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Entscheidungen

OWi

Autowrack als Abfall, Verjährungsbeginn bei unerlaubter Ablagerung von Abfall

Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG , Beschl. v. 27.01.2022 - 202 ObOWi 80/22

Leitsatz des Gerichts: 1. Autowracks, die allein dem Ausbau von Ersatzteilen dienen sollen, stellen Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG schon unter Zugrundelegung des objektiven Abfallbegriffs nach § 3 Abs. 4 KrWG dar.
2. Bei unerlaubtem Lagern von Abfällen beginnt die Verjährung, sobald die Tathandlung vorgenommen wurde.


In pp.

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 14.10.2021 mit den Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen auf dessen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 07.04.2021, der dem Betroffenen zur Last legte, auf seinem Grundstück ein Altfahrzeug außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage abgelagert oder behandelt zu haben, mit Urteil vom 14.10.2021 wegen vorsätzlichen Behandelns von Abfällen außerhalb einer dafür vorgesehenen Abfallbeseitigungsanlage gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG schuldig gesprochen und deswegen gegen ihn eine Geldbuße von 500 Euro verhängt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückzuverweisen, weil nicht beurteilt werden könne, ob das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

II.

Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Der Betroffene kaufte vor ca. 4 Jahren einen Pkw BMW 540 i, der am 14.04.1993 erstmals zugelassen und am 18.07.2014 außer Betrieb gesetzt worden war. Er erwarb das Fahrzeug, um es auszuschlachten und als Teilespender für seinen eigenen Pkw zu verwenden. Bei Entdeckung des Fahrzeugs durch die Polizei am 11.11.2020 war das Altfahrzeug unter freiem Himmel abgestellt und ungeschützt den Umwelteinflüssen ausgesetzt. Es war bereits zu Substanzschäden gekommen; am Fahrzeug fanden sich großflächige Durchrostungen. Die vordere Stoßstange und das BMW-Emblem waren abgebaut. Am Fahrzeug war grüner Bewuchs vorhanden. Das Lenkrad und die Verkleidung der rechten Tür waren teildemontiert. Eine wirtschaftliche Restauration des Fahrzeugs war angesichts seines Zustands ausgeschlossen. Das Fahrzeug wurde am 19.03.2021 vom Betroffenen verschrottet.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht, sodass es auf die Verfahrensrüge nicht mehr ankommt.

1. Der Schuldspruch wegen Behandelns von Abfällen wird von den Feststellungen nicht getragen. Zwar ist die Wertung des Amtsgerichts, dass es sich bei dem Altfahrzeug um Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG handelte, aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Denn es sind schon die Voraussetzungen des objektiven Abfallbegriffs nach § 3 Abs. 4 KrWG gegeben. Hiernach muss sich der Besitzer Stoffen oder Gegenständen im Sinne des § 3 Abs. 1 KrWG entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann. Dass das Altfahrzeug - entgegen der Einlassung des Betroffenen - nicht mehr seinem ursprünglichen Verwendungszweck durch Restauration zugeführt werden sollte, hat das Amtsgericht aufgrund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung ausgeschlossen. Auch die von § 3 Abs. 4 KrWG vorausgesetzte Gefährdung für das Allgemeinwohl ist bei einem Schrott-Pkw anzunehmen. Ausreichend ist insoweit eine Gefährdungslage auf Grund des Zustandes der Sache sowie typischer Auslösungs- und Wirkungsketten, die das Risiko des Auslaufens umweltgefährdender Flüssigkeiten nicht nur als eine theoretische, fernliegende Möglichkeit erscheinen lässt. Diese Gefahr ist insbesondere für Autowracks typisch, die unter freiem Himmel ungeschützt den Witterungseinflüssen ausgesetzt sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 03.06.2010 - 7 LA 36/09 = AUR 2010, 255 = ZUR 2010, 541 = NVwZ 2010, 1111; OVG Koblenz, Beschl. v. 24.08.2009 – 8 A 10623/09 = NVwZ 2009, 1508 = LKRZ 2009, 432 = KommJur 2010, 157). Darauf, ob daneben auch der subjektive Abfallbegriff nach § 3 Abs. 1, 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG erfüllt ist, kommt es deshalb nicht mehr an.
2. Allerdings leidet das tatrichterliche Urteil unter einem Darstellungsmangel, weil sich eine Tathandlung, die als „Behandeln“ des als Abfall im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG eingestuften Schrottfahrzeugs aufzufassen wäre, den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen lässt. Unter Behandeln ist jede Veränderung des Abfalls zu verstehen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abfallbeseitigung steht (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann 96. EL September 2021 KrWG § 28 Rn. 15), worunter der Ausbau von Ersatzteilen zum Zwecke des sog. Ausschlachtens zweifelsfrei fällt (vgl. nur BayObLG, Beschl. v. 17.04.1998 – 3 ObOWi 43/98 = BayObLGSt 1998, 60 = RdL 1998, 157 = DÖV 1998, 693 = NuR 1998, 446 = BayVBl 1998, 570 = UPR 1998, 395 = ZfW 1999, 118). Es bleibt indes bereits offen, ob der Betroffene tatsächlich Ausbauhandlungen vorgenommen hat. Stattdessen wird lediglich mitgeteilt, dass er das Fahrzeug zum Zwecke des Ausschlachtens erworben hatte. Ferner schildert das amtsgerichtliche Urteil nur den Zustand, der durch erfolgte Teilmontagen gekennzeichnet ist. Ob und gegebenenfalls wann diese Handlungen vom Betroffenen vorgenommen wurden oder ob er das Fahrzeug nicht bereits in diesem Zustand erworben hatte, stellt das Amtsgericht nicht fest.

