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Entscheidungen

OWi

Entbindungsantrag, Ablehnung ohne Begründung, Verletzung des rechtlichen Gehörs

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 22.09.2022 - 3 RBs 178/17

Eigener Leitsatz: Lässt der Betroffene eindeutig und unmissverständlich erklären, dass er seine Fahrereigenschaft einräume und darüber hinaus keine Angaben zur Sache in der Hauptverhandlung machen werde, hat das Gericht dem Entbindungsantrag zu entsprechen. In der - ohne nähere Begründung - erfolgten Zurückweisung des Entbindungsantrags ist dann ein Verstoß gegen § 73 Abs. 2 OWiG zu sehen.


OBERLANDESGERICHT HAMM
BESCHLUSS

III-3 RBs 178/17 OLG Hamm

Bußgeldsache

gegen pp.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 12,. Juni 2017 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 1. Juni 2017 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 22. September 2017 durch
den Richter am Oberlandesgericht
als Einzelrichter gemäß § 80a Abs. 1 OWiG
nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft-sowie nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf-gehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe

Die Stadt Bielefeld hat mit Bußgeldbescheid vom 28. November 2016 gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften ein Bußgeld in Höhe von 80 € festgesetzt. Den gegen den Bußgeldbescheid gerichteten Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Bielefeld mit Prozessurteil vom 1. Juni 2017 wegen unentschuldigten Ausbleibens des Betroffenen in der Hauptverhandlung verworfen. Hiergegen richtet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Der Zulassungsantrag und die Rechtsbeschwerde sind zulässig und begründet. Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 11. August 2017, die dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger zur Kenntnis gebracht worden ist, ausgeführt:

„Der gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begründete Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Auch der Rechtsbeschwerde ist ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.

Da das Amtsgericht Bielefeld den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,00 Euro verurteilt hat, wird die Rechtsbeschwerde wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von anderen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung rechtlichen Gehörs zugelassen (§ 80 Abs. 2 Nr. 1. OWiG).

Die Rechtsbeschwerde ist vorliegend wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen. Das Rügevorbringen muss dabei den strengen Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO § 79 Abs. 3 OWiG genügen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.08.2007 - 2 Ss OWi 464/07.- zitiert nach juris; Göhler, OWiG, 16. Aufl. § 80, Rn. 16d), was vorliegend der Fall ist. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen eines Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen und in seine Überlegungen einzubeziehen (zu vgl. KK-Senge, OWiG, 4. Aufl., § 80, Rn. 41). Mit seiner Gehörsrüge hat der Betroffene ordnungsgemäß und zutreffend vorgetragen, dass er bereits mit Telefax Schreiben seines Vertretungsberechtigten Verteidigers vom 15.05.2017 seine Fahrereigenschaft eingeräumt und mitgeteilt habe, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde. Er hat zudem zutreffend vorgetragen, dass er einen Entbindungsantrag gestellt habe, der vom Amtsgericht Bielefeld ablehnend beschieden worden sei, obwohl er hinsichtlich eines früheren Hauptverhandlungstermins vom persönlichen Erscheinen entbunden worden sei.

Die Entscheidung über einen Antrag auf Entbindung eines Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung ist nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt. Vielmehr ist das Gericht verpflichtet, dem Entbindungsantrag stattzugeben, wenn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vorliegen (zu vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 18.07.2013 -2 .Ss OWi 877/13 - zitiert nach juris). Lässt der Betroffene eindeutig und unmissverständlich erklären, dass er seine Fahrereigenschaft einräume und darüber hinaus keine Angaben zur Sache in der Hauptverhandlung machen werde, hat das Gericht dem Entbindungsantrag zu entsprechen (zu vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22.02.2016 - (1 B) 53 Ss-OWi 617/15 (304/15) - zitiert nach juris). In der - ohne nähere Begründung - erfolgten Zurückweisung des Entbindungsantrags ist ein Verstoß gegen § 73 Abs. 2 OWiG zu sehen. Die Voraussetzungen für eine Entbindung des. Betroffenen vom persönlichen Erscheinen gern. § 73 Abs. 2 OWG wären vorliegend gegeben gewesen, da ein Aufklärungsbeitrag von dem Betroffenen in der Hauptverhandlung nicht zu erwarten war (zu vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.05.2003 Ss 169/03 (Z) - zitiert nach juris). In der Nichtberücksichtigung der Einlassung des in der Hauptverhandlung abwesenden Betroffenen aufgrund der fehlerhaften Ablehnung des Entbindungsantrags und in der Verwerfung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid ohne Verhandlung zur Sache liegt eine Verletzung des Grundrechts des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs (zu vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22:02.2016 - (1B) 53 Ss-OWi 617/15 (304/15) - zitiert nach juris).

Die Rechtsbeschwerde ist daher zuzulassen.

Die damit gem. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs ebenfalls begründet.

Da das Urteil bereits aus den vorgenannten Gründen aufzuheben ist, ist eine Erörterung des weiteren Rügevorbringens des Betroffenen entbehrlich.

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung -an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.


Einsender: RAe Schneider, Berlin

Anmerkung:


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