Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

Zivilrecht

Obliegenheitsverletzung, Kasko-Versicherung, späte Unfallmeldung, Arglist

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Urt. v. 12.02.2025 – 5 U 42/24

Leitsatz des Gerichts:

1. Zur Obliegenheit des Versicherungsnehmers, nach einem Verkehrsunfall „alles“ zu tun, was zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistungspflicht erforderlich ist, insbesondere nach Verlassen der Unfallstelle.
2. Das durch § 142 Abs. 2 StGB geschützte Aufklärungsinteresse des Kfz-Versicherers wird zwar durch eine unmittelbar an ihn oder seinen Agenten erfolgende unverzügliche Mitteilung mindestens ebenso gut gewahrt wie durch eine nachträgliche Benachrichtigung des Geschädigten, nicht jedoch durch die (behauptete) Unterrichtung eines als solchen erkennbar nicht der Sphäre des Versicherers zuzurechnenden Versicherungsmaklers, den der VN mit der Meldung des Schadens beauftragt und der diese nicht unverzüglich an den Versicherer weitergeleitet hat.
3. Für eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit kann es sprechen, wenn der Versicherungsnehmer nach einem nächtlichen, nur durch einen erheblichen, auf nicht versicherten Ursachen beruhenden Fahrfehler zu erklärenden Verkehrsunfall keine Unbeteiligten hinzuzieht, das schwer beschädigte Fahrzeug mit Hilfe des herbeigerufenen Bruders des Mitfahrers von der Unfallstelle entfernt, den Vorfall erst zwei Tage später der Polizei meldet, ohne die Verzögerung plausibel zu erläutern und bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die erforderlichen Feststellungen hätten nachgeholt werden können, lediglich den Abschleppdienst beauftragt und seinen Versicherungsmakler um eine Schadensmeldung bittet, von der ihm bewusst sein musste, dass sie den Versicherer so nur verzögert erreichen würde.


In pp.

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. April 2024 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 377/22 – abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.756,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Eintrittspflicht der Beklagten aus einer Fahrzeug-Vollkaskoversicherung, die der Kläger im Jahre 2022 bei der Beklagten für das Fahrzeug VW-Golf VII R 2.0 TSI mit dem amtlichen Kennzeichen xxx unterhielt (Versicherungsschein Nr. xxx, Bl. 62 f. GA-I). Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kfz-Versicherung AL_KFZ comfort (AKB 2021 = Anlage B1) zugrunde.

Der Kläger befuhr mit dem versicherten Fahrzeug in der Nacht auf Samstag, den 2. April 2022, gegen 3h00 Uhr morgens die Saarbrücker Straße in Lebach; am Ende der Straße fuhr er in den dortigen Kreisverkehr und kollidierte mit einer dort in der Mitte befindlichen Straßenlaterne. Das Fahrzeug des Klägers wurde bei dem Unfall schwer beschädigt; durch die Beschädigung an der Laterne entstand ein Fremdschaden in Höhe von ca. 3.275,- Euro. Der Kläger verließ die Unfallstelle und informierte am 4. April 2022 (= montags) um 18h23 Uhr die Polizei; außerdem will er den Schaden am 2. April 2022 um 8 Uhr telefonisch seinem Versicherungsmakler, der Firma „. GmbH“ in S., gemeldet haben. Die Beklagte forderte den Kläger nach Eingang einer Schadensmeldung mit Schreiben vom 4. April 2022 (u.a. Anlage K3) auf, nähere Angaben insbesondere zum Unfallhergang zu machen. Der Kläger gab hierzu auf einem Beiblatt u.a. Folgendes an: „Am 02.04.22 fuhr ich auf der B269 Richtung Innenstadt Lebach. Am Kreisel bremste ich und rutschte ca. 1m auf die Erhöhung vom Kreisel. Dabei beschädigte ich mein Fahrzeug so stark an der Lenkung, dass es nicht mehr fahrbereit war und abgeschleppt werden musste“. Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort – Az.: 66 Js 927/22 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken – wurde gemäß § 153 StPO eingestellt. Die Beklagte lehnte die Erstattung des Vollkaskoschadens mit Schreiben vom 29. Juni 2022 ab, weil der Kläger sich von der Unfallstelle entfernt und dadurch seine Aufklärungsobliegenheit verletzt habe (Anlagenkonvolut K4). Nachfolgende anwaltliche Aufforderungen zur Regulierung des Schadens (erstmals: Schreiben vom 7. Juli 2022, ebd.) blieben erfolglos. Ein vom Kläger am 14. Oktober 2022 beauftragtes Sachverständigengutachten, durch das ihm Kosten in Höhe von 1.728,- Euro (brutto) entstanden, weist unfallbedingte Reparaturkosten in Höhe von 17.925,- Euro (netto) aus (a.a.O. S. 1); zur Schadenbeschreibung heißt es darin u.a.: „Das Fahrzeug ist bei voller Fahrt über eine Verkehrsinsel gefahren. Es wurde der Stoßfänger vorne links, der Scheinwerfer, der Kühlergrill sowie die Frontmaske mit dem Kondensator und die Vorderachshälfte mit dem Achsträger beschädigt. Der Grundschweller links wurde massiv eingedrückt und der Unterboden wurde ebenfalls massiv eingedrückt und verformt. … Airbags wurden nicht ausgelöst“ (a.a.O. S. 4). Laut einem vom Kläger vorgelegten schriftlichen Vertrag vom 22. Oktober 2022 veräußerte dieser das Fahrzeug zum Preis von 11.200, -Euro an einen Herrn A. (Bl. 38 GA-I).

Der Kläger, der mit seiner am 8. Dezember 2022 zugestellten Klage die Erstattung der im Gutachten ausgewiesenen Netto-Reparaturkosten in Höhe von 17.925,- Euro, die Gutachterkosten in Höhe von 1.728,- Euro (brutto) sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.295,43 Euro nebst Zinsen geltend gemacht hat, hat behauptet, er habe, als er in den Kreisverkehr eingefahren sei, abgebremst und sei ins Rutschen geraten; infolgedessen sei das Fahrzeug „auf den Kreisverkehr gerutscht“ und habe dabei die dort befindliche Laterne beschädigt. Die Beschädigung der Laterne habe er in der Unfallnacht aber nicht erkennen können, da diese durch ein Wahlplakat abgedeckt gewesen sei; am 4. April 2022 habe er den Kreisverkehr erneut inspiziert und die Beschädigung bemerkt, als er das Wahlplakat zur Seite geschoben habe. Zum Unfallzeitpunkt sei er weder alkoholisiert gewesen, noch habe er unter dem Einfluss von Rauschmitteln gestanden, und der Unfall sei auch nicht auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen gewesen. Vor dem Verlassen der Unfallstelle sei er mindestens eine Stunde am Unfallort verblieben; sein Fahrzeug habe er nach dem Unfall am Straßenrand in unmittelbarer Nähe zur Unfallstelle abgestellt, am nächsten Tag sei es von der Firma L. abgeschleppt worden.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat Zweifel an dem vom Kläger geschilderten Unfallhergang geäußert und sich auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher und arglistiger Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gemäß E.1.2 AKB 2021 berufen. Entgegen der Darstellung des Klägers habe sich der Unfall nicht aufgrund von Nässe ereignet; vielmehr sei der Kläger geradeaus und ohne zu bremsen bzw. zu lenken in den Kreisverkehr eingefahren und dort mit der Laterne kollidiert. Deren Beschädigung sei auch nicht durch das Wahlplakat verdeckt gewesen, das zum Zeitpunkt der Kollision weiter oben gehangen habe und erst durch den Anstoß nach unten gerutscht sei. Der Kläger habe den Unfallort verlassen und dadurch Feststellungen zum Unfallhergang und zu seiner Fahrtüchtigkeit vereitelt; zudem habe er die gesetzlich geforderten Feststellungen auch nicht unverzüglich nachgeholt. Außerdem habe er in dem Fragebogen vom 4. April 2022 falsche Angaben gemacht, nämlich sein Fahrzeug auch nicht am nächsten Tag (= einem Sonntag) abschleppen lassen. Ungeachtet dessen, belaufe sich der – bei Abrechnung auf Totalschadensbasis geschuldete – Wiederbeschaffungsaufwand angesichts eines von ihr eingeholten Restwertangebotes über 14.700,- Euro (brutto) auf maximal 11.100,- Euro.