3. Zwar rechtfertigen die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen an sich auch die Annahme eines Lagerns des Altfahrzeugs im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 KrWG.

a) Als Lagern ist eine vorübergehende Lagerung, Zwischenlagerung oder Aufbewahrung mit dem Ziel späterer Verwertung, Wiederverwertung oder sonstiger Beseitigung zu verstehen (vgl. BayObLG, Beschl. v. 14.07.1993 – 3 ObOWi 57/93 = BayObLGSt 1993, 108 = RdL 1993, 275 = wistra 1993, 313 = ZfW 1994, 434 = NStE Nr 1 zu § 18 AbfG = NuR 1994, 361), was durch das Abstellen des Altfahrzeugs zum Zwecke des Ausschlachtens gegeben war.

b) Der Senat kann allerdings eine Schuldspruchänderung schon deshalb nicht vornehmen, weil sich - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht hinweist - weder nach den Urteilsfeststellungen noch aufgrund des Akteninhalts beurteilen lässt, ob nicht das von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 OWiG) eingetreten ist.

aa) Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG beginnt die Verjährung mit Beendigung der Tat. Da sich bei dem Lagern von Abfällen nicht um ein Dauerdelikt handelt, tritt Beendigung ein, sobald die Tathandlung des Lagerns vorgenommen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 03.10.1989 – 1 StR 372/89 = BGHSt 36, 255 = EBE/BGH 1989, 354 = BB 1989, 2283 = NJW 1990, 194 = NStZ 1990, 36 = MDR 1990, 67 = EzSt StGB § 330 Nr 1 = StV 1990, 64 = BGHR StGB § 46 Abs 1 Generalprävention 4 = BGHR StGB § 78a S 1 Abfallablagerung 1 = wistra 1990, 57 = BGHR StGB § 330 Abs 1 Gefährdung 1 = GewArch 1990, = ZfW 1990, 405 = BayVBl 1990, 761 = JR 1990, 512 = NStE Nr 15 zu § 326 StGB = NStE Nr 2 zu § 330 StGB = NuR 1991, 293; BayObLG a.a.O.; OLG Celle, Beschl. v. 31.05.2011 – 32 Ss 187/10 = OLGSt StGB § 326 Nr 13 = NStZ-RR 2012, 75 = StV 2012, 156).

bb) Der Zeitpunkt, zu dem das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Grundstück erfolgt ist, ist bislang ungeklärt. Nach den Urteilsfeststellungen erwarb der Betroffene das Altfahrzeug „vor ca. 4 Jahren“. Da sich auch aus dem Akteninhalt keine weiteren Informationen hierzu ergeben, kann nicht beurteilt werden, ob die 3-jährige Verjährungsfrist, die sich aus § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ergibt, weil das Höchstmaß der angedrohten Geldbuße 100.000 € beträgt (§ 69 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 KrWG), im Zeitpunkt der ersten Unterbrechungshandlung durch die Vernehmung des Betroffenen am 14.11.2020 (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) nicht bereits abgelaufen war.

IV.

Aufgrund des aufgezeigten Mangels ist das Urteil auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit den Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

V.

Für die neue Hauptverhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Es wird zunächst aufzuklären sein, ob und gegebenenfalls zu welchen Zeitpunkten der Betroffene es unternommen hat, Teile aus dem Altfahrzeug auszubauen, weil hierin ein Behandeln im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG liegen würde, wobei die Verjährung gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG mit der Vornahme der (letzten) Handlung beginnen würde.

2. Sollte eine Behandlung im oben genannten Sinne nicht nachzuweisen sein, werden Feststellungen dazu zu treffen sein, zu welchem Zeitpunkt das Altfahrzeug auf dem Grundstück abgestellt wurde.

VI.

Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.


Einsender: RiayObLG D. G. Gieg, Bamberg

Anmerkung:


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