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Gericht / Entscheidungsdatum: LG Zweibrücken, Beschl. v. 12.03.2012 - Qs 24/12
Leitsatz: Hauptverhandlungen beim AG von 35 und 40 Minuten sind nicht von so kurzer Dauer, dass nicht die Mittelgebühr gerechtfertigt wäre.
Zur Bestimmung der angemessenen Rahmengebühr im Strafverfahren.
Qs 24/12 Landgericht Zweibrücken Beschluss In dem Strafverfahren gegen pp. wegen Diebstahls, hier: sofortige Beschwerde des Verteidigers des früheren Angeklagten gegen den Kostenfestset-zungsbeschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 27.10.2011 hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und die Richterin am 12. März 2012 beschlossen: 1. Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 27.10.2011 dahingehend abgeändert, dass weitere 233,25 als notwendige Auslagen gegen die Staatskasse festgesetzt werden.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe: I. Durch rechtskräftiges Urteil vom 26.07.2011 hat das Amtsgericht Pirmasens nach zwei Verhandlungstagen den ehemaligen Angeklagten pp. vom Vorwurf des gemeinschaftlichen Diebstahls von Altkleidersäcken im Wert von ca. 180,-- aus tatsächlichen Gründen freigesprochen und seine notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.
Der ehemals Angeklagte hat seine Forderungen an seinen Verteidiger wirksam abgetreten, der Verteidiger beantragt, folgende Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen: Grundgebühr, VV 4100 RVG: 165,00 Verfahrensgebühr, VV 4106 RVG: 140,00 Terminsgebühr, NA/ 4108 RVG (12.7.) 230,00 Terminsgebühr, VV 4108 RVG (26.7.) 230,00 Pauschalauslagen VV 7002 RVG 20,00 E 32 Kopien aus EMA 16,00 Vorgelegte AE-Gebühren 12,00 Fahrkosten, 4*72 km + 0,30 86,40 2* Abwesenheitsgeld, W 7005 Nr.2 RVG 70,00 Zwischensumme: 969,40 Zzgl. MwSt. von z.Zt. 19%, VV 7008 RVG: 184,19 Parkgebühren: 4,00 Gesamt: 1157,59 Zur Begründung der geltend gemachten Mittelgebühr machte der Beschwerdeführer u.a. die schwere Sachaufklärung aufgrund des unzutreffenden Ermittlungsergebnisses in mehreren Besprechungsterminen, auch unter Beteiligung von Familienangehörigen, geltend.
Die Rechtspflegerin setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.10.2011 lediglich einen Erstat-tungsbetrag von 920,34 fest, insbesondere weil die Mittelgebühr unbillig und vielmehr aufgrund der Einfachheit der Sache lediglich das Dreifache der jeweiligen Mindestgebühr angemessen sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Verhandlungen 35 und 40 Minuten gedauert hätten und somit von sehr kurzer Dauer" gewesen seien. Der Angeklagte sei an der Tat nicht beteiligt gewesen, habe jedoch den in Betracht kommenden Täter erst in der Hauptverhandlung preisgegeben. Weiterhin seien die Aktenversendungskosten mit der Auslagenpauschale abgegolten, die Parkgebühren nicht nachgewiesen und eine Dauer von insgesamt mehr als 4 Stunden für 2 Fahrten der Strecke Germersheim-Pirmasens und zurück nicht nachvollziehbar.
Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt, dieser wurde durch das Amtsgericht nicht abgeholfen" und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Die Rechtspflegerin verweist darauf, dass selbst wenn die im zweiten Termin vernommenen Entlas-tungszeugen nicht ausgesagt hätten, eine Verurteilung gleichwohl eher unwahrscheinlich gewesen wäre, da die Zeugen den Täter nur im Seitenspiegel wahrgenommen hätten.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat im Wesentlichen Erfolg.
Soweit die Rechtspflegerin Parkgebühren in Höhe von 4,-- mangels Beleg als nicht erstattungsfähig ein-gestuft hat, begegnet die angefochtene Entscheidung keinen Bedenken.
Im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als begründet. Im Einzelnen:
Dem Beschwerdeführer stehen die geltend gemachten Termins- und Verfahrensgebühren zu.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. u.a. Beschlüsse v. 14.06.10, Az. Qs 33/10 u. 13.01.12, Az. QS 131/11) ist grundsätzlich von der Mittelgebühr als Bemessungsgrundlage auszugehen. Die Mindestgebühr bzw. deren Anhebung kommt lediglich bei ganz einfachen Sachen von geringem Gewicht und Umfang in Betracht, wenn auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Sache und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterdurchschnittlich sind. Hierfür liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
Eine Verfahrensdauer von 35 und 40 Minuten ist bei einer Sitzung des Strafrichters hierfür kein Indiz, zumal vorliegend neben der Einlassung der beiden Angeklagten das Amtsgericht jeweils zwei Zeugen vernahm. Auch der Hinweis, der Angeklagte habe erst in der Hauptverhandlung die entscheidenden Zeugen benannt, ist bereits deshalb irrelevant, da dies nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung Berücksichtigung finden könnte. Schließlich überzeugt auch nicht die Argumentation, es handele sich um keine Sache hoher Bedeutung da der Angeklagte nach Auffassung der Rechtspflegerin wahrscheinlich bereits durch die Zeugen der Anklage nicht zu überführen gewesen wäre. Eine solche nachträgliche Beurteilung ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich. Denn die Staatsanwaltschaft und das eröffnende Gericht haben zunächst eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung als für einen Freispruch gesehen. Im Übrigen ist auch anzumerken, dass der Strafrichter in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft nach Vernehmung der Zeugen der Anklage die Notwendigkeit der Vernehmung weiterer Zeugen sah und gerade nicht ein Freispruch bereits am ersten Verhandlungstag erfolgte.
Eine Reduzierung der geltend gemachten Abwesenheitsgelder kann ebenfalls nicht erfolgen. Es liegen keine Gründe vor, die Angaben des Verteidigers zur Dauer der Geschäftsreise keinen Glauben zu schenken. Denn die Strecke Pirmasens - Germersheim mag zwar regelmäßig eine Fahrtzeit von unter 90 Minuten erfordern, jedoch ist durch die Ausbauarbeiten der B10 auch eine deutlich längere Fahrzeit möglich, zumal der Verteidiger auch einen Parkplatz im Bereich des Amtsgerichts suchen musste.
Dem Verteidiger steht schließlich auch die geltend gemachte Akteneinsichtsgebühr in Höhe von 12,-- Euro zu. An der anderslautenden Rechtsprechung der Kammer (vgl, u.a. Beschluss v. 15.10.2009, Az. Qs 103/09) wird im Hinblick auf die Entscheidung des BGH (NJW 2011, 3041) nicht festgehalten.
Insgesamt standen dem Beschwerdeführer somit 1.1553,59 zu, so dass neben den bereits festgesetzten 920,34 weitere 233,25 als notwendige Auslagen festzusetzen waren.
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