Das Landgericht hat den Kläger angehört, die Akten der Zentralen Bußgeldbehörde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, die Zeugen D. und S. vernommen und wiederholt Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt; sodann hat es mit dem angefochtenen, durch Beschluss vom 7. Mai 2024 im Kostenpunkt berichtigten Urteil (Bl. 124 ff., 152 f. GA-I), auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Beklagte unter Klagabweisung im Übrigen dazu verurteilt, an den Kläger 17.756,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Oktober 2022 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei dem Kläger aufgrund des Versicherungsfalles zur Erstattung der – auf die Differenz aus Wiederbeschaffungs- und Restwert begrenzten – Reparaturkosten verpflichtet. Dass der Kläger vertragliche Risikoausschlüsse, hier wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel, verwirklicht habe, stehe nicht fest. Auch auf ihre Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten könne die Beklagte sich nicht berufen. Dass der Kläger den Unfallort vorzeitig unter Verstoß gegen seine Wartepflicht verlassen habe, sei nach den Zeugenaussagen nicht erwiesen. Auch müsse davon ausgegangen werden, dass er seiner Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, nachgekommen sei, indem er den Schaden am Samstagmorgen telefonisch seinem Versicherungsmakler gemeldet habe und dieser die Schadensmeldung „unstreitig irgendwann“ an die Beklagte weitergeleitet habe, die ihrerseits nicht dargelegt habe, wann genau dies geschehen sei. Aus etwaigen Falschangaben in der Schadensanzeige könne die Beklagte schon deshalb keine Rechtsfolgen herleiten, weil sie den Kläger darin nicht über die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen belehrt habe und mangels ausreichenden Vortrages zur Arglist des Klägers auch nicht angenommen werden könne, dass dies hier entbehrlich gewesen sei. Ausgehend von einem unstreitigen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 25.800,- Euro (netto) und dem erzielten Restwert von 9.472,- Euro (netto), der mangels rechtzeitiger Unterbreitung höherer Restwertangebote maßgeblich bleibe, belaufe sich die Entschädigung auf 16.328,- Euro, abzüglich der Selbstbeteiligung in Höhe von 300,- Euro. Hinzu kämen die Kosten des vom Kläger beauftragten Sachverständigengutachtens, die nach der unberechtigten Weigerung der Beklagten entstanden seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese auf ihrer Leistungsfreiheit wegen arglistiger Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten beharrt und beanstandet, dass das Landgericht zu Unrecht von der unverzüglichen Nachholung gebotener Feststellungen ausgegangen sei, das konkrete Unfallgeschehen unaufgeklärt gelassen und Widersprüche in der Darstellung des Klägers und der vernommenen Zeugen nicht vollständig und zutreffend gewürdigt habe. Insbesondere seien zum Zeitpunkt der Schadenmeldung durch den Versicherungsmakler des Klägers an die Beklagte, die – was unstreitig geblieben ist – erst am 4. April 2022 erfolgt sei, keine Feststellungen zur Fahrtüchtigkeit und zur Unfallursache mehr möglich gewesen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 42 f. GA-II),
das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19. April 2024, Az.: 14 O 377/22 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt (Bl. 63 GA-II),
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 30. Mai 2023 und 26. März 2024 (Bl. 51 ff., 113 ff. GA-I) und des Senats vom 22. Januar 2025 (Bl. 103 ff. GA-II) verwiesen. Der Senat hat die Akten der Zentralen Bußgeldbehörde (Az.: 322002828) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte ist wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch den Kläger von ihrer Pflicht zur Leistung von Vollkaskoentschädigung aufgrund des Unfallereignisses vom 2. April 2022 gegen 3h00 auf der B269 in Lebach vollständig frei geworden.

1. Der Kläger hat im Streitfall seine vertragliche Aufklärungsobliegenheit (E 1.1.3 AKB 2021) vorsätzlich dadurch verletzt, dass er nach dem Verlassen der Unfallstelle die gebotenen Feststellungen nicht rechtzeitig – unverzüglich – nachträglich ermöglicht hat in der offenkundigen Absicht, seinen Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Daher ist die Beklagte berechtigt, sich ihm gegenüber auf ihre vollständige Leistungsfreiheit zu berufen (E 2.1 Satz 1 AKB 2021; § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG).

