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Entscheidungen

StPO

Strafaussetzung zur Bewährung, Widerruf, Zuständigkeit, Vollstreckung von Strafhaft

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Koblenz, Beschl. v. 13.04.2023 - 2 Qs 23/23 jug.

Eigener Leitsatz:

Mit Beginn der Vollstreckung der Strafhaft geht die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung auf die Strafvollstreckungskammer über. § 462a Abs. 1 S. 1 StPO sieht insoweit vor, dass die Strafvollstreckungskammer für die gemäß den §§ 453, 454, 454a und 462 StPO zu treffenden Entscheidungen zuständig ist, wenn gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird. Örtlich ist nach dieser Regelung grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, aufgenommen ist. Die sachliche Zuständigkeit beginnt automatisch, eine konkrete Befassung der Strafvollstreckungskammer mit dem Verurteilten ist nicht erforderlich.


2 Qs 23/23 jug

Landgericht Koblenz

Beschluss

In dem Strafverfahren
gegen pp.

Verteidigerin

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.

hier Bewährungswiderruf
hat die 2. große Strafkammer (Jugendkammer I) des Landgerichts Koblenz

durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und die Richterin am 13. April 2023 beschlossen:

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Montabaur vom 24. Februar 2023 wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Durch Urteil der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 5. August 2011 wurde der Verurteilte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren Der Verurteilte verbüßte zunächst seit dem 28. Dezember 2011 Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Wittlich. Mit Entscheidung der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 27. Februar 2013, der die Kammer am 5. Februar 2013 zugestimmt hatte, wurde die Vollstreckung des Restes der verhängten Strafe für die Dauer eines Jahres gemäß § 35 BtMG zu Gunsten der Durchführung einer Therapie in dem Therapiedorf „Villa Lilly" in Bad Schwalbach ab dem 20. März 2013 zurückgestellt. Nach regulärer Beendigung dieser stationären Entwöhnungsbehandlung setzte die Kammer die Vollstreckung des Restes der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 zur Bewährung aus.

Mit Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Trier in Wittlich vom 12. Juni 2017, rechtskräftig seit dem 16. August 2017, wurde die Aussetzung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung im Hinblick auf eine zwischenzeitlich erfolgte weitere Verurteilung widerrufen. Der Verurteilte befand sich daher erneut seit dem 5. Februar 2016 in Haft in der Justizvollzugsanstalt Diez.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Koblenz setzte die 2. große Strafkammer des Landgerichts Koblenz am 20. Januar 2021 die Vollstreckung des Restes der im Urteil des Landgerichts Koblenz vom 5. August 2011 (Az.: 2090 Js 60.592/10 jug) verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zur Bewährung aus. Zuvor hatte der Verurteilte erfolgreich eine Therapie in der MEDIAN Klinik Wied absolviert.

Im Rahmen des vorgenannten Beschlusses wurde der Verurteilte angewiesen,

a) sich unverzüglich bei seinem Bewährungshelfer zu melden,
b) jeden Wohnsitzwechsel unaufgefordert und unverzüglich sowohl dem für die Bewährungsüberwachung zuständigen Gericht als auch dem Bewährungshelfer mit-zuteilen,
c) sich für die Dauer eines Jahres einer Nachsorgebehandlung bei der für seinen Wohnort zuständigen Drogenberatungsstelle der Jugend- und Drogenberatung des Diakonischen Werkes im Westerwaldkreis Westerburg, Außenstelle Montabaur, Bahnhofsraße 69, 56410 Montabaur, nach deren Weisung zu unterziehen. Die re-gelmäßige Teilnahme an den Beratungsgesprächen ist dem Bewährungshelfer durch unaufgeforderte Vorlage von Bescheinigungen im Abstand von höchstens drei Monaten nachzuweisen,
d) keine erlaubnispflichtigen Betäubungsmittel im Sinne des § 1 BtMG und Stoffe sowie Zubereitungen, die dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) unterfallen, zu sich zu nehmen, zu erwerben oder zu besitzen,
e) zum Nachweis der Drogenfreiheit im ersten Jahr der Bewährungszeit im Abstand von höchstens zwei Monaten auf seine Kosten insgesamt sechs Drogenscreening-Untersuchungen (Urin- oder Haarproben) hinsichtlich der Parameter THC, MD-MA und Amphetamin nach näherer Weisung durch den Bewährungshelfer zu absolvieren und das Ergebnis dem Bewährungshelfer unaufgefordert mitzuteilen. Sofern sich bei einer Untersuchung ein Hinweis auf eine Verdünnung des Urins ergibt, gilt das Drogenscreening als nicht ausgeführt; in einem solchen Fall hat unverzüglich ein neues Drogenscreening zu erfolgen.

