Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 18.6.2024 - 1 Ws 254/24 RB-Vollzug
Eigener Leitsatz:
Bei der Hochzeit des Bruders eines Strafgefangenen handelt es sich um einen wichtigen Anlass im Sinne der Vollzugsgesetzt (hier: § 46 JVollzGB I LSA), so dass der Gefangene ggf. auszuführen ist.
BESCHLUSS
1 Ws 254/24 RB-Vollzug
In der Strafvollzugssache
des pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 18. Juni 2024 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Justizvollzugsanstalt gegen den Beschluss des Landgerichts Stendal – Strafkammer 9 als kleine Strafvollstreckungskammer – vom „24. März 2024“ (tatsächlich 24. April 2024) wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdegegners trägt die Landeskasse.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller befindet sich seit Mai 2023 in Haft. Das Strafende ist auf den 17. September 2026 notiert.
Der Antragsteller beantragte gegenüber der Beschwerdeführerin schriftlich eine Ausführung gemäß § 46 JVollzGB I LSA für die Hochzeit seines Bruders am 4. Mai 2024.
Nachdem die Beschwerdeführerin diesen Antrag zunächst am 6. März 2024 mündlich abgelehnt hatte, hob die Strafvollstreckungskammer auf Antrag des Antragstellers im Verfahren 509 StVK 75/24 mit Beschluss vom 27. März 2024 die Ablehnungsentscheidung auf und verwies die Sache zur Neubescheidung über den Ausführungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer, wonach der Anwendungsbereich des § 46 JVollzGB I LSA eröffnet sei, da es sich bei der Hochzeit des Bruders um einen wichtigen Anlass im Sinne dieser Vorschrift handele, zurück.
Mit schriftlichem Bescheid vom 11. April 2024 lehnte die Beschwerdeführerin den Ausführungsantrag erneut ab, da es sich bei der Hochzeit des Bruders des Antragstellers nicht um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 46 JVollzGB I LSA handele.
Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit einem erneuten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12. April 2024, bei dem Landgericht Stendal eingegangen am 15. April 2024. Auf diesen Antrag hob das Landgericht Stendal mit einem ersichtlich fälschlich auf den 24. März 2024 datierten, tatsächlich am 24. April 2024 erlassenen Beschluss die Entscheidung der Beschwerdeführerin vom 11. April 2024 auf und verpflichtete diese, den Antragssteller zur Hochzeit seines Bruders auszuführen.
Gegen diesen, ihr am 24. April 2024 zugestellten Beschluss, wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Rechtsbeschwerde vom 24. Mai 2024, die am selben Tag bei dem Landgericht Stendal einging und mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrte der Antragsteller die Ausführung zur Hochzeit seines Bruders. Diese Hochzeit hat jedoch bereits am 4. Mai 2024 stattgefunden. Damit hatte sich der Verfahrensgegenstand nach der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, aber vor Einlegung der Rechtsbeschwerde erledigt. In diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde unzulässig (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 2 Ws 172/19 Vollz –, Rn. 16; Arloth in Arloth/Kräh, StVollzG, 5. Auflage, § 116 Rn. 2).
Ergänzend merkt der Senat an, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin durch die rechtskräftige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 27. März 2024, mit der die Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtauffassung der Kammer zur Neubescheidung verpflichtet wurde, im Hinblick auf diese Rechtsauffassung Bindungswirkung eingetreten ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. April 2021 – 2 Ws 167/20 Vollz –, Rn. 26, zitiert nach juris). Die Beschwerdeführerin wäre daher verpflichtet gewesen, bei ihrer erneuten Entscheidung über den Ausführungsantrag die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, es handele sich bei der Hochzeit des Bruders um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 46 JVollzGB I LSA, zugrunde zu legen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 125 Nr. 3 JVollzGB I LSA, 121 Abs. 1 und 4 StVollzG, 473 Abs. 1 StPO, die Festsetzung des Geschäftswerts auf den §§ 65, 60, 52 GKG.
Einsender: RA W. Siebers, Braunschweig
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