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Entscheidungen

Zivilrecht

Kaufvertrag, Rückabwicklung, Mängel, Beschaffenheitsvereinbarung, Nacherfüllungsverweigerung

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Velbert, Urt. v. 16.11.2023 - 13 V 81/23

Eigener Leitsatz:

1. Es ist anerkannt, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung auch konkludent oder stillschweigend zustande kommen kann. Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Beschaffenheit als vereinbart gilt, nicht nur auf die Beschreibung der Beschaffenheit im Kaufvertrag abzustellen, sondern es sind auch weitere schriftliche Angaben des Verkäufers an anderer Stelle des Vertragsformulars oder auch sonstiger Erklärungen des Verkäufers außerhalb der Vertragsurkunde in die Bewertung einzubeziehen.
2. In dem bloßen Bestreiten von Mängeln kann nicht ohne weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung gesehen werden. Etwas anderes gilt aber dann, wenn neben dem Bestreiten des Vorhandenseins von Mängeln weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner über das Bestreiten der Mängel hinaus bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer ordnungsgemäßen Nacherfüllungsforderung werde umstimmen lassen.


13 C 81/23

Amtsgericht Velbert

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit
pp.

hat das Amtsgericht Velbert

auf die mündliche Verhandlung vom 16.11.2023

durch den Direktor des Amtsgerichts

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2023 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdeanhängers des Herstellers Thiel vom Typ Racer mit der Fahrgestellnummer pp..
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des wie vor näher bezeichneten Anhängers im Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Pferdeanhänger Thiel Racer, den die Klägerin am 16.04.2023 für einen Kaufpreis von 3.400,- € von der Beklagten erwarb.

Die Klägerin war auf den Anhänger durch eine Anzeige der Beklagten auf der Verkaufsplattform ebay aufmerksam geworden, die nachfolgenden Wortlaut hatte: „Verkaufe meinen Poly 2 Pferdeanhänger von Baujahr 2001. Er ist in einem sehr guten Zustand und hat aktuell 2 Jahre TÜV, mit Sonderausstattung: ausziehbarer Sattelhalter und aufklappbares Fenster. Die Bodenplatte wurde vor ca. 2 Jahren erneuert.“

Der Kaufvertrag wurde „unter Ausschluss der Sachmängelhaftung“ abgeschlossen. Ergänzend wurde im Kaufvertragsformular unter Sondervereinbarungen handschriftlich „gekauft wie gesehen, keine Gewährleistung“ eingetragen. Weiter erklärte die Beklagte in dem Vertragsformular, das an dem Anhänger während der Zeit ihres Eigentums und in der übrigen Zeit (soweit ihr bekannt) kein Unfallschaden und keine sonstigen Schäden entstanden sind. Ferner findet sich unter Ziffer 1. des Kaufvertrages, in welchem es vorgedruckt heißt, dass der Verkäufer garantiert, dass das Kfz mit folgender Ausstattung / Zubehör sein uneingeschränktes Eigentum ist, die handschriftlich vorgenommene Eintragung „Bodenplatte vor ca. 2-3 Jahre erneuert".

Am 22.03.2023 holte die Klägerin den streitgegenständlichen Anhänger bei der Beklagten ab. Am 26.03.2023 nahm der Ehemann der Klägerin (der Zeuge D) den Anhänger genauer in Augenschein. Er löste Schrauben und entfernte eine Gummimatte und stellte fest, dass sich darunter bereits Wasser angesammelt hatte. Zudem fand er eine aus zwei Teilen bestehende Holzplatte vor, die über die eigentliche Bodenplatte gelegt worden war. Die ursprüngliche Bodenplatte war marode (faulig, bröselig und matschig).

Unter einer Holzleiste fand der Ehemann der Klägerin eine Schadensstelle an der linken GFK-Seitenwand vor (vergleiche Lichtbild Bl. 58 d. A.).

