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Rezensionen 2. Auflage:
Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

  • " von RA Heiko Urbanzyk, Coesfeld, aus StraFo 2017, 43

    Wie schon für das Nachsorgehandbuch haben sich die Kollegen Detlef Burhoff und Peter Kotz für das "Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe" zusammengefunden, das nun in zweiter Auflage erschienen ist. Zwölf weitere Autoren verstärken die Mannschaft, darunter acht Rechtsanwälte (davon sechs FAe für Strafrecht), drei Richter und ein Rechtspfleger. Letzterer teilt sich passenderweise mit Burhoff die Ausführungen über die Verteidigervergütung - sozusagen eine Freund-Feind-Kooperation an der Vergütungsfront. Damit stammen sechs der insgesamt zwölf Autoren des Rechtsmittelhandbuches aus der meines Erachtens bewährten Mannschaft des Nachsorgehandbuches bzw. umgekehrt.

    Sinnvoll ist die Unterteilung des Handbuches in vier Teile (A bis D) mit jeweils neu bei Rn. 1 beginnenden Randnummern. Es wäre wirklich nicht einzusehen, dem Leser etwa 6.500 fortlaufende Randnummern zuzumuten, wo doch klare Differenzierung nach Rechtsmitteln (Teil A), ordentlichen Rechtsbehelfen (Teil B), außerordentlichen/konventionsrechtlichen Rechtsbehelfen (Teil C) und Vergütungsfragen (Teil D) in Oberkapiteln möglich und nötig sind.

    Für einen "Burhoff" erfrischend sind einmal klare rechtspolitische Ansagen wie "…manches Mal kann man sich des Gefühls nicht erwehren, die Existenzberechtigung eines Angeklagten liege zuvörderst darin, die Beschäftigung der Richter und Justizangestellten zu sichern." (Teil A, Rn. 1301)

    Im Praxistest bewährte sich der Burhoff/Kotz hier in Sachen Berufung. Es darf unterstellt werden, dass dieses Rechtsmittel die mitlesenden Kollegen in der Regel am häufigsten beschäftigt. Warum eine Instanz in der vergleichsweise unsicheren (Sprung-)Revision vergeuden? Der Bilderbuchfall einer Berufungshauptverhandlung mit angekündigtem Ausbleiben des angeklagten Mandanten wegen (tatsächlicher) Reise- und Verhandlungsunfähigkeit unter Vorlage einer simplen AU. Dazu verlängertes Wochenende in NRW, ein Hausarzt im Urlaub und ein Vorsitzender, der den Termin nicht aufheben will und darauf hinweist…natürlich: "Sagen Sie dem Angeklagten, er soll Ihnen nicht bloß eine AU geben." Ein kurzfristiger Verteidigerwechsel und daraus resultierende fehlende Stellvertretervollmacht runden die prekäre Lage ab (wie man es richtig macht: Teil A, Rn. 206 ff., Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Vertretung). Es kommt zu dem, was der Verteidiger dank Kotz/Burhoff bereits ahnt: Ein langes Telefonat des Vorsitzenden mit dem Hausarzt; denn die AU bietet Anlass und Verpflichtung, der möglichen Existenz eines berechtigten Entschuldigungsgrund nachzugehen (Teil A, Rn.168, Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Endgültiges, Erkrankung). Dessen Personal wurde bereits zwei Tage zuvor (Vortag der HV war Feiertag) vom Verteidiger darüber belehrt, dass die Vorlage der AU auf jeden Fall eine konkludente Entbindung von der Schweigepflicht für Arzt und Praxispersonal bedeutet (a.a.O. Rn. 169 f.). Nach 45 Minuten triumphiert das Gericht im Saal und die Verteidigung erfährt für sie völlig Neues: Der Hausarzt habe erklärt, er habe den Angeklagten gar nicht zu Gesicht bekommen; die AU sei telefonisch "bestellt" worden; der an schwerster Lungenkrankheit leidende, auf mobile Sauerstoffversorgung angewiesene Angeklagte sei seiner Kenntnis nach sehr wohl reisefähig per Taxi und könne angesichts der angedachten Hauptverhandlungsdauer von maximal 20 Minuten einem Prozess folgen. Der erwarteten Berufungsverwerfung folgt der Anruf des Verteidigers beim Mandanten: Ein persönlicher Besuch beim Arzt sei nun angebracht. "Und wenn ich auf allen Vieren krieche", röchelt es aus dem Hörer. Tatsächlich ein Anruf des Arztes: Beim Besuch des Angeklagten in der Praxis stellt sich nach Auffassung des Mediziners das mobile Sauerstoffgerät als defekt heraus. Es sei entleert und der Mediziner gehe davon aus, es könne maximal eine, statt sechs Stunden, Sauerstoff abgeben. Es steht ein Wiedereinsetzungsantrag an (Teil A, Rn. 94, Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Anfechtung, Wiedereinsetzung i.V.m. Teil B, Rn. 1479 ff.). Bloß an einer sauberen Begründung neuer Tatsachen arbeiten, die einen Entschuldigungsgrund darstellen und in der HV unbekannt waren; bloß an eine ausreichende Glaubhaftmachung denken. Das LG gibt sich besonders schlau mit der Begründung, den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abzulehnen: Der Arzt habe im Attest nur Mutmaßungen über einen möglichen Defekt gestellt, keine Feststellung, dass ein technischer Defekt vorliege. Der vorausdenkende Burhoff/Kotz-Leser hat das Lesezeichen schon längst im Handbuch platziert: Teil A, Rn. 550 ff., Beschwerde, sofortige Beschwerde. Aber jetzt binnen Wochenfrist technische Feststellungen zum Defekt des Sauerstoffgeräts glaubhaft machen? Hart! Immerhin fällt der Stein vom Herzen, dass der besonders gekennzeichnete Verteidigerhinweis darüber informiert, dass die Glaubhaftmachung noch im Beschwerdeverfahren möglich ist (Teil A, Rn. 101 a.E.). Spätestens jetzt, es handelt sich um eine Pflichtverteidigung und der Mandant ist mittellos, erinnert sich der Anwalt an den Gebührenteil dieses Handbuches. Was bringt der erbittert geführte Kampf ums Recht eigentlich für die Portokasse? Finanzielle Verbitterung: Wiedereinsetzung und sofortige Beschwerde sind für den mit der gesamten Verteidigung betrauten Anwalt durch die Verfahrensgebühr abgegolten (Teil D, Rn. 634 ff., Vergütung und Kosten, Wiedereinsetzungsverfahren, Abrechnung). Es muss also leider einmal wieder das gute Gefühl genügen, bis zur letzten Patrone die Mandantenrechte auf verlorenem Posten verteidigt zu haben.

