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RVG Entscheidungen

Nr. 7000 VV

Kosten, Auslagen, Kopien, Erstattungsfähigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamburg, Beschl. v. 05.05.2011 - 4 W 101/11

Fundstellen:

Leitsatz:
Der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts für die Einreichung von Ablichtungen besteht nur für solche Stücke, die über die ersten 100 hinausgehen.


OLG Hamburg
Geschäftszeichen: 4 W 101/11
Beschluss
331 O 255/10
In dem Rechtsstreit pp.
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, am 5. Mai 2011
durch die Richter:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin und unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 31, vom 08.03.2011 geändert:
Die von der Klägerin an die Beklagte nach dem Beschluss des Landgerichts vom 24.01.2011 zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf EUR 2.414,20 nebst einer Verzinsung von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2011.
Der weitergehende Antrag der Beklagten auf Kostenfestsetzung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert in Höhe von EUR 1.908,74.
Gründe:
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nur in geringem Umfang begründet.
1. Das Landgericht hat die von der Beklagten angemeldeten Kosten für die Anfertigung von insgesamt 308 Kopien in Höhe von insgesamt EUR 75,80 einschließlich Mehrwertsteuer als erstattungsfähig angesehen. Das Rechtsmittel der Klägerin hat insoweit überwiegend Erfolg.
Die Anfertigung der 126 Kopien von den Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 21.10.2010 für die Handakte des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist nicht erstattungsfähig. Sie fällt weder unter Nr. 7000 Ziffer 1 c) VV RVG (vgl. Gerold/Schmidt-MüllerRabe, RVG, 19. Aufl., VV 7000 Rn. 71) noch - entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung - unter Nr. 7000 Ziffer 1 d) VV RVG. Die Beklagte behauptet dazu, ihr Prozessbevollmächtigter habe entsprechend dem Inhalt der Bestimmung der Nr. 7000 Ziffer 1 d) VV RVG mit ihr eine Vereinbarung getroffen, wonach diese Kopien in ihrem Einverständnis angefertigt worden seien. Bei unterstellter Richtigkeit dieser, von der Klägerin bestrittenen, Behauptung würde sich insoweit zwar ein Anspruch des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Ersatz dieser Auslagen nach Nr. 7000 Ziffer 1 d) VV RVG gegenseine Mandantin, die Beklagte, ergeben. Dadurch erwächst der Beklagten jedoch kein Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin, da eine Notwendigkeit dieser Kosten nicht festgestellt werden kann (vgl. dazu auch Zöller-Herget, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rn. 13 „Ablichtungen, Abschriften, Ausdrucke“).

Die Erstattung der Kosten für die Anfertigung der beglaubigten und einfachen Abschriften von Schriftsätzen der Beklagten für die Klägerin nebst Anlagen richtet sich nach Nr. 7000 Ziffer 1 b) VV RVG. Die Beklagte hat insoweit 182 Kopien erstellt. Soweit hierin als Anlage B 11 eine Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts mit einem Umfang von 5 Seiten beigefügt ist, fehlt es an der im Rahmen der Erstattungspflicht maßgeblichen Notwendigkeit. Da diese Entscheidung - anders als die weiteren in den Anlagen enthaltenen Entscheidungen - in einer allgemein zugänglichen juristischen Fachzeitschrift (MDR) abgedruckt worden ist, war dessen Vorlage gegenüber dem Gericht und damit auch gegenüber dem Gegner nicht erforderlich (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 127). An der Notwendigkeit der Anfertigung der übrigen Anlagen für die Klägerin entsprechend ihrer prozessualen Verpflichtung nach § 133 Abs. 1 ZPO bestehen keine Zweifel.

Es verbleiben mithin 177 berücksichtigungsfähige Kopien. Ein Anspruch auf Ersatz der Auslagen nach Nr. 7000 Ziffer 1 b) VV RVG besteht allerdings nur für die Ablichtungen, die über die ersten 100 hinausgehen (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., VV 7000 Rn. 62; Zöller-Herget, a. a. O.; Göttlich/Mümmler, RVG, 3. Aufl., S. 225). Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut („soweit“), zum anderen aus dem Umstand, dass das Gesetz die ersten 100 Ablichtungen zu den allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts zählt und diese diesen Charakter nicht dadurch verlieren, dass weitere Ablichtungen hinzukommen (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, a. a. O.). Der Senat hält mithin an der in der Einzelrichterentscheidung des damaligen Kostensenates des Hanseatischen Oberlandesgericht vom 07.08.2006, 8 W 130/06 (MDR 2007, 244), vertretenen abweichenden Auffassung, wonach bei einer Anfertigung von mehr als 100 Ablichtungen alle Ablichtungen einschließlich der ersten 100 abzurechnen seien, nicht fest.