Am 26.04.2023 ließ der Beklagte den Pferdeanhänger von dem Hersteller untersuchen. Ein Mitarbeiter des Herstellers teilte der Klägerin per E-Mail mit, dass die Reparatur (Erneuerung der Bodenplatte) nicht fachmännisch durchgeführt worden sei. Auf die defekte, weil wegen Nässe durchweichte Bodenplatte sei eine zusätzliche, sehr schwere Holzplatte in zwei Teilen aufgeschraubt worden. Diese Holzplatte sei nur schlecht bzw. gar nicht abgedichtet und versiegelt worden. Der Mitarbeiter des Herstellers riet dringend davon ab, den Anhänger zum Transport von Pferden zu benutzen. Die Bodenplatte müsste erneuert werden, bevor Pferde sicher transportiert werden können. Auch die Heckklappe weise einen beginnenden Feuchtigkeitsschaden auf. Weiter weise die Seitenwand in Fahrtrichtung links einen Schaden auf. Dieser sei wahrscheinlich durch wiederholte Huftritte eines Pferdes an derselben Stelle entstanden. An der betreffenden Stelle sei die innere GFK-Schicht durchtreten und der Holzkern liege frei. Auch die Bremsanlage sei mängelbehaftet. Hier ließen sich ungleichmäßiger Verschleiß der Bremsbeläge und Schwergängigkeit mechanischen Komponenten des Bremssystems feststellen. Es wurde dringend die Instandsetzung der Bremsanlage empfohlen. Wegen der Einzelheiten der E-Mail des Mitarbeiters der Firma T wird auf die Anlage D5 zum Schriftsatz vom 25.08.2023 verwiesen. Die Kosten für die Reparatur des Anhängers veranschlagte die Firma T mit 6.261,24 € brutto.

Mit Schreiben vom 26.04.2023 forderte die Klägerin die Beklagte zur Nachbesserung auf. Da die Beklagte auf das Schreiben der Klägerin nicht reagierte, nahm diese anwaltliche Hilfe in Anspruch und ließ die Beklagte unter dem 09.05.2023 erneut auffordern „sämtliche im Schreiben vom 26.04.2023 aufgeführten Mängel nunmehr bis spätestens zum 30.05.2023 fachgerecht zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen.“ Mit Schreiben vom 22.05.2023 lehnte der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten „das Nachbesserungsangebot“ der Klägerin als nicht akzeptabel ab und erklärte, dass die Angelegenheit aus seiner Sicht „ausgeschrieben“ sei,

Mit Schreiben vom 31.05.2023 (und vorsorglich erneut in der Klageschrift) erklärte die Klägerin den Rücktritt von dem Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, den Kaufpreis für den Anhänger Zug um Zug gegen Rückgabe desselben zurückzuzahlen.

Am 08.09.2023 musste das Pferd der Klägerin tierärztlich behandelt werden. Der Ehemann der Klägerin mietete daraufhin einen Anhänger zu einem Preis von 45,00 €. Da sich das Pferd der Klägerin nicht verladen ließ, stattete der Tierarzt am 28.09.2023, 29.09.2023 und 05.10.2023 Hausbesuche ab, für die er insgesamt (neben den eigentlichen Behandlungskosten) 216,59 € in Rechnung stellte. Die Kosten für die Hausbesuche und die Anmietung des Pferdeanhängers macht die Klägerin klageerweiternd geltend.

Die Klägerin behauptet, sie habe die Beklagte bei den Verkaufsgesprächen darauf angesprochen, was es mit der an der Seitenwand angebrachten Holzleiste auf sich habe, da diese nicht dem Auslieferungszustand entspreche. Die Beklagte habe erklärt, dass diese Leiste lediglich dem Schutz der Seitenwand diene, weil ihr Pferd nicht immer ruhig gestanden habe. Auf den dahinter liegenden, durch die Leiste komplett verdeckten Schaden, habe die Beklagte, insoweit unstreitig, nicht hingewiesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte diesen Mangel arglistig verschwiegen habe, da sie diesen auf jeden Fall gekannt haben müsse. Auch die übrigen Mängel, hätten der Beklagten ebenso wenig verborgen geblieben sein können. Die festgestellten Mängel würden ein massives Sicherheitsrisiko darstellen.

Die Beklagte habe durch den Hinweis auf die angebliche Erneuerung der Bodenplatte entweder wider besseren Wissens oder zumindest schlicht ins Blaue hinein die Verkehrssicherheit des Anhängers suggeriert bzw. seine Mangelfreiheit beteuert. Die Klägerin meint, dass sich die Beklagte deshalb nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen könne.

