination nicht mit den in der Gemeinschaft anerkannten moralischen Anschauungen, also der dort herrschende Rechts- und Sozialmoral, in Einklang steht. Maßstab ist also die Rechts- und Sozialmoral eines durchschnittlichen Bürgers. Gemeint sind insbesondere die der Rechtsordnung immanenten rechtsethischen Werte und Prinzipien, wie sie im Grundgesetz verkörpert sind. Für das Verständnis dessen, was heute unter "guten Sitten" zu verstehen ist, hat die Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie insbesondere auch in den Grundrechten niedergelegt ist, wesentliche Bedeutung.

Vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52 -, juris Rn. 8 und vom 9. Februar 1978 - III ZR 59/76 -, juris Rn. 48; BVerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 - 1 BvR 400/51 - juris und Beschluss vom 7. Februar 1990 - 1 BvR 26/84 -, juris Rn. 49; Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 138 Rn. 2 ff.

In diesem Sinne sittenwidrig sind insbesondere Kennzeichen mit politisch extremistischem Symbolgehalt.

Vgl. Dauer, in: König/Hentschel/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, FZV, § 8 Rn. 18 Wohlfarth, in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, FZV. § 8 Rn. 10; vgl. auch: Zuteilung von amtlichen Kennzeichen nach § 23 StVZO, Runderlass des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr - IV/A 2 - 21 - 13/1 (3/85) (am1.1.2003: MVEL) v. 14.1.1985.

Nach diesen Maßgaben verstößt die Kennzeichenkombination "HH1933" gegen die guten Sitten.

Die Kombination aus den Buchstaben "HH" und den Ziffern "1933" assoziiert der durchschnittliche Bürger der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialismus im Dritten Reich. Denn 1933 ist das Jahr, das zeitgeschichtlich für die Machtergreifung der Nationalsozialisten durch die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 und die anschließende Umwandlung der bis dahin bestehenden parlamentarischen Demokratie der Weimarer Republik und deren Verfassung in eine nach dem nationalsozialistischen Führerprinzip agierende zentralistische Diktatur steht. "HH" ist neben "88" eine in der rechtsextremistischen Szene verwendete Abkürzung des in der Zeit des Nationalsozialismus üblichen Grußes "Heil Hitler".

Vgl. zu den Abkürzungen "HH" bzw. "88": Bundesamt für Verfassungsschutz: Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, Stand: Oktober 2018, S. 67; Ministerium des Innern Brandenburg: Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus - Eine Information des Verfassungsschutzes, Stand: Oktober 2014, S. 14 ff. Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern Abteilung Verfassungsschutz: Rituale und Symbole der rechtsextremistischen Szene, Stand: Juli 2015; S. 12; Bundeszentrale für politische Bildung: Woran erkenne ich Rechtsextreme?, vom 25. Juli 2008; abrufbar unter: https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/41314/woranerkenneichrechtsextreme?p=all.

Zwar ist dem Antragsteller zuzugeben, dass die Freie und Hansestadt Hamburg die Buchstaben "HH" seit Jahren als Unterscheidungszeichen für ihren Verwaltungsbezirk benutzt und diese daher von dem durchschnittlichen Betrachter nicht mit dem Dritten Reich in Verbindung gebracht werden dürften, sondern mit Hamburg. Dies gilt jedoch nur, solange die Buchstabenkombination - anders als hier - das Unterscheidungszeichen und nicht die Erkennungsnummer darstellt und nicht mit weiteren im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und dem Dritten Reich stehenden Buchstaben oder Zahlen kombiniert wird.

Ein Kennzeichen, das - wie hier - bei dem durchschnittlichen Bürger der Bundesrepublik Deutschland Assoziationen zum Dritten Reich weckt, ist mit der Werteordnung des Grundgesetzes und damit mit den in Deutschland anerkannten moralischen Anschauungen nicht zu vereinbaren. Die Zeit des Nationalsozialismus steht in fundamentalem Widerspruch zur dem in den Grundrechten verkörperten Wertesystem des Grundgesetzes, insbesondere der Unantastbarkeit der Menschenwürde, des Rechts auf Leben, dem Gleichheitsgrundsatz und der Religions-, Meinungs- und Pressefreiheit.