Zudem ordnete die Kammer an, dass die mündliche Belehrung des Verurteilten über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amtsgericht Monta-baur übertragen wird.

Am 26. August 2021 wurde dem Verurteilten durch das Amtsgericht Montabaur der Bewährungsplan eröffnet und er nochmals über deren Bedeutung und die Folgen bei einem Bewährungsverstoß belehrt.

In der Folge übernahm das Amtsgericht Montabaur - Jugendrichter - weitergehend auch die Überwachung der Bewährungszeit, wobei es zu positiven Drogenscreenings des Verurteilten kam.

Das Drogenscreening vom 25. August 2021 war bezüglich des Parameters Amphetamin positiv (28,3 ng/ml). Das folgende Screening vom 22. Oktober 2021 war wiederum hinsichtlich des Parameters Amphetamin positiv, wobei der Wert dieses Mal mit 113 ng/ml deutlich erhöht war. Auch bei der Urinuntersuchung vom 10. Dezember 2021 wurde Amphetamin mit einem Wert von 50,6 ng/ml nachgewiesen.

Es erfolgte am 17. Februar 2022 ein Anhörungstermin vor dem Amtsgericht Montabaur, in dem der Verurteilte erklärte, er habe zuletzt im Januar Betäubungsmittel konsumiert. Der die Bewährungsaufsicht führende Richter am Amtsgericht teilte dem Verurteilten mit, dass er bei einem weiteren positiven Screening die Bewährung widerrufen werde. Zudem erließ er den Beschluss, dass sich der Verurteilte unmittelbar in Folge des Anhörungstermins einem Drogenscreening zu unterziehen habe. In dem folgenden Test konnten keine Substanzen nachgewiesen werden.

Zu weiteren Terminen für Drogenscreenings am 11. April 2022, 12. April 2022, 13. April 2022, 25. April 2022, 28. April 2022 und 19. Mai 2022 erschien der Verurteilte ohne Entschuldigung nicht.

Am 12. Juli 2022 beantragte die Staatsanwaltschaft Koblenz, bei dem Amtsgericht Montabaur den Widerruf der Strafaussetzung.

Am 20. September 2022 erging gegen den Verurteilten ein Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz (2090 Js 7746/22) wegen des dringenden Tatverdachts mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. In dem Haftbefehl heißt es: „Im Rahmen einer Durchsuchung am 20. September 2022 wurden in der Wohnung des Beschuldigten u.a. 2.122,66 Gramm (netto) Amphetamin und 59,53 Gramm (netto) Marihuana, eine Geldzählmaschine, eine Feinwaage mit weißen Anhaftungen, diverse Druckverschlussbeutel mit und ohne Anhaftungen, diverse Blister mit Tilidin, eine Vakuumiermaschine sowie 10 Liter Kamagra aufgefunden."

Es erfolgte ein neuer Anhörungstermin am 5. Januar 2023, der zu keiner Entscheidung führte, da der Verteidigerin zuvor noch keine Akteneinsicht gewährt worden war. Die Anhörung erfolgte dann am 24. Februar 2023, wobei der Verurteilte zu den positiven Screenings und dem Kontaktabbruch zur Bewährungshilfe angehört wurde. Am gleichen Tage erging der Beschluss des Amtsgerichts Montabaur und die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wurde widerrufen. Die Entscheidung wurde insbesondere damit begründet, dass die Screenings vom 25. August 2021, 22. Oktober 2021 und 10. Dezember 2021 positiv gewesen seien und der Verurteilte die weiteren Termine unentschuldigt nicht wahrgenommen habe.

Der Beschluss wurde der Verteidigerin am 6. März 2023 zugestellt, die hiergegen mit Schriftsatz vom gleichen Tage, eingegangen beim Amtsgericht am 8. März 2023, sofortige Beschwerde einlegte.

Mit gesondertem Schreiben vom 13. März 2023 wurde die sofortige Beschwerde insbesondere mit der fehlenden Zuständigkeit des Jugendrichters des Amtsgerichts Montabaur begründet. Da der Verurteilte als Erwachsener lediglich aufgrund eines heranwachsenden Mitangeklagten durch die Jugendkammer verurteilt worden sei, sei für die Vollstreckung nicht der Jugendrichter zuständig, der die Zuständigkeit hier jedoch fälschlicherweise angenommen habe, sodass der Beschluss aufzuheben sei.

