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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Raub, Fanschal, Zueignungsabsicht

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dortmund, Urt. v. 07.11.2023 - 767 Ls-530 Js 101/23 -67/23

Leitsatz des Gerichts:

Zueignungsabsicht hinsichtlich eines mit Gewalt weggenommenen Fanschals kann jedenfalls dann bejaht werden, wenn der Schal vom Täter zunächst als Trophäe präsentiert, dann in dessen Kleidung versteckt, sein Vorhandensein dort mehrfach kontrolliert, der Schal dann in eine kleine mitgeführte Tasche umgelagert und schließlich auch über die Halbzeitpause 65 Minuten lang bis zum Ergreifen des Täters durch die Polizei in Gewahrsam behalten wird.


767 Ls-530 Js 101/23 -67/23

Amtsgericht Dortmund

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In der Strafsache

gegen pp.

wegen Raubes u.a.

hat das Amtsgericht - Schöffengericht - Dortmund
aufgrund der Hauptverhandlung vom 07.11.2023,
an der teilgenommen haben:

pp.

für Recht erkannt:

Der Angeklagte wird wegen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine eigenen notwendigen Auslagen.

Angewendete Vorschriften: §§ 223, 230, 249, 52 StGB.

Gründe :

Der Angeklagte ist pp.

Der Angeklagte ist strafrechtlich vorbelastet aufgrund einer Verurteilung des Amtsgerichts Tiergarten. Der Angeklagte wurde hier wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach Angaben des Angeklagten handelt es sich um eine Beleidigung zu Lasten eines Polizeibeamten, mit dem er nachfolgend eine Auseinandersetzung hatte.

Am 08.04.2023 besuchte der Angeklagte das Fußballbundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und Union Berlin im Westfalenstadion in Dortmund. Der Angeklagte war in einer größeren Fangruppe angereist. Am Stadion bemerkte er den Zeugen B, welcher einen keine 15 Euro teuren mit Vereinsfarben versehenen gelb-schwarzen BVB-Schal mit der sich für Dortmunder Fanverhältnisse ausreichend reimenden Aufschrift „Mein Herz pumpt. Mein Herz schlägt. Du bist alles was in mir lebt“ trug. Der Zeuge hatte den Schal um seinen Hals gelegt. Der Angeklagte schubste den Zeugen aus einem spontanen Entschluss heraus mehrfach, rammte ihm dann schmerzhaft ein Knie in den Bauchbereich, wodurch sich der Zeuge bückte und der Angeklagte den Schal des Zeugen an sich nehmen konnte. Der Angeklagte machte sich von hier aus auf den Weg ins Stadion zu den anderen mitgereisten Uni-on Berlin-Fans. Er präsentierte den Schal als Trophäe und steckte den Schal dann ein. Im Laufe des Bundesligaspiels befand sich der Angeklagte somit mit dem Schal im Stadion, hatte den Schal im linken Jackenärmel versteckt und fühlte mehrfach, ob der Schal noch im Ärmel vorhanden war. Er zog dann den Schal heraus und steckte ihn in eine mitgeführte kleine Umhängetasche. In der 65. Spielminute konnte der An-geklagte von der Polizei im Stadion mit dem Schal angetroffen werden. Der Ange-klagte hatte vor, sich nach Spielende des Schals noch im Stadion zu entledigen.

Der Angeklagte war später mit der außergerichtlichen Einziehung des Schals und die Übergabe an den Zeugen B einverstanden.

Der Zeuge B hatte auch nach dem Spiel noch Schmerzen im Bauchbereich. Er hat jedoch keine weiteren schwerwiegenden Folgen des Vorfalls davongetragen.

Der Angeklagte war umfassend geständig.

Er entschuldigte sich für sein Tun. Es war ihm erkennbar unangenehm, als Angeklagter einer solchen Tat sich vor Gericht verantworten zu müssen. Der Angeklagte erklärte, er könne sich nicht erklären, wie er überhaupt auf die Idee gekommen sei, einen Schal zu rauben.