    Warum erzählt eine Buchbesprechung eine Anekdote aus dem Strafverteidigerleben, wie sie jeder Leser Dutzende selbst kennt? Weil nur so klar wird, dass dieses Werk in der praktischen Arbeit wirklich taugt, die täglichen Klippen des strafrechtlichen Mandates von sicher zu umschiffen.



  • von RA Uwe Freyschmidt, Berlin in Berliner Anwaltsblatt 2016, 416

    "Das in 2. Auflage von den Rechtsanwälten Detlef Burhoff und Dr. Peter Kotz herausgegebene Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ist vom Autorenteam wieder auf den neuesten Stand (Mitte März 2016) gebracht worden.

    Es stellt einen zentralen Baustein der von Burhoff herausgegebenen Praktiker-Handbücher zum Ermittlungsverfahren, zur Hauptverhandlung und seit 2016 auch zur strafrechtlichen Nachsorge dar. Wer sich mit der ABC-Struktur der Handbücher angefreundet hat, wird keinen Band dieser Reihe in seiner täglichen Arbeit am strafrechtlichen Mandat missen wollen.

    Geliefert wird wie immer viel: ein rechtlich zuverlässiges, übersichtliches und praxisorientiertes Kompendium der strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe. An der gelungenen Form der Darstellung haben die Herausgeber aus guten Gründen keine Änderungen vorgenommen. Nach der Darstellung der "klassischen" Rechtsmittel mit den Schwerpunkten Berufung, Revision und Beschwerde folgen die Erläuterungen zu den förmlichen und formlosen Rechtsbehelfen, wie z. B. dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung oder der Anfechtung von Justizverwaltungsakten nach §§ 23 EGGVG. Den dritten Teil bilden Ausführungen zu den "außerordentlichen" Rechtsbehelfen, wie etwa die Verfassungsbeschwerde oder die in der Praxis immer bedeutsamer werdende Menschen-rechtsbeschwerde. Abgerundet wird das Ganze mit einer Darstellung der vergütungsrechtlichen Aspekte der straf-verfahrensrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe.

