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Entscheidungen

StPO, StGB/Nebengebiete

Beschränkung eines Strafantrages, Aufzeichnung und Speicherung polizeilicher Routinemaßnahmen

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Urt. v. 30.11.2023 - 2 ORs 31/23

Leitsatz des Gerichts:

1. Ist die Beschränkung eines Strafantrags auf eines von mehreren idealkonkurrierenden Delikten nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, weil sich zwei form- und fristgerecht gestellte Strafanträge desselben Antragstellers untereinander widersprechen, ist der Strafantrag als unbeschränkter zu behandeln und umfasst den gesamten geschichtlichen Vorgang, welcher der Beschuldigung zugrunde liegt.
2. Zur Strafbarkeit der Aufzeichnung und Speicherung von Videoaufnahmen einer Routinepolizeikontrolle


KG, Urt. v. 30.11.2023 –

2 ORs 31/23121 Ss 130/23

In der Strafsache

gegen pp.

wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes u.a.

hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin aufgrund der Hauptverhandlung vom 30. November 2023, an der teilgenommen haben:

pp.

für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Mai 2023 im Fall 2 der Urteilsgründe mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin verurteilte den Angeklagten am 11. Oktober 2022 wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 350 Euro, wobei es Einzelstrafen von 60 Tagessätzen für Fall 1 der Urteilsgründe und von 80 Tagessätzen für Fall 2 der Urteilsgründe festsetzte. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hob das Landgericht Berlin am 25. Mai 2023 das angefochtene Urteil auf und sprach den Angeklagten aus rechtlichen Gründen frei.

Zu dem verfahrensgegenständlichen Geschehen hat das Landgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

„1. Am 4. Juli 2020 gegen 15:30 Uhr führten die Zeugen PM L und PM Ko am G S in Berlin-T eine Kontrolle des Motorrades des Angeklagten durch. Die beiden Polizeibeamten hatten sich vor Ort im Zusammenhang mit zwei Großdemonstrationen, namentlich einer Motorraddemonstration sowie einer Anti-Rassismus-Demonstration, postiert. Die Unterredung der beiden Polizeibeamten mit dem Angeklagten während der insgesamt etwa achtminütigen Kontrolle erfolgte mit lauten und deutlich vernehmbaren Stimmen. In einem Abstand von nur etwa zwei bis drei Metern zu der Maßnahme hielten sich kurzzeitig mehrere unbekannt gebliebene Personen – insbesondere zwei einzelne Männer sowie ein Paar – auf. Einer der Männer, der ersichtlich das gesprochene Wort der beiden Polizeibeamten und des Angeklagten akustisch wahrnahm, unterhielt sich über eine Minute lang mit dem Zeugen Ko, während der Zeuge L mit dem Angeklagten und dessen Unterlagen zu dem Motorrad befasst war. Der unbekannte Mann schaltete sich zudem gegen Ende der Kontrollmaßnahme mit einem eigenen – nicht näher feststellbaren – Wortbeitrag in die Kommunikation zwischen den beiden Beamten und dem Angeklagten ein. Darüber hinaus passierten zahlreiche Fußgänger, Fahrrad- und Rollerfahrer in einem Abstand von wenigen Metern den unmittelbaren Nahbereich der polizeilichen Maßnahme.

Der Angeklagte nahm die Polizeikontrolle – ohne das Wissen der beiden Zeugen L und Ko – in Wort und Bild mittels einer an seinem Motorradhelm befestigten Kamera auf und speicherte die Aufzeichnungen ab. In der Folge machte er die Aufnahmen zunächst auf seinem Instagramprofil und ab dem 8. Juli 2020 auf seinem unter seinem Künstlernamen „Ku“ betriebenen Y-Kanal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, wobei er einen Weichzeichner verwendete, um die beiden Beamten unkenntlich zu machen.

Der Zeuge L stellte fristgerecht Strafantrag, den er auf die Strafverfolgung wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes und der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach §§ 201, 201a Abs. 2 StGB beschränkte.

2. Am 30. März 2021 zwischen 16:20 Uhr und 17:00 Uhr führten die Zeugen PM N und POM B am Pa Platz in Berlin-M eine Kontrolle des Motorrades des Angeklagten sowie weiterer Motorräder der Begleiter des Angeklagten durch. Der Angeklagte und seine unbekannt gebliebenen Begleiter hielten sich gemeinsam mit den beiden Polizeibeamten in dem Kontrollbereich um die Motorräder auf. Zudem passierten während der Maßnahme zahlreiche unbekannt gebliebene Personen – zu Fuß und mit dem Fahrrad – in einem Abstand von wenigen Metern das Geschehen, wobei sie teilweise zwischen den kontrollierten Motorrädern hindurchliefen und sich mehrere von ihnen interessiert dem Geschehen zuwandten. Da die Kommunikation zwischen dem Angeklagten und den beiden Beamten jeweils mit lauter und deutlich wahrnehmbarer Stimme erfolgte, befanden sich sowohl die Begleiter des Angeklagten als auch die Passanten in Hörweite des Geschehens.

