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Entscheidungen

OWi

Örtliche Verlegung bereits angemeldeter Bienenstände, Anzeigepflicht

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 23.02.2023 - 3 ORbs 34/23162 Ss 16/23

Leitsatz des Gerichts:

§ 1a BienSeuchV begründet keine Verpflichtung, die bloße Verlegung eines angemeldeten Bienenstandes - bei gleichbleibender Anzahl der Bienenvölker - der zuständigen Behörde anzuzeigen.


In der Bußgeldsache
gegen pp.

wegen Verstoßes gegen die Bienenseuchenverordnung

hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts am 23. Februar 2023 beschlossen:

1. Auf seinen Antrag wird die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 30. November 2022 zugelassen.
2. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 30. November 2022 aufgehoben und der Betroffene freigesprochen.
3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Landeskasse Berlin auferlegt.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen am 30. November 2022 wegen fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht aus § 1a Bienenseuchenverordnung (BienSeuchV) zu einer Geldbuße von 100,- Euro verurteilt. Dazu hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

Der Betroffene ist Bienenhalter und hat im Jahr 2016 dem Bezirksamt X. angezeigt, dass er an folgenden Standorten Bienenvölker hält:
a) Im M.- Weg in einer Kleingartenanlage sieben Völker und
b) im M.-Weg 8 vier Bienenvölker.

Spätestens im April 2021 verlegte der Betroffene einen unterjährigen Ablegerstandort für ein Bienenvolk in die W.-Straße in Berlin Y., ohne dies dem Bezirksamt X. mitzuteilen. Auf Grund eines Ausbruchs der Amerikanischen Faulbrut in einem Bienenstand des Bezirks wurde innerhalb des Bezirks X. um den Standort des betroffenen Bienenstands Mitte Juni 2021 ein Sperrbezirk erklärt und die dem Bezirksamt bekannten Bienenhalter hiervon unterrichtet sowie zur Aktualisierung ihrer Daten aufgefordert. Hierauf gab der Betroffene an, dass sich an den Angaben aus 2016 nichts verändert habe. Erst mit Schreiben vom 26. Juni 2021 teilte der Betroffene der Behörde den unterjährigen Standort in der W.-Straße mit. Dieser Standort lag im Bereich des amtlich eingerichteten Sperrbezirks, die übrigen Standorte befanden sich außerhalb davon.

Das Amtsgericht hat im Rahmen der rechtlichen Einordnung des Geschehens die Auffassung vertreten, die Anzeigepflicht nach § 1a BienSeuchV umfasse auch die Verlegung bereits angemeldeter Bienenstände.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, die er auf die Sachrüge stützt. Er vertritt die Auffassung, dass keine Pflicht bestehe, einen Ablegerstandort für ein Bienenvolk gesondert zu melden; die bloße Verlagerung von Standorten nach der Registrierung müsse der Behörde nicht nach § 1a BienSeuchV gemeldet werden.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II.

1. Auf den frist- und formgerechten Antrag des Betroffenen war die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe von § 80 Abs. 1 Nr. 1 erster Fall, Abs. 2 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Soweit ersichtlich, ist über die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob § 1a BienSeuchV dahingehend auszulegen ist, dass auch die (unterjährige) Verlegung bereits angemeldeter Bienenstände der zuständigen Behörde anzuzeigen ist, obergerichtlich noch nicht entschieden worden.

2. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die unterjährige Verlegung des bereits angemeldeten Bienenstandes unterlag keiner gesonderten Anzeigepflicht aus § 1a Satz 1 BienSeuchVO.

Nach § 1a BienSeuchVO hat derjenige, der Bienen halten will, dies spätestens bei Beginn der Tätigkeit der zuständigen Behörde unter Angabe der Bienenvölker und ihres Standortes anzuzeigen.

Unter die Anzeigepflicht fällt unzweifelhaft die erstmalige Anmeldung eines Standortes. Weiter unterliegt auch - wie sich aus der Pflicht zur Meldung der Anzahl von Bienenvölkern ergibt - der Anzeigepflicht, wenn ein Bienenhalter die Anzahl der Völker verändert. Dies folgt aus den in der BienSeuchV umfangreich geregelten Schutzmaßregeln zur Seuchenbekämpfung. Denn nur bei Kenntnis des Umfangs der Bestände ist die zuständige Behörde in der Lage, entsprechende Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung, namentlich Sperrmaßnahmen nach § 8 BienSeuchV, zu ergreifen oder Sperrbezirke nach § 10 BienSeuchV einzurichten.

Dem gegenüber statuiert § 1a BienSeuchV aus systematischen Erwägungen keine Verpflichtung, die bloße Verlegung eines angemeldeten Bienenstandes - bei gleichbleibender Anzahl der Bienenvölker - der zuständigen Behörde anzuzeigen. Hierbei ist § 5a Satz 1 BienSeuchVO in den Blick zu nehmen, wonach der Besitzer von Bienenvölkern, die nur vorübergehend an einen anderen Ort verbracht werden, an dem Bienenstand ein Schild mit seinem Namen und seiner Anschrift sowie der Zahl der Bienenvölker anzubringen hat. Eine Verpflichtung, die Verlegung anzuzeigen, findet sich darin nicht.

Hinzu tritt, dass die zuständige Behörde nach § 5b BienSeuchV anordnen kann, dass in einem Sperrgebiet nach § 3 oder einem nach § 14 Abs. 2 bestimmten Gebiet die Besitzer von Bienenvölkern diese unter Angabe des Standortes der Bienenstände anzuzeigen haben. Dies dient offenkundig dem Zweck, (angemeldete) Bienenstände eines Sperrbezirks oder Beobachtungsgebiets vollständig zu erfassen, um angemessene Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung zeitnah vornehmen zu können. Für diese Regelung bestünde aber kein Bedürfnis, wenn auch lediglich unterjährig verlegte Bienenstände nach § 1a BienSeuchVO anzumelden wären. Denn dann wären bereits dadurch alle Bienenstände eines Bezirks behördlich erfasst und eine nochmalige Aufforderung zur Anzeige von Bienenständen überflüssig.

Die Erwägungsgründe der Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates 2016/429 vom 9. März 2016 rechtfertigen kein abweichendes Ergebnis, denn sie enthalten nur pauschale Aussagen über die generelle Bedeutung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Tierseuchen. Mit der Möglichkeit, nach § 5b BienSeuchV Auskunft über Bienenbestände zu verlangen, hat der Verordnungsgeber den Verwaltungsbehörden zudem ein effektives Instrument zur Verfügung gestellt, um etwaige Informationslücken, die durch unterjährige Verlegung von Bienenständen entstehen, zu schließen.

3. Aus den dargelegten Gründen war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Betroffene gemäß §§ 79 Abs. 6 OWiG, 354 Abs. 1 StPO aus Rechtsgründen freizusprechen. Für eine Verurteilung wegen unterlassener bzw. verspäteter Anzeige von Bienenvölkern im Sperrbezirk war schon deswegen kein Raum, weil ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht aus § 5b BienSeuchV nach Maßgabe von § 26 BienSeuchV nicht bußgeldbewehrt ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO, der auch im Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. (vgl. Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl., § 467 Rdn. 2 und § 473 Rdn. 1).


Einsender: RiKG U. Sandherr, Berlin

Anmerkung:


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