    Als neu und besonders hilfreich hervorzuheben ist, dass das Werk nunmehr ein Musterverzeichnis enthält. Es verweist "punktgenau" auf im Wortlaut wiedergegebene Schriftsätze, die gerade den jüngeren oder im Strafrecht nicht erfahrenen Kolleginnen und Kollegen die nötige Sicherheit in der Formulierung der Rechtsmittel und Rechtsbehelfe vermitteln. Diese Texte werden nunmehr durch das neu eingefügte Verzeichnis problemlos auffindbar und können daher in der praktischen Arbeit am Fall noch häufiger Verwendung finden.

    Die 2. Auflage des Handbuchs zeichnet sich des Weiteren durch zahlreiche neu hinzugefügte Praxishilfen und -hinweise sowie Checklisten und Arbeitshilfen aus. Darin liegt neben der Aktualisierung der besondere Mehrwert der Neuauflage. Das Team von richterlichen und anwaltlichen Autoren kennt die Probleme der Praxis und hat insoweit in der transparenten Darstellung der Materie bemerkenswert hilfreiche Arbeit geleistet.

    Zusammenfassend ist auch für die 2. Auflage des Handbuchs für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe eine klare Kaufempfehlung auszusprechen."

  • von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl, erschienen bei "Die Rezensenten"

    Knapp vier Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage erscheint das Handbuch zu den strafrechtlichen Rechtsmitteln nunmehr in überarbeiteter zweiter Auflage und ergänzt das strafrechtliche "Quartett", das Burhoff mit seinen Handbüchern zum Ermittlungsverfahren, zur Hauptverhandlung und zur strafrechtlichen Nachsorge inzwischen verantwortet. Man könnte natürlich das Werk zum RVG ebenso hierzu zählen und ein "Quintett" daraus machen, denn der Verteidiger sollte von seiner Tätigkeit auch stets leben und Mitarbeiter bezahlen können. Wie dem auch sei: für mich ist das Handbuch natürlich vor allem aus dem bußgeldrechtlichen Blickwinkel heraus spannend, denn es gibt nur eine verschwindend geringe Zahl von juristischen Werken, sie sich überhaupt in annehmbarer Breite und Tiefe mit der Rechtsbeschwerde nach §§ 79, 80 OWiG befassen. Dazu gehört, u.a., das Handbuch von Burhoff zum straßenverkehrsrechtlichen OWi-Verfahren, sodass man also auch in diesem Bereich wenigstens ein "Duo" vorfindet, anhand dessen man sich in das Rechtsgebiet einarbeiten kann.

    Die Autorenschaft rekrutiert sich aus Justiz und Anwaltschaft, sodass man nach wie vor darauf bauen kann, dass praktische, taktische und strategische Ansätze für das Verfahren im Vordergrund stehen und nicht etwa akademische Streitigkeiten. Neben speziellen Stichworten gibt es auch allgemeine Bereiche, deren Inhalte für alle Rechtsmittel Gültigkeit beanspruchen können, etwa "Fristen", "Vollmacht" oder "Zustellung". Ein Ausfluss der pragmatischen Herangehensweise an die Thematik ist die Darstellung in Form von alphabetisch sortierten Stichworten, sodass man anhand von Schlagworten sofort mitten in der Materie ist. Kombiniert wird dies mit einem klugen internen Verweisungssystem, was die Orientierung enorm erleichtert und Doppelungen vermeidet. Mich persönlich stört wieder einmal, dass die Randnummern nicht durchgängig sind, sondern in jedem der vier Teile bei 1 beginnen und man aber z.B. auf den Seitenrücken keine farbigen Markierungen hat, um sich rasch innerhalb der Teile zu bewegen. Aber die Herausgeber haben ihre Gründe hierfür und die Leser werden es verkraften.

    Sehr lobenswert sind die vielen Elemente, die für einen schnellen Überblick und zugleich eine Sortierung des Stoffes sorgen: die einleitenden Informationstafeln mit dem Wichtigsten in Kürze gehören ebenso dazu wie die tabellarischen Darstellungen in vielen Kapiteln.

