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Entscheidungen

Gebühren/Kosten/Auslagen

Vergütungsvereinbarung, WG, Delegation auf den WEG-Verwalter

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Karlsruhe, Urt. v. 04.09.2023 – 11 S 68/22

Leitsatz des Gerichts:

Bei einer die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtenden Vergütungsvereinbarung muss zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Eine weitergehende Delegation an den Verwalter ist – abgesehen von tatsächlich geringfügigen Vergütungsbeträgen – durch Beschluss nicht möglich.


In pp.

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Rastatt vom 27.05.2022, Az. 3 C 298/21 WEG, wird im Kostenpunkt aufgehoben, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der in der Eigentümerversammlung vom 15.09.2021 unter TOP 19 gefasste Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft B. – Weiterbelastung von Kosten an die Sondereigentumseinheit – wird für ungültig erklärt.
2. Der in der Eigentümerversammlung vom 15.09.2021 unter TOP 17 Spiegelstrich 6 gefasste Beschluss wird hinsichtlich der dort geregelten Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für Beschlussklagen auf Passivseite für ungültig erklärt.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.250,00 € festgesetzt.

Gründe

[abgekürzt nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO]

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet und führt zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Hinsichtlich des allein berufungsgegenständlichen TOP 17 der Eigentümerversammlung vom 15.09.2021 wird zunächst festgestellt, dass der im Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils festgestellte Antrag schon in erster Instanz eingeschränkt wurde. In der Klagebegründungsschrift vom 11.11.2021 heißt es auf Seite 2 (AS I 83), dass die Beschlussanfechtung beschränkt werde auf den Spiegelstrich 6 des TOP 17.

Dieser Spiegelstrich 6 lautet, dass die Verwalterin zur Führung von Beschlussklagen auf Passivseite (Auswahl eines Rechtsanwalts, Abschluss einer Honorarvereinbarung, Abstimmung der Strategie sowie zur Entscheidung über Rechtsmittel) befugt sei.

In der Klagebegründung war eine weitere thematische Verengung auf den Abschluss der Honorarvereinbarung erfolgt. Diese ergibt sich übrigens aber auch schon aus der Formulierung des Klageantrags, der eine weitere Einschränkung dahingehend enthält, dass die Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung für ungültig erklärt werden soll. Im Kern versteht daher das Gericht den Antrag so, dass eben die Delegation der Honorarvereinbarung im Falle von Beschlussklagen auf Passivseite klägerseits für nicht ordnungsgemäß gehalten wird und entsprechend die Beschlussfassung als ungültig gerügt wird.

Dieser in der Eigentümerversammlung vom15.09.2021 unter Top 17 Spiegelstrich 6 gefasste Beschluss ist hinsichtlich der dort geregelten Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für Beschlussklagen auf Passivseite für ungültig zu erklären, da er ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.

Denn bei einer Vergütungsvereinbarung müsste zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden (vgl. zur wohl überwiegend vertretenen Auffassung: Bärmann, 15. Aufl., 2023, WEG, § 27, Rdnr. 180, 181). Auch wenn nicht genau dieser Aspekt in der Klagebegründung angeführt wurde, ist doch im Kern innerhalb der Klagebegründungsfrist klar beanstandet worden, dass insbesondere wegen der Kostenmehrung diese Delegation auf die Verwalterin gerügt wird.

Auch zum alten Recht, welches das Amtsgericht zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen macht (ähnlich auch: BeckOGK/Greiner, 1.3.2023, WEG § 27, Rn. 68 ff.), galt nichts anderes: Jenseits der Streitwertvereinbarungen (vgl. zum engen Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 Nr. 6 WEG a.F.: Abramenko, ZWE 2009, 154) bedarf es für eine sonstige („echte“) Vergütungsvereinbarung (mit Zeithonorar o.ä.), die für eine Angelegenheit, die den Verband betrifft, mit dem Rechtsanwalt abzuschließen ist, eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Damit dieser den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, müssen (nach altem und neuem Recht) besondere Gründe vorliegen (vgl. Abramenko, ZWE 2009, 154 ff.). Denn jedenfalls im hiesigen Bezirk dürften selbst die meisten Fachanwälte in WEG-Sachen nach dem RVG abrechnen, so dass ein praktischer Bedarf für Vergütungsvereinbarungen in der Regel in WEG-Sachen nicht besteht. Hinzukommt, dass nur bei einer Abrechnung nach RVG gewährleistet ist, dass im Obsiegensfall alle Kosten vom Gegner im Rahmen des Kostenfestsetzung erlangt werden können. Bei einer Abrechnung außerhalb des gesetzlichen Preisrechts würde sich selbst bei der Beauftragung eines Freiberuflers außerdem die Frage stellen, ob Vergleichsangebote anderer Anbieter einzuholen sind (vgl. zu Architekten, die jenseits der Mindestsätze nach HOAI abrechnen: OLG München, Beschluss vom 17. 2. 2009 - 32 Wx 164/08, NZM 2009, 821). Als besonderer Grund, der ausnahmsweise eine Vergütungsvereinbarung rechtfertigen kann (und ggf. zugleich auch die Einholung von Vergleichsangeboten entbehrlich machen mag), kommt eine besondere fachliche Qualifikation des Rechtsanwalts, ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihm oder eine Vorbeauftragung in einer mit dem vermeintlichen Anspruch tatsächlich zusammenhängenden Angelegenheit in Betracht. Diese Gründe müssen der Ermessensentscheidung der Eigentümerversammlung zugrundeliegen und können auch im Beschlusstext benannt werden; jedenfalls muss der zu beauftragende Rechtsanwalt aus dem Beschlusstext erkennbar sein. Denn insoweit besteht ein unauflöslicher Zusammenhang zwischen seiner Person und den Gründen für eine Vergütungsvereinbarung. Keineswegs kann diese Entscheidung ohne inhaltliche und/oder personelle Vorgaben auf den Verwalter delegiert werden (vgl. LG München I, NJW-RR 2018, 266; dazu Drasdo, NJW-Spezial 2017, 707).