a) Gemäß E 1.1.3 Satz 1 AKB 2021 ist der Versicherungsnehmer im Rahmen seiner „Aufklärungspflicht“ verpflichtet, „alles“ zu tun, was zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungspflicht der Beklagten erforderlich ist. E 1.1.3 Satz 2, 1. Spiegelstrich AKB 2021 stellt klar, dass der Versicherungsnehmer hierzu „insbesondere“ den Unfallort nicht verlassen darf, ohne die gesetzlichen erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen oder die dabei erforderliche Wartezeit zu beachten; ist die erforderliche Wartezeit abgelaufen oder hat sich der Versicherungsnehmer berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt, muss er die Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglichen (Unfallflucht nach § 142 Strafgesetzbuch). Diese Strafvorschrift, die damit ausdrücklich zum Gegenstand der Aufklärungsobliegenheit gemacht wird, sonst davon aber auch stillschweigend in Bezug genommen wäre, entfaltet einen Schutzreflex für das Aufklärungsinteresse des Kraftfahrzeugversicherers, weil das Ergebnis polizeilicher Ermittlungen mittelbar auch diesem zugute kommt (BGH, Urteil vom 15. April 1987 – IVa ZR 28/86, VersR 1987, 657; Senat, Urteil vom 31. Juli 2024 – 5 U 102/23, VersR 2024, 1536 = RuS 2024, 847; Maier, in: MünchKomm-VVG 2. Aufl., KfzV [Nr. 400] Rn. 141). Dass mit der Verletzung der Pflichten des § 142 StGB der Leistungsanspruch gegen den Versicherer gefährdet sein kann, muss sich dem Versicherungsnehmer schon deshalb aufdrängen, weil er um dessen Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergangs und der Unfallursachen weiß und sich bewusst ist, dass er es mit dem Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt. Die Obliegenheit besteht daher auch bei eindeutiger Haftungslage; denn in der Kaskoversicherung geht es stets auch darum, zu prüfen, ob der Versicherer (teilweise) gemäß § 81 VVG – bzw., hier: A 2.9.1 AKB 2021 – leistungsfrei ist, weil eine durch Alkohol oder andere berauschende Mittel hervorgerufene Fahruntüchtigkeit den Unfall verursachte (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 – IV ZR 71/99, VersR 2000, 222; Senat, Urteil vom 31. Juli 2024 – 5 U 102/23, VersR 2024, 1536; Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415; Klimke, in: Prölss/Martin, VVG 32. Aufl., E 1.1 AKB Rn. 28). Ob – wie bei § 142 StGB – auch erforderlich ist, dass bei dem Unfall ein nicht völlig belangloser fremder Sach- oder Körperschaden eingetreten ist, oder ob die Klausel – insoweit die frühere Bedingungslage verschärfend – ein Verweilen an der Unfallstelle auch dann verlangt, wenn kein oder nur ein geringer Schaden entstanden ist (vgl. Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415; Klimke, in: Prölss/Martin, a.a.O., E.1.1 AKB Rn. 25; Maier in: Stiefel/Maier, a.a.O., E.1 AKB 2015 Rn. 84), kann offenbleiben, nachdem der vorliegende Schaden an der Straßenlaterne, der sich nach Mitteilung der Energis-Netzgesellschaft mbH vom 26. April 2022 (Bl. 11 EA) auf ca. 3.275,- Euro (incl. MwSt.) beläuft, jedenfalls kein Bagatellschaden mehr ist.

b) Der Kläger hat nach dem Verlassen der Unfallstelle, von dem das Landgericht angenommen hat, dass dieses nach Ablauf einer angemessenen Wartefrist erfolgte, gegen seine Aufklärungsobliegenheit jedenfalls dadurch verstoßen, dass er den Tatbestand des § 142 Abs. 2 und 3 StGB vorsätzlich verwirklichte.

aa) § 142 Abs. 2 StGB bestraft auch denjenigen Unfallbeteiligten, der sich nach Ablauf der Wartefrist oder berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich – in der durch § 142 Abs. 3 StGB näher beschriebenen Art und Weise – ermöglicht. Das durch die Obliegenheit sanktionierte Aufklärungsinteresse des Versicherers wird grundsätzlich auch durch die Verletzung dieser Pflicht beeinträchtigt, selbst wenn die Aufklärung nicht mehr in allen Fällen in jeder Hinsicht mit derselben Zuverlässigkeit erfolgen kann wie bei einem am Unfallort verbliebenen und dort angetroffenen Unfallbeteiligten. Denn auch die unverzügliche nachträgliche Ermöglichung von Feststellungen gemäß § 142 Abs. 3 StGB kann unter Umständen noch eine Aufklärung der Fahrtüchtigkeit des Fahrers ermöglichen (BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175; Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415). Eine nachträgliche Mitteilung ist dann noch „unverzüglich“ im Sinne des § 142 StGB – und genügt damit der Aufklärungsobliegenheit aus E 1.1.3 AKB 2021 – wenn sie noch den Zweck erfüllt, zugunsten des Geschädigten die zur Klärung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit erforderlichen Feststellungen treffen zu können. Das ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Bei nächtlichen Unfällen mit eindeutiger Haftungslage, etwa, weil nur ein Sachschaden an einem stehenden Objekt verursacht worden ist, kann die Unverzüglichkeit je nach Sachverhalt noch zu bejahen sein, wenn der Unfallbeteiligte die Feststellungen bis zum frühen Vormittag des darauf folgenden Tages ermöglicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175; Senat, Urteil vom 10. Februar 2016 – 5 U 75/14, VersR 2016, 1368; OLG Hamm, VersR 2004, 104; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB 30. Aufl., § 142 Rn. 26). Nur innerhalb der Grenzen dieses Unverzüglichkeitsgebots besteht ein Wahlrecht zwischen einer Information des Berechtigten oder der Polizei (§ 142 Abs. 3 StGB; BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175; OLG München, DAR 2014, 469; OLG Karlsruhe, VersR 2002, 1021).

bb) Eine solche unverzügliche Information des Berechtigten, d.h. hier: des Geschädigten, oder der Polizei ist nicht erfolgt. § 142 Abs. 3 StGB verlangt von dem sich berechtigt Entfernenden die nachträgliche Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, die Mitteilung seiner Anschrift, seines Aufenthaltes sowie des Kennzeichens und des Standortes seines Fahrzeugs und das Zurverfügunghalten des Fahrzeuges zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit (Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415). Eine solche Mitteilung hat der Kläger erst am darauffolgenden Montagabend gegenüber der Polizei in Lebach abgegeben, wo der Unfall um 18h23 schriftlich aufgenommen wurde (Bl. 1 EA); eine Benachrichtigung des Geschädigten erfolgte gar nicht. Der verstrichene Zeitraum von weit mehr als zwei Tagen seit dem Unfallereignis, darunter zwei Werktagen (Samstag und Montag), an denen feststellungsbereite Personen zumindest tagsüber unschwer zu erreichen gewesen wären, überschritt – selbst bei großzügiger Betrachtung – die Grenzen schuldhaften Zögerns (vgl. § 121 Abs. 1 BGB). Der Senat ist nach Anhörung des Klägers auch davon überzeugt, dass diesem eine solche Meldung angesichts ausreichender Tatsachenkenntnis schon unmittelbar nach dem Unfall möglich gewesen wäre (§ 286 ZPO). Zwar gehört auch die Tatsache, dass sich ein Unfall zugetragen hat, zum objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung, die positive Kenntnis des Versicherungsnehmers voraussetzt (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 – IV ZR 40/06, VersR 2008, 484); diese Kenntnis kann fehlen, wenn an dem angefahrenen Gegenstand Unfallspuren nicht zu sehen waren (Senat, Urteil vom 22. November 2000 – 5 U 424/00-38, ZfS 2001, 69; OLG Karlsruhe, VersR 2008, 1526). Allerdings ist die genaue Kenntnis von der Art des verursachten Schadens nicht erforderlich; es genügt, dass sich dem Versicherungsnehmer die Vorstellung aufgedrängt hat, er habe möglicherweise einen nicht ganz belanglosen Schaden verursacht (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175 Rn. 17; Maier, in: Stiefel/Maier, a.a.O., E.1 AKB 2015 Rn. 88). Jedenfalls daran bestehen hier bei sachgerechter Würdigung aller Umstände keine Zweifel. Zwar beharrte der Kläger bis zuletzt darauf, die Beschädigung an der Straßenlaterne sei durch ein Wahlplakat verdeckt und für ihn nicht erkennbar gewesen. Jedoch musste für ihn schon aufgrund des Ausmaßes der Beschädigung seines eigenen Fahrzeugs durch die Kollision mit der Straßenlaterne offensichtlich gewesen sein, dass er erhebliche Schäden auch an diesem fremden Gegenstand verursacht haben müsse. Aus dem von ihm vorgelegten Schadensgutachten des Sachverständigen W. und den dortigen Lichtbildern wird deutlich, dass das Fahrzeug im vorderen Bereich erhebliche Beschädigungen erlitten hatte, die – für jeden Laien erkennbar – aus einem heftigen Zusammenstoß mit einem anderen körperlichen Gegenstand herrühren. Der Kläger hat dementsprechend im Senatstermin auch eingeräumt, bemerkt zu haben, dass er gegen die Laterne gestoßen sei (Bl. 106 GA-II), dass es bei dem Zusammenprall „gescheppert“ habe und dass anschließend u.a. der Kotflügel des Fahrzeugs zur Seite abgestanden habe und die Motorhaube eingedrückt gewesen sei (Bl. 105 GA-II). Angesichts dessen musste sich ihm aufdrängen, dass auch Schäden an diesem fremden Gegenstand entstanden waren. Dass ein entsprechendes Bewusstsein bei ihm vorhanden war, zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass er sich – wie er im Senatstermin eingeräumt hat – auch nicht erst am darauffolgenden Montag vor Ort begab, um die Lampe zu inspizieren, sondern schon am Sonntag mit seinen Eltern, die dieses Bewusstsein ebenfalls hatten, mehrmals durch den Kreisel fuhr, um dort nach Beschädigungen zu sehen (Bl. 106 GA-II).