    Insgesamt vier Teile warten auf die Lektüre durch den Rechtsanwender. Teil A umfasst die Rechtsmittel, also Berufung, Beschwerde, Revision und die Rechtsbeschwerde, wobei Besonderheiten des Jugendstrafrechts hinreichend durch eigene Stichworte Rechnung getragen wird, etwa die Rechtsmittelbeschränkungen nach § 55 JGG (Teil A, Rn. 817 ff.). Der dann folgende Teil B widmet sich den Rechtsbehelfen, darunter dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Teil B, Rn. 67 ff.), der gerade im Ermittlungs- und Zwischenverfahren große Bedeutung gewinnen kann. Daneben kommen aber auch die Gehörsrüge, Maßnahmen nach §§ 23 EGGVG, die Haftbeschwerde oder das Wiederaufnahmeverfahren zur Sprache. In Teil C wird anschließend ein Überblick über außerordentliche und konventionsrechtliche Rechtsbehelfe gegeben, wonach als Schlusspunkt in Teil D die Gebühren und Kosten für die verschiedenen Verfahren thematisiert werden.

    Wie eingangs erwähnt interessiert mich das Handbuch vor allem wegen der Rechtsbeschwerde nach dem OWiG. Auf insgesamt 80 Seiten bearbeitet Junker diesen Bereich, der noch durch die allgemeinen Stichworte ergänzt wird. Es werden dabei alle wesentlichen Aspekte formell und materiell benannt, wenngleich ich mir an mancher Stelle noch stärker die Rezeption aktueller Rechtsprechung gewünscht hätte. So gab es erst vor kurzer Zeit gleich zwei OLG-Entscheidungen, die sich mit dem Kürzel "i.V." bei der Rechtsbeschwerdebegründung befasst haben, die aber in der zugehörigen Randnummer 1081 (Teil A) nicht zu finden sind. Wenn man aber die Problematik in Datenbanken nachsucht, wird man eher auf OLG-Entscheidungen stoßen und nicht zwingend auf das zitierte BVerfG. Positiv hervorzuheben sind die zahlreichen praktischen Tipps, etwa die Problematik der verfrühten Rechtsbeschwerdebegründung und der dann fehlenden Möglichkeit der Wiedereinsetzung (Rn. 1099, A), oder auch die divergierenden OLG-Ansichten zur Berechnung der Begründungsfrist (Rn. 1139, A). Klassiker wie die feine Unterscheidung zwischen zulassungsfreier und zulassungsbedürftiger Rechtsbeschwerde bei erheblichen Formmängeln des Urteils oder anderen Auslassungen werden in gebotener Kürze ausgeführt, aber deutlich betont (z.B. das Fehlen der Urteilsgründe, Rn. 1167, A; etwas verborgen für die Verjährungsproblematik in Rn. 1202, A, dann aber umfangreicher in Rn. 1268, A). Für ein wenig überspitzt halte ich die Anforderungen an die Darlegung eines anthropologischen Vergleichsgutachtens (Rn. 1172 am Ende, A), die Junker aus der OLG-Rechtsprechung extrahieren möchte: hier ist die Praxis doch deutlich entspannter, gerade was die Debatte um Wahrscheinlichkeiten und Merkmalshäufigkeit betrifft. Gut gelingt stets die Einbettung von Problemkonstellationen der tatgerichtlichen Instanz, quasi als inzident und assoziativ mitzuprüfende Aspekte bei der Analyse der §§ 79, 80 OWiG (z.B. bei den Entscheidungsvoraussetzungen nach § 72 OWiG, Rn. 1234, A). Abrundend gewünscht hätte ich mir noch ein Muster mit einer vollen Verfahrensrüge, denn das einzige Muster (Rn. 1083, A) ist doch eher sparsam.

    Das lange Warten hat sich gelohnt, denn dieses Handbuch sollte man als strafrechtlich tätiger Praktiker unbedingt haben, im Bußgeldbereich ohnehin. Die Vielzahl von angesprochenen Rechtsfragen, die Dichte der dabei aufgeworfenen Probleme und die pragmatisch-praktische Herangehensweise der Autoren ermöglichen dem Leser eine höchst lebendige Auseinandersetzung mit den Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln. Ob man dann nach der Lektüre eher zur Verteidigersicht neigt oder doch die mancherorts strengere Richterbrille heranzieht, ist dann zwar jedem Rechtsanwender selbst überlassen; aber das Verdienst dieses Handbuches ist es in jedem Fall, dass das Problembewusstsein für so viele praktische Konstellationen unter einem thematischen Oberbegriff überhaupt geschaffen wird. Insoweit eine gelungene Neuauflage.


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