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RVG Entscheidungen

Nr. 4104 VV

Vorverfahrensgebühr, strafrechtliches Rehabilitierungsverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Jena, Beschl. v. 12. 10. 2011, 1 Ws Reha 34/11

Fundstellen:

Leitsatz: Eine Gebühr des Rechtsanwalts für das vorbereitende Verfahren entsteht im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren nicht, weil es hier ein „vorbereitendes Verfahren“ nicht gibt. Die Stellung des Antrags auf Rehabilitierung und die Vorbereitung eines solchen Antrags werden von der Gebühr nach Nr. 4112 VV RVG mit abgegolten.


Thüringer Oberlandesgericht, Senat für Rehabilitierungssachen,
Beschluss vom 12. Oktober 2011, 1 Ws Reha 34/11

1 Ws Reha 34/11
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT
Beschluss
In dem Rehabilitierungsverfahren
des pp.
- Betroffener und Antragsteller –

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt R
wegen Festsetzung der aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen

hat auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 19.9.2011 der Senat für Rehabilitierungssachen des Thüringer Oberlandesgerichts durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht,
Richter am Oberlandesgericht und Richter am Oberlandesgericht
am 12. Oktober 2011 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Betroffenen
verworfen.

Gründe:
I.
Rechtsanwalt R. vertrat den Betroffenen im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren vor dem Landgericht Meiningen. Unter dem 28.10.2010 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte für den Betroffenen die Rehabilitierung hinsichtlich der Verurteilungen durch das Kreisgericht Sonneberg vom 7.9.1983 ( Az. S 124/83) und das Bezirksgericht Suhl in Meiningen vom 8.4.1982 (Az: BSK 1/82). Dies geschah unter Beifügung der maßgeblichen Urteile, welche der Verfahrensbevollmächtigte vom Thüringer Staatsarchiv über das Thüringer Landesverwaltungsamt erhalten hatte. Nach Beiziehung von weiteren Unterlagen zur Haftzeit und einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Meiningen wurde der Betroffene hinsichtlich der Verurteilung durch das Bezirksgericht Meiningen vom 8.4.1982 vollständig und hinsichtlich der Verurteilung durch das Kreisgericht Sonneberg vom 7.9.1983 teilweise rehabilitiert.

Mit Schriftsatz vom 30.8.2011 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte die Erstattung notweniger Auslagen in Höhe von 702,10 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 570 € (Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG von 200 €, Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG von 170 € und Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG von 200 €), der Pauschale für Post und Telekommunikationsentgelte nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 € sowie aus der insgesamt zu berücksichtigenden Mehrwertsteuer von in Höhe von 112,10 €.

Durch Beschluss vom 19.9.2011 setzte die Kostenbeamtin des Landgerichts Meiningen die dem Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen zustehenden Gebühren auf 305 € (netto) fest. Dabei legte sie ausschließlich die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG sowie die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG zugrunde und bemaß diese jeweils in Höhe der Mittelgebühr. Weiter wurde die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG antragsgemäß festgesetzt. Auf den sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von 325 € wurde die Mehrwertsteuer von 61,75 € zugeschlagen, so dass sich insgesamt ein festgesetzter Betrag von 386,75 € ergab.

Gegen diesen am 21.9.2011 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Betroffene durch seinen Verfahrensbevollmächtigten am 22.9.2011 „Erinnerung“ eingelegt. Er wendet sich dagegen, dass eine Verfahrensgebühr für das Vorverfahren nach Nr. 4104 VV RVG in der beantragten Höhe von 170 € (netto) nicht festgesetzt worden ist.

Das Landgericht Meiningen hat die Sache dem Senat für Rehabilitierungssachen des Thüringer Oberlandesgerichts vorgelegt.


II.

Die „Erinnerung“ des Betroffenen ist gem. § 11 Abs. 1 und 2 Satz 4 RPflG i.V.m. §§ 464b StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO als sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Kostenbeamtin anzusehen.
Das Rechtsmittel ist zulässig, denn es ist innerhalb einer Woche nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses eingelegt worden.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 € (170 € + 19% Mwst.).

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Eine Gebühr für das vorbereitende Verfahren ist nicht entstanden.
Gemäß der Vorbemerkung 4 Abs. 1 VV RVG sind die Vorschriften des 4. Teils des VV RVG in Rehabilitierungsverfahren entsprechend anzuwenden. Der Verfahrensbevollmächtigte macht insoweit geltend, dass sich aus Absatz 2 der Vorbemerkung 4, wonach für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information eine Verfahrensgebühr entstehe, ergebe, dass die Tätigkeit in Vorbereitung der Stellung des Rehabilitierungsantrages eine Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG entstehen lasse.
Dieser Argumentation folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Antrag des Vertreters der Staatskasse nicht.

