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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Verlängerung, Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, Eignung

Gericht / Entscheidungsdatum: VGH Bayern, Beschluss v. 23.04.2020 – 11 CE 20.870

Leitsatz: Maßgeblich dafür, ob ein Bewerber die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird, ist, ob begangene Delikte Charaktereigenschaften erkennen lassen, die sich im Falle der Personenbeförderung zum Schaden der Fahrgäste auswirken können.


In pp.

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung erster Instanz für beide Rechtszüge auf jeweils 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verlängerung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für zwei Monate.

Am 7. Januar 2020 beantragte er bei der Antragsgegnerin die Verlängerung seiner am 21. April 2020 abgelaufenen Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.

Am 18. Januar 2020 wurde der Antragsgegnerin bekannt, dass das Amtsgericht München den Antragsteller mit rechtskräftigem Urteil vom 24. Januar 2018 wegen Steuerhinterziehung in sechs mehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit zwei weiteren Fällen der Steuerhinterziehung sowie mit vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung verurteilt hatte.

Unter Bezugnahme auf diese Verurteilung ordnete sie mit Schreiben vom 3. März 2020 die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle innerhalb von drei Monaten zu der Frage an, ob der Antragsteller die Voraussetzungen der besonderen Verantwortung für die Fahrgastbeförderung erfülle. Die begangenen Vermögensdelikte rechtfertigten Zweifel daran, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werde. Wiederholungsgefahr sei gegeben, da er die Taten über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg begangen habe. Auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar eine konkrete Gefahr komme es dabei nicht an.

Am 5. März 2020 erklärte sich der Antragsteller mit der Begutachtung einverstanden und vereinbarte mit der ausgewählten Begutachtungsstelle einen Termin für den 2. April 2020. Mit Schreiben vom 18. März 2020 teilte ihm diese mit, der Untersuchungsbetrieb werde zum Schutz vor einer Ausbreitung des Coronavirus bis zum 19. April 2020 ausgesetzt. Eine Begutachtung könne deshalb erst am 24. April 2020 stattfinden.

Daraufhin ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten bei der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 1. April 2020 beantragen, die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung vorläufig für ein halbes Jahr zu verlängern.

Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 15. April 2020 unter Hinweis auf die aktuelle Weisungslage ab. Bei der Personenbeförderung stellten Zweifel an der Gewähr für die besondere Verantwortung, die hier durch die wiederholte Steuerhinterziehung mit vorsätzlicher Insolvenzverschleppung begründet seien, die spezielle Zuverlässigkeit infrage. Eine Verlängerung bzw. neuerliche Erteilung des Personenbeförderungsscheins sei erst möglich, wenn die entstandenen Zweifel durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung ausgeräumt worden seien.

Am 17. April 2020 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München gemäß § 123 VwGO beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, seine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung über den 21. April 2020 hinaus vorläufig bis 21. Juni 2020 zu verlängern.