cc) Ein Verstoß des Klägers gegen die Aufklärungsobliegenheit wird vorliegend – entgegen der Ansicht der Erstrichterin – auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser zwar nicht unverzüglich den Geschädigten oder die Polizei, wohl aber die Beklagte als seinen Versicherer informierte; denn das ist hier ebenfalls nicht geschehen.

(1) Anders als in den Fällen des § 142 Abs. 1 StGB wird das Aufklärungsinteresse des Versicherers durch einen Verstoß gegen Absatz 2 der Norm nicht in jedem Falle beeinträchtigt, weil diese Norm ein Handeln des Versicherungsnehmers unter Umständen noch zu einem Zeitpunkt genügen lässt, zu dem Erkenntnisse bezüglich des Unfalls nicht mehr in gleicher Weise zu gewinnen sind. Dann aber sind die Interessen des Versicherers durch die unmittelbar an ihn oder seinen Agenten erfolgende Mitteilung mindestens ebenso gut gewahrt wie durch eine nachträgliche Benachrichtigung des Geschädigten (BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175; OLG Karlsruhe VersR 2002, 1021; Maier, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl., E.1 AKB 2015 Rn. 99). Allein auf diesen Zeitpunkt kommt es an, weil der Versicherungsnehmer, der sich zuvor nach Ablauf der Wartezeit oder sonst erlaubt vom Unfallort entfernt hat, dadurch noch nicht gegen Aufklärungsobliegenheiten verstoßen hat. Der Versicherungsnehmer, der seinen Versicherer zu einem Zeitpunkt informiert, zu dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abwehren können, verletzt deshalb allein durch die unterlassene Erfüllung der Pflicht nach § 142 Abs. 2 StGB keine Aufklärungsobliegenheit (BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175).

(2) Eine solche zeitnahe Information der Beklagten, die deren Aufklärungsinteresse gewahrt hätte, ist vorliegend jedoch nicht erfolgt; sie lag – entgegen der angefochtenen Entscheidung – nicht (schon) darin, dass der Kläger nach seiner – von der Beklagten berechtigterweise mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestrittenen – Behauptung am Vormittag des 2. April 2022 seinen Versicherungsmakler, die Firma „. GmbH“ in S., über den Schaden informiert haben will (Bl. 89 GA-I). Denn ein – hier schon aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes eindeutig als solcher erkennbarer – Versicherungsmakler (vgl. § 59 Abs. 3 Satz 1 VVG) ist, anders als ein Agent (jetzt: Versicherungsvertreter, § 59 Abs. 2 VVG; dazu Senat, Urteil vom 30. September 2020 – 5 U 91/19, VersR 2021, 23), grundsätzlich nicht zum Empfang solcher für den Versicherer bestimmten Erklärungen oder Anzeigen ermächtigt und insoweit auch nicht dessen Wissensvertreter (§ 70 VVG, § 166 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2001 – IV ZR 235/00, VersR 2001, 1498; OLG Hamm, VersR 2019, 928; Dörner, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 70 Rn. 2; Reiff, in: MünchKomm-VVG 3. Aufl., § 69 Rn. 6 f.). Weil auch keine Gründe erkennbar sind, die es ausnahmsweise rechtfertigen würden, die eindeutig als solche erkennbare Makler-GmbH der Sphäre der Beklagten zuzuweisen, wurde diese nach den Umständen, ohne Rücksicht auf die Vorstellungen des Klägers, lediglich als dessen „Erklärungsbote“ tätig mit der Folge, dass die Anzeige der Beklagten erst dadurch zuging, dass sie ihr tatsächlich übermittelt wurde (Grüneberg, in: Grüneberg, BGB 83. Aufl., § 130 Rn. 9; Gomille, in: BeckOGK Stand: 1.9.2022, § 130 Rn. 102; vgl. RG, Urteil vom 29. März 1905 – V 445/04, RGZ 60, 334, 337). Indes war dem Kläger die Notwendigkeit, den Schaden der Beklagten selbst – und nicht nur dem Makler – zu melden, auch positiv bekannt; denn anders ist nicht zu erklären, dass er seinen Makler – wie er dem Senat spontan schilderte – bei diesem Telefonat auch gebeten haben will, „den Schaden zu melden“ (Bl. 109 GA-II). Der Zugang dieser Meldung erfolgte jedoch – wie zweitinstanzlich bis zuletzt unstreitig geblieben ist – erst durch deren Weiterleitung an die Beklagte am Montag, den 4. April 2022 und damit verspätet, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger auch durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB nicht mehr hätte abwenden können.