Das Gericht hielt diese Erklärung durchaus für glaubhaft und von Schuldeinsicht getragen.
Der Angeklagte erklärte, er habe den Schal auch gar nicht behalten wollen, er habe ihn später im Stadion dann einfach irgendwo liegenlassen wollen. Eine Rückerlangung des Besitzes des Geschädigten an dem Schal war jedoch erkennbar auch aus Sicht des Angeklagten nicht beabsichtigt und wäre bei einfachem wegwerfen/niederlegen im Stadion voraussichtlich auch nicht anderweitig erfolgt.

Das Geständnis des Angeklagten konnte überprüft werden durch zunächst Inaugenscheinnahme des Schals in Form eines bei der Akte sich befindenden Fotos und zu-dem durch Verlesung des sich für Dortmunder Verhältnisse reimenden Spruchs auf dem Schal.

Das Gericht hatte zunächst den Zeugen B vernommen, der die Tat ausführlich schildern konnte. Er schilderte auch seine Schmerzen und das Andauern der Schmerzen bis nach dem Spiel. Er schilderte aber auch, dass er wieder zu Fußballspielen gehe, Fan-Utensilien jedoch bis zum Beginn des Spiels nicht offen zeige, um nicht eine derartige Situation wiederum erleben zu müssen. Der Zeuge B erklärte, der Schal habe vor mehreren Jahren 15,00 € gekostet.

Das Gericht hat schließlich noch zum Verhalten des Angeklagten ein Video in Augenschein genommen, das den Angeklagten im Stadion während des Anschauens des Fußballspiels zeigte. Hier war erkennbar, dass der Angeklagte immer wieder kontrollierend in seinen linken Jackenarm griff, um das Vorhandenseins des Schals zu prüfen. Schließlich war erkennbar, dass der Angeklagte den Schal zusammengedrückt aus seinen linken Ärmel zog und in eine rechtsseitig an seinen Körper sich befindende kleine Umhängetasche steckte.

Der Angeklagte war nach alledem wegen Raubes gemäß § 249 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit Körperverletzung (§§ 223, 230 StGB) zu verurteilen. Angesichts der glaubhaften Einlassung, des videografierten Verhaltens des Angeklagten („Verstecken des Schals, Umlagern in Tasche“) und der Dauer der Gewahrsamsaufrechter-haltung bis zur 65. Minute (also über die Halbzeitpause hinweg) hat das Gericht nach Maßgabe der Entscheidungen des BGH v. 27.1.2011 – 4 StR 502/10, HRRS 2011, Nr. 375 und des OLG Nürnberg v. 7.11.2012 – 1 St OLG Ss 258/12, openjur 2012, 130662 die für § 249 StGB nötige Zueignungsabsicht bejahen können.

Im Rahmen der Strafzumessung hat das Gericht angesichts der deutlich überwiegenden strafmildernden Umstände, insbesondere des geringen Wertes des Schals, der nicht allzu hohen körperlichen Einwirkung auf den Geschädigten und schließlich des Geständnisses des Angeklagten einen minderschweren Fall angenommen, so dass die Strafe aus dem geminderten Strafrahmen des § 249 Abs. 2 StGB als schwersten Delikt zu entnehmen war.

Ausgehend von der Mindeststrafe von 6 Monaten hat das Gericht unter Berücksichtigung obengenannter Milderungsgründe, der Tatsache, dass der Angeklagte noch nicht einschlägig vorbelastet war, der Tatsache, dass der Angeklagte unrechtsein-sichtig war und schließlich auch der Zustimmung zu einer außergerichtlichen Einziehung, jedoch berücksichtigend die Tatsache einer Strafschärfung durch tateinheitliche Begehung einer Körperverletzung und die eine vorhandene Voreintragung eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte ansonsten ein ordentliches Leben - insbesondere mit einer geregelten Arbeitstätigkeit und einem geregelten sozialen Umfeld – führt, konnte das Gericht angesichts der erstmaligen Verhängung einer Freiheitsstrafe, diese zur Bewährung aussetzen, da es davon ausgehen konnte und musste, dass dem Angeklagten eine sogenannte positive Legalprognose i.S.d. § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.


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Anmerkung:


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