Mit Beschluss vom 21. April 2020 lehnte das Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, weil der Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsanspruch habe. Es sei nicht ausreichend wahrscheinlich, dass er in der Hauptsache obsiege, da er gegenwärtig keinen Anspruch auf Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung habe. Es bestünden Zweifel an der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen im Sinne von § 48 Abs. 5 Nr. 3 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV. Nach § 48 Abs. 9 FeV fänden bei Zweifeln an der Gewähr die § 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung. § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV sehe wortgleich zu § 48 Abs. 5 Nr. 3 FeV die Gewähr der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen vor. Diese fehle bereits dann, wenn Umstände die ernsthafte Befürchtung rechtfertigten, der Bewerber werde die ihm gegenüber den anvertrauten Fahrgästen obliegenden Sorgfaltspflichten (künftig) missachten. Eines zweifelsfreien Nachweises mangelnder Zuverlässigkeit bedürfe es insoweit nicht. Bei der zu treffenden Prognoseentscheidung seien nicht nur Handlungen mit einem speziellen Bezug zur Fahrgastbeförderung zu berücksichtigen. Es könnten auch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten nichtverkehrsrechtlicher Art bedeutsam sein, wenn sie Charaktereigenschaften erkennen ließen, die sich im Falle der Personenbeförderung zum Schaden der Allgemeinheit oder der Fahrgäste auswirken könnten. Die vom Antragsteller begangenen Straftaten könnten auf eine verminderte Hemmschwelle zurückzuführen sein, das Vermögen Dritter zu schädigen bzw. eine solche Schädigung in Kauf zu nehmen, als auch auf eine Neigung hinweisen, sich Vermögensvorteile auch dann zu verschaffen, wenn dies auf legalem Wege nicht möglich sei. Nach § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV könne die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen. Bis zur Ausräumung der bestehenden Zweifel an der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen habe der Antragsteller keinen Verlängerungsanspruch. Das Ergebnis der Begutachtung sei völlig offen. Eine Verlängerung der Erlaubnis könne auch nicht deshalb erfolgen, weil den Antragsteller an der Verzögerung der Begutachtung kein Verschulden treffe. Er habe durch die Begehung der Straftaten selbst die entscheidende Ursache für das nun aufgetretene Problem gesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers mit der Begründung, er habe sich nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch seines Gastronomieunternehmens eine neue Existenz als angestellter Taxifahrer, nicht als Taxiunternehmer, aufgebaut. Er lebe mit seiner Ehefrau und drei minderjährigen Kindern zusammen und sei als Einziger in der Familie erwerbstätig. Er habe die Verlängerung der Fahrerlaubnis rechtzeitig beantragt, alle hierfür erforderlichen Unterlagen bei der Antragsgegnerin eingereicht und sich umgehend mit einer Begutachtung einverstanden erklärt. Die Begutachtungsstelle habe aber wegen der gegenwärtigen Corona-Pandemie den Begutachtungstermin auf den 24. April 2020 verschoben. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sei dringend erforderlich, um berufliche Nachteile des Antragstellers abzuwenden. Er benötige als Taxifahrer die Fahrerlaubnis zur gewerblichen Personenbeförderung dringend zu seiner Berufsausübung. Ihm liege zur Last, dass infolge der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung die rechtlich notwendige Zuverlässigkeit nicht gegeben wäre. Es handle sich um ein Vermögensdelikt, welches die Fahreignung nicht oder jedenfalls nur in geringerem Umfang infrage stelle als gesundheitliche Gründe. Die Steuerhinterziehung habe er als selbstständiger Gastronom begangen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe bei der Arbeit als angestellter Taxifahrer nicht. Er habe alles ihm Mögliche unternommen, um eine rechtzeitige Begutachtung zu erreichen, jedoch bei allen zugelassenen Begutachtungsstellen wegen der Corona-Pandemie keinen Termin erhalten. Bei Abwägung aller Argumente, insbesondere der praktisch nicht bestehenden Risiken für die Allgemeinheit gegenüber der eklatanten beruflichen Beeinträchtigung des Antragstellers, müsse man zu dem Schluss kommen, dass ihm eine vorläufige Verlängerung der Erlaubnis von zwei Monaten zu gewähren sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die in Auszügen vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch wenn sie zur Regelung eines vorläufigen Zustands, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, gemäß § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Nach dem Wesen und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes darf das Gericht nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller dabei nicht schon das gewähren, was er im Falle des Obsiegens in der Hauptsache erreichen würde (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 123 Rn. 13 f.). Allenfalls unter engen Voraussetzungen können im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG die Wirkungen einer Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden; so wenn der Antragsteller beim Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sein Rechtschutzziel nicht mehr erreichen kann, ihm dadurch unzumutbare, irreparable Nachteile entstünden und eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht (Schenke, a.a.O. § 123 Rn. 26).

Hieran gemessen hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit schon vor Beibringung eines positiven Fahreignungsgutachtens bzw. einstweilen einen Anspruch auf eine Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung hat.

Offen bleiben kann, ob die am 21. April 2020 abgelaufene und damit erloschene Erlaubnis aufgrund des rechtzeitig gestellten Antrags noch verlängert oder nur neu erteilt werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 1.2.2011 - 11 BV 10.226 - juris Rn. 29 ff.: eine Verlängerung bejahend bei vollständigem Antrag; BVerwG, U.v. 17.5.1995 - 11 C 2.94 - BVerwGE 98, 221 = juris Rn. 10 offen gelassen; Dauer in Hentschel/König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 48 FeV Rn. 31). Denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO ggf. auch im Sinne einer einstweiligen Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ausgelegt werden (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2019, § 123 Rn. 104 f.), da das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ersichtlich dahin geht, bis zum Vorliegen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens und der Entscheidungsreife seines Antrags weiterhin Fahrgäste befördern zu dürfen. Weiter ist bei der Prüfung eines Verlängerungs- oder Erteilungsanspruchs nach Aktenlage allein streitig, ob der Antragsteller die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird. Dies setzen sowohl § 48 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 als auch § 48 Abs. 4 Nr. 2a und § 11 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2019 (BGBl I S. 1416), in Kraft getreten am 1. Januar 2020, voraus, was sowohl vom Erlaubnisinhaber als auch vom Bewerber um eine Erlaubnis durch ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 Satz 1 BZRG und eine aktuelle Auskunft aus dem Fahreignungsregister nachzuweisen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 5, § 48 Abs. 4 Nr. 2a, § 48 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 FeV).

Bei der Beantwortung dieser Frage sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung der relevanten Sachverhalte alle für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers maßgeblichen Sachverhaltsumstände in einer umfassenden Würdigung einzustellen und sowohl die zu Gunsten als auch zu Lasten des Fahrerlaubnisbewerbers sprechenden Umstände zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn - wie hier - strafrechtliche Verurteilungen Anlass zum behördlichen Tätigwerden liefern (Trésoret in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 6.1.2020, § 48 FeV Rn. 172 ff.; Dauer, a.a.O. § 48 FeV Rn. 26 m.w.N.). Weist die rechtskräftige Verurteilung keinen unmittelbaren Bezug zur Personenbeförderung auf, ist zur ordnungsgemäßen Tatsachenermittlung und einer den rechtlichen Anforderungen entsprechenden Vorbereitung einer Entscheidung die Beiziehung der Straf- oder Ermittlungsakte, jedenfalls aber der konkreten strafgerichtlichen Entscheidung erforderlich (Trésoret, a.a.O. Rn. 175).