c) Bei all dem handelte der Kläger auch mindestens bedingt vorsätzlich. Hierzu genügt es, dass der Versicherungsnehmer kraft einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ die Merkmale der Obliegenheit im Kern kennt, mithin grundsätzlich das allgemeine Bewusstsein hat, dass er den Versicherer bei der Aufklärung des Sachverhalts nach besten Kräften aktiv unterstützen muss, und das heute bei einem Versicherten in der Regel vorhanden ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 1958 – II ZR 1/57, VersR 1958, 389; Senat, Urteil vom 19. Juni 2019 – 5 U 99/18, VersR 2019, 1289; Armbrüster, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 31 Rn. 49). Diese Kenntnis ist hier angesichts der von der Obliegenheit mitumfassten strafrechtlich sanktionierten Rechtspflicht aus § 142 StGB unzweifelhaft; denn dabei handelt es sich um eine elementare, allgemeine und jedem Versicherungsnehmer und Kraftfahrer bekannte Pflicht (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 – IV ZR 71/99, VersR 2000, 222). Auch ist der Senat davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der Kläger den objektiven Tatbestand der Obliegenheit vorsätzlich verwirklicht hat und er insbesondere auch wusste, dass sich ein Unfall mit Fremdschaden zugetragen hatte. Schon auf Grund des Ausmaßes der Beschädigungen seines eigenen Fahrzeugs durch die Kollision mit der Laterne, die er – wie er in seiner Anhörung eingeräumt hat – unmittelbar vor Ort festgestellt und erkannt hatte, war offensichtlich, dass er erhebliche Schäden auch an diesem fremden Gegenstand verursacht haben musste. Nicht zuletzt seine – wiederholte – Rückkehr an den Ort des Geschehens lässt ebenfalls auf ein solches Bewusstsein schließen. Indem er gleichwohl davon absah, den Schaden spätestens am nächsten Morgen zu melden, statt dessen – nach eigener Darstellung – nur seinen Versicherungsmakler informierte und sich bei seinem Abschleppunternehmer erkundigte, ob sich das Auto jetzt dort befinde (Bl. 110 GA-II), und sich erst am Montagabend zur Polizei begab, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem – ersichtlich – keine Feststellungen mehr möglich waren, nahm er die Verwirklichung des Straftatbestandes und der Aufklärungsobliegenheit im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer objektiven Verletzung zumindest billigend in Kauf.

d) Die Leistungsfreiheit der Beklagten scheitert vorliegend auch nicht daran, dass die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich gewesen wäre (E 2.2 AKB 2021; § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG). Dem Kläger ist es verwehrt, sich auf den Kausalitätsgegenbeweis zu berufen, weil er die Obliegenheit zum Nachteil der Beklagten arglistig verletzt hat (E 2.2 Satz 2 AKB 2019; § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG).

aa) Eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Dies muss im Wege einer einzelfallbezogenen Betrachtung des Handelns des Versicherungsnehmers geprüft werden und insbesondere darauf geachtet werden, dass es für die Beurteilung des Handelns des Versicherungsnehmers allein auf den Zeitpunkt ankommt, in dem dieser die Obliegenheit verletzt, hier also die Zeit, zu der der Kläger seiner Pflicht aus § 142 Abs. 2 StGB noch hätte nachkommen können (BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11, VersR 2013, 175). Dafür ist die gerichtliche Überzeugung erforderlich, dass der Versicherungsnehmer sich zu dem Zeitpunkt, zu dem er seine Pflichten nach § 142 StGB erfüllen musste, bewusst den im Interesse des Versicherers liegenden Feststellungen entzogen hat. Die allgemeine Annahme, dass bei jedem Verkehrsunfall, bei dem sich der Fahrer von der Unfallstelle entfernt oder nachträgliche Feststellungen nicht ermöglicht, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkohol- bzw. rauschmittelbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrers spricht, erscheint zu weitgehend. Je nach den Umständen des Einzelfalles muss berücksichtigt werden, welche Anhaltspunkte für oder gegen eine solche Annahme sprechen (Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415; Heß/Höke, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 29 Rn. 323). Für das Vorliegen von Arglist trägt der Versicherer nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (Armbrüster, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 28 Rn. 204; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. Mai 2009 – IV ZR 62/07, VersR 2009, 968). Das diesbezügliche tatsächliche Vorbringen der Beklagten ist zwar bis zuletzt – wie in solchen Fällen häufig – summarisch geblieben; allerdings muss das Gericht den ihm zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt im Rahmen der Beweiswürdigung ausschöpfen (§ 286 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2001 – VI ZR 203/00, VersR 2001, 1174; Urteil vom 18. Juli 2013 – IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 11; Greger, in: Zöller, ZPO 35. Aufl., § 286 Rn. 2; Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO 21. Aufl., § 286 Rn. 2). Liegen bei lebensnaher Betrachtung durchgreifende – unstreitige oder erwiesene – Anhaltspunkte für ein solches Ansinnen des Versicherungsnehmers vor, darf das Gericht davor die Augen nicht verschließen (Schneider, VersR 2025, 65, 68).

bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorgehen des Klägers bei der gebotenen Gesamtschau aller maßgeblichen – unstreitigen oder erwiesenen – Tatsachen des vorliegenden Einzelfalles als arglistig anzusehen. Der Senat ist mit dem Maßstab des § 286 ZPO davon überzeugt, dass der Kläger seine vertraglichen Aufklärungsobliegenheiten bewusst dadurch verletzt hat, dass er sich nach dem Verlassen der Unfallstelle Feststellungen durch Dritte entzog, um der Beklagten jedwede Möglichkeit, auf diese Weise zu erlangende Erkenntnisse zum Unfallhergang und zu einem den Versicherungsschutz gefährdenden – nach den Umständen naheliegenden – Fahrfehler zu vereiteln.

(1) Schon die vom Kläger geschilderten Abläufe nach dem Unfall, die das Landgericht zugrunde gelegt hat und von denen der Senat ausgeht, sind Verdacht heischend. Danach hat dieser, ohne Rücksicht auf die Schwere des Unfalles und die vor Ort festgestellten Schäden am Fahrzeug, das in der Mitte des Kreisels feststeckte und – so jedenfalls seine ursprüngliche Darstellung – nicht mehr fahrbereit war, weder die Polizei, noch professionelle Hilfe gerufen, obschon das unter diesen Umständen nahe gelegen hätte, sondern den Bruder seines Mitfahrers, zu dessen fachlichen Fähigkeiten in Bezug auf das Abschleppen von Fahrzeugen nichts bekannt ist, der auch nicht unmittelbar zugegen sein konnte, sondern sich „erst fertigmachen“ und dann noch ca. 20 Minuten fahren musste, um vor Ort zu kommen, um dort dem Kläger und seinem Mitfahrer händisch beim „Wegholen“ und „Abstellen“ des Fahrzeugs in einer Seitenstraße zur Hand zu gehen. Ein solches Vorgehen, das, so der Kläger und das Landgericht, mindestens eine Stunde andauerte, d.h. mit einer erheblichen Verweildauer an der nächtlichen Unfallstelle und damit verbundenen Unannehmlichkeiten verbunden war, ist zumindest ungewöhnlich und bei lebensnaher Betrachtung nur dadurch zu erklären, dass das Fahrzeug, seine Beschädigungen und sein Führer fremden Blicken und dadurch möglichen Feststellungen zur Fahrtauglichkeit entzogen werden sollten.