Der Beschluss ist auch nicht deshalb ordnungsgemäß, weil er lediglich eine ohnehin von Gesetzes wegen gegebene Kompetenz des Verwalters bestätigt. Denn im Regelfall ist eine Vergütungsvereinbarung nicht von § 27 Abs. 1 WEG n.F. gedeckt. Etwas anderes mag gelten, wenn es sich um tatsächlich geringfügige Beträge etwa in einer sehr großen Gemeinschaft handelt (vgl. Zschieschack in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Auflage 2022, § 27 WEG, Rn. 189). Die letztgenannte Frage kann dahinstehen, weil im konkreten Fall alle Beschlussklagen auf Passivseite von der Delegation umfasst sind, also auch solche mit sehr hohen Streitwerten und entsprechend hoher Anwaltsvergütung.

(Auch) Hinsichtlich der weiteren Frage, ob denn der konkrete Vergütungssatz und/oder eine Budgetierung in dem Beschluss mit aufgenommen werden muss, ist die Kommentarliteratur sich nicht einig (vgl. Greiner im BeckOGK, 01.03.2023, § 27 WEG, Randnummer 70.2). Die Frage kann dahinstehen.

Der angegriffene Beschluss ist teilbar und er ist daher – wie beantragt – nur hinsichtlich der Delegation der Honorarvereinbarung auf die Verwalterin im Falle von Beschlussklagen auf Passivseite für ungültig zu erklären. Ein Beschluss ist teilbar und kann dann auch nur teilweise im Wege der Anfechtungsklage angegriffen oder nur teilweise für ungültig oder nichtig erklärt werden, wenn die Wohnungseigentümer mit einem Beschluss mehrere Willenserklärungen getroffen und damit mehrere Gegenstände geregelt haben. In diesen Fällen „verstecken“ sich in einem „Beschlusskleid“ letztlich zwei oder auch mehrere Beschlüsse. Dies erkennt man u.a. daran, dass die Wohnungseigentümer die Willenserklärungen jeweils in gesonderten Beschlüssen hätten treffen können (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG vor § 23 Rn. 50). Außerhalb des Bereichs Jahresabrechnung/ Wirtschaftsplan ist die Rechtsprechung zwar mit einer Teilbarkeit des Beschlussgegenstandes sehr zurückhaltend (vgl. BGH NZM 2015, 218). Dies liegt darin begründet, dass die Wohnungseigentümer bei nahezu allen Beschlüssen einen erheblichen Ermessensspielraum haben. Hält man einen Beschluss nun teilweise aufrecht, hat der Beschluss einen anderen Inhalt, als ihn die Wohnungseigentümer beschlossen haben, dass sie dies auch so getan hätten – und damit ihr Ermessen in eine entsprechende Beschlussfassung ausgeübt hätten, wird häufig – anders allerdings hier – nicht feststellbar sein. Im konkreten Fall gilt: Problematisch und vom Gesetz abweichend ist allein, dass Anwaltshonorare jenseits der RVG-Gebühren vereinbart wurden; die übrigen Punkte dieses Spiegelstriches, wie die Beauftragung eines Anwalts und das Handling mit ihm aber nicht. (vgl. Greiner im BeckOGK, 01.03.2023, § 27 WEG, Randnummer 70.2).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 bzw. 92 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an den erstinstanzliche zugrundegelegten Einzelstreitwerten.


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