Zu dem erforderlichen Nachweis war der Antragsteller bisher nicht in der Lage. Nach Aktenlage, insbesondere dem in der Gutachtensanordnung wiedergegebenen Sachverhalt, der der strafgerichtlichen Verurteilung vom 24. Januar 2018 zugrunde lag, hat er über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg mehrere Straftaten begangen, die zu einem erheblichen Schaden zum Nachteil des Fiskus und der Gläubiger seiner insolventen Unternehmen geführt haben. Maßgeblich ist insoweit nicht, ob eine Wiederholung dieser Vermögensdelikte aufgrund der gegenwärtigen Erwerbstätigkeit im Angestelltenverhältnis nicht mehr wahrscheinlich ist, sondern ob diese Delikte Charaktereigenschaften erkennen lassen, die sich im Falle der Personenbeförderung zum Schaden der Fahrgäste auswirken können (vgl. Dauer, a.a.O. § 48 Rn. 26 m.w.N.; BVerwG, B.v. 19.3.1986 - 7 B 19.86 - juris Rn. 3). Dies hat der Senat hinsichtlich der Insolvenzverschleppung bejaht, weil sich die zu fordernde notwendige Charakterfestigkeit auch auf die Respektierung von Eigentum und Vermögen der beförderten Fahrgäste bezieht (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2013 - 11 CE 13.765 - juris Rn. 10; Trésoret, a.a.O. § 48 FeV Rn. 190 ff.), und kann hinsichtlich der zu Lasten der Allgemeinheit begangenen Steuerhinterziehungen in dem konkreten Ausmaß nicht verneint werden. Denn auch letztere deuten auf eine Neigung hin, sich zu Bereicherungszwecken über die Vermögensinteressen anderer generell hinwegzusetzen.

Vor diesem Hintergrund sind - selbst wenn man berücksichtigt, dass die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist, der Antragsteller ansonsten nicht straffällig geworden ist und die Bewährungszeit noch nicht abgelaufen ist - jedenfalls Zweifel an der Gewähr der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerechtfertigt, die einem Verlängerungs- oder Erteilungsanspruch entgegenstehen und die Antragsgegnerin gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 FeV (bzw. bei Fahrerlaubnisinhabern gemäß § 48 Abs. 9 Satz 1 und 3 FeV) zur Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, d.h. zur Aufklärung berechtigen. Von der Anordnung der Beibringung eines solchen Gutachtens ist gemäß § 11 Abs. 7 FeV nur abzusehen, wenn zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde mit hinreichender Gewissheit feststeht, dass der Betreffende diese Gewähr nicht bietet (Dauer, a.a.O. § 48 Rn. 27), was hier offensichtlich nicht der Fall ist. Nachdem keine besonderen Umstände dafür sprachen, trotz der bestehenden Zweifel an der Gewähr der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, ist ferner nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das ihr zustehende Entschließungsermessen in der Gutachtensanordnung vom 8. März 2020 mit diesen Zweifeln begründet hat (vgl. VGH BW, B.v. 8.3.2013 - 10 S 54/13 - NJW 2013, 1896 = juris Rn. 5 f.; Trésoret, a.a.O. § 48 Rn. 281).

Da die Nichtfeststellbarkeit der Eignung zu Lasten des Fahrerlaubnisbewerbers geht (vgl. Dauer, a.a.O. § 2 StVG Rn. 41; Petersen, ZfSch 2002, 56/57 jeweils zur allgemeinen Fahreignung), was auch für eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gilt (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 5 StVG), kann das fehlende Verschulden des Antragstellers daran, dass das medizinisch-psychologische Gutachten bei Ablauf seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung am 21. April 2020 noch nicht vorlag, und seine berufliche Angewiesenheit auf diese Erlaubnis nicht den Ausschlag für eine Entscheidung zu seinen Gunsten geben.

Ihm entstehen auch keine unzumutbaren, irreparablen Nachteile, wenn er vorübergehend bis zu dem in absehbarer Zeit zu erwartenden Begutachtungsergebnis seiner Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann. Der Begutachtungstermin findet demnächst statt. Es ist dem Antragsteller zumutbar, diese Zeit ggf. durch bezahlten oder unbezahlten Urlaub zu überbrücken, zumal offen und nicht überwiegend wahrscheinlich ist, ob bzw. dass das Gutachten zu seinen Gunsten ausfällt und ihm danach eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erteilt werden kann. Es ist daher auch offen, ob er auf der Grundlage der bisherigen Berufstätigkeit überhaupt weiterhin seinen Unterhaltspflichten genügen kann.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 und § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 2, Nr. 46.10 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller eine Verlängerung bzw. einstweilige Erteilung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung für nur zwei Monate begehrt, hält der Senat die Hälfte des empfohlenen zweifachen Auffangstreitwerts und eine nochmalige Halbierung dieses Werts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für angemessen. Es wird deshalb von der Befugnis gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG Gebrauch gemacht, auch den erstinstanzlich festgesetzten Streitwert zu ändern.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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