Der Angeklagte nahm auch diese Polizeikontrolle – ohne das Wissen der beiden Zeugen N und B – in Wort und Bild mittels der an seinem Motorradhelm befestigten Kamera auf und speicherte die Aufzeichnungen ab. In der Folge machte er die Aufnahmen auf seinem Y-Kanal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, wobei er die Identität der beiden Beamten mittels Verpixelung sowie Stimmenverzerrung unkenntlich machte.

Der Zeuge B stellte fristgerecht Strafantrag, den er auf die Strafverfolgung wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB beschränkte.“

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Revision eingelegt, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Berufungskammer in beiden verfahrensgegenständlichen Fällen eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB aufgrund einer sogenannten faktischen Öffentlichkeit (vgl. LG Kassel StV 2020, 161; MüKoStGB-Graf, 4. Aufl., § 201 Rdn. 17a; Fischer, StGB 69. Aufl. § 201 Rn. 4) sowie wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201a Abs. 2 StGB verneint.

2. Ebenso zutreffend hat die Strafkammer hinsichtlich einer Strafbarkeit gemäß § 42 BDSG wegen der Tat vom 4. Juli 2020 ein Verfahrenshindernis angenommen.

a) Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 BDSG handelt es sich bei den Straftatbeständen nach § 42 Abs. 1 und 2 BGSG jeweils um absolute Antragsdelikte. Die auf die allgemeine Sachrüge veranlasste Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen durch den Senat ergab das Fehlen eines wirksamen Strafantrages sowohl in Bezug auf § 42 BDSG als auch hinsichtlich einer etwaigen Strafbarkeit nach § 33 Abs. 1 KunstUrhG, die gemäß § 33 Abs. 2 KunstUrhG ebenfalls einen wirksamen Strafantrag voraussetzt.

b) Der Zeuge PM L hat seinen innerhalb der Frist des § 77b Abs. 1 Satz 1 StGB gestellten Strafantrag – entgegen der Auffassung der Revisionsführerin – wirksam auf die Straftatbestände der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes und der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201 und § 201a Abs. 2 StGB beschränkt.

Grundsätzlich gilt der Strafantrag bei idealkonkurrierenden Delikten für sämtliche in der Handlungseinheit verwirklichten Antragsdelikte (vgl. Senat, Beschluss vom 20. August 2021 – (2) 121 Ss 92/21(14/21) – mwN). Eine Beschränkung auf eine von mehreren zusammentreffenden Gesetzesverletzungen (§ 52 StGB) ist jedoch zulässig (vgl. Senat aaO mwN). Ist eine Beschränkung der gewünschten Strafverfolgung weder erklärt, noch sonst eindeutig erkennbar, umfasst der Strafantrag den gesamten geschichtlichen Vorgang, welcher der Beschuldigung zugrunde liegt (vgl. BGHSt 33, 114, 116; Senat aaO; LK-StGB/Greger/Weingarten, 13. Aufl., § 77 Rn. 20-21; MüKoStGB-Mitsch aaO § 77b Rn. 40).

Aufgrund der ausdrücklichen Beschränkung des von dem Zeugen PM L gestellten Strafantrags auf die beiden genannten Strafvorschriften und des eindeutigen Wortlauts des Antrags ist für eine Auslegung dahin, dass die Strafverfolgung wegen aller in Betracht kommender Delikte und damit auch solcher nach dem BDSG oder KunstUrhG gewünscht wird, kein Raum (vgl. SK-StGB/Wolter, 9. Aufl., § 77 Rn. 25).