(2) Hinzu kommt, dass der – vom Kläger verniedlichend als Folge eines „Ausrutschens“ geschilderte – nächtliche Verkehrsunfall bei Würdigung aller Umstände nur durch einen erheblichen Fahrfehler zu erklären ist, der ungeachtet der Angaben des Zeugen D. P., sie hätten beide „nichts getrunken“ (Bl. 115 GA), auch auf anderen, von der Beklagten berechtigterweise ins Felde geführten und ebenfalls nicht versicherten Ursachen (Bl. 19 GA-I) beruhen kann, die ein offenkundiges Aufklärungsbedürfnis des Versicherers begründeten und zu denen sich die Beteiligten in ihrer Vernehmung nicht geäußert haben. Angesichts erheblicher Beschädigungen am Fahrzeug und der erstinstanzlichen Zeugenaussagen ist davon auszugehen, dass der Kläger ungebremst in den Kreisel eingefahren und dort geradewegs mit hoher Geschwindigkeit auf den in der Mitte befindlichen Laternenmast aufgeprallt ist. Ausweislich der durch Lichtbilder belegten schriftlichen Feststellungen des Sachverständigen W., dessen Gutachten der Kläger selbst – über seine Autowerkstatt – in Auftrag gegeben und vorgelegt hat (Anlage K13), ist das Fahrzeug „bei voller Fahrt über eine Verkehrsinsel gefahren“; dabei wurden „der Stoßfänger vorne links, der Scheinwerfer, der Kühlergrill sowie die Frontmaske mit dem Kondensator und die Vorderachshälfte mit dem Achsträger beschädigt“, der „Grundschweller links … massiv eingedrückt und der Unterboden … ebenfalls massiv eingedrückt und verformt“ (Seite 4, Lichtbilder ab Seite 20 des Gutachtens); die voraussichtlichen Reparaturkosten werden auf 17.925,- Euro (netto) beziffert (Seite 1 des Gutachtens). Auch die vom Landgericht eingeholte Aussage des Zeugen D. P. (Bl. 114 GA-I) – der Zeuge S. war bei dem Unfall nicht vor Ort und konnte dazu lediglich Angaben vom Hörensagen machen (Bl. 117 GA-I) – legt einen solchen Hergang nahe. Wenngleich der Zeuge – wie auch sein Bruder – die Vermutung äußerte, der Kläger müsse „irgendwie ins Rutschen geraten“ sein, schilderte er gerade nicht, dass dieser gebremst habe und dadurch – witterungsbedingt – ins Rutschen geraten sei, sondern dass sie – als sie „eigentlich ein bisschen nach rechts“ hätten fahren sollen – „ein bisschen geradeaus gefahren“, „geradeaus auf den Kreisel gefahren“ und „auf den Hügel von dem Kreisel sozusagen draufgefahren“ seien (Bl. 116 GA), und damit – im Einklang mit den gutachterlichen Feststellungen – ein unkontrolliertes, ungebremstes Auffahren auf den Kreisel und die dortige Verkehrsinsel. Wer jedoch, ohne bedrängt zu sein, in solcher Art und Weise innerorts in einen Verkehrskreisel einfährt, dass er entgegen der von ihm angestrebten Fahrrichtung über die gesamte Breite des Kreisels hinweg mit erheblicher Geschwindigkeit gegen eine dort in der Mittel befindliche Laterne fährt, ist offensichtlich zur Bedienung des Kraftfahrzeuges nicht in der Lage (vgl. Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415). Das gilt im Übrigen selbst unter der Prämisse, dass es – so der Kläger zunächst noch – im Kreisel glatt gewesen sei (Bl. 24 GA-I); denn auch eine solche Verkehrssituation, mit der des Nachts Anfang April noch gerechnet werden musste, wäre für einen fahrtüchtigen Fahrzeugführer, der dann seine Fahrweise an die Situation angepasst hätte, beherrschbar gewesen oder hätte jedenfalls keine derart gravierenden Folgen gezeitigt (vgl. OLG Naumburg, VersR 2005, 1233; LG Saarbrücken, RuS 2016, 343; Klimke, in: Prölss/Martin, a. a. O., A.2.9 AKB Rn. 50; zu § 3 Nr. 4 AUB 61 auch Senat, Urteil vom 12. September 2001 – 5 U 19/01-4, ZfS 2002, 32). In seiner Unfallschilderung vor dem Senat wusste der Kläger freilich schon nicht mehr zu sagen, warum er gerutscht sei (Bl. 105 GA-II). Seine Behauptung, er habe „jedenfalls keine überhöhte Geschwindigkeit gehabt“, wird durch die sachverständig dokumentierten Schäden am Fahrzeug, die schon aus Laiensicht nur durch einen heftigen Aufprall und, damit einhergehend, eine erhebliche Kollisionsgeschwindigkeit zu erklären sind, widerlegt.

(3) Daran, dass der Kläger sich der durch sein Unterlassen bewirkten Aufklärungsnachteile zu Lasten der Beklagten bewusst war und diese billigend in Kauf nahm, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden, bestehen auch angesichts seines gesamten weiteren Verhaltens keine Zweifel. Zu dem Zeitpunkt, als er nach dem Verlassen der Unfallstelle den Entschluss fasste, seiner Meldepflicht nicht unverzüglich nachzukommen, ging es ihm bei lebensnaher Betrachtung ersichtlich darum, Feststellungen zu seiner Fahrtüchtigkeit zu verdecken. Als Motiv dafür drängt sich die Absicht auf, einen Entzug der Fahrerlaubnis zu vermeiden und seinen Versicherungsschutz zu erhalten. Es kann nicht angenommen werden, dass der Kläger, der dies auch nicht behauptet hat, sich auch in den Stunden nach dem Unfall keine Gedanken darüber gemacht hat, dass ein Unfall im Zustand einer Fahruntüchtigkeit seinem Versicherungsschutz im Wege stehen und mögliche Feststellungen der Beklagten die Regulierung zumindest erschweren könnten. Die Überlegung, dass ein aufgrund Fahruntüchtigkeit allein verschuldeter Schaden einem Ersatzanspruch gegenüber der Vollkaskoversicherung im Wege stehen könnte, wird beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer stattfinden. Selbst wenn unmittelbar nach einem Unfall der erste Gedanke einer strafrechtlichen Verfolgung gelten sollte, so werden mit zeitlichem Abklingen des Unfallschocks und einsetzender Überlegung über die eigene Situation recht schnell die wirtschaftlichen Auswirkungen des Schadens ebenfalls in den Blick geraten (Senat, Urteil vom 1. Februar 2017 – 5 U 26/16, VersR 2018, 415). Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass der Kläger nachträgliche Feststellungen nicht nur deswegen verhindert hat, um einen Entzug seiner Fahrerlaubnis zu verhindern, sondern auch in dem Bewusstsein, der Gefahr entgegenzuwirken, dass die Beklagte im Zuge weiterer Aufklärungsmaßnahmen Kenntnis von Umständen erlangten würde, die seinen Versicherungsschutz gefährden könnten. Dagegen spricht hier auch nicht, dass er den Verkehrsunfall bereits am nächsten Morgen telefonisch – nur – der Firma „. GmbH“ gemeldet haben mag und nicht der Beklagten, die – was allgemein bekannt ist (§ 291 ZPO) – als großer Kfz-Schadensversicherer rund um die Uhr telefonisch erreichbar ist. Denn der Kläger wusste nach seiner Einlassung vor dem Senat, dass damit gerade noch keine Meldung an den Versicherer erfolgt war; anders ist seine Bitte an den Makler, den Schaden zu melden (Bl. 109 GA-II), nicht zu erklären. Schon deshalb durfte der Kläger nicht davon ausgehen, mit diesem Übermittlungsauftrag bereits alles zur Aufklärung erforderliche getan zu haben; vielmehr musste ihm bewusst sein, dass seine Meldung aufgrund des verlängerten Weges die Beklagte zwangsläufig nur mit Verzögerungen erreichen würde. Dass es ihm bei all dem darum ging, die näheren Umstände des Unfalles zu verdecken, die mit zunehmendem Zeitablauf schwerer festzustellen sind, folgt auch daraus, dass er – nach eigener Darstellung – am nächsten Tag die Zeit fand, sich durch Anruf bei dem Abschleppunternehmer um das Schicksal seines Fahrzeugs zu kümmern und sonntags mit den Eltern den Kreisverkehr in Augenschein zu nehmen (Bl. 106, 110 GA-II), sich dagegen, obschon er um den Fremdschaden wusste, gegenüber der Polizei erst zwei Tage später zu erkennen gab, ohne dafür nachvollziehbare Gründe geben zu können. Sein gesamtes Verhalten lässt daher nur den Schluss zu, dass es ihm darauf ankam, Fahrfehler, die auch aus seiner Sicht Einfluss auf den Bestand des Versicherungsschutzes haben konnten und für die hier durchgreifende Anhaltspunkte vorliegen, gegenüber feststellungsbereiten Personen und der Beklagten zu verschleiern, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden.