Die Staatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

1. Die gemäß § 453 Abs. 2 S. 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig erhoben worden.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, da das Amtsgericht Montabaur nicht zur Entscheidung über den Widerruf der Bewährung berufen war.

Die Kammer leitete dem Amtsgericht Montabaur den Beschluss vom 20. Januar 2021 lediglich zur mündlichen Belehrung über die Strafaussetzung zur Bewährung zu. So heißt es unter Ziffer 6 des Beschlusses ausdrücklich:

„Die mündliche Belehrung des Verurteilten über die Aussetzung des Strafrestes wird dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amtsgericht Montabaur übertragen."

Eine weitergehende Regelung wurde hingegen nicht getroffenen. Für die Überwachung der Bewährung lag die Zuständigkeit weiterhin bei der Strafvollstreckungskammer und nicht beim Amtsgericht Montabaur.

Mit Beginn der Vollstreckung der Strafhaft am 28. Dezember 2011 ging die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung auf die Strafvollstreckungs-kammer über. § 462a Abs. 1 S. 1 StPO sieht insoweit vor, dass die Strafvollstreckungskammer für die gemäß den §§ 453, 454, 454a und 462 StPO zu treffenden Entscheidungen zuständig ist, wenn gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird. Örtlich ist nach dieser Regelung grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, aufgenommen ist.

Die sachliche Zuständigkeit beginnt automatisch, eine konkrete Befassung der Strafvollstreckungskammer mit dem Verurteilten ist nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1981 - 2 ARs 293/81, NJW 1982, 248). Seit dem 28. Dezember 2011 war daher die Strafvollstreckungskammer funktional zuständig (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2000 - 2 ARs 41/00 - 2 AR 21/00, NStZ 2000, 391). Folgerichtig hat diese auch bereits 2017 über den ersten Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung entschieden.

Gemäß § 462a Abs. 1 S. 2 StPO bleibt die Strafvollstreckungskammer auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe - wie auch hier - unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es kommt zur sogenannten Fortwirkung der Zuständigkeit. Nach § 462a Abs. 1 S. 2 StPO wirkt die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer nämlich über den Zeitpunkt der (vorzeitigen) Entlassung des Verurteilten hinaus und endet erst mit vollständiger Erledigung der Strafvoll-streckung (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2009 - 2 ARs 98/09, NJW 2009, 3313; OLG Hamburg, Beschluss vom 27. April 2010 - 2 Ws 59/10, BeckRS 2010, 14204). Als Ausnahme bleibt damit nach § 462a Abs. 1 S. 2 StPO die Strafvollstreckungskammer auch zuständig für vollstreckungs-rechtliche Nachtragsentscheidungen, obwohl sich der Verurteilte im Zeitpunkt des Befasstseins mit einer bestimmten Vollstreckungssache nicht (mehr) in der Vollzugseinrichtung befindet (MüKoStPO/Nestler, 1. Aufl. 2019, StPO § 462a Rn. 28).

Vorliegend ist dabei zu beachten, dass der Verurteilte zunächst in der Justizvollzugsanstalt Wittlich und anschließend in Diez inhaftiert war. Mit der Inhaftierung in Diez nach dem ersten Widerruf der Bewährung, endete die örtliche Fortwirkungszuständigkeit der Strafvollzugskammer des Landgerichts Trier und ging automatisch auf die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz - auswärtige Kammer Diez - über. Denn sobald gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe in dem Bezirk einer anderen Strafvollstreckungskammer vollzogen wird, kommt es zum Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Die dann zuständige Strafvollstreckungskammer wird auf Grund des Konzentrationsprinzips mit der Aufnahme des Verurteilten in Strafhaft für die Nachtragsentscheidungen in allen Verfahren zuständig, auch für die Widerrufsentscheidung in der Strafsache, welche die Fortsetzungszuständigkeit der früheren Strafvollstreckungskammer begründet hatte (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2006 - 2 ARs 302/06 2 AR 89/06, NStZ-RR 2007, 94; BGH Beschluss vom 27. Janaur 2010 — 2 ARs 565/09, BeckRS 2010, 4784). Allein der Anstalts-wechsel löst den Übergang der Zuständigkeit für alle noch nicht erledigten Verurteilungen nach Erwachsenenrecht aus (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2006 - 2 ARs 302/06 2 AR 89/06, NStZ-RR 2007, 94). Wird der Verurteilte entlassen, bleibt die Fortwirkungszuständigkeit bei der zuletzt zu-ständigen Strafvollstreckungskammer. Sie fällt nicht etwa an die früher zuständig gewesene Kammer zurück, auch wenn nur die Strafe noch nicht erledigt ist, die deren Zuständigkeit früher begründet hatte (BGH, Beschluss vom 20. Juli 1978 - 2 ARs 180/78, BGHSt 28, 82). Solange die Fortwirkungszuständigkeit andauert, fällt auch jede weitere Überwachungsaufgabe wegen neuer zur Bewährung ausgesetzter Freiheitsstrafen in die Zuständigkeit dieser Strafvollstreckungskam-mer (KK-StPO/Appl, 9. Aufl. 2023, StPO § 462a Rn. 25).