Demzufolge kann die Beklagte 77 Kopien gegenüber der Klägerin abrechnen und mithin einen Betrag von EUR 29,05 netto entsprechend EUR 34,57 brutto erstattet verlangen.

2. Zu Recht hat das Landgericht die von der Beklagten angemeldeten Kosten für das vorprozessual eingeholte Gutachten des Sachverständigen , der der Beklagten einen Betrag von EUR 1.528,38 brutto für seine Tätigkeit in Rechnung gestellt hat, als erstattungsfähig angesehen.

Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen kann nämlich auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können (BGH NJW-RR 2009, 422). So verhält es sich hier. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30.06.2010 eine unfallanalytische Überprüfung der Kompatibilität der Schäden der beiden beschädigten Fahrzeuge vorgenommen und dabei die Plausibilität des geschilderten Unfallablaufs überprüft. Dabei ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der anhand der Fahrzeugschäden rekonstruierte Kollisionsverlauf in keiner Weise mit den Schilderungen der angeblichen Unfallbeteiligten in Übereinstimmung bringen lasse. Dass die Klägerin im Anschluss an die Klagerwiderung, die u. a. das Gutachten des Sachverständigen enthielt, die Klage zurückgenommen hat, spricht für sich. Dass das Gutachten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit eingeholt worden ist, was die Klägerin bestreitet, steht für den Senat außer Frage.

3. Erstattungsfähig sind auch die Kosten für Übersendung der Original-CD-Fotodatei des Vorgutachtens, für die gemäß der Rechnung vom 20.04.2010 ein Betrag von EUR 24,91 angefallen ist. Auch diese Kosten waren entgegen der Auffassung der Klägerin notwendig, da der Sachverständige für seine Untersuchung die Originalbilddateien benötigte und nicht auf Fotokopien des Vorgutachtens zu verweisen war.

4. Ebenfalls zu Recht als erstattungsfähig angesehen hat das Landgericht die Kosten in Höhe von EUR 279,65 brutto für die telefonisch durchgeführten Nachforschungen darüber, ob die an dem vermeintlichen Verkehrsunfall beteiligten Personen miteinander bekannt sind. Die Entstehung der Kosten hat die Beklagte durch die Vorlage der Rechnung des Ermittlungsbüros vom 17.10.2010 nachgewiesen. Auch Detektivkosten sind erstattungsfähig, wenn sie sich, gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes, in vernünftigen Grenzen halten und prozessbezogen waren, was hier der Fall ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ermittlungen den Prozessausgang beeinflusst haben, sondern ob eine vernünftige Partei berechtigten Grund gehabt hätte, einen Detektiv einzuschalten (Zöller-Herget, a. a. O. „Detektivkosten“ m. w. N.). Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung hatte die Beklagte durchaus Anlass, diese Nachforschungen durchführen zu lassen, weil aufgrund der Ergebnisse des bereits vorliegenden Gutachtens des Sachverständigen und der landsmannschaftlichen Verbundenheit der angeblichen Unfallgegner ein fester Verdacht auf Seiten der Beklagten bestand, dass der angezeigte Schadensfall fingiert war. Überdies haben die telefonischen Nachforschungen nach der konkreten Darstellung der Beklagten in der Klagerwiderung, der die Klägerin nicht entgegen getreten ist, ergeben, dass die beiden Fahrer der angeblichen Unfallfahrzeuge miteinander befreundet sind.

5. Mithin ist das Rechtsmittel der Klägerin nur im Hinblick auf einen Teil der vom Landgericht zuerkannten Dokumentenpauschale erfolgreich, nämlich in Höhe von EUR 41,23 (EUR 75,80 abzgl. EUR 34,57). Damit ergibt sich, nachdem das Landgericht im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss einen Betrag von EUR 2.455,43 festgesetzt hat, der tenorierte Erstattungsbetrag von EUR 2.414,20.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

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