e) Das Berufen der Beklagten auf ihre vollständige Leistungsfreiheit ist im Streitfall auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es an einem durch § 28 Abs. 4 VVG gebotenen Hinweis auf die Rechtsfolge dieser Obliegenheitsverletzung durch gesonderte Mitteilung in Textform fehlte. Denn dieses Belehrungserfordernis besteht – ungeachtet der Arglist des Klägers, die dies entbehrlich macht – jenseits des Wortlautes dieser Vorschrift nach deren Sinn und Zweck generell nicht für solche Aufklärungsobliegenheiten, die – wie die Obliegenheit, den Unfallort nicht zu verlassen – im Zeitpunkt des Versicherungsfalls von selbst, d. h. ohne Kenntnis des Versicherers und infolgedessen ohne Möglichkeit zur vorherigen Belehrung des Versicherungsnehmers, entstehen, kein besonderes Verlangen des Versicherers voraussetzen und daher spontan zu erfüllen sind (allgemeine Ansicht; u.a. Senat, Urteil vom 31. Juli 2024 – 5 U 102/23, VersR 2024, 1536; OLG Hamm, VersR 2017, 1332; Rixecker, in: Langheid/Rixecker, VVG 7. Aufl., § 28 Rn. 109; Wandt, in: MünchKomm-VVG 3. Aufl., § 28 Rn. 335; Jungermann, in: BeckOK-StVR, 25. Ed. 15.10.2024, § 28 VVG Rn. 266).

2. Soweit die Beklagte dem Kläger mithin schon deshalb keine Versicherungsleistungen schuldet, ergibt sich ein weiterer, selbständig tragender Grund für ihre Leistungsfreiheit hier auch daraus, dass der Kläger in seiner Antwort auf das Schreiben der Beklagten vom 4. April 2022 falsche Angaben zum Unfallhergang gemacht und dadurch auch insoweit vorsätzlich und arglistig gegen seine Aufklärungsobliegenheit aus E 1.1.3 AKB 2021 verstoßen hat.

a) Zu dieser allgemeinen Aufklärungsobliegenheit, auf die sich die Beklagte – entgegen der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht – bei wohlverstandener Würdigung ihres gesamten erstinstanzlichen Vorbringens ausreichend deutlich berufen hat, zählt nach der beispielhaften Aufzählung in den Bedingungen insbesondere, dass der Versicherungsnehmer Fragen des Versicherers zu den Umständen des Schadensereignisses, zum Umfang des Schadens und zur Leistungspflicht des Versicherers wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet (E 1.1.3 Satz 2, 2. Spiegelstrich AKB 2021). Solche Fragen hatte die Beklagte dem Kläger in ihrem Schreiben vom 4. April 2022 gestellt, indem sie ihn insbesondere bat, den Unfallhergang aus seiner Sicht zu schildern und eine Unfallskizze hinzuzufügen. Dazu war sie auch unzweifelhaft berechtigt; denn es ist grundsätzlich Sache des Versicherers, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2014 – IV ZR 242/13, VersR 2015, 45; Senat, Urteil vom 29. November 2023 – 5 U 34/23, VersR 2024, 1206; Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG 32. Aufl., § 31 Rn. 7 ff.). Die erfragten Umstände waren sachdienlich, weil sie der Klärung der – durch den vertraglichen Risikoausschluss in A 2.9.1 AKB 2021 u.a. für Fälle der vorsätzlichen oder alkohol/rauschmittelbedingt grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles begrenzten – Eintrittspflicht der Beklagten dienten und die Beklagte deshalb ein nachvollziehbares Interesse an der Aufklärung dieser Umstände hatte.

b) Gegen diese Aufklärungsobliegenheit hat der Kläger ebenfalls vorsätzlich verstoßen, indem er in seiner Antwort auf dieses Schreiben eine Unfallschilderung abgab, die, entsprechend den Erörterungen im Senatstermin, mit dem objektiven Schadensbild und den Feststellungen aus dem von ihm vorgelegten Sachverständigengutachten nicht ansatzweise in Einklang zu bringen ist, was ihm bewusst war.

aa) Der Kläger hat darin als Unfallschilderung – seinem schriftsätzlichen Vortrag im Rechtsstreit entsprechend – angegeben, am 2. April 2022 auf der B269 Richtung Innenstadt gefahren zu sein; am Kreisel habe er gebremst und sei ca. 1m auf die Erhöhung vom Kreisel gefahren, dabei habe er sein Fahrzeug so stark an der Lenkung beschädigt, dass es nicht mehr fahrbereit gewesen sei und abgeschleppt werden musste (Beiblatt zur Anlage K3). Diese Schilderung des Unfallherganges war objektiv falsch; vielmehr ist – wie die Beklagte schon erstinstanzlich behauptet hatte – der Kläger hier nachweislich ungebremst – „bei voller Fahrt“ – in den Kreisel eingefahren, wie sich sowohl aus den Feststellungen des von ihm beauftragten Gutachtens des Sachverständigen W. zum Schadenshergang und den dadurch entstandenen Schäden am Fahrzeug, als auch aus der vom Landgericht eingeholten Aussage seines Beifahrers, des Zeugen D. P. (Bl. 114 GA-I) ohne weiteres ergibt, ohne dass es weiterhin noch der Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens bedürfte, das ohnehin nur von der Beklagten angeboten, vom Kläger dagegen ausdrücklich für unnötig erachtet wurde (Bl. 80, 95, 97 GA-I). Soweit der Kläger demgegenüber Sachverständigenbeweis – nur – für seine (ursprüngliche) Behauptung angeboten hatte, dass es „im Kreisel glatt“ gewesen sei (Bl. 24 GA-I), kann dies unterstellt werden, weil auch das nichts daran änderte, dass seine Unfallschilderung in wesentlichen Punkten schlicht falsch gewesen ist.