3. Etwas anderes gilt für die Tat vom 30. März 2021 und den von dem Zeugen POM B deswegen fristgerecht gestellten Strafantrag. Der Zeuge hat nicht nur am Ende seines Berichts vom 10. April 2021 Strafantrag wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB gestellt, sondern zusätzlich ein Strafantragsformular unterzeichnet, auf dem zwar das Datum neben der Unterschrift des Antragstellers fehlt, das ausweislich des Datums neben der Unterschrift des polizeilichen Sachbearbeiters aber am 21. April 2021 zu den Ermittlungsakten gelangte und seinem Wortlaut nach unbeschränkt ist. Damit widersprechen sich die beiden durch den Zeugen POM B jeweils form- und fristgerecht gestellten Strafanträge untereinander, so dass sich eine Beschränkung der gewünschten Strafverfolgung auf das Delikt der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes dem Antrag jedenfalls nicht zweifelsfrei entnehmen lässt. Die bloße Hervorhebung einzelner tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte stellt noch keine Antragsbeschränkung dar (vgl. LK-StGB/Greger/Weingarten aaO). Ist eine Beschränkung – wie hier – nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, ist der Strafantrag als unbeschränkter zu behandeln (vgl. BGHSt aaO; MüKoStGB-Mitsch aaO mwN).

4. Nach dem Vorstehenden ist die Berufungskammer hinsichtlich der Tat vom 30. März 2021 zu Unrecht vom Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung im Hinblick auf über § 201 StGB hinausgehende Straftatbestände ausgegangen und hat folgerichtig lediglich Feststellungen zum (objektiven) Tatbestand des § 201 Abs. 1 StGB getroffen. Das angefochtene Urteil entspricht daher insoweit nicht den sich aus § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO ergebenden Anforderungen an die Begründungspflicht bei freisprechenden Urteilen. Die Urteilsgründe ermöglichen dem Revisionsgericht keine umfassende Nachprüfung der freisprechenden Entscheidung. Der Senat kann anhand der Urteilsbegründung insbesondere nicht prüfen, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt worden ist.

a) Nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO müssen bei einem Freispruch aus rechtlichen Gründen die Urteilsgründe den Anklagevorwurf und die für erwiesen erachteten Tatsachen mitteilen sowie anführen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen nicht erwiesen sind, und auf dieser Grundlage den Sachverhalt unter allen für die Entscheidung über die angeklagte Tat (§ 264 StPO) nach der Sachlage vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten – also nicht nur unter dem Blickwinkel der von der Anklage angenommenen Straftaten – erschöpfend würdigen (vgl. MüKoStPO-Wenske, 1. Aufl., § 267 Rn. 503 mwN), wobei die Anforderungen an die Feststellungen nicht geringer sind als bei einem verurteilenden Erkenntnis. Dem Revisionsgericht muss die Prüfung ermöglicht werden, ob der Sachverhalt erschöpfend und frei von sachlich-rechtlichen Mängeln gewürdigt worden ist, insbesondere ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (vgl. LR-StPO/Stuckenberg, 27. Aufl., § 267 Rn 163 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, soweit eine Strafbarkeit nach § 42 Abs. 2 BDSG hinsichtlich der Tat vom 30. März 2021 verneint worden ist.

aa) Nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 BDSG macht sich strafbar, wer personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, ohne hierzu berechtigt zu sein, verarbeitet und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.

(1) Der Begriff der personenbezogenen Daten als Schlüsselbegriff des Datenschutzrechts ist nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO auszulegen (vgl. Auernhammer/Gola, DSGVO BDSG 7. Aufl., § 42 BDSG Rn. 6). Das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff „personenbezogene Daten“ im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (vgl. EuGH NVwZ 2019, 465; Kirchhoff NVwZ 2021, 1177; Krüger/Wiencke MMR 2019, 76; Benedikt/Kranig ZD 2019, 4; Raji ZD 2019, 61). Die Voraussetzungen der – eng zu verstehenden (vgl. Raji aaO) – sogenannten Haushaltsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 c) DSGVO, wonach die Verordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten findet, liegen ersichtlich nicht vor (vgl. EuGH aaO). Auch der Umstand, dass Polizeibeamte im Rahmen der Ausübung ihres Amtes auf Video aufgezeichnet werden, führt nicht zum Ausschluss einer solchen Art der Verarbeitung personenbezogener Daten aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (vgl. EuGH aaO für die Richtlinie 95/46/EG).

(2) Die personenbezogenen Daten waren nicht allgemein zugänglich. Daten sind dann allgemein zugänglich, wenn sie einer nicht beschränkten Zahl von Personen bekannt sind oder wenn sie jeder vernünftigen Person ohne besondere Voraussetzungen oder Anstrengungen zugänglich sind (vgl. BGHSt 58, 268; Gola/Heckmann/ Ehmann, BDSG 3. Aufl. § 42 Rdn. 11; Taeger/Gabel/Wybitul/Zhou, DSGVO – BDSG – TTDSG, 4. Aufl., § 42 BDSG Rn. 8; Kühling/Buchner/Bergt, Datenschutz-Grundverordnung, BDSG, § 42 BDSG Rn. 8 ff.).