§ 462a StPO gilt nur nicht für die Vollstreckung der Jugendstrafe. Vollstreckungsleiter ist dann der Jugendrichter, § 82 Abs. 1 JGG, § 110 Abs. 1 JGG (vgl. zur Vollstreckung der Jugendstrafe MüKoStPO/Nestler, 1. Aufl. 2019, StPO § 462a Rn. 8 sowie BeckOK StPO/Coen, 46. Ed. 1.1.2023, StPO § 462a Rn. 20). In diesem Zusammenhang ist hier jedoch zu beachten, dass der Verurteilte als Erwachsener verurteilt wurde und es sich somit nicht um die Vollstreckung einer Jugendstrafe handelt, sodass hier gerade nicht der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter zuständig ist.

Unerheblich ist dabei, dass das Bewährungsheft der örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer infolge des Beschlusses vom 20. Januar 2021 nicht vorgelegen hat, sondern fälschlicherweise bei dem Amtsgericht Montabaur verblieben ist. Befasst wird das Gericht bereits dann, wenn lediglich Tatsachen aktenkundig werden, die eine Entscheidung, zum Beispiel einen Aussetzungs-widerruf, rechtfertigen können (BGH, Beschluss vom 15. März 2000 - 2 ARs 41/00 - 2 AR 21/00 2000, NStZ 2000, 391; OLG Hamm, Beschluss vom 19. Februar 2009 - 3 Ws 44/09, NStZ 2010, 295; KG Beschluss vom 23. Juni 2006 — 5 Ws 215/06, BeckRS 2006, 10601), unabhängig davon, wo sich die Akten befinden (OLG Hamm Beschluss vom 10. Juli 2007 — 3 Ws 417/07, BeckRS 2007, 19258) bzw. wo die Unterlagen eingehen (BGH, Beschluss vom 12. März 2003 — 2 ARs 57/03 —, juris: Pollähne in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, Strafprozessordnung, § 462, I. Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer, Rn. 9).

Es kann dahinstehen, ob in den Fällen unzuständiger Vorinstanz das Beschwerdegericht in der Sache entscheiden kann, wenn es über Beschwerden gegen Entscheidungen sowohl des unzuständigen als auch des zuständigen Spruchkörpers zu befinden hat (verneinend OLG Hamburg, Beschluss vom 9. April 1991 — 2b Ws 102/91 —, juris und OLG Jena Beschluss vom 30. September 2011 —1 Ws 410/11, BeckRS 2011, 28903; die Entscheidungskompetenz bejahend hingegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2000 — 3 Ws 395/00 —, Rn. 11, juris), denn hier wäre die 2. große Strafkammer des Landgerichts Koblenz jedenfalls nicht für eine Beschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer zuständig.

Zudem kommt eine eigene Sachentscheidung des Beschwerdegerichts grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn anstelle der zuständigen Strafvollstreckungskammer ein unzuständiger Strafrichter bzw. hier der Jugendrichter entschieden hat. Dies ergibt sich aus dem in den §§ 78a und b GVG, 462a Abs. 1 StPO normierten Sonderstatus und der daraus folgenden Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 9. April 1991 — 2b Ws 102/91 —, juris), sodass hier keine Entscheidung in der Sache möglich war. Diese ist vielmehr durch die zuständige Strafvollstreckungskammer zu treffen, bei der ein entsprechender Antrag zu stellen ist (vgl. OLG Jena Beschluss vom 30. September 2011 — 1 Ws 410/11, BeckRS 2011, 28903).

3. Wegen des Erfolgs der sofortigen Beschwerde fallen die Kosten des Beschwerdeverfahrens entsprechend § 467 StPO der Staatskasse zur Last.


Einsender: RÄin M. Faust, Höhr-Grenzhausen

Anmerkung:


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