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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Einziehung, Wert von Taterträgen, Urteilsgründe

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Braunschweig, Beschl. v. 07.05.2020 – 1 Ss 23/20

Leitsatz: Die Einziehung des Wertes des Erlangten kann nur angeordnet werden, wenn das originär Erlangte nicht mehr vorhanden ist. Daher muss das Tatgericht Feststellungen dazu zu treffen, inwieweit eine Einziehung der tatsächlich erlangten Gegenstände ausgeschlossen ist.


In der Strafsache
gegen pp.

wegen Betrugs
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
am 7. Mai 2020 beschlossen:

Auf die Sprungrevision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 30. Januar 2020 im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Goslar zurückverwiesen.

Gründe:

Die gegen die Anordnung der Einziehung des Wertes der Taterträge gerichtete Sprungrevision des Angeklagten hat - zumindest vorläufig - Erfolg.

I.

Der Angeklagte wurde mit Urteil des Amtsgericht Goslar vom 30. Januar 2020 wegen Betruges in vier Fällen schuldig gesprochen und deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Daneben ordnete das Amtsgericht die Einziehung des Wertes der Taterträge in Höhe von 2.351,14 € an.

Das Urteil ist im Hinblick auf den Schuldspruch sowie auch den Strafausspruch rechtskräftig, nachdem der Angeklagte insoweit - unter ausdrücklicher Ausnahme der Einziehungsentscheidung - noch in der Hauptverhandlung auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet und auch die Staatsanwältschaft zeitgleich Rechtsmittelverzicht erklärt hat. Gegen die Anordnung der Einziehung des Wertes der Taterträge hat der Angeklagte mit am selben Tage beim Amtsgericht Goslar eingegangenem Verteidigerschreiben vom 6. Februar 2020 Rechtsmittel eingelegt und dieses, nach Zustellung des Urteils an den Verteidiger am 14. Februar 2020, mit weiterem Verteidigerschreiben vom 27. Februar 2020 - eingegangen beim Amtsgericht am selben Tage - als Sprungrevision bezeichnet und mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Der Angeklagte rügt, dass das Gericht die Einziehung des Wertes der Taterträge gemäß § 73 c StGB angeordnet habe, obgleich es nicht festgestellt habe, dass die Einziehung der durch die Betrugstaten erlangten Gegenstände nicht mehr möglich und deshalb die vorrangige Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB ausgeschlossen sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft unterstützt das Rechtsmittel des Angeklagten und beantragt wie erkannt.

II.

Die Sprungrevision ist statthaft (§ 335 StPO) und auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die wirksam (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 - 1 StR 651/17, Rn. 39 f., zitiert nach juris; OLG Braunschweig, 1 Ss 37/20, unveröffentlicht) auf die Einziehungsanordnung beschränkte Sprungrevision hat - zumindest vorläufig - Erfolg. Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes der Taterträge kann keinen Bestand haben. Die diesbezügliche Entscheidung des Amtsgerichts leidet an einem durchgreifenden Darstellungsmangel.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 28. April 2020 ausgeführt:

„Das Gericht hat in den Urteilsgründen die Überlegungen darzulegen, die ihm die Überzeugung verschafft haben, dass der für die Anwendung des sachlichen Rechts (hier §§ 73 ff. StGB) zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft (Kuckein in Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 36; Anm.: d. Senates: nunmehr: Kuckein/Bartel in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 267 Rn. 35). Daran fehlt es. Das Amtsgericht hat rechtsfehlerhaft die Einziehung des Wertes des Taterlangten gemäß § 73c StGB angeordnet, ohne näher darzulegen, warum eine Einziehung des originär Taterlangten gemäß § 73 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gekommen sei. Gemäß § 73 c S. 1 StGB wird die Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert des Erlangten entspricht nur angeordnet, wenn die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich ist. Die Einziehung des Wertes des Taterlangten gemäß § 73c S. 1 StGB ist gegenüber der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB subsidiär. Das Amtsgericht hat seine Einziehungsentscheidung im Ergebnis damit begründet, dass offen bleiben könne, ob die betrügerische erlangten Gegenstände noch bei dem Angeklagten vorhanden seien, da sich gerade hieraus der Betrugsschaden ergebe. Dabei verkennt das Gericht aber, dass es bei der Frage einer Einziehungsanordnung nach den §§ 73 ff. StGB nicht auf den verursachten Schaden ankommt, sondern darauf, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Dass eine Einziehung gemäß § 73c S. 1 StGB gegenüber der „Originaleinziehung“ nach § 73 Abs. 1 StGB subsidiär ist und insofern Feststellungen zu dem Verbleib bzw. der Beschaffenheit des Taterlangten zu treffen sind, ergibt sich zudem aus der Regelung in § 73 c S. 2 StGB, wonach die Wertersatzeinziehung neben der Einziehung nach den §§ 73, 73 a, 73b StGB anzuordnen ist, wenn der Wert des Gegenstandes zur Zeit der Entscheidung hinter dem Wert des Erlangten im Zeitpunkt des Erlangens zurückbleibt (Fischer, StGB, 67. Aufl., § 73 c Rn. 8 m.w.N.). Eine Einziehung des Wertes des Erlangten kann der nur angeordnet werden, wenn das originär Erlangte nicht mehr vorhanden ist oder im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlangung im Wert gemindert ist. Demzufolge hätte das Tatgericht Feststellungen dazu treffen müssen, inwieweit eine Einziehung der tatsächlich erlangten Gegenstände ausgeschlossen gewesen sei, beispielsweise, da der Angeklagte diese bereits vernichtet oder an Dritte weitergegeben habe. Entsprechende Feststellungen sind rechtsfehlerhaft unterblieben. Sofern sich darüber hinaus die betrügerisch erlangten Gegenstände noch im Besitz des Angeklagten befinden sollten - wozu das Tatgericht ebenfalls keine Feststellungen getroffen hat - wären zudem Feststellungen zu deren Beschaffenheit und eines etwaigen Wertverlustes zu treffen gewesen. Es hätte daher einer eingehenden und nachvollziehbaren Darlegung bedurft, warum das Gericht von einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB abgesehen und stattdessen die Wertersatzeinziehung angeordnet hat Die Feststellungen des angefochtenen Urteils schweigen zu diesem Thema jedoch gänzlich und genügen daher den oben dargelegten Anforderungen nicht.“

Diesen in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei.

III.

Aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers war die Einziehungsentscheidung des Amtsgerichts mit den ihr zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 Abs. 1 StPO) und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Goslar zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO). Eine eigene Anordnungsentscheidung durch den Senat war dagegen nicht veranlasst, weil es hinsichtlich des Verbleibs der erlangten Gegenstände an tatrichterlichen Feststellungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018, a.a.O., Rn. 61). Dahingehende ergänzende Feststellungen zu treffen ist der neue Tatrichter durch die im Übrigen eingetretene Teilrechtskraft der Entscheidung nicht gehindert.

Die Entscheidung über die Kosten der Sprungrevision ist dem Amtsgericht vorbehalten, weil der endgültige Erfolg des Rechtsmittels derzeit nicht absehbar ist.


Einsender: RA M. Rahmlow, Duisburg

Anmerkung:


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