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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Blutprobe, Verwertbarkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Rostock, Beschl. v. 09.07.2010 - 18 Qs 41/10

Fundstellen:

Leitsatz: Dem Angeklagten ist ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn die Frage der Verwertbarkeit einer unter Missachtung des Richtervorbehalts entnommen Blutprobe in der Hauptverhandlung diskutiert werden wird.


Landgericht Rostock
18 Os 41/10
Beschluss
In der Beschwerdesache
gegen pp.

hat die 8. Große Strafkammer des Landgerichts Rostock durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und den Richter am Amtsgericht am 07.07.2010 beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts
Rostock vom 19.03.2010 (Az. 21 Cs 13/10) aufgehoben.
2. Dem Angeklagten wird gemäß § 140 Abs. 2 StPO Herr Rechtsanwalt P. aus Rostock als Verteidiger beigeordnet.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Rostock hat gegen den Beschwerdeführer unter dem 12.01.2010 einen Strafbefehl wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis erlassen. Der Tatvorwurf stützte sich unter anderem auf ein Blutalkoholgutachten zu einer Blutprobe des Beschwerdeführers, die ohne richterliche Anordnung entnommen worden war.

Nach dem über seinen Verteidiger eingelegten Einspruch des Beschwerdeführers hat das Amtsgericht Termin zur Hauptverhandlung auf den 26.02.2010 bestimmt. Der Verteidiger des Beschwerdeführers, Rechtanwalt P., thematisierte mit seinem Schriftsatz vom 10.02.2010 die Anordnung der Blutprobenentnahme durch die Staatsanwaltschaft Rostock und regte eine Beweisaufnahme zu diesem Thema an. Das Amtsgericht führte im ersten Hauptverhandlungstermin auch eine Zeugenvernehmung zu der Anordnung der Blutentnahme durch. Anschließend wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und ein Folgetermin auf den 19.03.2010 festgesetzt, in dem zwei weitere Zeuginnen zu der Frage der Anordnung der Blutprobenentnahme gehört werden sollten.
Mit Schriftsatz vom 17.03.2010 beantragte Rechtsanwalt P. seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Auf die Begründung dieses Antrags wird Bezug genommen. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 19.03.2010 hat das Amtsgericht den Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zurückgewiesen, da kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliege, es sich um einen sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fall handele und der Angeklagte in der Lage sei, sich selbst zu verteidigen.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Beschwerde, eingelegt mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 31.03.2010, auf den verwiesen wird.

II.
Die Beschwerde ist begründet, weshalb dem Beschwerdeführer unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Rostock Rechtsanwalt P. als Pflichtverteidiger beizuordnen war.
Es liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung i. S. d. § 140 Abs. 2 StPO vor, da die Schwierigkeit der Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers gebietet. Die Rechtslage ist dann als schwierig anzusehen, wenn es bei der Anwendung des materiellen oder formellen Rechts auf die Entscheidung nicht ausgetragener Rechtsfragen ankommt. Dies ist hier Bei der Verwertung der Blutproben angesichts der gegenwärtig in Rechtskreisen geführten Diskussion und der dazu ergangenen aktuellen Rechtsprechung u.a. des Bundesverfassungsgerichts der Fall.

Die durchgeführte Beweisaufnahme mit der Vernehmung der zuständigen Staatsanwältin hatte ersichtlich die Auseinandersetzung mit der Frage zum Thema, ob eine Verwertung des eingeholten Blutalkoholgutachtens in der Hauptverhandlung zulässig oder ob insoweit ein Verwertungsverbot anzunehmen sei, weil die untersuchte Blutprobe ohne richterliche Anordnung entnommen worden war und möglicherweise die Voraussetzung einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs im Sinne des § 81a Abs. 2 StPO nicht vorgelegen hat. Auch das schriftliche Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 19.03.2010 enthält Ausführungen zu dieser Frage.

Diese rechtliche Debatte kann der Angeklagte, der juristischer Laie ist, nicht allein führen. Dem Angeklagten darf eine sachgerechte und folglich anwaltlichen Beistand erfordernde Führung der Diskussion um ein Verwertungsverbot nicht verwehrt werden (siehe dazu die vom Verteidiger eingeführten Entscheidungen des OLG Brandenburg, NJW 2009, 1287 und des Landgerichts Schweinfurth, StV 2008, 642, sowie des OLG Bremen DAR, 2009, 710).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 StPO.

Landgericht Rostock
- 8. Strafkammer
Rostock, den 07.07.2010

Einsender: RA Paul, Rostock

Anmerkung:


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