Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dortmund, Urt. v. 15.12.2022 - 729 OWi-261 Js 2262/22 -143/22
Eigener Leitsatz:
Zum Umgang (hier: Freispruch) mit einem nach Einsatzende unerklärlich noch geschossenen Messfoto.
729 OWi-261 Js 2262/22 -143/22
Amtsgericht Dortmund
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Dortmund
aufgrund der Hauptverhandlung vom 15.12.2022,
an der teilgenommen haben:
für Recht erkannt:
Die Betroffene wird auf Kosten der Staatskasse freigesprochen.
Die Staatskasse trägt auch die notwendigen Auslagen der Betroffenen.
Gründe:
Der Betroffenen wurde vorgeworfen, am 08.08.2022 einen Rotlichtverstoß begangen zu haben. Sie habe an diesem Tage um 06:42 Uhr in Dortmund am Südwall 5-9 als Führerin des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen pp. des Fabrikates Mitsubishi einen Rotlichtverstoß begangen und sich dementsprechend ordnungswidrig verhalten gemäß §§ 37 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG.
Das Gericht konnte feststellen, dass an der Tatörtlichkeit die genannte Messstelle vorhanden ist und bis 1 Minute vor der Messung ein Messeinsatz der Stadt Dort-mund an dieser Stelle stattgefunden hat, jedoch nicht mehr zurzeit der ausgelösten Messung. Das Gericht konnte auch feststellen, dass die Betroffene als Fahrzeugführerin 1 Minute nach Ende des Messeinsatzes noch von dem Messgerät gemessen und fotografiert wurde. Das Messgerät zeigte einen Rotlichtverstoß an, bei dem die Rotlichtzeit mit 7,73 Sekunden, vorwerfbar mit 7,30 Sekunden gemessen wurde.
Die Betroffene hat den Rotlichtverstoß in Abrede gestellt.
Sie erklärte, sie sei Fahrzeugführerin gewesen. Sie sei nicht bei Rotlicht gefahren.
Das Gericht hat die Messbeamtin vernommen, die die Messung eingerichtet hat, nämlich die Zeugin C.
Diese erklärte, sie habe das Messgerät eingesetzt. Der Messgeräteeinsatz habe bis zum 08.08.2022, 06:41 Uhr gedauert.
Das Gericht konnte dies auch feststellen anhand des Messprotokolls (Bl. 20 d.A.), dass das Gericht urkundsbeweislich verlesen hat.
Hieraus ergab sich ein Messbeginn am 05.08.2022 um 08:53 Uhr und ein Messende am 08.08.2022 um 06:41 Uhr. Das Gericht konnte feststellen, dass es sich bei dem eingesetzten Messgerät um ein Messgerät des Typs PoliScan Speed FM1 handelte.
Das Gerät war zur Tatzeit gültig geeicht und wurde entsprechend der Bedienungsanleitung benutzt, was das Gericht durch Verlesung des Eichscheines des Gerätes feststellen konnte. Die Zeugin konnte auch bestätigen, dass der Standort gültig geeicht war, nämlich im Juli 2022.
Wegen des Verstoßes konnte das Gericht das Messfoto (Bl. 5 d.A.) und das Fahrerausschnittfoto (Bl. 7 d.A.) in Augenschein nehmen.
Auf dem Fahrerausschnittfoto war die Betroffene erkennbar, so dass ihr Geständnis der Fahrereigenschaft auf Glaubhaftigkeit überprüft werden konnte. Das Gericht konnte auch auf dem Messfoto das Fahrzeug der Betroffenen auf der mittleren Fahrspur erkennen.
Wegen der Einzelheiten des Aussehens der Betroffenen als Fahrzeugführerin wird auf Bl. 7 d.A. und wegen der örtlichen Situation und dem Fahrzeug der Betroffenen bei dem vorgeworfenen Verstoß auf das Messfoto Bl. 5 d.A. wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 267 Abs. I Satz 3 StPO i.V.m. § 46 OWiG Bezug genommen.
Aus der urkundsbeweislich verlesenen Datenzeile des Messfotos ließ sich die Rot-lichtzeit von 7,73 Sekunden und die vorgeworfene Rotlichtzeit von 7,30 Sekunden entnehmen. Für die Tatzeit war der 08.08.2022, 06:42:29 Uhr angegeben. Tatsächlich ließ sich damit feststellen, dass das Messfoto unerklärlicherweise zu einem Zeit-punkt gefertigt wurde, als das fragliche Messgerät gar nicht mehr sich im Einsatz befand. Folgerichtig fehlten ein Einsatz entsprechend der Bedienungsanleitung und überhaupt eine Plausibilität der Messung. Offensichtlich war entweder das Messprotokoll vollkommen falsch oder das Messfoto falsch oder manipuliert.
Die Angabe jedenfalls, dass mit dem fraglichen Messgerät zur Tatzeit die Betroffene gemessen worden sein kann, widerspricht unauflöslich dem Messprotokoll und der Zeugenaussage der Zeugin C, so dass es zu einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen mit der Kostenfolge nach den §§ 467 StPO, 46 OWiG kommen musste.
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