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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Geheimnisverrat, ermiitelnder Kriminalbeamter

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 22.12.2009 - 3 Ws 58/09

Fundstellen:

Leitsatz: Eine Strafbarkeit des mit den Ermittlungen gegen einen Arzt wegen des Ver-dachts des Abrechnungsbetruges betrauten kriminalpolizeilichen Sachbearbei-ters wegen unbefugter Offenbarung der ihm als Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB) anvertrauten Geheimnisse gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB scheidet aus, wenn im Rahmen von zur Aufklärung gefertigter Anschreiben an potentiell ge-schädigte Krankenversicherungen auf den ‚Verdacht’ des Abrechnungsbetru-ges ausdrücklich hingewiesen wird und überdies z.B. durch die grammatikali-sche Verwendung der Möglichkeitsform klar gestellt ist, dass sich das Verfah-ren im Stand eines nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens befindet.


Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss vom 22. 12. 2009 - 3 Ws 58/09
Zum Sachverhalt:
Der GenStA hat mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der StA nach § 170 II StPO wegen des Tatvorwurfs der unbefugten Offenbarung der dem Besch. als Kriminalbeamten und damit als Amtsträger iSv. von § 11 I Nr. 2a StGB anvertrauter Geheimnisse keine Folge gegeben. Der mit den Ermittlungen zur Aufklärung eines ärztlichen Abrechnungsbetruges betraute Beschuldigte hatte im Rahmen mehrerer an verschiedene private Krankenversicherungsunternehmen gerichteten Auskunftsersuchen um Mitteilung über seitens des Tatverdächtigen dort privatärztlich abgerechneter und laut Rechnungsstellung von dem Tatverdächtigen jeweils persönlich erbrachter ärztlicher Leistungen ersucht und in diesem Zusammenhang u.a. Aufenthaltsorte und Zeiträume mitgeteilt, in denen sich der Verdächtige außerhalb des Klinikbetriebes aufgehalten haben könnte. Das OLG hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet verworfen.
Aus den Gründen:
Der statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere den Formerfordernissen des § 172 III 1 StPO noch genügende Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Begründetheit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung „gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft“ (§ 172 II 1 StPO) setzt voraus, dass nach Prüfung der Vorgänge durch das erst- und letztinstanzlich entscheidende OLG - gegebenenfalls nach Durchführung eigener Ermittlungen (§ 173 III StPO) - hinreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Sach- und Beweisstandes ist derjenige der Entscheidung des OLG. Nach diesem Prü-fungsmaßstab ist der Antrag nach § 174 I StPO als unbegründet zu verwerfen, sofern das Ergebnis der Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage ergibt. Der „genügende Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage“ setzt ‚hinreichenden Tatverdacht’ iSd. §§ 170 I, 203 StPO und damit die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Besch. in der Hauptverhandlung voraus. Der unbestimmte Rechtsbegriff des ‚hinreichenden Tatverdachts’ eröffnet zudem einen Beurteilungsspielraum, zumal es sich dabei um eine Prog-noseentscheidung handelt. Das OLG stellt insoweit ohne Bindung an die Entscheidungen der StA eigene tatsächliche und rechtliche Erwägungen an. Dabei nimmt es eine vorläufige Beweisbarkeitsprognose vor, bei der zweifelhafte Tatfragen in eigener Verantwortung zu entscheiden sind; insbesondere dürfen Beweisfragen nur dann der gerichtlichen Entscheidung im Hauptverfahren überlassen werden, wenn zur Behebung dieser Zweifel die Nutzung der besseren Aufklärungsmöglichkeiten der Hauptverhandlung unerlässlich ist (st.Rspr. des Senats, vgl. z.B. OLG Bamberg NStZ-RR 2008, 10 ff. = OLGSt StGB § 222 Nr. 15 mwN.).
2. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf das vorliegende Verfahren führt zu dem Er-gebnis, dass ein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Besch. aus den Gründen der angegriffenen staatsanwaltschaftlichen Entschließungen, denen der Se-nat nach eingehender Sachprüfung ausdrücklich beitritt, nicht besteht, weshalb eine An-ordnung zur Erhebung der öffentlichen Klage nicht in Betracht kommt. Insbesondere hat die StA im Rahmen ihrer Verfügung vom 14.08.2009 zutreffend bereits einen Anfangsverdacht auch für ein Vergehen nach § 203 II 1 Nr. 1 StGB durch unbefugte Offenbarung der dem Be-sch. als Amtsträger iSv. § 11 I Nr. 2a StGB anvertrauter Geheimnisse verneint und dies an-hand der seitens des Ast. bezeichneten Formulierungen der inkriminierten Anschreiben des Besch. an verschiedene private Krankenversicherungsunternehmen (u.a. vom 01.07.2009 mit Ergänzungsschreiben vom 08.07.2009 an die B-Krankenkasse AG und vom 07.07.2009 an die C-Krankenversicherung) eingehend begründet. Abgesehen davon, dass in den Aus-kunftsersuchen des Besch. bereits im Betreff bzw. im Einleitungssatz jeweils ausdrücklich auf die Existenz eines Ermittlungsverfahrens gegen den Ast. „wegen Verdachts des Abrech-nungsbetrugs“ ausdrücklich hingewiesen wird und auch die übrigen Formulierungen durch die wiederholte Verwendung der Möglichkeitsform in der Unterart des ‚Konjunktiv II’ bzw. ‚conjunktivus irrealis’ („…nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht hätten abge-rechnet werden dürfen“) sowie durch die zusätzliche Verwendung etwa des Modalpartikels „möglicherweise“ keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, dass sich das Verfahren im Stand eines noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens befindet, verkennt der Ast., dass der Besch. als mit der Sachbearbeitung betrauter Kriminalbeamter hier im Rahmen seines gesetzlichen Ermittlungsauftrages und damit ‚befugt’ gehandelt hat. Entsprechend dem in § 152 II iVm. § 170 StPO gesetzlich verankerten so genannten Legalitätsprinzip sind die StA und mit ihr die zu ihrer Aufgabenerfüllung eingesetzten Ermittlungspersonen iSd. § 152 GVG „verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tat-sächliche Anhaltspunkte vorliegen“, gleichgültig, ob sich der Anfangsverdacht vorläufig (noch) gegen ‚Unbekannt’ oder aber gegen bestimmte Personen richtet. In beiden Fällen bedarf die Prüfung des Sachverhalts allerdings schon zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens regelmäßig auch der rechtlichen Prüfung, weil andernfalls die StA nicht in die Lage versetzt würde, die als gesetzliche Bedingung des Verfolgungszwangs notwendige Erheblichkeit des Sachverhalts dahin zu beurteilen, ob dieser - seine Wahrhaftigkeit unterstellt - überhaupt unter ein Strafgesetz fällt, oder im Einzelfall aus anderen Gründen eine Verfolgung nicht in Betracht kommt. Mit der Mitteilung möglicher Aufenthalte des Ast. außerhalb des eigentlichen Klinikbetriebes für bestimmte Zeitpunkte oder Zeiträume, in denen der Ast. die gegenüber den potentiell geschädigten Krankenversicherungsunternehmen privatärztlich abgerechneten Leistungen persönlich erbracht haben soll, wird den möglichen Geschädigten gerade erst die auch (privat-) rechtliche Überprüfung eines etwaigen - für den objektiven Betrugstatbestand des § 263 I StGB konstitutiven - Vermögensschadens ermöglicht. Dies ist für die tatsächlich wie rechtlich regelmäßig aufwändige und in besonderer Weise auf die aktive Mitwirkung der potentiell geschädigten Versicherungsunternehmen angewiesene Aufklärung eines möglichen ärztlichen Abrechnungsbetruges schlechterdings unverzichtbar und jedenfalls dann von dem den Verfolgungsbehörden nach dem Legalitätsprinzip gesetzlich auferlegten Verfolgungszwang (§ 152 II StPO) gedeckt, wenn – wie hier – gerade nicht Sachverhalte oder bestimmte Tatsachen als feststehend dargestellt, sondern gegenüber den potentiell geschädigten Versicherungsunternehmen lediglich die für die Einleitung von Ermittlungen gegen den Verdächtigen mitursächlichen und beweiserheblichen Verdachtsgründe offen gelegt werden.
3. Die Entscheidung über die durch den Antrag veranlassten Kosten ergibt sich aus den §§ 177, 464 I iVm. § 174 I StPO.

Einsender: RiOLG Dr. Gieg, Bamberg

Anmerkung:


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