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Entscheidungen

StPO

Berufungsrücknahme, ausdrückliche Ermächtigung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Oldenburg, Beschl. v. 02.07.2010 - 1 Ws 303/10

Fundstellen:

Leitsatz: Die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Verteidigers zur Rücknahme eines Rechtsmittels ist nicht erteilt, wenn der Angeklagte auf ein Schreiben des Verteidigers schweigt, in dem eine von diesem vorgeschlagene Rechtsmittelrücknahme für den Fall angekündigt wird, dass der Angeklagte nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
1. Strafsenat
1 Ws 303/10
Beschluss
In der Strafsache gegen pp.
wegen Betruges
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 02.07.2010 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 10.05.2010,
durch den dem Angeklagten nach Rücknahme der Revision die Kosten des Rechtsmittels auferlegt worden sind,
aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

Mit Urteil des Amtsgerichts Meppen vom 16.07.2009 wurde der Angeklagte wegen Betruges unter Einbeziehung andere Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt.
Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Osnabrück mit Urteil vom 05.03.2010 das Urteil des Amtsgerichts Meppen geändert und den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

Gegen dieses am 14.04.2010 zugestellte Urteil hat Rechtsanwalt … als Pflichtverteidiger des Angeklagten am 12.03.2010 namens und im Auftrage des Angeklagten Revision eingelegt. Durch Schriftsatz vom 03.05.2010, eingegangen am 10.05.2010 hat der Verteidiger namens und im Auftrage des Angeklagten die Rücknahme der Revision erklärt.

Mit Beschluss vom 10.05.2010 hat das Landgericht dem Angeklagten die Kosten der Revision nach Rücknahme des Rechtsmittels (§ 473 Abs. 1 StPO) auferlegt. Der Kostenbeschluss ist dem Verteidiger am 17.05.2010 zugestellt worden. Der Angeklagte wurde formlos unter Hinweis auf die an den Verteidiger erfolgte förmliche Zustellung mit Rechtsmittelbelehrung unterrichtet.

Mit undatiertem Schreiben, eingegangen beim Landgericht am 20.05.2010, hat der Angeklagte gegen den Beschluss Rechtsmittel eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe seinen Rechtsanwalt nicht beauftragt, die Revision zurückzunehmen. Der hierzu angehörte Verteidiger hat sich durch Schriftsatz vom 07.06.2010 unter Vorlage seiner an den Angeklagten gerichteten Schriftsätze vom 09.03. und 15.04.2010 zu den Umständen der Rücknahme des Rechtsmittels geäußert.

Die gemäß §§ 464 Abs. 3 Satz 1, 304 Abs. 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 10.05.2010 ist form und fristgerecht eingelegt worden und hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 1 StPO liegen mangels rechtswirksamer Rücknahme der Revision nicht vor.

Da der Angeklagte in Abrede stellt, seinen Rechtsanwalt mit der Rücknahme der Revision beauftragt zu haben, ist im Freibeweisverfahren zu klären, ob der Verteidiger mit seinem Schriftsatz vom 03.05.2010 die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 05.03.2010 wirksam zurückgenommen hat. Dabei legt der Senat die anwaltlichen Erklärungen des Verteidigers aus seinem Schriftsatz vom 07.06.2010 nebst Anlagen zugrunde. Danach ist davon auszugehen, dass der Angeklagte nach Erhalt des Terminsberichts vom 09.03.2010 am 12.03.2010 fernmündlich mitgeteilt hat, dass zur Fristwahrung Revision eingelegt werden solle, was dann auch geschehen ist. Dem weiteren Vortrag des Verteidigers sind jedoch die Voraussetzungen für eine wirksame Rücknahme der Revision nicht zu entnehmen.

Gemäß § 302 Abs. 2 StPO bedarf der Verteidiger zur Rücknahme eines Rechtsmittels einer ausdrücklichen Ermächtigung seitens des Mandanten. Daran fehlt es hier. Der Verteidiger hat im an den Angeklagten gerichteten Schriftsatz vom 15.04.2010 u. a. lediglich mitgeteilt, dass das eingelegte Rechtsmittel der Revision binnen Monatsfrist zu begründen sei und er vorschlage, das Rechtsmittel kurz vor Ablauf der Monatsfrist zurückzunehmen. Weiter heißt es: „Soweit Sie sich hier nicht rückäußern, werde ich entsprechendes veranlassen“. Da sich der Angeklagte nur nicht rückgeäußert hat, liegt eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinn des § 302 Abs. 2 StPO nicht vor. Im Hinblick darauf, dass die Strafprozessordnung eine ausdrückliche Ermächtigung seitens des Angeklagten verlangt, reicht das Schweigen des Angeklagten nicht aus, um den Verteidiger wirksam zur Rücknahme des Rechtsmittels zu ermächtigen.

Da es somit an einer wirksamen Rücknahme der Revision des Angeklagten fehlt, war der darauf gestützte angefochtene Kostenbeschluss des Landgerichts aufzuheben. Das Revisionsverfahren wird fortzuführen sein.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.

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Anmerkung:


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