Weiter behauptet die Klägerin, ihr Pferd habe sich am 08.09.2023 nicht verladen lassen, da es ihr aufgrund des defekten Anhängers nicht möglich gewesen sei, das Verladen des Pferdes zu üben bzw. ihr Pferd hieran zu gewöhnen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2023 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdeanhängers des Herstellers Thiel vom Typ Racer mit der Fahrgestellnummer pp.,
an sie 261,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2023 zu zahlen und
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des zuvor näher bezeichneten Anhängers im Verzug befindet,

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe in dem Verkaufsgespräch deutlich gemacht, dass der Hänger nicht nur „TÜV-frei“ sei, sondern auch, dass eine neue Bodenplatte in Eigenleistung vor ca. 2-3 Jahren auf die alte Bodenplatte aufgesetzt worden sei. Dieser Arbeiten habe der technisch versierte Vater der Beklagte ausgeführt, der zwischenzeitlich jedoch verstorben sei.

Die behaupteten Mängel aus dem Schreiben der Klägerin vom 26.04.2023 bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen.

Die Beklagte behauptet, sie habe nichts von dem mangelhaften Zustand des Anhängers gewusst, sondern aufgrund des Umstandes, dass der Vater zuvor den Hänger repariert hatte, diesen bis zur Veräußerung selbst genutzt und ihr wertvolles Dressurpferd darauf transportiert.

Dass sich hinter der an der Seitenwand aufgebrachten Holzleiste ein Schaden befunden haben solle, habe sie, die Beklagte, erst durch den klägerischen Vortrag erfahren.

Die Beklagte ist zudem der Auffassung, dass das außergerichtliche Schreiben der Klägerin nicht die Anforderungen erfülle, die an ein ordnungsgemäßes Nachbesserungsverlangen zu stellen sind.

Hinsichtlich der Anmietung eines Anhängers weist die Beklagte darauf hin, dass nicht die Klägerin, sondern ihr Ehemann Vertragspartner ist.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

I.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 3.400,- € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pferdeanhängers zu. Weitergehende Anspruch bestehen nicht.

a) Der in dem Tenor näher bezeichnete Anhänger ist mangelhaft, da er bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Vereinbart ist eine Beschaffenheit, wenn der Inhalt des Kaufvertrages von vornherein oder nachträglich die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist (Sollbeschaffenheit). Der Verkäufer muss bindend die Gewähr für eine Eigenschaft übernehmen und damit zu erkennen gegeben, für alle Folgen des Fehlens der Eigenschaft einzustehen. Es ist allgemein anerkannt, dass die insoweit getroffene Beschaffenheitsvereinbarung auch konkludent oder stillschweigend zustande kommen kann (vergleiche Weidenkaff, in Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl. 2023, § 434 BGB Rn. 14). Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Beschaffenheit als vereinbart gilt, nicht nur auf die Beschreibung der Beschaffenheit im Kaufvertrag („Bodenplatte vor ca. 2-3 Jahre erneuert") abzustellen, sondern es sind auch weitere schriftliche Angaben des Verkäufers an anderer Stelle des Vertragsformulars („mängelfrei“) oder auch sonstiger Erklärungen des Verkäufers außerhalb der Vertragsurkunde („Er ist in einem sehr guten Zustand ...“) in die Bewertung einzubeziehen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2016, VIII ZR 191/15, Rn. 38, juris).

Dabei kommt es nicht darauf an, ob „Erneuern" so zu verstehen ist, dass die alte Bodenplatte ausgetauscht oder, wie die Beklagte vorträgt, dass eine neue Bodenplatte auf die alte Bodenplatte aufgesetzt wurde. Entscheidend ist, dass die Klägerin die Erklärungen der Beklagten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte so verstehen durfte, dass die Arbeiten sach- und fachgerecht ausgeführt wurden. Das ist aber nicht der Fall, wie sich aus der E-Mail des Herstellers vom 27.04.2023 ergibt, derzufolge die Reparatur unfachmännisch durchgeführt wurde.

Denn auf die wegen Nässe bereits durchweichte Bodenplatte wurde eine zusätzliche, sehr schwere Holzplatte in zwei Teilen aufgeschraubt. Diese Holzplatte wurde unzureichend abgedichtet und nicht versiegelt, so dass diese zum Zeitpunkt des Verkaufs ebenfalls bereits durchweicht war und sich in Teilen bereits auflöste. Bereits beim Verkauf des Anhängers war dieser daher zum sicheren Transport von Pferden nicht mehr geeignet.