(3) Die Verarbeitung wird als einer der zentralen Begriffe der DSGVO in Art. 4 Nr. 2 DSGVO legaldefiniert (vgl. Auernhammer/Gola aaO Rn. 17; Plath/Becker, DSGVO, BDSG, TTDSG 4. Aufl., § 42 BDSG Rn. 3). Das Aufnehmen und Speichern von Bildern identifizierbarer Personen auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO dar (vgl. EuGH aaO; BGH aaO; Kirchhoff aaO; Raji aaO.; Reiter/Schwarz ZUM 2020, 31; Schaffland/Holthaus DS-GVO, BDSG, § 42 BDSG Rn. 31a). Bei der Verwendung einer Digitalkamera – wie hier – handelt es sich um eine Videoaufzeichnung von Personen auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung, dem Speicher der Kamera (vgl. EuGH aaO). Daneben stellt die Veränderung von Daten, d.h. das inhaltliche Umgestalten gespeicherter Daten (z.B. durch Bildbearbeitung) eine weitere Form der Datenverarbeitung dar (vgl. BGH aaO; Kühling/Buchner/Bergt aaO Rn. 32).

(4) Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur dann befugt, wenn der Betroffene wirksam seine Einwilligung erklärt oder wenn die DSGVO, das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift eine Erlaubnis beinhalten oder gar eine Anordnung zur Erhebung, Speicherung, Verarbeitung oder Weitergabe personenbezogener Daten enthalten (vgl. BGH aaO; Gola/Heckmann/Ehmann, aaO Rn. 21). Vorliegend fehlte es insbesondere an der Einwilligung der betroffenen Beamten.

Soweit § 19 BlnDSG auf der Grundlage von Art. 85 Abs. 2 DSGVO die Anwendbarkeit der Verordnung bei einer Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken einschränkt, bedarf deren Vorliegen einer sorgfältigen Prüfung. Journalistische Zwecke liegen – auch unter Beachtung der im Erwägungsgrund 153 DSGVO geforderten weiten Auslegung – (nur) dann vor, wenn die Veröffentlichung für einen unbestimmten Personenkreis beabsichtigt ist, ein Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht und die meinungsbildende Wirkung der Veröffentlichung prägender Bestandteil ist (vgl. Benedikt/Ranig aaO mwN).

Es kann nicht davon ausgegangen werde, dass jegliche im Internet veröffentlichte Information, die sich auf personenbezogene Daten bezieht, unter den Begriff der „journalistischen Tätigkeiten“ fiele (vgl. EuGH aaO). Zwar kann ein im Internet veröffentlichtes Video über eine Polizeimaßnahme als journalistische Tätigkeit anzusehen sein, wenn damit auf angeblich rechtswidrige Praktiken der Polizei aufmerksam gemacht werden soll (vgl. Kirchhoff aaO). An einem – wie hier – alltäglichen Routinepolizeieinsatz besteht indes kein derartiges Interesse, dass er in den Medien hätte verbreitet werden müssen (vgl. LG Bonn MMR 2021, 992; VG Aachen, Beschluss vom 4. Mai 2020, BeckRS 2020, 8945). Zu beachten ist auch, dass die Mehrzahl von Fotoveröffentlichungen im Internet, z.B. auf Websites, Blogs oder Social Media-Plattformen, zwar Ausdruck von persönlichen Ansichten ist oder der Selbstdarstellung dient. Journalistische Zwecke werden damit jedoch nicht verfolgt (vgl. Benedikt/Kranig aaO mwN).

(5) Im Gegensatz zu Abs. 1 erfordern die Tatbestände des § 42 Abs. 2 BDSG keinen direkten Vorsatz, vielmehr genügt bedingter Vorsatz. Es reicht danach, wenn der Täter erkennt, dass es möglich und nicht ganz fernliegend ist, dass tatsächliche Umstände vorliegen, die die Verarbeitung rechtswidrig machen, ihm dies aber gleichgültig ist. Der Vorsatz muss sich dabei nur auf die tatsächlichen Umstände beziehen, nicht auf die rechtliche Bewertung (vgl. Kühling/Buchner/Bergt aaO Rn. 42 f.).

