Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Braunschweig, Beschl. v. 14.02.2025 - 1 AR 15/24
Eigener Leitsatz:
Zur - abgelehnten - Feststellung einer Pauschgebühr trotz umfangreicherer Tätigkeiten im Revisionsverfahren.
Oberlandesgericht Braunschweig
Beschluss
1 AR 15/24
In der Strafsache
betreffend pp.
- Wahlverteidiger:
Rechtsanwalt Werner Siebers, Wolfenbütteler Str. 79, 38102 Braunschweig -
wegen Bestechlichkeit
hier: Antrag des Wahlverteidigers auf Festsetzung einer Pauschgebühr
Der Antrag des Wahlverteidigers auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Antragsteller hat als Wahlverteidiger mit Schriftsatz vom 25. August 2024, auf dessen Inhalt verwiesen wird, die Bewilligung einer Pauschgebühr von 2.442,- € für das weitere Revisionsverfahren beantragt.
Der Antrag ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 S. 1 RVG nicht vorliegen. So kann der Senat zunächst keinen besonderen Umfang des Verfahrens erkennen. Dabei ist dem Antragsteller zwar durchaus zuzugeben, dass er im Interesse des Angeklagten eine immerhin 47 Seiten umfassende Revisionsbegründung gefertigt hat, die sorgsam die einzelnen Angriffspunkte gegen das Urteil aufarbeitet. Schon angesichts der existenzgefährdenden Bedeutung, die das Verfahren für den Angeklagten hatte, wäre es zudem fraglos unangemessen, den Verteidiger darauf zu verweisen, dass das Urteil auch durch eine knappere Revisionsbegründung hätte zu Fall gebracht werden können. Es war richtig und ist vom Senat nicht zu kritisieren, dass der Antragsteller den sichersten Weg gewählt hat. Auch hatten die Akten, die der Verteidiger allerdings nur unter dem Blickwinkel des Revisionsverfahrens (insbesondere zur Prüfung von Verfahrensrügen) in den Blick nehmen musste, bei Abfassung der Revisionsbegründung einen nicht unerheblichen, wenngleich nicht außerordentlichen Umfang erreicht (6 Bände). Auf der anderen Seite hat der Senat aber auch zu berücksichtigen,
- dass nicht selten weitaus umfangreichere Revisionsbegründungen gefertigt werden,
- die für die Sachrüge maßgeblichen Gründe des angefochtenen Urteils mit 41 Seiten nicht außergewöhnlich umfangreich sind,
- es nur um eine Tat ging und
- auch lediglich eine Person angeklagt war.
Allerdings tendiert der Senat dazu, das Verfahren insbesondere wegen der problematischen Würdigung der Beweislage, was bereits zu einer Aufhebung eines freisprechenden Urteils durch den Senat geführt hatte. durchaus als schwierig anzusehen.
Letztlich kann es aber dahinstehen, ob das Verfahren allein aus diesem Grund trotz des überschaubaren Tatvorwurfs schon als besonders schwierig anzusehen ist. Denn eine Pauschgebühr kann jedenfalls deshalb nicht bewilligt werden, weil es dem Antragsteller zugemutet werden kann, die Gebühren innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu bestimmen. Die Bewilligung einer Pauschgebühr über die gesetzlichen Wahl-verteidigerhöchstgebühren hinaus nach § 42 RVG ist an noch engere Voraussetzungen geknüpft als das bei § 51 RVG der Fall ist (OLG Celle, Beschluss vom 11. Mai 2017, 1 AR(P) 11/17, juris, Rn. 4). Denn dem Wahlverteidiger wird im Gegensatz zum Pflichtverteidiger kein Beitrag für das Allgemeinwohl abverlangt (OLG München, Be-schluss vom 22. Januar 2021, 1 AR 251/20 — 1 AR 266/20, juris, Rn. 34). Diese engen Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Vielmehr hält der Senat vor dem Hintergrund des Prinzips der Mischkalkulation (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020, 1 StR 277/17, juris, Rn. 9 m.w.N.) angesichts der dargestellten Kriterien im Rahmen seines Ermessens die gesetzliche Vergütung für ausreichend.
Dass der Verteidiger vorträgt, er habe für die 47 Seiten umfassende Revisionsbegründung „deutlich über 200 Stunden" gearbeitet und in dieser Zeit keine anderen Mandantentermine durchgeführt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die individuell aufgewendete Arbeitszeit ist nicht der unmittelbare Maßstab (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 1995, 1 StR 158/95, juris, Rn. 9; OLG München. Beschluss vom 22. Januar 2021, 1 AR 251/20 — 1 AR 266/20, juris, Rn. 38), weil sich der Senat bei der gebotenen Beurteilung primär an den objektiv bewertbaren, ihm anhand der Akten zugänglichen Umständen orientieren muss.
Braunschweig, 14. Februar 2025
Oberlandesgericht, 1. Strafsenat
Einsender: RA W. Siebers, Braunschweig
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