In der Gesamtschau durfte die Klägerin die Angaben der Beklagten („sehr guter Zustand“, „mängelfrei“, „Bodenplatte vor ca. 2-3 Jahre erneuert“) aber so verstehen, dass (im Sinne von § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) als vereinbart gilt, dass der Anhänger in einem Zustand ist, wie sich ein gebrauchter Anhänger nach einem fachgerechten Austausch einer Bodenplatte nach 2-3 Jahren befindet und dass dieser Anhänger für den sicheren Transport von Pferden geeignet ist.

Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte Erstbesitzerin des Anhängers ist, konnte sie die von der Klägerin behaupteten Mängel nicht wirksam mit Nichtwissen bestreiten (§ 138 Abs. 4 ZPO). Auch im Hinblick auf den substantiierten Vortrag der Klägerin zu den vorhandenen Mängeln (unter anderem dokumentiert in der E-Mail des Herstellers vom 27.04.2023) und auf die aussagekräftigen Lichtbilder, die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen wurden, hätte es der Beklagten oblegen, das Vorhandensein der Mängel qualifiziert zu bestreiten, was sie jedoch nicht getan hat. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist daher prozessual unbeachtlich.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf den Gewährleistungsausschluss aus dem Kaufvertrag vom 16.04.2023 berufen. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen das Amtsgericht keine Veranlassung hat, erfasst ein zwischen den Parteien eines Kaufvertrages vereinbarter Ausschluss der Haftung für Sachmängel nicht die Haftung des Verkäufers für ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten vereinbarte Eigenschaften im Sinne von § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, sondern nur Mängel gemäß § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB (Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.04.2016, V ZR 23/15, juris; Weidenkaff in: Grüneberg Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl. 2023, § 444 BGB Rn. 8).
b) Die Klägerin ist mit Schreiben vom 31.05.2023 gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 349 Abs. 1 BGB wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten, nachdem sie der Beklagten zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, worauf der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde. Aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 22.05.2023 waren weitere Nachfristsetzungen nicht erforderlich (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Dabei kann dahinstehen, ob das Schreiben der Klägerin vom 26.04.2023 die Anforderungen erfüllt, die an ein ordnungsgemäßes Nacherfüllungsverlangen zu stellen sind.

Das Erfordernis eines Nacherfüllungsverlangens als Voraussetzung für die Rechte des Käufers aus § 437 Nr. 2 und 3 BGB umschreibt keine Vertragspflicht, sondern eine Obliegenheit des Käufers. Diese Obliegenheit, der der Käufer im eigenen Interesse nachzukommen hat, wenn er die in § 437 Nr. 2 und 3 BGB aufgeführten Rechte geltend machen will, beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung, sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zu einer entsprechenden Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat.

Die Fristsetzung ist aber entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). In dem bloßen Bestreiten von Mängeln kann zwar nicht ohne weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung gesehen werden. Etwas anderes gilt aber dann, wenn neben dem Bestreiten des Vorhandenseins von Mängeln weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner über das Bestreiten der Mängel hinaus bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer ordnungsgemäßen Nacherfüllungsforderung werde umstimmen lassen (vergleiche Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.07.2015, VIII ZR 226/14, juris). Solche besonderen Umstände sind im Entscheidungsfall gegeben.

Denn zunächst hat die Beklagte auf das Anschreiben der Klägerin vom 26.04.2023 gar nicht reagiert. Daraufhin hat sich der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 09.05.2023 an die Beklagte gewandt und diese aufgefordert, sämtliche in dem Schreiben vom 26.04.2023 aufgeführten Mängel spätestens bis zum 30.05.2023 fachgerecht zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen. Die Art und Weise der Mängelbeseitigung hat der Klägervertreter dabei ausdrücklich in das Ermessen der Beklagten gestellt. Daraufhin hat sich der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 22.05.2023 bei den Klägervertreter gemeldet und nicht nur das Vorhandensein von Mängeln bestritten, sondern weiter angeführt, dass sich die Klägerin mit „einer solchen unverschämten Verhaltensweise" selbst um die Möglichkeit einer gütlichen Einigung gebracht habe. Das Schreiben des Beklagtenvertreters schließt damit, dass er die Angelegenheit ausdrücklich als „ausgeschrieben“ ansieht. Die verwendete Formulierung „ausgeschrieben“ durfte die Klägerin aus objektiver Empfängersicht als letztes Wort der Beklagten in dieser Angelegenheit und damit als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung ansehen.

