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Entscheidungen

OWi

Akteneinsicht, Messreihe, standardisiertes Messverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Köln, Beschl. v. 23.11.2022 - 805 OWi 112/22

Eigener Leitsatz:

Dem Verteidiger ist auf Antrag auch bei einem standardisierten Messverfahren die vollständige Messreihe zur Verfügung zu stellen. Ohne die Herausgabe der entsprechenden Daten wird der Anspruch auf Gewährung rechtliches Gehörs verletzt. Wird ein standardisiertes Messverfahren eingesetzt, muss der Betroffene zur Verteidigung konkrete Einwendungen gegen die Messung vorbringen.


Amtsgericht Köln

Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

hat das Amtsgericht Köln durch die Richterin am Amtsgericht am 23. November 2022 beschlossen:

Der Bußgeldstelle der Stadt Köln wird aufgegeben, dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen Einsicht in die vollständige Messreihe vom Tattag (inkl. Token) zu gewähren, indem die maßgeblichen Datenträger kopiert werden und an ihn übersandt werden.

Gründe:

Dem Verteidiger ist auf Antrag die vollständige Messreihe zur Verfügung zu stellen. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus §46 OWiG in Verbindung mit § 147 StPO. Ohne die Herausgabe der entsprechenden Daten würde der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Wird ein standardisiertes Messverfahren eingesetzt, muss der Betroffene zur Verteidigung konkrete Einwendungen gegen die Messung vorbringen. Das standardisierte Messverfahren bewirkt in diesem Sinne eine Beweislastumkehr, da der Betroffene konkret die Richtigkeit der Messung entkräften muss. Dies ist ihm nicht möglich, wenn er keine vollständige Überprüfung der Messung durchführen kann, was wiederum voraussetzt, dass ihm alle vorhandenen Daten, insbesondere die gesamte Messreihe, zugänglich gemacht werden. Auch ist eine Begrenzung der herauszugebenden Datensätze, bspw. auf fünf oder acht weitere Messungen aus der Messreihe, nicht statthaft. Der Betroffene muss selbst die Messreihe sichten können, um entscheiden zu können, welche anderen Messungen er anführen möchte um die Fehler in seiner Messung belegen zu können. Eine Vorauswahl durch das Gericht indem dem Betroffenen nur eine bestimmte Anzahl anderer Messungen oder nur Messungen an bestimmten Positionen der Messreihe zugänglich gemacht werden, würden eine weitere Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten darstellen, da anderer Messungen, ohne dass diese hätten geprüft werden können, von vorne herein aus der möglichen Beweisführung ausgenommen werden.

Die Stellungnahme der PTB vom 30.03.2020 ändert hieran nach Auffassung des Gerichts nichts. Soweit die PTB anführt, dass die gesamte Messreihe sehr lang sein könnte und daher praktisch nicht auswertbar sei, stellt dies keinen Grund gegen die Herausgabe dar. Die Auswertung, auch wenn sie ggf. lange dauert oder umfangreich ist, ist die Entscheidung des Betroffenen. Hinsichtlich der weiteren dort aufgeführten Punkte haben gerichtliche Sachverständige in der Vergangenheit die gesamte Messreihe untersucht und vorgetragen diese zur Auswertung zu benötigen. Diese sachverständige Auskunft kann das Gericht nicht überprüfen.

Gründe des Datenschutzes sprechen nicht gegen die Herausgabe, da die Interessen des Betroffenen ohne die Messreihe nicht gewahrt werden können und zudem die Möglichkeit besteht, die Messreihe zu anonymisieren. Die Daten werden zudem nur einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Personenkreis (Rechtsanwalt und Sachverständiger) zur Verfügung gestellt. Letztlich handelt es sich um Daten, die durch die freiwillige Teilnahme am Straßenverkehr entstanden sind.

Diese Rechtsauffassung wird auch vom OLG Düsseldorf und der dortigen Generalstaatsanwaltschaft geteilt, Beschluss vom 14.07.2022, Az.: IV-3 RBs 82/22.

Nach alledem sind auch dem gerichtlichen Sachverständigen von diesem begehrte Unterlagen herauszugeben.


Einsender: RA S. Kirli, Köln

Anmerkung:


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