Zunächst ist davon auszugehen, dass in Absatz 2 der Vorbemerkung 4 nur allgemein Voraussetzungen zur Entstehung einer Verfahrensgebühr nach Teil 4 VV RVG genannt werden, sich aber daraus kein spezieller Gebührenanspruch ableiten lässt. Die – hier vom Betroffenen geltend gemachte – Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG entsteht für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im „vorbereitenden Verfahren“. Vorbereitendes Verfahren in diesem Sinne ist das dem strafrechtlichen Hauptverfahren vorhergehende und vorbereitende Ermittlungsverfahren. In der Erläuterung zu Nr. 4104 VV RVG heißt es dazu:

„Die Gebühr entsteht für eine Tätigkeit, in dem Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift, des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht oder im beschleunigten Verfahren bis zum Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird.“

Im Verfahren nach dem StrRehaG gibt es ein solches vorbereitendes Verfahren nicht. Das Rehabilitierungsverfahren wird mit der Antragsstellung durch den Betroffenen nach § 7 StrRehaG eingeleitet. Alle dem vorangehende Tätigkeiten des mit der Vertretung bevollmächtigten Rechtsanwalts erfolgen nicht in einem den §§ 151-177 StPO entsprechenden Verfahren, so dass eine entsprechende Anwendung der Vorbemerkung 4 Abs. 1 VV RVG nicht in Betracht kommt (a.A. ohne ausdrückliche Begründung: Burhoff, RVG, 2. Aufl., Vorbemerkung 4 VV RVG Rn. 27; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG. 19. Aufl., Vorbemerkung 4 zu VV RVG, Rn. 8 mit Hinweis auf o.g. Kommentierung).
Vielmehr beginnt mit der Antragstellung nach § 7 StrRehaG das gerichtliche Verfahren nach Abschnitt 2 des StrRehaG, für das die Gebühr nach Nr. 4112 VV RVG entsteht und worauf in dieser Vorschrift ausdrücklich hingewiesen wird:

„Die Gebühr entsteht auch für Verfahren … in Rehabilitierungsverfahren nach Abschnitt 2 StrRehaG.“

Die Stellung des Antrags auf Rehabilitierung gehört damit zur Tätigkeit des Rechtsanwalts, die von der Gebühr nach Nr. 4112 VV RVG abgegolten wird. Vorbereitende Tätigkeiten des Rechtsanwalts lösen - mangels eines vorbereitenden Verfahrens im Sinne von Nr. 4104 VV RVG - keinen besonderen Gebührenanspruch aus, sondern werden von der Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV RVG mit abgegolten.

Dass der Gesetzgeber für das strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren keine Ausnahmeregelung treffen wollte, folgt auch aus der Vorbemerkung 4.1.2. VV RVG, wonach die Vorbereitung einer Privatklage der Tätigkeit im vorbereiteten Verfahren gleichsteht. Eine entsprechende Regelung fehlt jedoch für das Rehabilitierungsverfahren mit einem vergleichbaren Verfahrensablauf.
Für die vom Senat vorgenommene Auslegung des Gesetzes spricht schließlich die Regelung im Unterabschnitt 4 des Teils 4 im VV RVG zum Wiederaufnahmeverfahren. Hier hat der Gesetzgeber für eine hinsichtlich der Tätigkeit des Rechtsanwalts vergleichbare Fallgestaltung ausdrücklich geregelt, dass - bei Wegfall der Grundgebühr – eine Geschäftsgebühr für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeantrags entsteht.

Im Rehabilitierungsverfahren kann der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit ausschließlich die Gebühren nach Nrn. 4100, 4112, 4124 VV RVG sowie bei Teilnahme an mündlichen Erörterungen Gebühren nach Nrn. 4114, 4126 VV RVG geltend machen.

Wenn ein Rechtsanwalt besonders umfangreiche bzw. schwierige Tätigkeiten für den Betroffenen bei Vorbereitung eines Rehabilitierungsantrags entfaltet hat, kann dies allerdings bei der Festsetzung der Höhe der Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens nach Nrn. 4100, 4112 VV RVG bzw. im Rahmen der Festsetzung einer Pauschgebühr nach §§ 42, 51 RVG berücksichtigt werden.

Der Antrag des Verfahrensbevollmächtigten auf Festsetzung der Vorverfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG ist damit nicht begründet.

Die Festsetzung der Gebühren nach Nrn. 4100, 4112 VV RVG in Höhe der jeweiligen Mittelgebühr, was im Übrigen mit der Beschwerde auch nicht angegriffen wird, ist nicht zu beanstanden. Es sind keine Umstände ersichtlich, die ein Abweichen von den Mittelgebühren nahelegen.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen war deshalb zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs. 4 StrRehaG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO. Einer Festsetzung des Beschwerdewerts bedurfte es nicht, da nach Vorbemerkung 3.6. KV GKG i.V.m. Nr. 1812 KV GKG die Gebühr einheitlich 50 € beträgt.

Einsender: VorsRi OLG Dr. Schwerdtfeger, Jena

Anmerkung:


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