Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.08.2022 1 OLG 53 Ss 59/22
Eigener Leitsatz: Allein dass ein als Schlagwerkzeug eingesetztes Mobiltelefon grundsätzlich geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen, reicht für die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung nicht aus. Vielmehr müssen Feststellungen dazu getroffen werden, ob ggf. ein kräftiger Schlag mit einer Kante oder Ecke des Telefons ausgeführt wurde.
In pp.
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Potsdam vom 11. April 2022 im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen sowie im Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen S.M. (Tat vom 12. Februar 2018) aufgehoben,
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist mit Urteil des Amtsgerichts Potsdam - Schöffengericht - vom 07. Januar 2019 wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung und Beleidigung sowie wegen Beleidigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden.
Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die 7. kleine Strafkammer des Landgerichts Potsdam am 11. April 2022 unter Außerachtlassung der abgetrennten Tatvorwürfe (Tat vom 22. Juli 2018) das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt wurde. Die weitergehende Berufung des Angeklagten hat die Kammer verworfen.
Die gegen das landgerichtliche Urteil gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat unter dem 22. Juni 2022 beantragt, wie entschieden, mit Ausnahme der Feststellungen zum Tatgeschehen vom 12. Februar 2018, die aufrechterhalten bleiben konnten.
II.
Die Revision des Angeklagten ist gemäß den §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht angebracht worden. Sie hat auch mit der Sachrüge einen (vorläufigen) Teilerfolg.
1. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch hinsichtlich der Tat vom 30. November 2017 zum Nachteil des Geschädigten M. richtet, ist sie offensichtlich unbegründet. Der Senat verwirft sie deshalb insoweit entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
2. Der Schuldausspruch für die Tat vom 12. Februar 2018 zum Nachteil des Geschädigten M. unterlag indes der Aufhebung, da die getroffenen Feststellungen allenfalls die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung, nicht jedoch die Verurteilung wegen einer gefährlichen Körperverletzung tragen. Das Landgericht hat das Mobiltelefon, mit dem der Angeklagte dem Zeugen M. kräftig auf den Kopf schlug, was zu einer kleinen Kopfplatzwunde geführt hat, als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen, ohne indes Feststellungen zum konkreten Einsatz des Mobiltelefons gegen den Kopf des Zeugen zu treffen.
Dass ein als Schlagwerkzeug eingesetztes Mobiltelefon grundsätzlich geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen, reicht für die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung aber nicht aus (vgl. OLG Bremen, Urteil vom 27.11.2019 1 Ss 44/19; KG Berlin, Beschluss vom 5. 11.2021 (2) 121 Ss 100/21 (24/21)-, jeweils zit. nach juris). Ein Gegenstand ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nur dann ein gefährliches Werkzeug, wenn es nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. BGH NStZ 2007, 95 m.w.N.). Ein Mobiltelefon kann dann als gefährliches Werkzeug gewertet werden, wenn ein kräftiger Schlag mit einer Kante oder Ecke des Telefons ausgeführt wurde. Ein Schlag mit einem nur in der flachen Hand gehaltenen Mobiltelefon in das Gesicht des Opfers stellt z.B. grundsätzlich keine Körperverletzung mittels gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar, da hier nach Beschaffenheit und Art seiner Benutzung eine Eignung eines Mobiltelefons zur Herbeiführung einer erheblichen Körperverletzung, die über den Schlag mit der flachen Hand selbst hinausginge, nicht festzustellen ist (vgl. OLG Bremen, a.a.O.).
Feststellungen dazu, wie der Angeklagte das Mobiltelefon beim Schlag auf den Kopf des Zeugen M
gehalten hat, hat die Kammer nicht getroffen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Mobiltelefon beim Schlag mit der flachen Hand gehalten und so auf den Kopf des Zeugen M
geschlagen wurde, kann die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung keinen Bestand haben. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass ergänzende Feststellungen getroffen werden können, war es dem Senat verwehrt, in der Sache selbst zu entscheiden und den Schuldspruch zu ändern.
3. Da eine der einbezogenen Einzelstrafen mithin der Aufhebung unterlag, konnten auch die vom Landgericht erkannte Gesamtstrafe und die dieser zugrunde liegenden Feststellungen keinen Bestand haben.
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