(6) Soweit der Täter nicht gegen Entgelt oder mit Schädigungsabsicht handelt, setzt Abs. 2 des § 42 BDSG voraus, dass der Täter in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern. Der Wille des Täters muss gerade darauf gerichtet sein, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Kommt es dem Täter gerade auf diesen Erfolg an, genügt es, dass er dessen Eintritt nur für möglich hält. Ob der Täter tatsächlich einen Vermögensvorteil erlangt, ist irrelevant (vgl. Kühling/Buchner/Bergt aaO Rn. 47 mwN). Die Bereicherungsabsicht braucht auch nicht der alleinige Zweck der strafbaren Handlung zu sein (vgl. Schaffland/Holthaus aaO Rn. 34). Der erstrebte Vermögensvorteil muss weder rechtswidrig sein, noch sich unmittelbar aus der Tathandlung ergeben und wird dies auch häufig nicht (vgl. Kühling/Buchner/Bergt aaO Rn. 49; Gola/Heckmann/Ehmann aaO Rn. 25; Taeger/Gabel/Wybitul/Zhou aaO Rn. 21). Auch Vermögensvorteile, die der Täter von Dritten erwartet, sind tatbestandsmäßig. Bereits kleinste Vermögensverschiebungen genügen, um eine Bereicherung zu bejahen (vgl. Kühling/Buchner/Bergt aaO Rn. 48).

bb) Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Verstoßes gegen § 33 KunstUrhG durch das Hochladen und Veröffentlichen des am 30. März 2021 aufgenommenen Videos scheidet demgegenüber aus.

Zwar ist das Kunsturhebergesetz auf die der Anfertigung und Speicherung sowie Bearbeitung nachfolgende Veröffentlichung von Bildern auch nach dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung, die als Verordnung innerhalb ihres Anwendungsbereiches unmittelbar gilt, am 25. Mai 2018 grundsätzlich weiterhin anwendbar (vgl. VG Aachen aaO; Kirchhoff aaO S. 1181; Reuter/Schwarz aaO S. 32; Krüger/Wiencke aaO S. 77). § 22 Satz 1 KunstUrhG erwähnt aber als – gemäß § 33 KunstUrhG strafbewehrte – Tathandlung nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. Ein Bildnis im Sinne dieser Bestimmung ist die Darstellung einer Person, die deren äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (vgl. BGHZ 143, 214; 228; KG, Beschluss vom 22. Januar 2015 – 10 U 134/14 – juris; Erbs/Kohlhaas/Kaiser KunstUrhG § 33 Rn. 7). Die Erkennbarkeit des Abgebildeten ergibt sich regelmäßig aus der Darstellung seiner Gesichtszüge, kann aber auch aufgrund anderer Merkmale der äußeren Erscheinung (z.B. Statur, Haltung, Haarschnitt, Gestik, Körpersilhouette, Kleidung) bestehen, wobei die Anbringung von Augenbalken oder die Augenpartie unkenntlich machende Bildverzerrungen oder Pixelungen die Erkennbarkeit nicht zwangsläufig ausschließen (vgl. Erbs/ Kohlhaas/Kaiser aaO). Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Berufungskammer machte der Angeklagte indes vor der Veröffentlichung die Identität der beiden Beamten mittels Verpixelung und Stimmenverzerrung unkenntlich, weshalb es an einem Bildnis im Sinne von § 22 KunstUrhG fehlt.

c) Gemessen an den vorstehenden Maßstäben erweisen sich die von der Berufungskammer getroffenen Feststellungen zu dem verfahrensgegenständlichen Geschehen vom 30. März 2021 als lückenhaft mit der Folge, dass die angefochtene Entscheidung nicht die Mindestanforderungen an die Darstellung eines freisprechenden Urteils erfüllt. Es fehlen jegliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite und etwaigen mit der Aufzeichnung, Speicherung und Bearbeitung verfolgten Zwecken des Angeklagten. Die Feststellung der Berufungskammer, aufgrund der wirksamen Beschränkung des Strafantrags habe dahinstehen können, dass weder der Tatbestand des § 42 Abs. 1 BDSG noch derjenige des § 42 Abs. 2 BDSG (in Ermangelung der Entgeltlichkeit, Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht des Angeklagten) vorgelegen habe, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn das Landgericht hat es unterlassen mitzuteilen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht getroffen werden konnten. Dies ist in der Regel – so auch hier – nicht in einem Satzteil zu erledigen (vgl. BGH NStZ-RR 2019, 254).

III.

Wegen der aufgezeigten Mängel hebt der Senat das Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auf. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen im Fall 2 der Urteilsgründe zu ermöglichen, hebt er die Feststellungen zu Fall 2 der Urteilsgründe insgesamt auf und verweist die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Kammer des Landgerichts Berlin zurück (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).


Einsender: RiKG D. Neumann, Berlin

Anmerkung:


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