Die Kennzeichenänderung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes setzt voraus, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten durch denselben Träger öffentlicher Gewalt verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist mithin auf den Kompetenzbereich des jeweiligen Trägers öffentlicher Gewalt beschränkt. Aus ihm kann kein Recht abgeleitet werden, von einem Träger öffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtsträger von einem anderen Träger öffentlicher Gewalt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2010 - 1 BvR 2584/06 -, juris Rn. 10, 17.

Hiernach begründet der Einwand des Antragstellers, ein Bekannter führe die Kennzeichenkombination "HH1933" in Bayern seit zehn Jahren von den Behörden unbeanstandet, keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Denn der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, von dem Antragsgegner so behandelt zu werden wie sein Bekannter von der für ihn zuständigen (bayerischen) Zulassungsbehörde.

Ungeachtet dessen scheidet ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG auch deshalb aus, weil daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht folgt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1972 - IV C 121.68 -, juris Rn. 27; BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1956 - II C 149.54 -, juris Rn. 46.

Ein Ermessensfehlgebrauch, also die Verfolgung sachfremder Motive, ist nicht erkennbar.

Die Kennzeichenänderung ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig. Der Antragsgegner hat dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz der öffentlichen Ordnung in nicht zu beanstandender Weise den Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des Kennzeichens eingeräumt. Die infolge der Kennzeichenänderung für den Antragsteller nachteiligen Folgen (Entstempelung der alten Kennzeichenschilder, Prägen und Abstempeln neuer Kennzeichenschilder etc.) muss er hinnehmen. Insbesondere besteht kein besonders schutzwürdiges ideelles Interesse an der Beibehaltung eines zugeteilten Kennzeichens.

Vgl. zum Interesse an der Beibehaltung einer bisher geführten Hausnummer: OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. April 2009 - 11 LA 39/09 -, juris Rn. 6.

Neben der Rechtmäßigkeit der Kennzeichenänderung ist auch ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug gegeben. Im Rahmen der durch das Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung muss das Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des Kennzeichens bis zur Bestandskraft der Ordnungsverfügung hinter dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung zurücktreten.

(b.) Soweit die Ordnungsverfügung über die Entziehung der bisher zugeteilten Kennzeichenkombination und die Zuteilung einer neuen von dem Antragsteller wählbaren Kennzeichenkombination hinausgeht und den Antragsteller dazu verpflichtet, die durch die Behörde vorgenommene Kennzeichenänderung zu vollziehen, entbehrt sie einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und ist daher rechtswidrig. Die Zulassungsbehörde kann den Halter nicht verpflichten, sein Kraftfahrzeug "umzukennzeichnen", also die alten abgestempelten Kennzeichenschilder durch neue abgestempelte Kennzeichenschilder zu ersetzen.

Vgl. auch Jagow, Neue Kfz-Kennzeichen für die Länder der ehemaligen DDR - Aufruf zur Umkennzeichnung und zur erstmaligen technischen Untersuchung, in: VD 1/91, 1 (5).

Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es für einen belastenden Verwaltungsakt einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Es gibt aber kein Gesetz, dass die Zulassungsstelle dazu befugt, den Fahrzeughalter dazu zu verpflichten, dass er das ihm zugeteilte Kennzeichen auf ein Kennzeichenschild prägt und abstempeln lässt und in der Zulassungsbescheinigung das ursprüngliche Kennzeichen ein- und das neu zugeteilte Kennzeichen austragen lässt.