bb) Der Senat hält es unter Berücksichtigung der in der Anhörung des Klägers gewonnenen Erkenntnisse und aller weiteren Umstände des vorliegenden Falles auch für erwiesen (§ 286 ZPO), dass dieser die Frage nach der Unfallschilderung bewusst falsch beantwortet hat, um sonst befürchteten Schwierigkeiten bei der Regulierung des Versicherungsfalles von vornherein aus dem Weg zu gehen. Der Kläger wurde in dem Schreiben der Beklagten vom 4. April 2022 ausdrücklich um eine Unfallschilderung und die Fertigung einer Skizze gebeten; diese hat er, augenscheinlich um detaillierte Aufklärung bemüht, ausführlich auf einem gesonderten Blatt Papier und damit wohlüberlegt gefertigt und abgegeben. Seine dortige, mit den objektiven Erkenntnissen nicht zu vereinbarende Darstellung hat er zunächst auch im Rechtsstreit wiederholt, sich im Rahmen seiner Anhörung jedoch in Widersprüche verwickelt und insbesondere auf Nachfragen des Senats zuletzt Erläuterungen zum Unfallhergang und zu den vor Ort festgestellten Schäden gegeben, die mit seinen Angaben in der Schadensanzeige nicht in Einklang zu bringen sind. All dies belegt, dass er damals wusste, dass die gegenüber der Beklagten gemachten Angaben in wesentlichen Punkten unrichtig waren. Daran, dass er die falschen Angaben in vollem Bewusstsein und nicht etwa nur versehentlich tätigte, bestehen ebenfalls keine Zweifel. Denn der Kläger hat angegeben, dass er die Schadensanzeige und das Beiblatt nicht unter Eile ausgefüllt und erst zu einem späteren Zeitpunkt über seinen Versicherungsmakler zurückgereicht hat. All das spricht – auch mangels gegenteiliger plausibler Erklärungen – für sein bewusstes und überlegtes Handeln bei diesen falschen Angaben.

c) Auch diese weitere Obliegenheitsverletzung erfolgte arglistig, so dass es dem Kläger versagt ist, sich gegenüber der Beklagten auf den Kausalitätsgegenbeweis zu berufen (E 2.2 Satz 2 AKB 2021; § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG).

aa) Bei der Verletzung einer zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtenden Auskunftsobliegenheit, wie sie hier in Rede steht, verlangt Arglist, dass der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2009 – IV ZR 62/07, VersR 2009, 968; Senat, Urteil 6. Juli 2022 – 5 U 92/21, RuS 2022, 707, 712, m.w.N.). Es genügt also mit anderen Worten, wenn der Versicherungsnehmer Beweisschwierigkeiten vermeiden, die Regulierung beschleunigen, nicht „unnötig Sand ins Getriebe“ der Regulierung bringen oder allgemein auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen will (Senat, Urteil vom 2. September 2020 – 5 U 94/19, VersR 2020, 1372; Marlow in: Marlow/Spuhl, BeckOKVVG, Stand: 01.08.2023, § 28 Rn. 201 ff.; Rixecker in: Langheid/Rixecker, a.a.O., § 28 Rn. 104). Dies ist vom Versicherer zu beweisen; dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen immer in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – IV ZR 331/05, VersR 2007, 785; Beschluss vom 4. Mai 2009 – IV ZR 62/07, VersR 2009, 968; Armbrüster, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 28 Rn. 204). Liegen allerdings – wie hier – objektive Falschangaben vor, so ist es Sache des Versicherungsnehmers, substantiiert plausibel zu machen, warum und wie es zu diesen objektiv falschen Angaben gekommen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2007 – IV ZR 103/06, VersR 2008, 242; Urteil vom 11. Mai 2011 – IV ZR 148/09, VersR 2011, 909; Senat, Urteil vom 2. September 2020 – 5 U 94/19, VersR 2020, 1372; OLG Dresden, RuS 2024, 548; Freymann, in: jurisPK-StVR 2. Aufl., Stand: 9.9.2024, § 28 VVG Rn. 37).

bb) Danach liegen im Streitfall arglistige Falschangaben des Klägers vor. Unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Erklärungen in der Anhörung vor dem Landgericht und dem Senat und des dabei gewonnenen persönlichen Eindrucks, bestehen keine Zweifel, dass dieser die falsche Unfallschilderung bewusst abgab, um dadurch seinen Versicherungsschutz nicht zu gefährden (§ 286 ZPO). Dass die in dem Beiblatt erfolgte Beschreibung des Unfallverlaufs mit den objektiven Gegebenheiten nicht in Einklang stand, die nach dem oben Gesagten auf einen erheblichen, vom Versicherungsschutz möglicherweise nicht gedeckten Fahrfehler hindeuteten, ist offensichtlich, und auch das gesamte weitere Verhalten des Klägers nach dem Unfall und seine Einlassungen im vorliegenden Rechtsstreit deuten unumwunden darauf hin, dass ihm dies damals vor Augen stand. Zugleich ist diese unzutreffende Schilderung der Abläufe nur dadurch zu erklären, dass es dem Kläger darum ging, einen vermeintlich „unverdächtigen“ Geschehensablauf zu schildern und dadurch die erstrebte Regulierung nicht zu gefährden. Die Angabe, er habe am Kreise gebremst und sei ca. 1m auf die Erhöhung des Kreisels gerutscht, zielte erkennbar darauf ab, bei der Beklagten den Eindruck zu erwecken, es handele sich um einen ausschließlich auf äußere Umstände zurückzuführenden, unverdächtigen „Glatteisunfall“. Dies sowie der Umstand, dass der Kläger die Schadensanzeige nicht unter Eile ausfüllte, mithin genügend Zeit und Gelegenheit hatte, seine Worte zu wägen, spricht mangels anderer, plausibler Erklärungen durchgreifend für sein bewusstes und überlegtes Handeln bei diesen falschen Angaben.

d) Weil der Kläger die Aufklärungsobliegenheit arglistig verletzt hat, ist es ihm auch insoweit versagt, sich gegenüber der Beklagten auf den Kausalitätsgegenbeweis zu berufen (E 2.2 Satz 2 AKB 2021; § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG). Ebenso ist es deshalb – entgegen der Ansicht des Landgerichts – hier nicht von Belang, dass das an den Kläger gerichtete Schreiben vom 4. April 2022 keine den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG genügende Belehrung über die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen enthielt; denn eine solche ist nach ganz allgemeiner, auch vom Senat in ständiger Rechtsprechung vertretener Ansicht nicht erforderlich, wenn der Versicherungsnehmer die Aufklärungsobliegenheit – wie hier – arglistig verletzt hat (zuletzt: Senat, Urteil vom 29. November 2023 – 5 U 34/23, VersR 2024, 1206, m.w.N.; vgl. zu § 19 Abs. 5 VVG auch BGH, Urteil vom 12. März 2014 – IV ZR 306/13, BGHZ 200, 286 Rn. 17). Daher ist die Beklagte auch aus diesem Grunde von ihrer Eintrittspflicht für den streitgegenständlichen Versicherungsfall leistungsfrei geworden und ihre Berufung gegen das landgerichtliche Urteil, das sie zu Unrecht zur Zahlung verurteilt hat, vollumfänglich begründet.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.


Einsender:

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".