Gericht / Entscheidungsdatum: LG Amberg, Beschl. v. 18.11.2022 - 12 Qs 64/22
Eigener Leitsatz:
Im Falle mehrerer Mitbeschuldigter kann, wenn ein Mitbeschuldigter einen Verteidiger hat, die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die anderen Mitbeschuldigten in Betracht kommen, insbesondere wenn sich die Beschuldigten gegenseitig belasten.
Landgericht Amberg
12 Qs 64/22
In dem Strafverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
Rechtsanwalt
wegen Diebstahls
erlässt das Landgericht Amberg - 1. Strafkammer - durch die unterzeichnenden Richter am 18. November 2022 folgenden
Beschluss
1. Auf die sofortige Beschwerde der Angeschuldigten pp. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 26.08.2022 wird dieser aufgehoben.
2. Der Angeschuldigten wird gemäß § 140 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 142 StPO Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger bestellt.
3. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
Mit dem Beschluss vom 26.08.2022, der Betroffenen zugestellt am 30.08.2022, hat das Amtsgericht Amberg einen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers für die Angeschuldigte pp. abgelehnt. Hinsichtlich der Gründe der vorgenannten Entscheidung wird auf diese vollumfänglich Bezug genommen.
Gegen den Beschluss wendet sich die Betroffene mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 06.09.2022, eingegangen beim Amtsgericht am 06.09.2022. Mit weiterem Schriftsatz vom 13.09.2022 wurde das Rechtsmittel begründet.
Das Amtsgericht Amberg hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Betroffenen ist statthaft und auch sonst zulässig.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Im Falle mehrerer Mitbeschuldigter kann, wenn ein Mitbeschuldigter einen Verteidiger hat, die Bei-ordnung eines Rechtsanwalts für die anderen Mitbeschuldigten in Betracht kommen, insbesondere wenn sich die Beschuldigten gegenseitig belasten (vergleiche Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 63. Auflage, § 140 Rn. 31 mit weiteren Nachweisen).
Vorliegend sind jedenfalls bezüglich Ziffer 2. der Anklage vom 28.07.2022 gegenseitige Schuldzuweisungen bzw. Rollenzuweisungen der Angeschuldigten im Einzelfall zu erwarten, da insoweit hinsichtlich der beiden Angeschuldigten unterschiedliche Begehungsweisen, insbesondere Täterschaft bei der Angeschuldigten pp und Teilnahme bei der Angeschuldigten pp. in Betracht kommen.
Da der Angeschuldigten pp. bereits ein Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, ist der Ange-schuldigten pp. aus Sicht der Kammer daher im Einzelfall nicht zuletzt wegen des Gesichtspunktes der Waffengleichheit ebenfalls ein Pflichtverteidiger zu bestellen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 StPO analog.
Einsender: RA J. Jendricke, Amberg
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