Eine solche Ermächtigung findet sich insbesondere nicht in § 8 Abs. 3 FZV. Danach kann die Zulassungsbehörde ein zugeteiltes Kennzeichen von Amts wegen ändern und die Vorführung des Fahrzeugs anordnen. Diese Vorschrift ermächtigt die Zulassungsbehörde also lediglich zur Änderung des Kennzeichens - also zur Entziehung des alten und Zuteilung eines neuen Kennzeichens - sowie dazu, die Vorführung des Fahrzeuges anzuordnen. Eine Ermächtigung, den Fahrzeughalter dazu zu verpflichten, die Kennzeichenänderung zu vollziehen folgt hieraus jedoch nicht. Wie bereits dargelegt, meint Kennzeichenänderung i.S.d § 8 Abs. 3 FZV nach der Systematik der Fahrzeug-Zulassungsverordnung lediglich die Entscheidung der Behörde über die Zuteilung des Kennzeichens und nicht deren Vollzug durch Abstempelung der Kennzeichenschilder und Ausfertigung der Zulassungsbescheinigung.

A.A. VG Augsburg, Urteil vom 12. November 2013 - Au 3 K 13.485 -, juris Rn. 40 f.

§ 5 Abs. 1 FZV kommt als Ermächtigungsgrundlage ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird die Behörde lediglich ermächtigt, dem Fahrzeughalter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel zu setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen zu beschränken oder zu untersagen, wenn sich das Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung erweist. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller hier jedoch nicht lediglich eine Frist gesetzt, die Kennzeichenschilder zu entfernen, die inzwischen unrichtig geworden sind, sondern ihn zum Kennzeichenwechsel selbst verpflichtet. Er hat auch nicht den Betrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugs untersagt oder beschränkt.

A.A. VG Minden, Urteil vom 6. Juni 2013 - 2 K 2931/12 -, juris Rn. 16.

Die durch die Behörde aufgegebene Verpflichtung des Halters zur "Umkennzeichnung", also Vollziehung der Kennzeichenänderung ist auch keine in der Betriebsuntersagung i.S.d. § 5 Abs. 1 FZV notwendig enthaltene Minusmaßnahme. Die Verpflichtung zur Entstempelung und Abstempelung von Kennzeichenschildern und zur Korrektur des Kennzeichens in der Zulassungsbescheinigung ist kein Minus (Weniger), sondern ein Aliud (Anderes) gegenüber der Betriebsuntersagung. Insofern ist unerheblich, dass diese Verpflichtung im Hinblick auf die Nutzung eines Fahrzeugs geringer eingreifen mag als die Betriebsuntersagung.

Eine Ermächtigung der Behörde, den Fahrzeughalter zur Vollziehung der Kennzeichenänderung zu verpflichten, ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs. 3 FZV. Nach dieser Vorschrift muss das Kennzeichenschild mit zugeteiltem Kennzeichen der Zulassungsbehörde zur Abstempelung vorgelegt werden. Danach hat der Fahrzeughalter zwar die Pflicht, der Zulassungsbehörde das Kennzeichenschild mit dem neuzugeteilten Kennzeichen zur Abstempelung vorzulegen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde auch das Recht hat, diese Pflicht durch Verwaltungsakt durchzusetzen. Stattdessen kann sie - wenn der Fahrzeughalter seine Pflichten nicht erfüllt - ihm lediglich auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 FZV eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs untersagen.

Ist nach alledem die Verfügung mangels Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, verletzt sie den Antragsteller auch in seinem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG.

Aufgrund der voraussichtlichen Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur Vollziehung der Kennzeichenänderung ist diese im Hauptsacheverfahren aufzuheben. Daher ist auch die Androhung der Außerbetriebsetzung im Wege des unmittelbaren Zwanges für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung i.S.d. §§ 55, 62, 63 VwVG NRW nach summarischer Prüfung rechtswidrig. Auch insoweit ist die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage anzuordnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Das Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des Kennzeichens wird im Hauptsacheverfahren mit dem Betrag von 1.250,00 Euro angesetzt. Dieser Wert erhöht sich gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG um den Betrag der mitangefochtenen Kostenfestsetzung in Höhe von 58,40 Euro. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ermäßigt sich der Hauptsachestreitwert wegen der Vorläufigkeit der erstrebten Regelung um die Hälfte und bezüglich der Kosten auf ein Viertel (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai, 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen).


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