Abgesehen davon würde es auch dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) widersprechen, wenn die Beklagte, wie hier, durch ihr Verhalten und die Formulierung eines Anschreibens auf ein Nachbesserungsverlangen, einen Rücktritt gleichsam provoziert und sich später im Prozess erstmals darauf beruft, dass ihr die Kaufsache nicht am Erfüllungsort zum Zwecke der Überprüfung zur Verfügung gestanden hätte. Denn wenn die Beklagte tatsächlich nacherfüllungsfähig und -bereit und gewesen wäre, hätte nichts näher gelegen als die Klägerin nach Erhalt des Schreibens vom 09.05.2023 aufzufordern, ihr den Anhänger zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am Erfüllungsort zur Verfügung zu stellen.
Dementsprechend unterscheiden sich die Sachverhalte, in welchen der Bundesgerichtshof von unwirksamen Nacherfüllungsverlangen ausgegangen ist, in wesentlichen Punkten von dem vorliegenden Sachverhalt. In dem Fall, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2010 (VIII ZR 310/08, juris) zugrunde lag, hatte der Käufer eine Untersuchung durch die Verkäuferin in unzulässiger Weise davon abhängig gemacht, dass diese sich zuvor mit der Lieferung eines neuen Fahrzeugs einverstanden erklärt. Unlängst lag dem Bundesgerichtshof ein Fall zur Entscheidung vor, in welcher der Käufer zu Unrecht einen Transportkostenvorschuss von 1.200,00 € für die Kaufsache (ein Pferd) verlangte, obwohl der Verkäufer zuvor ausdrücklich angeboten hatte, das Pferd auf eigene Kosten bei der Klägerin bzw. an dessen Standort abzuholen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.03.2022, VIII ZR 109/20, juris). Es erhellt, dass diese Fälle mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar sind.

c) Der Rücktritt gestaltet das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsschuldverhältnis um. Als Folge hiervon sind die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Dem entsprechend ist die Beklagte zur Zahlung von 3.400,00 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pferdeanhängers verpflichtet. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Herausgabe von Nutzungen besteht nicht. Denn aufgrund der vorhandenen Mängel ist der streitgegenständliche Pferdeanhänger zum sicheren Transport von Pferden nicht geeignet. Abgesehen davon sind nach § 346 Abs. 1 BGB auch nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben. Eine Nutzung des Anhängers durch die Klägerin ist aber unstreitig nicht erfolgt. Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 347 Abs. 1 BGB, nach der auch nicht gezogene Nutzungen ersatzpflichtig sind, liegen nicht vor.

2. Weitergehende Schadenersatzansprüche der Klägerin bestehen nicht.

Zwar werden Schadensersatzansprüche nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 BGB durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen (vergleiche § 325 BGB), hinsichtlich der Anmietung eines Anhängers am 08.09.2023 fehlt es aber an einem Schaden der Klägerin. Denn die Anmietung erfolgte nicht durch die Klägerin selbst, sondern im eigenen Namen durch deren Ehemann. Soweit die Klägerin vorträgt, dass ihr Ehemann den Vertrag in Vertretung für sie abgeschlossen habe, ergibt sich dies aus der vorgelegten Vertragsurkunde gerade nicht, weswegen zur Zahlung des Mietzinses nicht die Klägerin sondern ihr Ehemann verpflichtet ist (vergleiche auch § 164 Abs. 2 BGB).
Soweit des Weiteren der Klägerin von dem Tierarzt Dr. G Fahrtkosten für die
Behandlung ihres Pferdes in Rechnung gestellt wurden, fehlt es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und den entstandenen Fahrtkosten. Denn es steht nicht fest (sondern ist reine Spekulation), dass das Pferd der Klägerin sich am 08.09.2023 hätte verladen lassen, wenn die Beklagte einen Pferdeanhänger geliefert hätte, der die vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB hat.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

4. Der zulässige Feststellungsantrag der Klägerin ist begründet. Mit dem erklärten Rücktritt und der Aufforderung, den Pferdeanhänger Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen, ist die Beklagte in Annahmeverzug geraten (§§ 293 ff. BGB).

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen finden ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1 S. 1 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S. 1, 711 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 3.661,59 € festgesetzt.


Einsender: RA M. Schröder, Velbert

Anmerkung:


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