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Entscheidungen

OWi

Urteilsgründe, Einlassung, schweigender Betroffener

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 28.01.2021 - 3 Ws (B) 18/21 - 162 Ss 7/21

Leitsatz: Den Urteilsgründen muss zu entnehmen sein, woraus sich die Überzeugung des Gerichts ergibt, dass es der Betroffene, der sich nicht zur Sache eingelassen hat, war, der zur Tatzeit das Kraftfahrzeug geführt hat.


KAMMERGERICHT

Beschluss

Geschäftsnummer:
3 Ws (B) 18/21 - 162 Ss 7/21

In der Bußgeldsache

gegen pp.

wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 28. Januar 2021 beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. November 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung — auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde — an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 36 km/h innerorts zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt, ein einmonatiges Fahrverbot verhängt und eine Wirksamkeitsbestimmung gemäß § 25 Abs. 2a StVG getroffen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird, hat (vorläufigen) Erfolg.

Der Schuldspruch wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die ihm zugrundeliegende Beweiswürdigung aufgrund ihrer Lückenhaftigkeit dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht die gebotene Überprüfung nicht ermöglicht.

Zwar ist die Würdigung der Beweise Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerde-gericht hat aber auf die Sachrüge zu prüfen, ob ihm hierbei Rechtsfehler unterlaufen sind. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung dann, wenn sie in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetzte oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2020 — 2 StR 494/19 —, BeckRS 2020, 11446 m. w. N.; Senat, Beschluss vom 31. Juli 2020 — 3 Ws (B) 174/20 —, juris). Dabei brauchen die Schlussfolgerungen des Tatrichters nicht zwingend zu sein; es genügt grundsätzlich, dass sie möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2019 — 1 StR 218/19 —, juris; Senat, Beschluss vom 11. Juli 2001 — 3 Ws (B) 260/01 —, juris) und er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.

Um dem Rechtsbeschwerdegericht diese Nachprüfung zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe jedoch erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähi-gen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 5. März 2018 — 3 Ws (B) 75/18 —, 12. September 2011 — 3 Ws (B) 493/11 — und 25. Mai 2010 — 3 Ws (B) 212/10 —).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, woraus sich die Überzeugung des Gerichts ergibt, dass es der Betroffene war, der zur Tatzeit das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug geführt hat.
Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass sich der Betroffene in der Hauptverhandlung nicht eingelassen hat. Dass Beweise erhoben wurden, die auf eine Identifizierung des Fahrzeugführers abzielten, ist den Darlegungen nicht zu entnehmen. Das Urteil setzt sich im Wesentlichen mit der Ordnungsgemäßheit und Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsauswertung auseinander, welche der Betroffene bestritten hat. Allein aus der Anzweifelung des Messergebnisses kann jedoch nicht auf seine Fahrereigenschaft geschlossen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 5. März 2018 a.a.O. und 14. September 2011 — 3 Ws (B) 462/11 —).

Anhaltspunkte dafür, dass sich aus dem verlesenen Protokoll zur sog. Vidista-Auswertung, das den Feststellungen zur Geschwindigkeit zugrunde liegt, Hinweise auf die Fahrereigenschaft des Betroffenen ergeben haben, sind nicht ersichtlich. Weitere Beweiserhebungen sind ausweislich der Urteilsgründe nicht erfolgt.

Vor diesem Hintergrund war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung — auch über die Kosten der Rechtsbe-schwerde — an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Auf das weitere Vorbringen der Rechtsbeschwerde kam es deshalb nicht mehr an.


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