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Entscheidungen

OWi

Verschlechterungsverbot, Beachtung von Amts wegen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.03.2024 - 2 ORbs 350 SsBs 54/24

Eigener Leitsatz:

Das Rechtsbeschwerdegericht hat das Verbot der Schlechterstellung gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 358 Abs. 2 S. 1 StPO von Amts wegen zu beachten.


2 ORbs 350 SsBs 54/24

Oberlandesgericht Karlsruhe

Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

Rechtsanwalt
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 2. Senat für Bußgeldsachen - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin am 28. März 2024 beschlossen:

1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 12. September 2023 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
2. Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels; jedoch werden die Gerichtsgebühren um die Hälfte ermäßigt. Im selben Umfang werden die dem Betroffenen durch sein Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auf-erlegt.


Gründe:

Das Amtsgericht Freiburg verurteilte den Betroffenen am 20.12.2022 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 34 km/h zu der Geldbuße von 500 Euro. Auf die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hob der Senat mit Beschluss vom 12.06.2023 das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Freiburg zurück.

Mit Urteil vom 12.09.2023 verhängte das Amtsgericht gegen den Betroffenen nunmehr wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 34 km/h eine Geldbuße in Höhe von 200 Euro und ordnete zudem ein einmonatiges Fahrverbot nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG an. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene erneut mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und auf Aufhebung des Urteils anträgt. Er macht insbesondere einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot durch die Verhängung des Fahrverbots geltend. Die Generalstaatsanwaltschaft trägt auf Verwerfung der Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe an, dass das angeordnete Fahrverbot in Wegfall kommt.

Die gemäß § 79 Abs.1 S. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Soweit das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein Fahrverbot verhängt hat, hat es wie der Rechtsbeschwerdeführer und die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend darlegen - gegen das Verbot der Schlechterstellung gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 358 Abs. 2 S. 1 StPO verstoßen (vgl. OLG Bamberg, NStZ-RR 2015, 184; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.07.1993 - 3 Ss 99/93-, NZV 1993, 450). Das hat der Senat von Amts wegen zu beachten, weil es sich insoweit um ein Verfahrenshindernis handelt (vgl. BGH, StV 2014, 466). Der Umstand, dass das Amtsgericht die ursprüngliche Geldbuße von 500 Euro auf 200 Euro reduziert hat, ändert hieran nichts (OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2007 - 3 Ss Owi 360/07 -, NZV 2007, 635).

2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird aus den von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 24.01.2024 zutreffend genannten Gründen, auf die der Senat verweist, als unbegründet verworfen.

3. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die rechtsfehlerhafte Verhängung des Fahrverbots wegen der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot (dazu: BGH, Beschluss vom 11.11.1970 - 4 StR 66/70 - = BGHSt 24,11) auf die Bußgeldhöhe ausgewirkt hat, was sich hier bereits an der vom Amtsgericht vorgenommenen Reduzierung der ursprünglichen Bußgeldhöhe zeigt. Das Amtsgericht wäre auch im Falle einer Zurückverweisung der Sache nicht wegen des Verschlechterungsverbots gehindert, nunmehr eine die zuletzt verhängte Geldbuße von 200 Euro übersteigende Geldbuße festzusetzen. Denn im Hinblick darauf, dass das Fahrverbot die schwerwiegendere Sanktion darstellt, wäre insoweit die Verhängung einer höheren Geldbuße anstelle des Fahrverbots als milderes Mittel nicht unzulässig (BGH, a.a.O.; OLG Bamberg, a.a.O.).

Der Senat sieht aber auf den entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hin aus prozessökonomischen Gründen und im Hinblick auf den Zeitablauf seit der Tat von einer (erneuten) Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache ab und macht von der ihm nach § 79 Abs. 6 OWiG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, in der Sache selbst zu entscheiden. Entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift kann er auch dann ohne vorherige Aufhebung des angefochtenen Urteils selbst entscheiden, wenn und soweit er - wie vorliegend - der angefochtenen Entscheidung im Übrigen folgt und die vom Amtsgericht getroffenen Feststellung für eine eigene Bewertung der Rechtsfolgen ausreichend sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18.07.1997 - 2 ObOWi 352/97 -, BeckRS 1997, 7105; OLG Bamberg, a.a.O.). Da es sich bei der vom Amtsgericht verhängten Geldbuße von 200 Euro um die Regelgeldbuße gemäß Nr. 11.3.6 BKat handelt, sieht der Senat keinen Anlass, hiervon nach oben oder unten abzuweichen. Trotz der vorhandenen Voreintragungen im FAER erschien eine Erhöhung der Regelgeldbuße im Hinblick darauf, dass die Tat inzwischen mehr als 1 1/2 Jahre zurückliegt und der Betroffene seither nicht mehr in Erscheinung getreten ist, nicht mehr sachgerecht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO.

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss nach § 79 Abs. 5 OWiG. Gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.


Einsender: RA P. Rinklin, Freiburg

Anmerkung:


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