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Entscheidungen

OWi

Qualifizierter Rotlichtverstoß, Fahrverbot, keine abstrakte Gefährdung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Rostock, Beschl. v. 24.01.2024 - 21 ORbs 6/24

Eigener Leitsatz:

1. Ein Fahrzeugführer, der auf einem markierten (Linksabbieger-)Fahrstreifen im Sinne des § 37 Abs. 2 Nr. 4 StVO in eine Kreuzung einfährt, obwohl die Wechsellichtzeichenanlage Rot zeigt, handelt auch dann ordnungswidrig gemäß § 37 Abs. 2 StVO, wenn er anschließend in der Richtung eines durch Grünlicht freigegebenen anderen Fahrstreifens weiter fährt.
2. In diesen Fällen muss sich das Tatgericht aber sowohl im Hinblick auf die Höhe einer Geldbuße als auch hinsichtlich eines Fahrverbotes mit der Frage auseinander, dass die Kreuzung wegen des grünen Lichtzeichens für die Geradeausspur, auf die der Betroffene im Kreuzungsbereich wechselte, für Querverkehr gesperrt war, wodurch die abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gemindert war.


21 ORbs 6/24

Oberlandesgericht Rostock

Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

Rechtsanwalt Maximilian Rakow, Lise-Meitner-Ring 6 b, 18059 Rostock, Gz.: 2022
1105 M

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat das Oberlandesgericht Rostock - Senat für Bußgeldsachen - durch die Richterin am Landgericht Kruse als Einzelrichterin am 24.01.2024 beschlossen:

I. Auf Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Stralsund vom 22.08.2023 wird dieses im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Stralsund zurückverwiesen.

Gründe

I.
Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Vorpommern-Rügen vom 15.12.2022 wurde gegen den Betroffenen wegen eines am 26.09.2022 begangenen Rotlichtverstoßes, wobei die Rotphase länger als 1 Sekunde dauerte, eine Geldbuße von 280,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt.

Auf den hiergegen gerichteten Einspruch des Betroffenen vom 22.12.2022 hat das Amtsgericht Stralsund mit Urteil vom 22.08.2023 den Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 2.000 € verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von 3 Monaten verhängt.

Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde vom 25.08.2023 rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 28.12.2023 angetragen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Stralsund vom 22.08.2023 als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechts-beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Zunächst lässt die Prüfung des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen.

Ein Fahrzeugführer, der auf einem markierten (Linksabbieger-)Fahrstreifen im Sinne des § 37 Abs. 2 Nr. 4 StVO in eine Kreuzung einfährt, obwohl die Wechsellichtzeichenanlage Rot zeigt, handelt auch dann ordnungswidrig gemäß § 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO in Verbindung mit § 37 Abs. 2 StVO, wenn er anschließend in der Richtung eines durch Grünlicht freigegebenen anderen Fahrstreifens weiter fährt (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1997 — 4 StR 647/96 —, BGHSt 43, 285-293).

2. Dagegen hält der Rechtsfolgenausspruch rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Amtsgericht ist von der Regelbuße für Rotlichtmissachtungen bei länger als einer Sekunde andauernder Rotphase nach Nr. 132.2 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV und dem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 BKatV in Verbindung mit der genannten Bestimmung vorgesehenen einmonatigen Regelfahrverbot ausgegangen und hat unter Berücksichtigung der erheblichen Voreintragungen des Betroffenen und der tateinheitlich begangenen Verstöße gegen weitere Verkehrsregeln (zur Einhaltung von Richtungsfahrspuren, zum Überholen und zum Anzeigen von Fahrtrichtungswechseln) auf die Höchststrafe erkannt.

Das Amtsgericht führt zur Rechtsfolgenbemessung aus, dass es nichts habe feststellen können, was für den Betroffenen spreche.

Insoweit mangelt es an einer Auseinandersetzung damit, dass die Kreuzung wegen des grünen Lichtzeichens für die Geradeausspur, auf die der Betroffene im Kreuzungsbereich wechselte, für Querverkehr gesperrt war.

Da das Rotlichtsignal für die Linksabbiegerspur zwar nicht ausschließlich aber im Wesentlichen den Schutz des entgegenkommenden - geradeausfahrenden oder rechtsabbiegenden - Verkehrs bezweckt, handelt es sich um einen sowohl für die Höhe der Geldbuße als auch für die Anordnung eines Fahrverbots bestimmenden, zu Gunsten des Betroffenen sprechenden Umstand.

Die Erfüllung des Tatbestandes von Nr. 132.3 BKat indiziert nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKatV in der Regel das Vorliegen einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers. Deswegen kommt die Anordnung eines Fahrverbots in derartigen Fällen in der Regel in Betracht. Die Verhängung eines Fahrverbots im Falle des Vorliegens eines qualifizierten Rotlichtverstoßes hat ihre Ursache darin, dass sich bei länger als einer Sekunde an-dauernder Rotlichtphase bereits Querverkehr in dem durch das Rotlicht gesperrten Bereich befinden kann (vgl. KG Berlin, Beschlüsse vom 7. Oktober 2002 — 3 Ws (B) 364/02 — und 13. Januar 2010 — 3 Ws (B) 714/09 — m. w. N.) und die Einfahrt in den durch das rote Wechsellichtzeichen geschützten Bereich regelmäßig mit nicht unerheblicher Geschwindigkeit erfolgt. Für diesen Fall sieht Nr. 132.3 BKat daher ein Regelfahrverbot vor.

Sind jedoch - wie hier - Umstände ersichtlich, die einer abstrakten Gefährdung anderer Ver-kehrsteilnehmer entgegenstehen, bedarf es regelmäßig näherer Prüfung, ob das Regelfahr-verbot gleichwohl schuldangemessen ist. Jedenfalls dann, wenn eine andere als die von dem Betroffenen benutzte Fahrspur für die von dem Betroffenen eingeschlagene Fahrtrichtung grünes Signallicht hat, ist eine auch nur abstrakte Gefahr für kreuzende Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen. (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 16. Januar 2018 — 3 Ws (B) 329/17 —, Rn. 4 - 5, juris).

Die Rechtsfolgenentscheidung war aus diesem Grund aufzuheben.

Die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Stralsund zurückzuverweisen, entspricht § 79 Abs. 6 OWiG. Es bestanden keine Gründe für eine Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.


Einsender: RA M. Rakow, Rostock

Anmerkung:


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